[Debatte-Grundeinkommen] "... wir alle, die wie ich so oft nichts tun, außer uns auf unserem Wohlstand auszuruhen ..." (vgl. http://youtu.be/zeRaz-Mnmfc )

Debattenliste des Netzwerks Grundeinkommen debatte-grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de
Do Jan 15 16:20:39 CET 2015


Hallo,

ich muss mich in nächster Zeit echt mal mehr um andere Dinge kümmern und 
daher möglichst allen Fokus von diesem Verteiler wegziehen. Ich gehe 
jetzt noch einmal auf dich ein, lieber Bernd, weil du dir ja auch Mühe 
gegeben hast, dich mit meinem Geschwafel auseinanderzusetzen. Ich werde 
mich dann aber bis auf Weiteres anderen Dingen zuwenden (müssen). Diese 
Debatten sind ja letztlich ein Fass ohne Boden, wobei ich grundsätzlich 
nach wie vor wirklich Potential in der Staatsbürgersteuer sehe … Ich 
fange mal mit dem an, wo unsere Auseinandersetzung m. E. eine gewisse 
konstruktive Produktivität hat (1.) – und wende mich den ganzen eher 
destruktiven Aspekten weiter unten zu (2.). Mir scheint, dass sich sagen 
lässt, dass 1. auch eher ontopic, 2. eher offtopic ist. Ich habe mich 
allerdings chronologisch durch deinen Text (vgl. 
http://www.staatsbuergersteuer.de/anBert.htm ) gearbeitet und erst 
danach die Sortierung nach 1. und 2. vorgenommen. Könnte also sein, dass 
ich durch die Umsortierung ein paar Sinnzusammenhänge etwas 
auseinandergerissen habe. Ich würde dir fast empfehlen, den zweiten Teil 
gar nicht erst zu lesen … wir werden uns bestimmt nur gegenseitig weiter 
ärgern. Und wer will das schon? Aber ich konnte mich zumindest nicht 
davon abhalten, auf dich zu reagieren …

Nachdem ich nun deine komplette Reaktion auf mich gelesen habe, möchte 
ich ein paar Dinge allgemein vorausschicken:

a) Auch wenn mir nicht alles gefällt, was du von dir gibst, und 
vermutlich auch nicht alles an der Gesamtkonstruktion, bleibe ich dabei, 
dass die Staatsbürgersteuer m. E. echtes Potential hat. Ich möchte daher 
dafür plädieren, dass sich auch andere bGE-Interessierte damit näher 
befassen.

b) Ich möchte mich für mein Gekrittel bei dir entschuldigen, lieber 
Bernd. Da ich dich erst so ignorant abgewatscht hatte, fühlte ich mich 
danach umso mehr in der Pflicht, mich damit auseinanderzusetzen und auch 
zeitnah Feedback zu geben. Das scheint mir der Sache letztlich nicht 
angemessen. Angemessener wäre es, den Staatsbürgersteuer-Text ein, zwei, 
drei Mal zu studieren und dann mit einem eigenen Überblick über den 
Vorschlag in die Diskussion mit dir zu steigen. Aber ich sehe gerade 
wegen anderer Prioritäten nicht einmal, dass ich allzubald ein erstes 
Mal mit dem Text durchkommen werde. So oder so haben mir einige 
Bemerkungen von dir vor Augen geführt, dass da viel Arbeit von dir drin 
steckt und das auch Anerkennung verdient, die ich mit meiner laxen 
Krittelei wohl kaum hinreichend zum Ausdruck gebracht habe. Sorry. 
Ähnlich wie bei Verena kann ich nur hoffen, dass ich auf diese Weise 
zumindest dazu beitrage, dass andere Leute sich eingehender der Sache 
widmen. Was mich angeht: Ich behalte das auf dem Zettel, mir den 
Gesamttext zu vergegenwärtigen – aber ich habe so viele Dinge auf dem 
Zettel und gerade auch echt einen Haufen lebenspraktisch für mich 
bedeutsamerer. Rechne also nicht in näherer Zukunft mit einer weiteren 
Auseinandersetzung von mir.

c) Hinsichtlich deiner Kritik an der Verschwendung durch staatliche 
Institutionen bin ich ambivalent. Einerseits habe ich allgemeine 
Staatskritiken im Hinterkopf und finde vieles von dem, was du gegen die 
staatlich sanktionierten Privilegien bestimmter Berufszweige sagst, 
richtig und triftig. Ich könnte bspw. die Geschichte von dem 
Insolvenzverwalter erzählen, der nach der Darstellung meiner Schwester 
sie und ihren Lebensgefährten (und ihre Gläubiger) unter Missbrauch 
seiner hoheitlichen Befugnisse voll ausgesaugt hat, sich eine nicht ganz 
unbeträchtliche Insolvenzmasse ihrer Dachdeckerfirma in einem Moment als 
Honorar angeeignet hat, als die Firma eingentlich noch sanierungsfähig 
gewesen wäre. Andererseits sehe ich in diversen sozialstaatlichen 
Institutionen durchaus auch positive Momente und finde es grundsätzlich 
eher gut als schlecht, dass es relevante gesellschaftliche Gruppen gibt, 
die dem Konkurrenzdruck des Marktes durch Anstellungsschutz beim Staat 
mehr oder weniger enthoben sind und hier und da auch einfach spielerisch 
Unsummen verschleudern können. Ist zwar ungerecht und häufig im Detail 
wahrscheinlich auch Mist, aber darin liegt auch ein Moment 
gesellschaftlicher Freiheit, das ausbaufähig ist. Ist m. E. ein 
komplexes Thema.

d) Du hast meine bGE-Null-Punkt-Ideen nicht mitbekommen, von denen ich 
allerdings vermute, dass sie dir eh nicht behagen. Ich beziehe mich hier 
und da unten wieder drauf. Die 0.1-Idee (die ich erst später so taufte) 
habe ich im September über den Verteiler gejagt: 
https://listi.jpberlin.de/pipermail/debatte-grundeinkommen/2014-September/003974.html 
. Da sind ein paar logische Schnitzer drin. Ist halt erstmal nur eine 
vage Skizze und müsste eigentlich und sowieso überarbeitet werden. Ich 
bin ja ohnehin nicht im Ernst irgendwie Fachmann für die Materie. Lies 
das also locker und nicht zu streng mit deinem mathematischen oder 
steuerrechtlichen Sachverstand. Die grundsätzliche Idee dürfte 
jedenfalls rüberkommen. Eine 0.2-Variation hatte ich im November über 
den Verteiler gejagt: 
https://listi.jpberlin.de/pipermail/debatte-grundeinkommen/attachments/20141107/fdcded98/attachment.html 
. Die hatte ich im Dezember wiederum Richtung bWE zu einer 0.2.1-Version 
variiert: 
https://listi.jpberlin.de/pipermail/debatte-grundeinkommen/attachments/20141206/941f8344/attachment-0001.html 
, dort allerdings nur eine kleine Passage. Gab eigentlich noch ein paar 
weitere Dinge, die ich hatte formell festhalten wollen (0.2.2., 0.2.2.1. 
etc.), etwa die Idee, Vorsteuer und Endsteuer von Unternehmungen in 
Echtzeit mit dem Finanzamt zu verrechnen … bin ich nicht zu gekommen. 
Und wie gesagt: Scheint sich eh niemand näher für zu interessieren … Wie 
ich unten noch irgendwo sage, hast du mich auf den Gedanken gebracht, 
dass es sinnig wäre, das Luxuskonsumsteuer-Element in der 0.1-Version im 
Sinne deiner Kriterien Lebenskonsum und Marginalsteuersatz zu variieren.


1. Konstruktive Auseinandersetzungselemente:

Zu den Haushaltstypen:

Nachdem mir durch die Auseinandersetzung mit einigen 
bGE-Debatten-Fragmenten klar geworden war, dass die relevanten 
Staatsaktivitäten Steuer-, Sozialversicherungs- und SGB-Gesetzgebung 
letztlich nicht verfassungskonform sein können (vgl. z. B. 
http://de.wikipedia.org/wiki/Steuerprogression#Rechtfertigung ) und 
überdem einen anreiztheoretischen Skandal darstellen, schien es mir 
sinnig, das klarer zu kriegen. Mir ist dann aber auch ziemlich schnell 
bewusst geworden, dass ich da erstmal ziemlich naiv und simpel 
rangegangen bin, die Gesamtmaterie viel zu wenig überblicke und mir echt 
viel Arbeit aufhalsen würde, das im Detail zu blicken. Das scheint bei 
dir ja wirklich anders zu sein, lieber Bernd, dir ist das anscheinend 
mehr oder weniger in der gesamten Komplexität ziemlich durchsichtig. Und 
du bist mit mir da hinsichtlich des Skandal-Charakters grundsätzlich 
einer Meinung, nicht wahr? Das dürfte ja auch deinem Ruf nach 
Flurbereinigung zu Grunde liegen: Der ganze Wildwuchs im System führt zu 
massenhaften Ungerechtigkeiten.

Sieht man von formell-juristischen Argumenten in dem Zusammenhang ab und 
denkt das politisch, dann bleibt es m. E. eine drastische 
agitationstaktische Aufgabe, diese Ungerechtigkeiten in ihrer 
praktischen Wirksamkeit auf verschiedene Bevölkerungsgruppen, letztlich 
möglichst auf jeden Einzelfall aufzuzeigen. Du mutmaßt ja ebenfalls, 
dass größere Klarheit darüber bei größeren Bevölkerungsgruppen zu 
revolutionären Bewegungen führen könnte. Mit den horizontalen Strichen 
wollte ich daher eigentlich nur erstmal andeuten, dass man deine 
Betrachtungen auf bevölkerungsstatistische Daten abbilden kann. Damit 
würde klarer werden, wer eigentlich wie innerhalb des Systems durch 
Staatsaktivitäten entgegen Verfassungsgrundsätzen und entgegen 
Bauchgerechtigkeitsgefühlen be- und entlastet wird. Wer somit ein 
drastisches Interesse an einem Wandel hat. Das ist ja auch dein Motiv 
bei den Systemgegenüberstellungen, scheint mir. Wobei es mir 
demokratietheoretisch da weniger um das Wer, sondern mehr um das 
Wieviele ginge.

Ich habe deine Betrachtungen zu den weiteren Komplexionen der 
Haushaltstypen zur Kenntnis genommen und enthalte mich da gerade einer 
weiteren Meinung. Ich denke, dass du das wesentlich, wesentlich besser 
überblickst als ich. Scheint mir auf den ersten Blick ziemlich 
plausibel, was du dazu schreibst. Wenn du dich dazu in der Lage siehst, 
das wirklich näher zu spezifizieren, würde ich begrüßen, wenn du das 
auch tätest. M. E. ist das eigentlich eine Aufgabe für ein wirtschafts- 
oder sozialwissenschaftliches Institut. Insbesondere, weil die 
bevölkerungsstatistischen Aufbereitungen des statistischen Bundesamtes 
kaum ausreichend sein dürften. Keine Ahnung, was die Finanzämter 
eigentlich an statistischer Aufbereitung betreiben ...

Bernd: „Schlechter gestellt im Vergleich zu was? In Deinem Kopf gibt es 
ein Vorstellung von gut und schlecht. Aber Statistik kennt kein gut oder 
schlecht., sie zeigt nur was ist. Nur wenn du Deine Vorstellung von gut 
und schlecht hineininterpretierst kannst Du Werturteile abgeben. Für 
mich ist die Agitationstechnik solange Bla bla, solange ich nicht mit 
einem Gegenmodell vergleiche.“

Ich meinte unmittelbar: Schlechter gestellt im Hinblick auf die Frage, 
wieviel Prozent des Lohns nach Staatsaktivitäten verbleibt. Oder 
alternativ, wenn man ALG2 nicht als selbstverständliches Existenzminimum 
interpretiert, sondern als Subvention: Schlechter gestellt im Hinblick 
auf die Frage, wieviel verfügbares Geld im Verhältnis zum Lohn nach 
Staatsaktivitäten verbleibt. Das lässt sich aus deinen 
Haushaltstypen-Diagrammen unmittelbar in Abhängigkeit vom Lohn ablesen, 
bedarf keines Vergleichsdiagramms, ist zwar dennoch eine interpretative 
Leistung, aber jetzt nicht wirklich eine von gut und böse. Zudem hast du 
selbstverständlich Recht: Auch wenn die meisten Leute von Löhnen leben, 
gibt es andere Einkommensarten, die umso wichtiger zu betrachten sind, 
je vollständiger man das Modell machen möchte.

Solange wir in diesem Kuddelmuddel leben, scheint es mir wirklich 
interessant, ein solches Modell bevölkerungsstatistisch so präzise wie 
möglich zu entwickeln. Mich würde bspw. zusätzlich im Rahmen solch eines 
Modells interessieren, wie sich die Bevölkerung eigentlich nach Alter 
darauf abbilden ließe. Mein Bauchgefühl wäre, dass sich einerseits 
Kinderarmut gut abbilden ließe, andererseits auch deutlich werden 
könnte, dass sich die Deregulierung des Arbeitsmarkts und das 
tendenzielle Absterben von sogenannten Normalarbeitsverhältnissen auf 
die jüngeren Generationen massiver auswirkt als auf die älteren. Noch 
interessanter fände ich in dem Zusammenhang Zeitverläufe: Wie hat sich 
das beispielsweise in den letzten 50 Jahren verschoben? Oder, sofern das 
zu schwierig zu rekonstruieren ist (weil man ja beispielsweise 
Veränderungen der Gesetzgebung beachten müsste), zumindest: Wie 
verschiebt sich das ab jetzt? Ab dem Zeitpunkt, wo man erstmals so ein 
Modell relativ präzise entwickelt hat?

Ich konzipiere hier einfach nur ein bevölkerungsstatistisches 
Erkenntnisinteresse an der Frage: Wie greift der Staat in die 
Einkommensverteilung der Bevölkerung ein? Wie gesagt wäre dabei der 
unmittelbare Output eine Verdeutlichung des Skandals hinsichtlich 
Verfassungsnormen und Anreiztheorie. Da treffen sich m. E. bGE-Vertreter 
und Staatsbürgersteuer auf jeden Fall. Ich sehe mich nicht wirklich in 
der Lage, dieses Erkenntnisinteresse selber zu befriedigen oder da 
gerade auch nur im Detail hilfreich zu sein. Wie gesagt: Insoweit du 
dich in der Lage siehst, es zu befriedigen, lieber Bernd, würde ich es 
begrüßen, wenn du das tätest – und ansonsten scheint mir das eher ein 
ziemlich umfangreiches wissenschaftliches Projekt zu sein, um das sich 
eher entsprechende Institute kümmern sollten. Wäre allerdings wiederum 
die Frage: Wie kann man die dazu bewegen? Vielleicht gibt’s ja auch 
bereits Ansätze hier und da dazu … keine Ahnung.

Wenn man ein hinreichend exaktes Modell hätte, wäre es ja beispielsweise 
möglich, ein Webformular zu entwickeln, das jedem die Möglichkeit 
bietet, seinen Haushaltstyp anhand von Variablen zu spezifizieren, um 
dann nach Berechnung des Servers auszugeben, wo sich dieser Haushaltstyp 
in der Verteilung der Be-/Entlastung durch Staatsaktivitäten befindet. 
(Nebenbei oder parallel als wirtschaftlich betriebene Website könnte man 
dabei Hinweise auf vielleicht nicht geltend gemachte Ansprüche auf 
Transferleistungen bzw. Steuersparmöglichkeiten geben, dem Ganzen also 
gleichzeitig einen Dienstleistungscharakter angedeihen lassen.) Das wäre 
dann ein ziemlich potentes Werkzeug, um den verfassungs- und 
anreiztheoretischen Skandal auf die jeweilige Einzelsituation des Users 
runterzubrechen. Hätte man so etwas, hätte man m. E. ein echt starkes 
Agitations-Werkzeug gegen den derzeitigen Wildwuchs.

Hm, ich weiß nicht: Ist dir jetzt klar, worum es mir eigentlich geht? 
Siehst du die Sinnhaftigkeit in Hinblick auf Agitation?

Ich würde vermuten: Ja, siehst du. Weil du ja auch von dir aus schon auf 
die Haushaltstypisierung verfallen bist. Da muss ja bereits ein 
ähnlicher Impuls hintergesteckt haben. Eigentlich läuft mein Geschreibe 
nur darauf hinaus: Konkretisiere doch bitte die ohnehin schon 
vorhandenen Daten an der statistisch erfassten Bevölkerung.

Angesichts der vielfältigen Komplexionen im Gesamtsystem müsste man 
wahrscheinlich nicht nur Datenerhebungs-, sondern auch 
Darstellungsprobleme lösen. Letztlich hätte man es wahrscheinlich mit 
einem n-dimensionalen Konstrukt zu tun, bei dem n wesentlich größer als 
3 ist. Deine zwei Dimensionen sind ja derzeit Lohn und Output (für 
Lohnempfänger, für Steuer, für Sozialversicherung, für ALG2-Bezüge). 
Lohn müsste man in Einkommen transponieren, wodurch man verschiedene 
Einkommensarten-Gruppen unterscheiden müsste, also schonmal eine weitere 
Dimension hätte. Zudem soll nach meinem Wunsch eine Dimension für die 
statistische Verteilung von Haushalten eingefügt werden. Dir fallen 
wahrscheinlich ad hoc noch ein paar weitere Dimensionen ein. Das dürfte 
für dich mathematisch ja aber beherrschbar sein. Idealerweise könnte man 
das n-dimensionale Konstrukt dann je nach Betrachtungswinkel auf eine 2- 
oder 3-dimensionale Darstellung runterbrechen – entweder für die 
Grundgesamtheit der ganzen Bevölkerung oder halt in Abhängigkeit des 
Einzelfalls des Users.

Ok, sorry, ich mache wirklich nur ganz allgemeine 
Konstruktionsüberlegungen gerade, die dir wahrscheinlich nicht 
sonderlich helfen. Und ich will dir das auch gar nicht als Einzelperson 
aufbürden, sehe nur gerade auch nicht, wie ich da hilfreich sein könnte. 
Interessanter bleibt für mich, ob du und auch der Gesamtverteiler 
überhaupt sieht, was der Erkenntnisgewinn dabei wäre. Seht ihr das? 
Falls ja, ließen sich da ja vielleicht Arbeitsgruppen zu konstituieren, 
die das gemeinsam mit dir, lieber Bernd, in Angriff nehmen …

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Bernd: „"Alles Einkommen wird letztlich konsumiert" meint auch Götz 
Werner, um zu begründen, dass die Mehrwertsteuer als Konsumsteuer 
ausreicht um das BGE zu finanzieren. Nur dass man da bei manchen 
(Vermögenden) sehr lange warten muss, weil die sich mit dem konsumieren 
Zeit lassen und Vermögen akkumulieren. Wenn das Einkommen besteuert 
wird. wird auch das zwischenzeitlich akkumulierte Vermögen besteuert. 
Die Staatsbürgersteuer verhindert dies, indem sie fordert, dass 
jegliches Vermögen eines Staatsbürgers zu Lebzeiten konsumiert wird und 
zu Steuereinnahmen führt. Hat noch jemand am Lebensende Vermögen übrig, 
dass er bis dahin (noch) nicht konsumiert hat, gilt dies als "im letzten 
Lebensjahr konsumiert und wird mit 40% besteuert. Bei den Erben ist die 
verbleibende Erbschaft (60%) Einkommen, und wird noch einmal mit 40% 
besteuert. Zwar kann der Erbe dann diese Steuer zeitlich verschieben, 
indem er die Erbschaft nicht sofort sondern zunächst spart (=Vermögen 
bildet) und erst später (spätesten bei seinem Tod) konsumiert. die 40% 
Steuer auf die Erbschaft von 60% des Ursprünglichen kommen auf jeden 
Fall zusammen und helfen das BGE zu finanzieren.“

Auch wenn ich dein Gesamtkonstrukt noch nicht überblicke, scheint das 
wirklich ein guter Ansatz zu sein. Langfristig klingt das echt 
vernünftig. Man hätte allerdings gewisse Asymmetrien: Ein heute 
20-jähriger Milliardär könnte noch die 60 Jahre bis zu seinem Lebensende 
lässig mit seinem Geld zocken, während die Erben eines 80-jährigen 
Milliardärs nur mit 36 % des Erbes weiterzocken könnten. Und die ganzen 
Mittellosen sowieso nichts groß gespart bekommen, also die 40 % mehr 
oder weniger in Echtzeit abführen würden, während die Investoren sogar 
noch ihren negativen Konsum subventioniert bekämen. Dennoch: Langfristig 
klingt das definitiv wesentlich vernünftiger als der Ist-Zustand. Würden 
wir entweder bereits bei der Einführung oder peu à peu durch zunehmende 
Akzeptanz des Steuermodells einerseits, gesellschaftliche 
Verlagerungsbedürfnisse vom Privatvermögen weg zum bGE bspw. auf 60 % 
Marginalsteuersatz übergehen, blieben nur noch 16 % des Erbes. Das hat 
wirklich Entwicklungspotential, lieber Bernd, finde ich ziemlich 
überzeugend.

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Bernd: „Du machst es Dir sehr einfach: Du machst keinen Vorschlag , wer 
konkret wie viel Bürgergeld kriegen soll, Jeder gleich viel? Jedes Kind 
genauso viel wie ein Erwachsener und wie ein Rentner? Wenn Du meine 
Beispiel kritisierst, musst du auch sagen, wie das besser aussehen soll.“

Dieses Muss würde ich bezweifeln. Ich kann auch kritisieren ohne es 
besser zu wissen (vgl. z. B. http://youtu.be/MRtuPB5p7nQ ). Pragmatisch 
aber hast du selbstverständlich recht. Wenn wir ein echtes politisches 
Konzept haben wollen, sollte das auch durchdacht sein. Ich bin da in 
einem work-in-progress-Status (und darin noch ziemlich am Anfang und im 
Blauen), in dem ich für mich sondiere, was in Richtung bGE m. E. etwas 
taugt. Selbst wenn ich damit an einem Ende wäre, bliebe dann wie für 
dich in Bezug auf die Staatsbürgersteuer als nächstes Problem das 
Überzeugen von anderen Leuten, die mir ihren Rebellen entgegen 
schleudern könnten …

Und ja: Vorausgesetzt wir finanzieren die sonstigen sozialen 
Sicherungssysteme (also insbesondere das Gesundheitssystem) ebenfalls 
über Steuern, bin ich definitiv dafür, das bGE vollständig egalitär zu 
gestalten. Im Einzelnen:

Bernd: „Sollen Rentner, die gebrechlicher sind und Arzneien brauche,n 
genau so viel BGE bekommen wie Normalbürger, obwohl sie vielleicht 
zusätzlich Pflege oder Hilfe bei Dingen des täglichen Lebens brauchen, 
und dazu heute jemand aus dem Ostblock schwarz beschäftigen und bezahlen 
müssen, weil die Pflegeversicherung noch nicht einspringt oder erst mal 
auf einen auf Abwehr programmierten Gutachter Überzeugen müssen, dass 
sie Hilfe brauchen? Und zur Finanzierung der Staatsbürgersteuer ersetze 
ich auch die Rentenversicherung und das ALG II durch das Bürgergeld. 
Also soll der Ersatz für die Rentner nicht schlechter sein als die 
heutige Rente. Mit dem Altersbürgergeld schaffe ich das nicht ganz, wie 
Du der Zusatzversicherung für Besserverdiener entnehmen kannst. Dafür 
bekommen Rentner, die heute Renten unterhalb des Alters-Bürgergelds 
bekommen, dann das volle Alters-Bürgergeld.“

Ich hatte erstmal nur gesagt, dass ich im 3.2.-Text kein Argument dafür 
sah. Über die überdurchschnittliche Hilfebedürftigkeit von alten Leuten 
hatte ich da auch schon nachgedacht, wollte aber erstmal sehen, was du 
dazu sagst. Da es sowohl Leute gibt, die bis ins biblische Alter hinein 
kerngesund bleiben als auch umgekehrt solche, die bereits im Kindesalter 
bspw. aufgrund von Behinderungen bis zum Lebensende auf Pflege oder 
Medikamente angewiesen sind, würde ich die Gesundheits- und 
Pflegeversorgung lieber unabhängig vom Alter und unabhängig vom bGE in 
einem eigenen System über die Marginalsteuer finanzieren. Die Frage der 
Übertragung von hohen Rentenansprüchen bei einem Systemwechsel, die ja 
ebenfalls nicht alle Alten, sondern nur die relativ gutsituierten 
betreffen, würde ich nicht in einer grundsätzlichen Bevorzugung alter 
Leute in der bGE-Höhe zementieren wollen. Da fände ich ein 
Zusatzinstrument sinnvoll, das nach und nach mit dem Verscheiden 
derjenigen mit entsprechend hohen Rentenansprüchen aus dem heutigen 
System auslaufen würde. Schlußendlich bliebe dann ein allgemeines bGE 
ohne Diskriminierung. Also: Ich sehe die Hintergründe für deine beiden 
Argumente, nehme sie auch ernst, würde sie aber nicht dafür 
ausschlachten, die bGE-Höhe altersabhängig zu machen. Kann man auch 
anders lösen.

Bernd: „Die Debatte dazu kannst Du in Fragen und Einwände aus Sicht des 
bedingungslosen Grundeinkommens nachlesen. Ich meine, dass 665 €/Monat 
(2014) für das Existenzminimum ausreichen und dass die Perspektive, sich 
durch Arbeit schnell besser versorgen zu können, wichtiger ist, als 
Erwerbsunwilligen mit ein paar €/Monat mehr das Maul zu stopfen und ihm 
stattdessen wie heute mit der Anrechnung im ALG II Steine in den Weg zu 
legen, wenn er sich und die Seinen besser stellen will. Eine weitere 
Begründung liefert das Leistungsfähigkeitsprinzip des deutschen 
Steuerrechts. Willst Du das im BGE aufheben? Es gilt auch für 
Erwerbsfähige.“

Laut 
http://de.wikipedia.org/wiki/Leistungsfähigkeitsprinzip#Messung_der_Leistungsf.C3.A4higkeit 
<http://de.wikipedia.org/wiki/Leistungsf%C3%A4higkeitsprinzip#Messung_der_Leistungsf.C3.A4higkeit> 
lässt sich die Leistungsfähigkeit nur anhand wirklicher Einkünfte 
bestimmen, nicht auf Grundlage von so etwas Vagem wie grundsätzliche 
Erwerbsfähigkeit. Deiner Meinung kann ich nicht folgen, wie dich kaum 
überraschen wird. Wer sich als reicher Erbe leistungslos das Maul mit 
Kaviar vollstopft (den ich persönlich echt eklig finde … ist freilich 
plastische Polemik), hat d. E. alles Recht der Welt dafür, aber wer aus 
welchen Gründen auch immer keinen Fuß in die Arbeitswelt bekommt, soll 
sich gefälligst mehr um eine Perspektive bemühen? Minijob-Sphäre findest 
du dementsprechend auch erhaltenswert, wenn ich dich richtig verstehe. 
Tja, wir sind da unterschiedlicher Auffassung, was ja aber nichts Neues ist.

Bernd: „Leute mit Einkommen bezahlen darauf 40% und reduzieren in dieser 
Höhe ihr Bürgergeld. Verdienen sie mehr als €/Monat bezahlen sie Steuern 
und finanzieren das Bürgergeld aller anderen. Alleinerziehende im 
arbeitsfähigen Alter bekommen über das Kinder-Bürgergeld im Vergleich zu 
heute erheblich mehr als im ALG II. Im ESt.-Bereich ist das sogar 
erheblich mehr als das Kindergeld vgl. §66 ESTG. Wenn Du meinst, das das 
nicht ausreicht, kannst Du ja das zusätzliche Differenzierungsmetkmal 
"Alleinerziehend" einführen und dafür höhere Bürgergelder vorschlagen. 
Ich warne davor, weil es dazu animieren würde, dass sich Leute scheiden 
lassen, und ihre Kinder aufteilen um diese Alleinverdiener-Prämie zu 
kassieren. Besser wäre die Erhöhung der Kinder-Bürgergelder über meinen 
Vorschlag hinaus. Dagegen hätte ich nichts einzuwenden, wenn die 
Finanzierung dafür stimmt. Dies käme dann auch Alleinerziehenden zu 
Gute. Beachte, dass das, was Du Kindern mehr geben willst, den 
Erwachsenen wegnehmen musst.,“

Tja, oder ich lasse einfach dein Diskriminierungskriterium 
„Erwerbsfähigkeit“ fallen. Ansonsten sprechen wir hier von einer 
gesamtgesellschaftlichen Umverteilung. Ich muss daher nicht allen 
Erwachsenen wegnehmen, was ich den Kindern geben will, sondern nur den 
Erwachsenen, denen man auch ausreichend viel wegnehmen kann.

Bernd: „Keiner wird gezwungen das nachzuweisen. Die Nachweise sollen so 
einfach sein, dass sie ein Finanzbeamter beurteilen kann, Die 
Steuererklärung muss er ja sowieso prüfen und sich versichern, dass der- 
oder diejenigen, die in der Steuerklärung genannt sind, noch leben und 
er nicht das Bürgergeld an tote falsche Staatsbürger genehmigt. Auch ein 
BGE käme um eine solche Überprüfung nicht herum. Ich finde es fair, 
Kranken, Auszubildenden das volle Bürgergeld zu geben, weil sie nicht 
erwerbsfähig sind. Für mich ist auch der, der Arbeit sucht, in der Phase 
der Suche nicht erwerbsfähig. Notfalls - aber sehr ungern - bin ich 
bereit, diese Nachweise auf dem Altar der Bedingungslosigkeit zu opfern. 
Eher würde ich die Hürden relativ hoch zu legen. z.B. 
Ausbildungsbescheinigungen nur von staatlich anerkannten Einrichtungen, 
Attest nur von Amtsärzten). Vielleicht würden potentiell Begünstigte 
dann die Mühe erspart oder denen, die aus ideologischen Gründen 
unbedingt nur ein bedingungsloses Bürgergeld akzeptieren sich diese 
Bescheinigungen zu beschaffen. Sie könnten stattdessen arbeiten zu 
gehen. Schließlich geht es nur um 160 €/Monat, die sie mehr bekommen 
könnten. Wenn sie arbeiten statt nachzuweisen, helfen sie mit, das 
Bürgergeld zu finanzieren und ersparen Finanzbeamten die (ziemlich 
einfache) Überprüfung der Nachweise.“

Altar der Bedingungslosigkeit. :o) Finde ich schön, dass du's zumindest 
mit viel Ach und Krach akzeptieren würdest. Ich bleibe dabei, dass die 
Bedingungslosigkeit eines Grundeinkommens der Beginn einer 
Verwirklichung des bürgerlichen Egalitätsideals in der Sphäre des 
Ökonomischen wäre. Ich glaube, dass es bei den Leuten um Götz Werner den 
Hinweis gab, dass der Arbeitsmarkt ja schon deshalb kein freier Markt 
ist, weil es einen impliziten Arbeitszwang für die Mittellosen gibt. Ein 
bGE würde diesen Arbeitszwang auflösen, Recht auf Faulheit etablieren. 
Das ist sicherlich nicht unser primäres Interesse, weil wir Aktiven in 
Sachen bGE ja vermutlich alle auf irgendeine Weise aus eigener 
praktischer Erfahrung der Meinung sind, dass individuelle Perspektiven 
für eine Integration ins Miteinander füreinander allemal wichtig 
bleiben. Ein bGE wäre aber eben Bedingung der Möglichkeit für jedes 
Individuum, sich nach den Maßstäben der eigenen Willkür einzubringen, 
sich nicht in irgendeiner Weise zwingen lassen zu müssen. Das ist ein 
massives Interesse sehr vieler Menschen bis unter die Haut, über das du 
dich m. E. nicht mit Eso-Begrifflichkeiten lustig machen solltest.

Bernd: „Oben und in Kinder-Bürgergeld bereits beantwortet“

Sehe ich nicht. Im „Kinder-Bürgergeld“ (vgl. 
http://www.staatsbuergersteuer.de/Differenzierung.htm#3.2.7 ) gibst du 
einen 70 %-Wert an, den du nicht näher begründest. „Oben“ (vgl. 
http://www.staatsbuergersteuer.de/anBert.htm#KiBg ) sagst du, dass du 
bei entsprechender Gegenfinanzierung nichts dagegen hättest, das 
Kinder-Bürgergeld höher ausfallen zu lassen. Aber wie hoch? Mein Punkt 
bleibt da ja: Warum überhaupt das bGE nach Alter differenzieren? Wo ist 
da das Argument?

Bernd: „Heute haben wir ein Pulverfass. Da gibt es Flüchtlinge, die in 
Ghettos und Lagern an der Europäischen Grenze festgehalten werden und 
gegen Bezahlung illegal weiter geschleust werden. Die Schleuser lassen 
sich das hoch bezahlen und die Flüchtlinge, die sie dann im Stich bzw. 
im Mittelmeer treiben oder untergehen lassen. Hier haben wir Pegida und 
in anderen Staaten Europas eine Zunahme rechtsextremistischer 
Strömungen. Asylanten werden in Deutschland in eingezäunten Baracken 
untergebracht, dürfen nicht arbeiten und streiken, weil sie zu wenig zum 
Leben bekommen, obwohl sie z.T. hoch qualifiziert sind und gerne 
arbeiten würden. Ihr weiteres Schicksal wird von Beamten und Richtern 
entschieden, zu denen sie kaum Kontakt haben. Herr Gysi stellt sich dann 
hin und meint, dass diese in ihren Herkunftsländern dringend gebraucht 
würden. Will er die gegen ihren Wunsch gleich abschieben lassen? Dass 
auf der anderen Seite Demonstranten gegen Pegida organisiert werden, 
überkonfessionelle Konferenzen (was kosten die eigentlich?) abgehalten 
werden, Linke und Grüne immer von einer Willkommenskultur und Multikulti 
schwärmen, hilft den Betroffenen nicht, verschärft nur die Lage.

Wenn Du Neu-Bürgergeld etwas genauer liest, dann erkennst Du, dass hier 
nicht nur eine nachhaltige Lösung des politischen Konflikts angestrebt 
wird, sondern auch eine wirkliche Hilfe für die Flüchtlinge möglich 
wird. Statt Schleusern viel Geld für die Chance zu bezahlen, um hier 
einreisen zu dürfen. schlage ich vor, dass sie hier sofort wohnen, 
arbeiten und Geld verdienen dürfen. Für einen überschaubaren Zeitraum 
von (maximal 18 Jahren müssten sie auf Teile des Bürgergelds verzichten. 
Wenn sie z.B. eine entsptrechende Integrationsfähigkeit nachweisen, 
sollen die ersten 8 Jahre (eventuell sogar mehr) erlassen werden und sie 
starten mit einen Bürgergeld von (2014) 429 €/Monat, das sie durch die 
Möglichkeit zu arbeiten, aufbessern können. Vielleicht reicht das 
gesparte Schleusergeld für die Anfangsjahre. Sich durch Arbeit die 
Achtung der Nachbarn, Kollegen und Vorgesetzten zu erwerben. ist fast 
noch wichtiger. Nichts baut schneller Vorurteile ab, als persönlicher 
Kontakt. Die Möglichkeit, ihre "Integrationsfähigkeit und -bereitschaft" 
in Tests nachzuweisen und dadurch ihre Integrationszeit zu verkürzen, 
ist ebenfalls eine Perspektive, die den Eifer, sich nicht nur 
oberflächlich einzubringen, erhöhen dürfte. Ich hätte im übrigen 
überhaupt nichts dagegen Flüchtlingen bei Einreise eine Extraprämie als 
echtes Willkommen zu geben. Dies sollte dann aber auch dem Säugling bei 
seiner Geburt bezahlt werden.“

Dann sind wir doch faktisch gar nicht auseinander, oder? Wenn ich das 
richtig verstehe, sagst du, dass die Immigranten-Diskriminierung beim 
Bürgergeld bloß ein Zugeständnis von dir an die Ausländerfeinde ist, um 
eine bessere politische Durchsetzungsfähihgkeit der Staatsbürgersteuer 
zu gewährleisten, oder? Deine Kritik an der heutigen Asylpolitik finde 
ich angemessen. Das mit Gysi war mir neu, würde mich aber auch nicht 
wundern. Ich hatte mit meiner bGE-0.2-Idee ja der Hoffnung Ausdruck 
verliehen, dass wir in unserem Reichtum auch endlich mal dazu bereit 
sein könnten, die Armut der Welt als unser Problem (und auch als das 
Resultat unseres Reichtums) wahrzunehmen. Naja, finde ich eine schöne 
Empörung von dir.

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Bernd: „Gerade weil ich Konflikte durch konsensfähige Lösungen 
auszuräumen versuche, will ich die Akzeptanz und damit die Chancen, die 
Staatsbürgersteuer durchzusetzen, erhöhen. Dazu ist das gesamte Beispiel 
so konzipiert, dass es in Kapitel 4 mit der heutigen Wirklichkeit 
verglichen werden kann. Da wird sich zeigen, dass (fast) jeder ehrliche 
Steuerzahler und Subventionsempfänger sich mit der Staatsbürgersteuer 
besser stellt als heute Um des Klassenkampfes willen anderen was 
wegzunehmen, um es an alle zu verteilen, halte ich für keine gute 
Strategie, die Akzeptanz zu erhöhen. Widerstände sind von allen zu 
erwarten, die glauben, etwas dabei zu verlieren, z.B: bei allen 
Wohlfahrtseinrichtungen, Steuerberatern und sonstigen Leuten, die von 
der Kompliziertheit des heutigen Steuer- und Subventionssystems 
profitieren. Es wird hart genug, diese zu überwinden. Ich glaube nicht, 
dass dies mit einer Ideologie besser gelingt als mit dem hier gewählten 
eher pragmatischen Ansatz. Und wie Du bemerkst, ist ja alles nur ein 
Beispiel, Kann man auch anders machen. Mach mal!“

;o) Ok, Bernd, ich glaube, dass das gerade mal eine Stelle ist, wo ich 
„Daumen hoch“ sagen möchte. Du gibst dir echt Mühe!

Wann ich weiter im Text durchgehe und ob ich dann deiner „Mach 
mal!“-Forderung folgen werde, muss ich sehen. Gibt wie gesagt jetzt 
erstmal andere persönliche Prioritäten bei mir. Aber selbst wenn wir uns 
nicht unbedingt in allen Dingen einig sind, sehe ich definitiv 
mindestens ein paar wirklich gute Züge an der Staatsbürgersteuer. Behält 
Potential und verdient insofern auch Mitstreiter und zumindest Lob. Tut 
mir in diesem Zusammenhang dann auch wirklich Leid, dass meine kritische 
Haltung bei dir vermutlich als Miesmacherei rüberkommt. Sieh's bitte 
auch so: Würde ich nicht auch echtes Potential sehen, würde ich mir 
dafür gar nicht die Zeit und Mühe für Kritik nehmen … Bemühte Kritik ist 
(selbst wenn sie zugegebenermaßen hier und da ziemlich lax und teilweise 
undurchdacht rübergebracht wurde) auch ein Kompliment. ;o)

Und ganz ehrlich: Deine Argumente gegen Wildwuchs einerseits und gegen 
Profieure in den abgesicherten Poren des Systems finde ich wirklich gut 
und richtig.

Das mit den Wohlfahrtseinrichtungen muss ich für mich irgendwann mal 
klären. Ist mir unbekannt, unklar, aber einigermaßen plausibel. 
Ansonsten aber sehe ich grundsätzlich nicht, warum das 
Klassenkampf-Kriterium Leute abschrecken sollte. Aus alten ideologischen 
Frontenstellungen heraus vielleicht, ok. Ich bin auch ohnehin nicht der 
große Klassenkämpfer als den du mich imaginierst. Ich halte nur die 
Marxsche Kritik für wichtig. Aber du hast recht: Institutionelle 
Herrschaftsgeflechte gibt’s auch massenhaft beim Staat. Das ändert aber 
nichts daran, dass der Gini-Koeffizient bei der Vermögensverteilung 
astronomisch ist, Klassenkampf daher leider eine Realität bleibt. Deine 
Einwände gegen Gini später im Text sind mir unklar geblieben. Müsste ich 
näher drüber nachdenken, wenn ich mit deiner Weltsicht durch bin.

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Bernd: „Ja oder willst Du Konsum messen. indem du alle Rechnungen und 
Quittungen einreichst und versicherst, dass Du nix vergessen hast? Dies 
Staatsbürgersteuer besteuert das Lebenseinkommen und nicht das 
Jahreseinkommen, weil nur so ein mamipulationsfreier Maßstab für 
Leistung oder Bedürftigkeit möglich ist. Konsum alleine vergisst die 
Möglichkeit, mit Leistung Vermögen aufzubauen und sich durch wenig 
Konsum als bedürftig darzustellen. Willst Du etwa darauf verzichten, 
Vermögen zur Finanzierung des BGE heranzuziehen?

Den Begriff bedingungsloses Grundeinkommen hat meines Wissens Götz 
Werner eingebracht um ihn vom Bürgergeld der Staatsbürgersteuer zu 
unterscheiden, Ich bin Ihm dankbar dafür. Andere haben den Begriff 
Bürgergeld schamlos für Modelle verwendet, die mit dem Bürgergeld der 
Staatsbürgersteuer wenig zu tun haben. Wenn das Netzwerk fordert, dass 
"bedingungslos" so heilig ist, dass jede noch so harmlose Bedingung, die 
das BGE für eine präzise beschriebene Teilmenge um maximal 20% erhöhen 
kann, dann bitte ich die Debattierer, mir mal zu sagen, wie sie es gerne 
hätten und finanzieren würden. Was ich bisher dazu gesehen habe, taugt 
nix. Und über ein schwammiges BGE könnt ihr gerne alleine ohne mich 
diskutieren.“

Ok, ich hab's mir in der Staatsbürgersteuer noch nicht vergegenwärtigt. 
War wohl undurchdachter Unfug von mir, weil ich den Konsum ja auch über 
die Einnahmen bei den Unternehmungen, die das ja eh buchhalterisch 
erfassen müssen, erfassen wollen würde. Sorry. Das mit dem 
Vermögensaufbau durch Leistung ist mir gerade noch unklar. Bin gespannt.

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Bernd: „Eine bedingungslose Gleichmacherei, wie sie manche vom BGE 
erhoffen, halte ich weder für erstrebenswert noch für ökonomisch 
machbar, weil dann keiner mehr da ist, der es finanziert.“

Kein Einwand, sehe ich auch so. Tatsächlich ist das m. E. sogar eine 
wesentliche Quintessenz des ersten Kapital-Kapitels von Marx: Konkreter 
Reichtum und konkrete Arbeit sind einfach nicht vergleichbar. Deshalb 
wäre eine völlige Gleichmacherei gar nicht möglich. Ich hatte es schon 
einmal im Verteiler gesagt: Wir sind alle verschieden. Das ist es, was 
uns gleich macht. Ich neige dennoch mehr dazu, die Ungleichheit zu 
problematisieren und auf die Möglichkeiten von Egalität hinzuweisen, 
weil die Gesellschaft eine Menge Potential in diese Richtung hat und aus 
den Ungleichheiten Barbarisches herausfließt. Ich habe aber auch 
wirklich keinerlei Interesse an einem autoritären System, das alle und 
alles durchdringt, um einem abstrakten Gleichheitsideal Geltung zu 
verschaffen (was ja zudem im Realsozialismus häufig auch schlicht 
geheuchelt war).

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Bernd: „Du meinst wahrscheinlich Kredite und Tilgungen Dort ging es 
darum. wie sich ein Wohnungskauf mit Hypothek in der Staatsbürgersteuer 
darstellt. Die Miete ist dabei nur eine Annahme für das Beispiel. Im 
Gegensatz zu heute, wo von der Miete noch Abschreibungen, 
Fremdkapitalzinsen usw. abgezogen werden dürfen und dann kaum noch was 
bleib (sogar Verluste sind möglich) bevor das verbleibende zu 
versteuernde Einkommen der ESt unterliegt, ist in der 
Staatsbürgersteuer.die volle Miete mit 40 % zu versteuern. Wenn Du die 
mal die Statistik der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung anguckst 
und die darauf entfallende ESt , dann siehst Du, was heute 
offensichtlich möglich ist. Was aber noch wichtiger ist::Bewohnt der 
Käufer die Wohnung selbst, hat er ebenfalls diese Miete als Eigenmiete 
zu versteuern. Heute gibt es die Position Eigenmiete allenfalls 
theoretisch - In Steuererklärungen findet sich das nur selten etwas.,

Dein Vorschlag einfach die Durchschnittsmiete der teuersten überhaupt am 
Markt vorfindlichen Region für alle zum Standardmieten-Aufschlag zu 
erklären und auf das sonstige Existenzminimum für jeden 
draufzuschlagen... ist ziemlich wirr. Was soll das Willst du das 
Existenzminimum der Kosten der Unterkunft im ALG II erhöhen? Ich 
unterstelle mal, dass Du als Miete für die Steuer nicht die tatsächliche 
Miete sondern die Deine abstrakte Miete ansetzen möchtest. Wie soll das 
gerechnet werden? Wohnungen sind z.B unterschiedlich groß, haben 
unterschiedliche Einbauten, Bäder und Wärmeisolierungen. Ich frag mich, 
ob unter diesen Randbedingungen überhaupt noch jemand baut oder kauft. 
In der DDR gab es als Ergebnis der Staatsbewirtschaftung jede Menge 
runtergekommener Wohnungen und Plattenbauten. Willst Du das auch?“

Erstens: Nein, ich meinte nur den Beginn von 3.2, wo es heißt:

„Kriterien zur Differenzierung: Welche Kriterien eigenen sich zur 
Differenzierung des Bürgergelds? Sollen Kriterien, die heute bei 
persönlichen Subventionen eine Rolle spielen, in die Differenzierung des 
Bürgergelds übernommen werden?

Ein Beispiel für ein problematisches Kriterium ist der Wohnort, von 
erheblichen Einfluss z.B. beim Wohngeld oder beim Arbeitslosengeld II, 
wo die Kosten der Unterbringung vom örtlichen Mietspiegel abhängen. 
Warum soll z.B. ein Bewohner in Erding (bei München) 25% mehr erhalten 
als einer aus dem 85 km entfernten Burghausen? Warum kann er nicht dahin 
umziehen? Analog. Es wird zwar versucht, zu argumentieren, dass Wohnen 
nicht direkt subventioniert wird, weil der Berechtigte die Kosten der 
Unterbringung ja nicht selbst erhält, sondern an den Vermieter 
weiterleitet, Er könne ja nichts dafür, dass die Mieten in München höher 
sind, als in Burghausen. Die Mieten spiegeln aber nur wieder, dass 
München attraktiver ist, als Burghausen (Verkehrslage, Kulturangebot 
usw.). Das gilt auch für Arbeitslose. Wenn man diesen also die Mieten je 
nach Wohnort ersetzt, werden die Standortvorteile von München 
subventioniert und die Standortnachteile von Burghausen (z.B. Kosten- 
und Zeitaufwand für Fahrten) bestraft. Müssen diese Standortnachteile 
bzw. Mehraufwendungen nicht durch entsprechend höhere Subventionen 
ausgeglichen werden?

Die heutige Staffelung von Wohngeld oder ALG II nach dem Wohnort löst 
sicher auch Wanderungsbewegungen von Arbeitslosen oder 
Wohngeldempfängern in die ohnehin finanziell hoch belasteten Stadte aus. 
Warum sollen sie in Burghausen bleiben, wenn sie ein München ohne 
Zuzahlung eine qualitativ gleichwertige Wohnung bekommen können? Die 
ohnehin stattfindende Landflucht wird also weiter verstärkt. Und es sind 
nicht Besserverdiener, die die Steuereinnahmen der Stadt erhöhen.

Ist nicht vor dem Gesetz jeder gleich? Wenn z.B. der ALG 
II-/Wohngeldempfänger das Geld nicht selbst behalten darf, sondern nur 
an den Vermieter weitergibt, ist er an dieser und ähnlichen Fragen heute 
wenig interessiert. Auch muss er ja für die gewährte Unterstützung 
dankbar sein. Zudem hat er normalerweise keine Ahnung, was der Nachbar 
unter der besonderen Berücksichtigung seines Einzelfalles insgesamt so 
alles bekommt. Gegen diese Ungerechtigkeiten gehen die Benachteiligten 
bisher nur selten vor, weil sie sich im im Dschungel der Kriterien, 
Rechtsnormen und Entscheidungen der Sozialgerichte nicht auskennen und 
sich sowieso keinen Anwalt leisten können. Aber die Zeiten ändern sich.

Eine Ausgestaltung des Bürgergeldes, das der heutigen 
Subventionslandschaft möglichst nahe kommt und z.B. vom Wohnort abhängt, 
ist möglich, wäre aber eine Fortsetzung der gegenwärtigen, wenig 
transparenten Praxis der Almosenauszahlung nach Auslegungen von 
Gesetzen, Bestimmungen und anderen Kriterien, gegen die man wenig 
unternehmen kann.“

Zweitens: Es gibt in GG Art. 72 das Postulat der Angleichung von 
Lebensverhältnissen. Das hat Verfassungsrang und ich finde es auch 
sinnvoll. Ein bGE, das die höchstmögliche Miete (m. E. für einen 
„angemessenen“ Single-Haushalt, die relativ betrachtet ja zumeist teurer 
sind als Mehrpersonenhaushalte) im gesamten Verfassungsgebiet an alle 
auszahlt, wäre ein Mittel, Gleichwertigkeit herzustellen. Da, wo die 
Miete hoch ist, ist offensichtlich irgendwas attraktiver als in anderen 
Regionen. Das bGE würde dort nur die Miete abdecken. In den weniger 
attraktiven Regionen würde aber die Konsumfähigkeit durch bGE steigen, 
weil die Mieten niedriger sind. Das macht diese Regionen dann 
mittelfristig attraktiver, oder nicht? Ziemlich simpler Gedanke.

Und mir ist das gerade wumpe, ob dann der Staat wieder mehr sozialen 
Wohnungsbau auf heutigem Produktionsniveau (wieso sollen das unbedingt 
Plattenbauten und nicht bspw. Hundertwasser-Energiespar-Häuser sein?) 
initiieren würde oder ob die Marktteilnehmer sich da von sich aus drum 
kümmern. Fakt wäre dann: Wenn man denn eine möglichst niedrige 
Marginalsteuer haben möchte, müsste man insbesondere die Spitzenmieten 
des Marktes möglichst nach unten nivellieren, um das bGE nach unten zu 
drücken. D. h., dass gerade vermögende Privatleute ein Interesse an der 
Nivellierung der Mieten hätten und sich entsprechend in diesen Markt 
einbringen würden. Ich sehe also erstmal kein Problem an meiner Idee – 
außer freilich, dass man die Gegenfinanzierung politisch auch 
durchsetzen müsste.

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Bernd: „Zur Behandlung des heutigen Vermögens, nach Einführung der 
Staatsbürgersteuer als Altvermögen bezeichnet, habe ich 6 Voschläge. 
Weiter verfolgt habe ich für die Entwicklung des Steueraufkommens 
Vorschlag Nr. 4. Aber das sollte noch genauer untersucht werden“

Ok, ich sehe, dass du an dem Thema dran bist, müsste mir dafür jetzt 
aber doch wieder erstmal das ganze Konstrukt vergegenwärtigen, weil mir 
derzeit z. B. völlig unklar ist, was bei dir „privilegiertes Vermögen“ 
heißt.


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2. Destruktive Auseinandersetzungselemente:

Bernd: „Dahinter steckt wohl die Hoffnung, einen wahren Wert an sich 
definieren zu können. Ich bewundere und respektiere Deine Intensität, 
mit der Du Dich mit Texten längst verstorbener Autoren rumschlägst und 
versuchst, mit deren Begriffs- und Vorstellungswelten die heutigen 
Verhältnisse zu beschreiben und - was noch mühsamer ist - zu bewerten. 
Für mich wirkt das ähnlich wie die Bemühungen der (vor allem 
katholischen) Kirche, das Ptolemäische Weltbild bei zu behalten und aus 
der Bibel zu begründen, vielleicht in der Hoffnung, dass die Bibel mehr 
ist als eine Sammlung zusammengebundener Legenden, Mythen und Märchen.

Mich interessiert der wahre Wert an sich so wenig wie was Gott ist oder 
was im Koran, der Bibel oder sonstwo über den Sinn des Lebens steht. Was 
soll ich damit anfangen? Welche empirischen überprüfbaren Aussage lassen 
sich daraus ableiten?“

Lieber Bernd, ich kenne dich ja nicht und mag auch einiges nicht, was du 
von dir gibst, aber diese Aussagen machen mich irgendwie traurig 
mitleidend für dich. Glaubst du, dass du von empirisch überprüfbaren 
Aussagen alleine lebst? Bzw. wenn wir weg von den bloßen Aussagesystemen 
und hinein in das praktische Alltagsleben gehen, dass einzig Funktion, 
Verständnis für Zusammenhänge, Nachvollziehbarkeit, Plausibilität, 
praktische Wirksamkeit zählt? Meinst du, dass du dein Leben aufgrund 
deiner Verstandesfähigkeiten beherrscht? Oder zumindest nur dank ihrer 
bewerkstelligst? Oder das es im Leben wesentlich darum geht, so viel wie 
möglich und immer mehr nach rationalen Maßstäben auszuloten?

Ich möchte keine philosophische Debatte dazu beginnen, wie abgründig das 
Kriterium empirischer Überprüfbarkeit trotz und auch gerade wegen allen 
technologischen Fortschritts m. E. eigentlich ist. Stattdessen sage ich 
einfach mal, dass ich dir wünsche, dass dir irgendwas der folgenden Art 
widerfahren mag: Fragst du dich ob deines Durstes, ob wohl ein Glas 
Wasser auf dem nächstbesten Tisch steht und falsifizierst empirisch 
deine Hoffnung durch Schauen, so möge doch bitte just im nächsten Moment 
jemand mit einem Gefäß Wasser zu dir treten, es dir anbieten und dich 
mit einem liebenden Lächeln fragen, ob du wohl zufällig gerade durstig 
seist.

Ansonsten: Nein, lieber Bernd, das ist m. E. ein Missverständnis von 
dir, dass ich den Wert an sich irgendwie zu begreifen versuchen wollte. 
Die Fetischkritik am Wert ist m. E. ein Veto gegen sehr viele 
common-sense-Vorstellungen bis in die Wirtschaftswissenschaften hinein 
und enthält eigentlich nur ein positives Resultat: Wir sind als 
Gesellschaft in einem Miteinander füreinander. Als Kritik verweist sie 
darauf, dass wir dieses Miteinander füreinander auf eine Weise 
organisieren, die jedes Individuum gerade im Miteinander von allen 
anderen isoliert und gegeneinander positioniert, z. T. drastisch 
isoliert, bis hin zu krassen Verelendungen, Krise, Krieg, Versklavung, 
Prostitution und Tod. Diese Isolation innerhalb des Miteinanders 
passiert insbesondere über die Eigentumskategorie. Sieht man von all den 
umfangreichen kritischen Erwägungen gegen diese Organisationsweise und 
all den Vorstellungen zu den Möglichkeiten eines Übergangs zu einer 
anderen Organisationsweise bei Marx ab, bleibt bei ihm m. E. vor allem 
die Hoffnung, dass wir auch auf globaler Ebene grundsätzlich dazu fähig 
sind, uns im Miteinander füreinander von all den Phänomenen des 
Gegeneinanders zumindest sehr weitgehend zu lösen. M. E. ist die 
bGE-Idee eine, die diese Hoffnung insofern sehr ernst nimmt, als sie ja 
erstmal die Individuen von allen gesellschaftlich unnötig gewordenen 
Existenznöten befreien will und zudem vom Druck, sich als VerkäuferInnen 
von Ware Arbeitskraft ein- und unterordnen zu müssen. Implizit ist dabei 
für mich völlig klar, dass sich die Individuen ohnehin in ihre 
Gesellschaft ein- und unterordnen wollen und dass es mindestens in 
Europa nun wirklich kein produktionstechnisches Problem gibt, die 
Grundbedürfnisse aller zu befriedigen. Ein bGE würde die Möglichkeit 
eröffnen, dass das Ein- und Unterordnen auf eine deutlich weniger 
zwangvolle und daher für alle glücklichere Weise geschieht, daher 
vermutlich sogar auf eine produktivere. Ökonomisch gibt es da aber 
anscheinend sogar bis in die Szenen hinein, die ein bGE beführworten, 
ernste Zweifel, ob das auch funktionieren könne. Ich wäre dafür, es 
einfach urvertrauend mal auszuprobieren. So viel schlechter als der 
Ist-Zustand kann das auch kaum werden. Aber wo es um Geld geht, hört ja 
alle Lockerheit auf. „Einfach mal ausprobieren? Ja bist du denn des 
Wahnsinns?“, dürfte wohl leider das überwiegende Feeling bei den meisten 
Leuten bleiben. Das ist ja wiederum der Grund, warum wir uns überhaupt 
einen Kopf dazu machen, irgendeine Steuerkonzeption vorzuschlagen … 
damit's irgendwie plausibler wird.

Die An-sich-Begrifflichkeit ist mir nicht geheuer. Den konstitutiven 
Riss zwischen Wirklichkeit und Einzelbewusstsein finde ich trivial, eine 
Alltagserfahrung. Da muss man nicht erst Kants Transzendentalphilosophie 
zur Kenntnis nehmen, die ja die An-sich-Begrifflichkeit noch heute 
wesentlich trägt und ihr eine Vorstellung ohne Kontur angedeihen lässt: 
Wir wissen einfach nicht, wie die Welt wirklich ist. Clou der 
Fetischkritik aber ist gerade, dass Wert kein An-sich hat, sondern nur 
ein Für-uns, nur eine gesellschaftliche Realität. Die sich aber mit der 
Naturstofflichkeit verschlingt und ohnehin arg komplex ist. Dennoch 
würde ich nie von einem Wert an sich sprechen. Nicht nur, weil das 
Ansichsein m. E. gar keinen Sinn für soziale Phänomene macht, sondern 
grundsätzlicher, weil mir die Kategorie des Ansichseins wegen ihres 
Scheins von Statik nicht behagt: Sie widerspricht dem panta rhei 
mindestens auf einer Feeling-Ebene, weil sie so tut, als könne 
irgendetwas zwar nicht erkannt, aber doch zumindest mit sich selbst 
identisch sein.

Ich vermutete, dass ich in dem PDF-Beitrag die Phrase „an sich“ nicht 
benutzt hatte, wollte mich dessen vergewissern und musste feststellen: 
Doch, habe ich. In den Zitaten sogar häufiger, aber auch zwei Mal selbst 
(und ein weiteres Mal beim Eingehen auf ein Zitat):

„Das ist übrigens, lieber Bernd, der tiefere Grund, warum ich mit und 
ohne Marx deine Gleichsetzung von Leistung und Einkünften 
problematisiert habe. Diese Gleichsetzung ist Lug und Trug. Und zwar 
grundlegend: Eine konkrete Arbeit ist an sich mit jeder anderen 
konkreten Arbeit unvergleichlich.“

Hier benutzte ich das „an sich“ tatsächlich affirmativ. Hätte ich nicht 
gedacht. Ist auch wirklich eine völlig unnötige Phrase hier, Sprachmüll.

„Dem selbständigen Ausdruck (der im erweiterten Sinn auf die Vorstellung 
hinausläuft, die Wertgegenstände hätten aus irgendeinem Grund ihre 
Wertigkeit von Natur aus, an sich, irgendwie selbstverständlich) liegt 
der gesamte Weltmarkt zu Grunde, der sich hinter dem Rücken der Akteure 
in diesen selbständigen Ausdruck einmischt.“

Hier wende ich mich gerade gegen die „an sich“-Vorstellung. So macht der 
Gebrauch auch für mich Sinn.

So oder so: Von einem „Wert an sich“ sprach ich nicht. Und mein Thema 
war es noch viel weniger.

Der Vergleich mit dem Ptolemäischen Weltbild hinkt denn auch für mich. 
Denn er setzt voraus, dass es irgendeine besser begründete Vorstellung 
von dem gibt, womit wir es beim Kapitalismus (oder meinetwegen: der 
geregelten, sozialen Marktwirtschaft) zu tun haben, die gleichzeitig in 
drastischem Widerspruch zu Marxschen Vorstellungen steht. Ich würde 
jetzt nicht behaupten wollen, dass Marx in allem und sowieso und heute 
genauso wie vor eineinhalb Jahrhunderten recht hat – sehe aber zumindest 
auch nicht, dass es irgendein wesentlich besseres Verständnis des 
Ökonomischen irgendwo geben würde, das ihm widerspricht. Zudem möchte 
ich daran erinnern, dass es mir dir gegenüber ja erstmal nur darum ging, 
die Vorstellung einer Marxschen Arbeitswertlehre mindestens zu 
relativieren. Ansonsten bleibt Marx spannend, weil er im Unterschied zu 
vielen bürgerlichen und etwa auch anarchistischen Strömungen 
Gesellschaft als etwas sehr Positives, Unvermeidliches und Bereicherndes 
trotz all seiner teilweise drastisch polemischen Kritik an ihrer 
konkreten bürgerlichen Gestalt denkt. Ich mag mich wieder einmal darin 
irren wie in allem, aber mir scheint, dass meine Generation und die noch 
jüngeren nach einer Neubesinnung auf Gesellschaft nicht als Gefängnis, 
sondern als Bedingung der Freiheit aller auf drastische Weise dürstet. 
Marx wird diesen Durst sicherlich nicht allein löschen können, aber er 
trägt m. E. zumindest den einen und den anderen Tropfen herbei.

Willi wies gerade im Kontext einer Mailstreuung zu den Anschlägen in 
Paris auf die Strategie der Spannung (vgl. 
http://de.wikipedia.org/wiki/Strategie_der_Spannung_(Italien 
<http://de.wikipedia.org/wiki/Strategie_der_Spannung_%28Italien>) und 
http://de.wikipedia.org/wiki/Strategie_der_Spannung ) hin, die 
eigentlich nur eine Reformulierung des „teile und herrsche“ (vgl. 
http://de.wikipedia.org/wiki/Divide_et_impera ) im alten Rom darstellt, 
aber gegenwartsrelevant bleibt. M. E. bleibt es ohnehin eine 
geschichtsphilosophische Aufgabe, eine friedliche und freudvolle 
Menschheit als ungetrennte Gemeinschaft anzustreben. Diese Aufgabe ist 
praktisch aber mit der Internettechnologie in ein neues Stadium getreten 
und sozialpsychologisch mit dem Ende der Blockkonfrontation m. E. von 
überlebenswichtiger Bedeutsamkeit. Die Welt ist heute kleiner als noch 
vor einem halben Jahrhundert und vielschichtiger in ihrem Innenleben. 
Vielleicht hatte ich schon einmal darauf hingewiesen: Für mich ist 
Lennard Cohen ja bislang der einzige, den ich als Propheten im 
spirituellen Sinn anerkannt habe. Direkt nach der Wende sang er dies: 
„I've seen the future, brother: it is murder. Things are going to slide, 
slide in all directions. Won't be nothing, Nothing you can measure 
anymore“ (vgl. http://youtu.be/vnaxvBsyigM ). Ein Vierteljahrhundert 
später dürfte das unabweislich geworden sein: Die Welt ist selbst im 
Kleinsten und Privatesten bezugsreicher geworden als sie's noch zu der 
Zeit war, als man nur ARD, ZDF und Dritte in der Glotze hatte und kein 
Netz. Dieser Bezugsreichtum ist insbesondere dort gefährlich, wo es um 
knallharte ökonomische und geopolitische Interessen geht. Schaffen wir 
es nicht, ihn in eine größere Gemeinschaftlichkeit einzulassen, dann 
sind wir als Gattung am Arsch. Zumal wir außerdem ökologische Probleme 
haben, die uns ebenfalls perspektivisch radikal bedrohen und Markt und 
Staat im Zweifelsfall eher erstmal egal sind. Der Partikularismus des 
Privateigentums bleibt in dieser Welt m. E. nicht nur ein Problem im 
oberen Einkommens- und Vermögenssegment, sondern überhaupt, eben weil es 
ein Partikularismus ist. Es gibt aber auch sehr viele Tendenzen, die 
Teilung, Trennung, Partikularität und daraus erwachsene Spannung zu 
überwinden versuchen. Das lässt hoffen, muss aber m. E. noch so 
drastisch gepusht werden, dass wir uns echt null vorstellen können, wo 
das hindriften mag. bGE taugt für so ein Pushen m. E.

Deine Wasser-Wert-Beispiele gehen m. E. an meinem Text vorbei, weil du 
gerade am doppelten Springpunkt von Gebrauchswert/konkrete 
Arbeit/Privateigentum einerseits, Tauschwert/abstrakte 
Arbeit/Austauschbarkeit von Eigentum andererseits vorbei redest. Könnte 
ich was zu sagen, habe ich aber gerade keine Lust zu.

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Bernd: „Wirklichkeiten oder gar Wahrheiten lassen sich damit 
[physikalischen Theorien] nicht deduzieren.“

Kein Einwand von mir dazu. Sollte eh nur ein methodischer Hinweis zur 
Zuleitung sein, der eh hinkt. Habe jetzt aber auch keine Lust, näher auf 
das Verhältnis von Hegelscher Wissenschaft der Logik und ihrer Adaption 
bei Marx näher einzugehen.

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Bernd: „Glaubst Du, dass diese Software wissen kann, was ich oder jemand 
anderes morgen oder in einem Jahr denke, wünsche oder kommunizieren 
möchte? Das müsste diese Software aber können. Vielleicht kann sie den 
Mainstream der meiner Gedanken, Wünsche usw. erkennen, wenn sie mich 
permanent unter Beobachtung hält. Will ich das? und was fängt die 
Software damit an? Die Software darf mir selbstverständlich Angebote 
unterbreiten, aber nicht mir vorschreiben, was ich kaufen der was ich 
tun soll.. Wenn wir miteinander reden, werde ich etwas lernen - oder 
auch nicht. Wie will die Software rauskriegen, worüber wir reden und was 
ich lerne? - Nein ich glaube nicht, dass die Mehrheit eine solche 
Software akzeptiert. Das wäre ja schlimmer als Orwell 2109 statt 1984 
oder die Stasi.“

Erstens bin ich davon überzeugt, dass die NSA-Skandale darauf hinweisen, 
dass ohnehin alle telekommunikativen Kanäle mitgeschnitten und 
ausgewertet werden. Ich habe auch so meine Zweifel an der Kryptographie. 
Selbst wenn die aber hier und dort hält, was sie verspricht, sind die 
meisten Internetaktivitäten ja ohnehin öffentlich und wenig bis gar 
nicht geschützt. 1984 ist jetzt. Und die Mehrheit akzeptiert das, 
verbringt unterdessen große Teile ihrer Zeit damit, die Matrix mit Infos 
zu füttern. Zweitens bestünde meine Grundidee dabei gerade darin, dass 
die Software selbst transparent (open source), somit kritikabel ist und 
auf die Transparenzfähigkeiten der Gesellschaftsmitglieder reagiert. Wir 
haben ja jetzt schon eine ganze Reihe von gemeinnützigen Communitys ohne 
formelle Führung, wo Privatleute ihre ideelle und auch materielle Hilfe 
für eine anonyme Masse an Nutzern zur Verfügung stellen. Da herrscht 
hier und da bereits eine Menge Urvertrauen und Zuwendung der Einzelnen 
an alle. Würden wir es schaffen, dieses Urvertrauen auszuweiten und zu 
radikalisieren, wäre da viel Entfaltungspotential. Dass eine solche 
Software vielleicht mit Hilfe statistischer Methoden die Bedürfnisse von 
morgen und übermorgen mehr oder weniger gut antizipiert und 
dementsprechend an die Gesamtgesellschaft Aktivierungs- oder 
Produktionsbedarfe delegiert, fändest du ein Problem? Dir dürfte doch in 
deiner Funktion als Unternehmensberater mehr als klar sein, dass 
Unternehmen heute im Prinzip genau dasselbe tun, im Zweifelsfall halt 
nur eine dürftigere Datengrundlage für unternehmerische Entscheidungen 
haben.

Ich finde, dass das eine simple Gratwanderung ist: Wenn wir einander im 
Miteinander füreinander vertrauen können, weil wir zumindest in der 
großen Masse friedlich, respektvoll und in Anerkennung jedes Indiviuums 
leben möchten, dann gibt es m. E. kein Problem mit dem Datenschutz, der 
ja heute viel häufiger durch Exhibitionismus als durch Spionage 
unterlaufen wird - und auch nicht mit dem Eigentumschutz, der umso 
wirrer wird, je produktiver die Gesellschaft ist. Solange wir allerdings 
in asymmetrischen Strukturen stecken, die vor allem einer kleinen Elite 
zuarbeiten und alle unter Konkurrenzdruck setzen, müssen wir uns 
selbstverständlich davor fürchten, was elitäre Klüngel und die 
Konkurrenz alles so mit unseren Daten anzustellen fähig sind. Das 
Versprechen des Endes eines Elitarismus lag am Anfang der bürgerlichen 
Gesellschaft. Ich würde hoffen, dass an ihrem Ende dieses Versprechen 
eingelöst wird und dass dieses Ende nicht nocht ein paar weitere 
kriegslüsterne Jahrhunderte auf sich warten lässt.

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Bernd: „Das vorindustriell mag etwas überzogen sein. Adam Smith war 
sicher noch früher. Marx war stark von den Auswüchsen des frühen 
Manchester-Kapitalismus beeinflusst und konnte von den seither 
eingetretenen Veränderungen natürlich nichts wissen. Es gibt inzwischen 
Marktordnungen, soziale Sicherungssysteme, die auch die von Arbeitgebern 
finanzierte berufliche Unfallversicherung, Gewerkschaften, die mit 
Unternehmern auf Augenhöhe verhandeln usw. Bei Märkten haben 
Kartellrecht, Produktgewährleistung, Qualitätssicherungssysteme 
weitgehend Betrug, Monopole, Kartelle usw. verhindert. Ich bleibe bei 
meiner empirisch belegten Behauptung, dass (geregelte) Marktwirtschaft 
die Probleme besser löst, als jede Alternative. Ebenso, dass Marx mit 
seiner Voraussage von der Verelendung der Massen und der zunehmenden 
Monopolisierung des Kapitals empirisch falsifiziert ist, und dass auch 
der Versuch, die materielle Verelendung ins tiefenpsychologische 
umzudeuten empirisch nicht haltbar ist. Aber genug davon: Marx ist tot. 
Wir leben heute. Nicht nur Gorbatschow. auch die Führung der 
Kommunistischen Partei Chinas haben das erkannt, Beide Länder suchen 
einen Weg in die Marktwirtschaft. China ist dabei sehr erfolgreich, 
Russland muss noch stark mit den über zwei Generationen vom 
Marxismus-Leninismus geprägten und längst falsifizierten 
Denkgewohnheiten kämpfen.“

Unzweifelhaft ist Marx tot und gleichwohl ein wandelnder Zombie. Ich 
will sozial- und ordnungsstaatliche Mechanismen nicht in Abrede stellen. 
Ansonsten sehe ich aber kein neues Argument. Ich glaube, dass wir uns 
nicht einmal darauf einigen könnten, wie sich wohl ein Versuchsaufbau 
konzipieren ließe, der die Überlegenheit der (geregelten) 
Marktwirtschaft zu beweisen fähig wäre. Keine Ahnung, wahrscheinlich 
habe ich nicht sonderlich klar gemacht, was ich mir unter meiner 
Planwirtschaft-2.0-Idee vorstelle. Es ist mir auch tatsächlich gar nicht 
groß klar über das bereits Gesagte hinaus, aber ich würde zumindest 
denken, dass das eine neue Alternative im Spiel wäre, die also empirisch 
auch noch gar nicht als schlechter bewiesen sein kann. Zudem denke ich 
mir in ihr Markt als Symbol für den Ausfluss der Einzelimpulse und 
meinetwegen Kommunismus als Symbol für die Gemeinschaftlichkeit nicht 
als Gegensätze, sondern miteinander verbunden. Du scheinst weiterhin der 
Auffassung anzuhängen, dass ich vor allem eine autoritäre Bevormundung 
anstrebe. Das Gegenteil ist der Fall: Was mich vor allem an meinem 
unmittelbaren Lebensraum stört, ist die implizite Autorität 
asymmetrischer Vermögenskonstellationen und hierarchischer 
Institutionen. Solange wir nicht bspw. durch ein bGE ein Mindestmaß an 
ökonomischer Egalität hergestellt haben, die jedem Individuum zu jedem 
Zeitpunkt die einfache Freiheit auf ein „Nein, dieses Spiel spiele ich 
ganz sicher nicht mit.“ gewährt, stört mich gerade die Bevormundung in 
der sogenannten freien Marktwirtschaft. Besser wäre es m. E., etwa mit 
einem bWE von dem bloßen Nein fortzugehen zu einem „Ja, ich mache mit 
Gleichgesinnten mein Ding für die Gesellschaft nach unseren Maßstäben“. 
Ich finde, dass es etwas ziemlich Ironisches hat, dass du mich mit 
Vorstellungen von mehr Autorität vermutlich bis hin zum Stalinismus 
assoziierst.

Naja, ansonsten scheint mir diese ganze Debatte unfruchtend zwischen uns 
gescheitert. Du bringst keine neuen Argumente und beteuerst nur, dass 
die Welt so sei, wie du sie gerne sehen möchtest.

-----

Bernd: „Hier möchte ich meinen persönlichen Eindruck von Dir mitteilen. 
Du hast viele wertbehafteten Vorurteile, z.B: Marx, Kommunismus, 
Klassenkampf, Bedingungslos, Grundeinkommen und Ressourcenschonung sind 
gut, und zwar so gut, das man sie nicht in Frage stellen darf. Geld, 
Markt, Differenzierung, Zinsen, Kapital und Einwanderungspolitik sind 
schlecht böse, führen zur Weltzerstörung. Wer dazu etwas relativierendes 
schreibt, kriegt von Dir mit lustvoller Polemik jedes denkbare 
Pseudoargument jede hohle Worthülse an den Kopf geworfen, Klar, Vorteile 
sind nützlich. Man hat immer schnell eine Meinung und muss nicht 
differenziert über eine Sache nachdenken. Ich hoffe, dass mein Eindruck 
falsch ist, und bin gerne bereit ihr zu korrigieren.

Natürlich habe auch ich Vorurteile: Wenn eine Behauptung, These oder 
Theorie empirisch widerlegt ist, und z.B. kluge Köpfe in den Führungen 
der kommunistischen Parteien das offensichtlich auch so sehen, und die 
Konsequenzen ziehen, spare ich mir die Mühe, mich damit zu beschäftigen. 
Als Physiker spare ich z.B: die Zeit, mich mit dem Ptolemäischen 
Weltbild, der Farbenlehre von Göthe oder der Pflogistontheorie zu 
befassen. Sie sind empirisch widerlegt. In der Physik geht das. Auch in 
der Ökonomie. Manchmal reicht es mir auch zu zeigen, dass eine Theorie 
sich selbst widerspricht, etwa die Behauptung einer postiven 
Risikoprämie". Ebenso ist für mich die Behauptung, Wirtschaftsinstitute 
oder Volkswirte könnten die Entwicklung der Wirtschaft voraussagen, 
empirisch widerlegt. Meine Vorurteile sind selten Werturteile: Der Markt 
ist z.B: für mich nicht per se gut. Der Manchester-Kapitalismus hat sich 
überlebt und Märkte brauchen Marktordnungen und oft auch Zielvorgaben 
z.B. zu Umweltschutz, Energieeinsparung, Qualitätsstandards z.B: was in 
Lebensmitteln enthalten sein darf, usw. Ein anderes Werturteil ist,, 
dass Konsens eine höhere Stufe der Konfliktbehandlung ist, als Kampf 
weil es Siegern noch nie gelungen ist, den Konflikt dauerhaft zu lösen, 
sondern oft zu kaltem Krieg oder neuem Kampf führt.

Hat man erst einmal ein Vorurteil, sucht man - meisten unbewusst - nach 
Bestätigung dieses Vorurteils. Ereignisse, die das Vorurteil zu 
bestätigen scheinen, werden im Gedächtnis an leicht zugänglicher Stelle 
gespeichert, und Ereignis, die ihm widersprechen, werden ignoriert, 
verdrängt oder als Ausnahmen abgetan oder mit manchmal abstrusen 
Theorien in andere Zusammenhänge verschoben. Auch mir passiert so etwas 
gelegentlich. Weil ich das aber weiß, versuche ich alle Ereignisse so 
vorurteilsfrei wie möglich zu betrachten.“

Kein grundsätzlicher Einwand von mir: Ja, ich habe Vorurteile. Ich würde 
aus erkenntnistheoretischen, spirituellen und quantenphysikalischen 
Erwägungen heraus auch die Unmöglichkeit eines Urteils vollkommen 
jenseins von Vorurteilsstrukturen behaupten. Hast du übrigens als 
Physiker mal darüber nachgedacht, welche gesellschaftlichen Denk- und 
Forschungsleistungen bereits in der Aufstellung, dann mehr aber noch in 
der Überwindung von ptolemäischer Astronomie, Phlogistontheorie oder 
Goethescher Farbenlehre stecken? Das war ja nicht einfach nur alles 
gaga, sondern Teil eines mühsamen Prozesses. Eine radikale Revolution in 
der empirischen Quantenphysik und du kannst deine heutige Physik u. U. 
ähnlich in eine „Sonderfall“-Tonne werfen wie wir's mit der Newtonschen 
seit Einstein gemacht haben. Der geschichtliche Forschungsprozess lehrt 
vor allem, dass man nicht zu überheblich in dem sein sollte, was aktuell 
so als schlüssige und pragmatisch potente Konzepte begriffen wird. Hast 
du dich ansonsten vielleicht auch mal gefragt, wie sich bspw. der 
geschichtliche Forschungsprozess aus einer physikalischen Brille 
interpretieren ließe? Ist ja schließlich auch ein Naturgeschehen, das 
perspektivisch physikalisch erklärt werden müsste. Du erwähnst ziemlich 
plumpe neurowissenschaftliche Vorstellungen zur Funktionsweise des 
Gedächtnis, beteuerst dann aber deine Bemühungen, dich gegen diese 
allgemeine Funktionsweise zu erwehren. Sie ist folglich offenbar gar 
nicht so allgemein. Klar, auch ich habe die Neigung, meine Vorurteile 
weiter zu vertiefen. Hier und da habe ich aber auch genau die umgekehrte 
Neigung, die Welt mal wieder mit völlig neuen Augen zu sehen. Und 
Skeptizismus auch mir selbst gegenüber ist ein wirklich dominantes Motiv 
in meinem Denken. Ich finde, dass du vergisst, wie unsere Debatte 
begann: Mit einem Vorurteil meinerseits, das ich dann relativ flink 
wieder revidierte.

Zu Marx hatte ich hier im Verteiler mal auf sein problematisches 
Familienleben hingewiesen. Kommunismus ist ein mit so vielen 
Vorstellungen überlagerter Terminus, das er eigentlich alles Mögliche 
meinen kann: Als Metapher für Stalinismus erinnert er mich an den 
Archipel Gulag und somit erstmal an was ziemlich Böses, als Chiffre für 
die Utopie eines Vereins freier Menschen ist er aber durch und durch 
gut. Klassenkampf finde ich echt scheiße. Ich würde lieber in einer Welt 
leben, wo's den nicht gibt. M. E. ist Klassenkampf übrigens in erster 
Linie ein Kampf der Elite gegen die Unterworfenen und erst in zweiter, 
viel hilfloserer Linie ein Verteidigungskampf der Unterworfenen gegen 
die Elite. Bedingungslosigkeit erscheint mir tatsächlich als etwas sehr 
Gutes, aber die soziale Welt ist leider nur sehr selten bedingungslos. 
Das macht Bedingungslosigkeit dann auch zu einem Problem, zumindest zu 
einer Aufgabe. Grundeinkommen ist gut, aber nicht so gut, das man es 
nicht in Frage stellen dürfte. Wie überhaupt: Als wenn ich dir den Mund 
verbieten würde. Dich stört doch nur, dass ich nicht „Ja und Amen“ zu 
deiner Weltsicht sage, sondern über Dinge meditiere, die dir suspekt 
sind. Ich hatte im Verteiler mal der Hoffnung Ausdruck verliehen, dass 
wir auch ganz vom Wertfetisch lassen könnten und insofern auch von so 
etwas wie einem Grundeinkommen. Grundeinkommen als Synonym für's 
Existenzminimum finde ich eine humanistische Notwendigkeit, die global 
lange nicht durchgesetzt ist. Das macht mich ziemlich traurig und wütend 
vor allem gegen mich selbst, der ich daran nichts im Ernst zu ändern 
weiß. Ressourcenschonung ist auch etwas Gutes und etwas, das sich uns m. 
E. zumindest in bestimmten Bereichen als echte Notwendigkeit aufdrängt. 
Gleichwohl bin ich sowieso eine Schlampe, ziemlich zynisch in meinen 
Gewohnheiten und von einer Ex-Partnerin mal als Luxushippie tituliert 
worden. Ich neige in dieser Beziehung dazu, Wasser zu predigen und Wein 
zu trinken. Auch mein kritischer Konsumismus ist beispielsweise von 
extremer Löchrichkeit. Ich kann das aber auch selbstkritisch zugeben. 
Das ist echt simpel: Mein Umfeld ist im Zweifelsfall eher noch 
schlimmer. Dennoch predige ich das Wasser insbesondere auch mir – ohne 
dass das Predigen allzusehr in jedem Augenblick verfängt. Alles in 
allem: So leicht ist das nicht mit dem Guten, kein richtiges Leben kann 
im falschen geführt werden. Da finde ich Goethe zitierenswert: „Der 
Irrtum wiederholt sich immerfort in der Tat. Deswegen muss man das Wahre 
unermüdlich in Worten wiederholen.“

Geld und Markt, Zins und Kapital sind auch produktiv und das, was uns 
täglich füttert. Deshalb muss ich es nicht restlos mögen. Und ja: Sie 
haben (neben all den produktiven Zügen und durch sie hindurch) einen 
drastischen Hang, die Welt zu zerstören. Wenn du das abstreiten willst, 
hast du dich offenbar noch nie sonderlich intensiv mit 
innerkapitalistischer Kriegs- und Ökologiegeschichte befasst. Dass ich 
Differenzierung böse finde, ist ein Witz, oder? Ja, ich äußere mich auch 
kritisch gegenüber Differenzierung, weil ich Differenzierung um der 
Differenzierung willen Unfug oder ein Werkzeug für unnötige Spaltungen 
finde und betonen möchte, dass alle Differenzierung nur möglich ist 
aufgrund eines Zusammenhangs, in dem die Differenzierungen überhaupt 
erst möglich sind. Das ist ein ziemlich differenzierter Gedanke, wenn du 
ihn dir bei Licht vergegenwärtigst. Willst du mir im Ernst unterstellen, 
ich hätte ein grundlegendes und überdurchschnittliches Problem mit 
Differenzierung und würde immer alles bloß in einen Topf werfen? Fände 
ich eine seltsame Wahrnehmung deinerseits von mir. Die europäische 
Einwanderungspolitik ist ein Skandal, der mehr oder weniger täglich 
Menschen in den Tod treibt, bloß weil sie arm und verzweifelt genug 
sind, die europäische Festung des Reichtums erreichen zu wollen. Du 
zuckst da lieber mit den Schultern und grübelst darüber nach, wie du 
deinen persönlichen Reichtum mehren kannst? [Nachtrag: Der letzte Satz 
erscheint mir deutlich zu hart, wenn nicht gänzlich falsch, nachdem ich 
deinen Text weitergelesen habe. Geht vermutlich an dir vorbei. Ich lasse 
ihn dennoch mal stehen.]

Hm, ich könnte jetzt darüber meditieren, dass das ja alles auf billige 
Diskurs-Schaumschlägerei hinausläuft. Inhaltlich kommen wir gerade 
offenbar nicht näher zusammen. Du willst mich hier mit 
Vorurteilslastigkeit abwatschen. Ich könnte dir das mit gleicher Münze 
heimzahlen, etwa in Bezug auf dein Unverständnis der Marxschen Kritik 
gegenüber. Das mit den hohlen Worthülsen finde ich z. B. wesentlich 
ignorant von dir: Jeder Satz des Berts eine MG-Salve sinnentleerter 
Sprachlichkeit. Nur weil sich dir nicht jeder Sinn erschließt, heißt das 
nicht, dass da keiner wäre. Was umgekehrt für mich nicht weniger gilt. 
Mir scheint, dass du dir Ockhams razor als Werkzeug denkst, mit dem sich 
alles wegschneiden lässt, was dir halt nicht behagt. Ich habe 
demgegenüber die Intuition, dass dieses Rasiermesser stumpf wird, wenn 
es darum geht, das Abgeschnittene und Unbehagliche in den Blick zu 
nehmen. Aber wozu sollen solche Schaumschlägereien gut sein? 
Schwanzvergleich? Ich find's vor allem traurig, dass du der Meinung zu 
sein scheinst, dass die dir wichtigen Idole deines Denkens wichtiger 
sind als die Zurkenntnisnahme dessen, was diesen Idolen auf einer sehr 
drastischen Weise widerspricht: Alle produktiven Integrationsprozesse 
der geregelten sozialen Marktwirtschaft haben die Welt und auch 
Deutschland nicht zu einem friedlichen und glücklichen Ort für alle 
gemacht. Dein stoisches „Besser geht’s halt nicht“ befriedigt mich 
zumindest nicht, wird sich historisch ohnehin blamieren und ist gänzlich 
unbeweisbar.

Zumindest Willi, Jochen, Peter und mit Abstrichen auch Moderator 
Matthias haben mir hier im Verteiler mal gespiegelt, dass sie meine 
Texte zumindest interessant finden. Ansonsten kann ich in den Texten 
anderer Debattenteilnehmer bemerken, dass bestimmte Motive meines 
Schreibens in das ihre Eingang finden. Das lässt mich hoffen, dass deine 
Vorurteils-Wahrnehmung, lieber Bernd, nicht so generell ist wie du sie 
vorbringst. Fände ich nämlich echt doof, wenn ich hier bloß als 
Vorurteilsschleuder wahrgenommen werden würde.

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Bernd: „Mir ist völlig unklar, was Du mit Luxuskonsum meinst. bestimmte 
Luxusgüter? In der Besteuert wird nur der Luxuskonsum findest Du die - 
für mich die einzig mögliche - Definition dazu. Was jeder mit seinem BGE 
macht, ob er sich davon Brot, Wein oder eine Bohrmaschine kauft, darf er 
selbst entscheiden, ist seine Privatsache. Mir würde es stinken, wenn 
jemand anderes mir vorschreiben will, was ich kaufen darf. Das gab's nur 
in der DDR, .“

Ich will gar nicht näher bestimmen, was Luxuskonsum exakt sein mag, weil 
ich mich dazu gar nicht in der Lage sehe und das m. E. ohnehin ein 
gesellschaftlicher Abstimmungsprozess wäre, der auch in Abhängigkeit vom 
Produktivitätswachstum steht. Ich würde stark machen wollen, dass 
insbesondere ökologische Gesichtspunkte dabei in Betracht kommen 
sollten, ja müssen. Ansonsten kann ich deiner mathematischen Definition 
folgen: Je mehr individueller Konsum gemessen in Geld, desto eher 
Luxuskonsum. Ich hatte auch schon darüber nachgedacht, den 
Luxuskonsumsteuervorschlag in meiner bGE-0.1-Idee gemäß 
Marginalsteuersatz auf Lebenskonsum umzuarbeiten – aber mein bGE-Modell 
interessiert ja letztlich ohnehin niemanden. Schiene mir aber abgesehen 
von ökologischen Gesichtspunkten eine relativ sinnige Konstruktion.

Ansonsten meine ich mich zu erinnern, dass du bspw. die Tabaksteuer und 
ähnliches beibehalten möchtest. Das ist in gewisser Weise eine 
Luxuskonsumsteuer, jedenfalls eine Steuer, die bestimmte 
Konsumgewohnheiten anders besteuert als andere. Das gibt’s also 
definitiv nicht nur in der DDR. (Du immer wieder mit deiner DDR 
*kopfschüttel*)


Soweit, liebe Grüße,

Bert

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