[FoME] Finanzielle Nachhaltigkeit: Mehr als eine Frage des Geldes (2. Teil)

Daniel Blank mail at danblank.net
Mo Mai 20 12:08:32 CEST 2013


FINANZIELLE NACHHALTIGKEIT: MEHR ALS EINE FRAGE DES GELDES (2. TEIL)
 
Stellen wir uns ein Medienhaus in einem Partnerland der internationalen MEZ
vor. Dieses Medienhaus, sei es ein Verlag oder ein Sender, verfügt über
eine langfristige und relativ sichere Finanzierungsquelle. Dabei ist es
egal, ob die Finanzierung direkt durch eine demokratisch legitimierte
Regierung, eine beitragszahlende Bevölkerung oder über eine ausländische
MEZ-Institution gewährleistet wird. Nehmen wir ferner an, dass die
redaktionelle Unabhängigkeit trotz der vielleicht als etwas einseitig zu
erachtenden Geldquelle im Großen und Ganzen gewahrt bleibt, da mit Hilfe
der ausländischen MEZ-Institutionen zuverlässige und sauber arbeitende
Journalisten ausgebildet oder eingekauft wurden.
 
Diese Journalisten machen Tag für Tag eine handwerklich einwandfreie
Arbeit. Sogar die anfängliche Unbekanntheit des Medienhauses kann durch
gezielte Marketingaktionen (z.B. über Werbung in sozialen Medien und eine
bezahlte Anzeigenkampagne) ausgeglichen werden. Ganz zu Recht ist man stolz
darauf, der Medienlandschaft eine weitere, eine unabhängige Stimme,
hinzugefügt zu haben. Doch was tun, wenn der große Aufwand nicht richtig
greift, wenn sich keine gesellschaftliche Resonanz durch die
Informationsverbreitung stimulieren lässt? Welchen Nachweis hat man
eigentlich dafür, dass hier nicht einfach ein künstliches Angebot
geschaffen wurde, für das es keine wirkliche Nachfrage gibt? Das reine
Vorhandensein und selbst eine große (oftmals erkaufte) technische
Verbreitung sind noch lange kein Nachweis für eine wirkliche Nachfrage.
 
Gute Arbeit in der MEZ erkennt man deshalb auch daran, dass Partnermedien
dazu angehalten werden, ihre redaktionelle Themensetzung immer wieder durch
gezielte Umfragen unter Konsumenten im Verbreitungsgebiet bewerten zu
lassen. Auch die Auswertung von eingesendeten Kommentaren,
Responsemöglichkeiten auf Webseiten und Formen des Crowdsourcing gehören
sicherlich in diesen Kontext der Rückkopplung von der Nachfrage- zur
Angebotsseite. Manche Redaktionen nehmen solche Umfragen sehr ernst, andere
leider nicht. Dabei kommen auch unangenehme Wahrheiten ans Tageslicht.
Bereits aufgebaute redaktionelle Kapazitäten müssten wieder ab- oder
umgebaut werden, völlig neue Themen müssten erarbeitet werden. Ohne echten
Druck passiert hier wenig.
 
Am Ende sind es manchmal erst die Kontakte zu potentiellen Abonnenten,
Werbekunden und Medienpartnern, die in einem Medienhaus eine
wahrheitsgetreue und faktenbasierte Analyse der tatsächlichen Verbreitung
eigener journalistischer Inhalte zwingend notwendig machen. Besonders die
Werbekunden und Medienpartner interessieren sich nicht für die potentiellen
Leser und Empfänger, die man gerne hätte. Sie interessieren sich nur für
die wirklichen Leser und Empfänger, die man nachweislich auch hat. Anspruch
und Wirklichkeit können bekanntlich gerade bei der Adressatenfrage sehr
weit auseinanderklaffen. Erst die Erstellung von seriösen Mediadaten, die
u.a. Informationen über Einschaltquoten, verkaufte Auflagen und
Konsumentenstrukturen aus unabhängigen Quellen beinhalten müssen, führt zu
einer Ausrichtung auf eine tatsächlich vorhandene Nachfrage.
 
Ich will nicht bestreiten, dass gute Redaktionen nicht auch intuitiv
wichtige Themen aufgreifen oder in die Diskussion einbringen können. Aber
Abonnenten-, Werbekunden- und Medienpartnerzahlen können ebenfalls ein
wichtiger Gradmesser für die Relevanz redaktioneller Themen auf der
Nachfrageseite einer Gesellschaft sein. Wer hier die richtigen Themen
setzt, der gewinnt nicht nur Abonnenten, Kunden und Partner, sondern
sichert seinem Medium auch eine stärkere Verankerung im Partnerland.
 
Daniel Blank
(Bonn)

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