[Debatte-Grundeinkommen] "... wir alle, die wie ich so oft nichts tun, außer uns auf unserem Wohlstand auszuruhen ..." (vgl. http://youtu.be/zeRaz-Mnmfc )
Debattenliste des Netzwerks Grundeinkommen
debatte-grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de
Do Jan 15 16:20:39 CET 2015
Hallo,
ich muss mich in nächster Zeit echt mal mehr um andere Dinge kümmern und
daher möglichst allen Fokus von diesem Verteiler wegziehen. Ich gehe
jetzt noch einmal auf dich ein, lieber Bernd, weil du dir ja auch Mühe
gegeben hast, dich mit meinem Geschwafel auseinanderzusetzen. Ich werde
mich dann aber bis auf Weiteres anderen Dingen zuwenden (müssen). Diese
Debatten sind ja letztlich ein Fass ohne Boden, wobei ich grundsätzlich
nach wie vor wirklich Potential in der Staatsbürgersteuer sehe … Ich
fange mal mit dem an, wo unsere Auseinandersetzung m. E. eine gewisse
konstruktive Produktivität hat (1.) – und wende mich den ganzen eher
destruktiven Aspekten weiter unten zu (2.). Mir scheint, dass sich sagen
lässt, dass 1. auch eher ontopic, 2. eher offtopic ist. Ich habe mich
allerdings chronologisch durch deinen Text (vgl.
http://www.staatsbuergersteuer.de/anBert.htm ) gearbeitet und erst
danach die Sortierung nach 1. und 2. vorgenommen. Könnte also sein, dass
ich durch die Umsortierung ein paar Sinnzusammenhänge etwas
auseinandergerissen habe. Ich würde dir fast empfehlen, den zweiten Teil
gar nicht erst zu lesen … wir werden uns bestimmt nur gegenseitig weiter
ärgern. Und wer will das schon? Aber ich konnte mich zumindest nicht
davon abhalten, auf dich zu reagieren …
Nachdem ich nun deine komplette Reaktion auf mich gelesen habe, möchte
ich ein paar Dinge allgemein vorausschicken:
a) Auch wenn mir nicht alles gefällt, was du von dir gibst, und
vermutlich auch nicht alles an der Gesamtkonstruktion, bleibe ich dabei,
dass die Staatsbürgersteuer m. E. echtes Potential hat. Ich möchte daher
dafür plädieren, dass sich auch andere bGE-Interessierte damit näher
befassen.
b) Ich möchte mich für mein Gekrittel bei dir entschuldigen, lieber
Bernd. Da ich dich erst so ignorant abgewatscht hatte, fühlte ich mich
danach umso mehr in der Pflicht, mich damit auseinanderzusetzen und auch
zeitnah Feedback zu geben. Das scheint mir der Sache letztlich nicht
angemessen. Angemessener wäre es, den Staatsbürgersteuer-Text ein, zwei,
drei Mal zu studieren und dann mit einem eigenen Überblick über den
Vorschlag in die Diskussion mit dir zu steigen. Aber ich sehe gerade
wegen anderer Prioritäten nicht einmal, dass ich allzubald ein erstes
Mal mit dem Text durchkommen werde. So oder so haben mir einige
Bemerkungen von dir vor Augen geführt, dass da viel Arbeit von dir drin
steckt und das auch Anerkennung verdient, die ich mit meiner laxen
Krittelei wohl kaum hinreichend zum Ausdruck gebracht habe. Sorry.
Ähnlich wie bei Verena kann ich nur hoffen, dass ich auf diese Weise
zumindest dazu beitrage, dass andere Leute sich eingehender der Sache
widmen. Was mich angeht: Ich behalte das auf dem Zettel, mir den
Gesamttext zu vergegenwärtigen – aber ich habe so viele Dinge auf dem
Zettel und gerade auch echt einen Haufen lebenspraktisch für mich
bedeutsamerer. Rechne also nicht in näherer Zukunft mit einer weiteren
Auseinandersetzung von mir.
c) Hinsichtlich deiner Kritik an der Verschwendung durch staatliche
Institutionen bin ich ambivalent. Einerseits habe ich allgemeine
Staatskritiken im Hinterkopf und finde vieles von dem, was du gegen die
staatlich sanktionierten Privilegien bestimmter Berufszweige sagst,
richtig und triftig. Ich könnte bspw. die Geschichte von dem
Insolvenzverwalter erzählen, der nach der Darstellung meiner Schwester
sie und ihren Lebensgefährten (und ihre Gläubiger) unter Missbrauch
seiner hoheitlichen Befugnisse voll ausgesaugt hat, sich eine nicht ganz
unbeträchtliche Insolvenzmasse ihrer Dachdeckerfirma in einem Moment als
Honorar angeeignet hat, als die Firma eingentlich noch sanierungsfähig
gewesen wäre. Andererseits sehe ich in diversen sozialstaatlichen
Institutionen durchaus auch positive Momente und finde es grundsätzlich
eher gut als schlecht, dass es relevante gesellschaftliche Gruppen gibt,
die dem Konkurrenzdruck des Marktes durch Anstellungsschutz beim Staat
mehr oder weniger enthoben sind und hier und da auch einfach spielerisch
Unsummen verschleudern können. Ist zwar ungerecht und häufig im Detail
wahrscheinlich auch Mist, aber darin liegt auch ein Moment
gesellschaftlicher Freiheit, das ausbaufähig ist. Ist m. E. ein
komplexes Thema.
d) Du hast meine bGE-Null-Punkt-Ideen nicht mitbekommen, von denen ich
allerdings vermute, dass sie dir eh nicht behagen. Ich beziehe mich hier
und da unten wieder drauf. Die 0.1-Idee (die ich erst später so taufte)
habe ich im September über den Verteiler gejagt:
https://listi.jpberlin.de/pipermail/debatte-grundeinkommen/2014-September/003974.html
. Da sind ein paar logische Schnitzer drin. Ist halt erstmal nur eine
vage Skizze und müsste eigentlich und sowieso überarbeitet werden. Ich
bin ja ohnehin nicht im Ernst irgendwie Fachmann für die Materie. Lies
das also locker und nicht zu streng mit deinem mathematischen oder
steuerrechtlichen Sachverstand. Die grundsätzliche Idee dürfte
jedenfalls rüberkommen. Eine 0.2-Variation hatte ich im November über
den Verteiler gejagt:
https://listi.jpberlin.de/pipermail/debatte-grundeinkommen/attachments/20141107/fdcded98/attachment.html
. Die hatte ich im Dezember wiederum Richtung bWE zu einer 0.2.1-Version
variiert:
https://listi.jpberlin.de/pipermail/debatte-grundeinkommen/attachments/20141206/941f8344/attachment-0001.html
, dort allerdings nur eine kleine Passage. Gab eigentlich noch ein paar
weitere Dinge, die ich hatte formell festhalten wollen (0.2.2., 0.2.2.1.
etc.), etwa die Idee, Vorsteuer und Endsteuer von Unternehmungen in
Echtzeit mit dem Finanzamt zu verrechnen … bin ich nicht zu gekommen.
Und wie gesagt: Scheint sich eh niemand näher für zu interessieren … Wie
ich unten noch irgendwo sage, hast du mich auf den Gedanken gebracht,
dass es sinnig wäre, das Luxuskonsumsteuer-Element in der 0.1-Version im
Sinne deiner Kriterien Lebenskonsum und Marginalsteuersatz zu variieren.
1. Konstruktive Auseinandersetzungselemente:
Zu den Haushaltstypen:
Nachdem mir durch die Auseinandersetzung mit einigen
bGE-Debatten-Fragmenten klar geworden war, dass die relevanten
Staatsaktivitäten Steuer-, Sozialversicherungs- und SGB-Gesetzgebung
letztlich nicht verfassungskonform sein können (vgl. z. B.
http://de.wikipedia.org/wiki/Steuerprogression#Rechtfertigung ) und
überdem einen anreiztheoretischen Skandal darstellen, schien es mir
sinnig, das klarer zu kriegen. Mir ist dann aber auch ziemlich schnell
bewusst geworden, dass ich da erstmal ziemlich naiv und simpel
rangegangen bin, die Gesamtmaterie viel zu wenig überblicke und mir echt
viel Arbeit aufhalsen würde, das im Detail zu blicken. Das scheint bei
dir ja wirklich anders zu sein, lieber Bernd, dir ist das anscheinend
mehr oder weniger in der gesamten Komplexität ziemlich durchsichtig. Und
du bist mit mir da hinsichtlich des Skandal-Charakters grundsätzlich
einer Meinung, nicht wahr? Das dürfte ja auch deinem Ruf nach
Flurbereinigung zu Grunde liegen: Der ganze Wildwuchs im System führt zu
massenhaften Ungerechtigkeiten.
Sieht man von formell-juristischen Argumenten in dem Zusammenhang ab und
denkt das politisch, dann bleibt es m. E. eine drastische
agitationstaktische Aufgabe, diese Ungerechtigkeiten in ihrer
praktischen Wirksamkeit auf verschiedene Bevölkerungsgruppen, letztlich
möglichst auf jeden Einzelfall aufzuzeigen. Du mutmaßt ja ebenfalls,
dass größere Klarheit darüber bei größeren Bevölkerungsgruppen zu
revolutionären Bewegungen führen könnte. Mit den horizontalen Strichen
wollte ich daher eigentlich nur erstmal andeuten, dass man deine
Betrachtungen auf bevölkerungsstatistische Daten abbilden kann. Damit
würde klarer werden, wer eigentlich wie innerhalb des Systems durch
Staatsaktivitäten entgegen Verfassungsgrundsätzen und entgegen
Bauchgerechtigkeitsgefühlen be- und entlastet wird. Wer somit ein
drastisches Interesse an einem Wandel hat. Das ist ja auch dein Motiv
bei den Systemgegenüberstellungen, scheint mir. Wobei es mir
demokratietheoretisch da weniger um das Wer, sondern mehr um das
Wieviele ginge.
Ich habe deine Betrachtungen zu den weiteren Komplexionen der
Haushaltstypen zur Kenntnis genommen und enthalte mich da gerade einer
weiteren Meinung. Ich denke, dass du das wesentlich, wesentlich besser
überblickst als ich. Scheint mir auf den ersten Blick ziemlich
plausibel, was du dazu schreibst. Wenn du dich dazu in der Lage siehst,
das wirklich näher zu spezifizieren, würde ich begrüßen, wenn du das
auch tätest. M. E. ist das eigentlich eine Aufgabe für ein wirtschafts-
oder sozialwissenschaftliches Institut. Insbesondere, weil die
bevölkerungsstatistischen Aufbereitungen des statistischen Bundesamtes
kaum ausreichend sein dürften. Keine Ahnung, was die Finanzämter
eigentlich an statistischer Aufbereitung betreiben ...
Bernd: „Schlechter gestellt im Vergleich zu was? In Deinem Kopf gibt es
ein Vorstellung von gut und schlecht. Aber Statistik kennt kein gut oder
schlecht., sie zeigt nur was ist. Nur wenn du Deine Vorstellung von gut
und schlecht hineininterpretierst kannst Du Werturteile abgeben. Für
mich ist die Agitationstechnik solange Bla bla, solange ich nicht mit
einem Gegenmodell vergleiche.“
Ich meinte unmittelbar: Schlechter gestellt im Hinblick auf die Frage,
wieviel Prozent des Lohns nach Staatsaktivitäten verbleibt. Oder
alternativ, wenn man ALG2 nicht als selbstverständliches Existenzminimum
interpretiert, sondern als Subvention: Schlechter gestellt im Hinblick
auf die Frage, wieviel verfügbares Geld im Verhältnis zum Lohn nach
Staatsaktivitäten verbleibt. Das lässt sich aus deinen
Haushaltstypen-Diagrammen unmittelbar in Abhängigkeit vom Lohn ablesen,
bedarf keines Vergleichsdiagramms, ist zwar dennoch eine interpretative
Leistung, aber jetzt nicht wirklich eine von gut und böse. Zudem hast du
selbstverständlich Recht: Auch wenn die meisten Leute von Löhnen leben,
gibt es andere Einkommensarten, die umso wichtiger zu betrachten sind,
je vollständiger man das Modell machen möchte.
Solange wir in diesem Kuddelmuddel leben, scheint es mir wirklich
interessant, ein solches Modell bevölkerungsstatistisch so präzise wie
möglich zu entwickeln. Mich würde bspw. zusätzlich im Rahmen solch eines
Modells interessieren, wie sich die Bevölkerung eigentlich nach Alter
darauf abbilden ließe. Mein Bauchgefühl wäre, dass sich einerseits
Kinderarmut gut abbilden ließe, andererseits auch deutlich werden
könnte, dass sich die Deregulierung des Arbeitsmarkts und das
tendenzielle Absterben von sogenannten Normalarbeitsverhältnissen auf
die jüngeren Generationen massiver auswirkt als auf die älteren. Noch
interessanter fände ich in dem Zusammenhang Zeitverläufe: Wie hat sich
das beispielsweise in den letzten 50 Jahren verschoben? Oder, sofern das
zu schwierig zu rekonstruieren ist (weil man ja beispielsweise
Veränderungen der Gesetzgebung beachten müsste), zumindest: Wie
verschiebt sich das ab jetzt? Ab dem Zeitpunkt, wo man erstmals so ein
Modell relativ präzise entwickelt hat?
Ich konzipiere hier einfach nur ein bevölkerungsstatistisches
Erkenntnisinteresse an der Frage: Wie greift der Staat in die
Einkommensverteilung der Bevölkerung ein? Wie gesagt wäre dabei der
unmittelbare Output eine Verdeutlichung des Skandals hinsichtlich
Verfassungsnormen und Anreiztheorie. Da treffen sich m. E. bGE-Vertreter
und Staatsbürgersteuer auf jeden Fall. Ich sehe mich nicht wirklich in
der Lage, dieses Erkenntnisinteresse selber zu befriedigen oder da
gerade auch nur im Detail hilfreich zu sein. Wie gesagt: Insoweit du
dich in der Lage siehst, es zu befriedigen, lieber Bernd, würde ich es
begrüßen, wenn du das tätest – und ansonsten scheint mir das eher ein
ziemlich umfangreiches wissenschaftliches Projekt zu sein, um das sich
eher entsprechende Institute kümmern sollten. Wäre allerdings wiederum
die Frage: Wie kann man die dazu bewegen? Vielleicht gibt’s ja auch
bereits Ansätze hier und da dazu … keine Ahnung.
Wenn man ein hinreichend exaktes Modell hätte, wäre es ja beispielsweise
möglich, ein Webformular zu entwickeln, das jedem die Möglichkeit
bietet, seinen Haushaltstyp anhand von Variablen zu spezifizieren, um
dann nach Berechnung des Servers auszugeben, wo sich dieser Haushaltstyp
in der Verteilung der Be-/Entlastung durch Staatsaktivitäten befindet.
(Nebenbei oder parallel als wirtschaftlich betriebene Website könnte man
dabei Hinweise auf vielleicht nicht geltend gemachte Ansprüche auf
Transferleistungen bzw. Steuersparmöglichkeiten geben, dem Ganzen also
gleichzeitig einen Dienstleistungscharakter angedeihen lassen.) Das wäre
dann ein ziemlich potentes Werkzeug, um den verfassungs- und
anreiztheoretischen Skandal auf die jeweilige Einzelsituation des Users
runterzubrechen. Hätte man so etwas, hätte man m. E. ein echt starkes
Agitations-Werkzeug gegen den derzeitigen Wildwuchs.
Hm, ich weiß nicht: Ist dir jetzt klar, worum es mir eigentlich geht?
Siehst du die Sinnhaftigkeit in Hinblick auf Agitation?
Ich würde vermuten: Ja, siehst du. Weil du ja auch von dir aus schon auf
die Haushaltstypisierung verfallen bist. Da muss ja bereits ein
ähnlicher Impuls hintergesteckt haben. Eigentlich läuft mein Geschreibe
nur darauf hinaus: Konkretisiere doch bitte die ohnehin schon
vorhandenen Daten an der statistisch erfassten Bevölkerung.
Angesichts der vielfältigen Komplexionen im Gesamtsystem müsste man
wahrscheinlich nicht nur Datenerhebungs-, sondern auch
Darstellungsprobleme lösen. Letztlich hätte man es wahrscheinlich mit
einem n-dimensionalen Konstrukt zu tun, bei dem n wesentlich größer als
3 ist. Deine zwei Dimensionen sind ja derzeit Lohn und Output (für
Lohnempfänger, für Steuer, für Sozialversicherung, für ALG2-Bezüge).
Lohn müsste man in Einkommen transponieren, wodurch man verschiedene
Einkommensarten-Gruppen unterscheiden müsste, also schonmal eine weitere
Dimension hätte. Zudem soll nach meinem Wunsch eine Dimension für die
statistische Verteilung von Haushalten eingefügt werden. Dir fallen
wahrscheinlich ad hoc noch ein paar weitere Dimensionen ein. Das dürfte
für dich mathematisch ja aber beherrschbar sein. Idealerweise könnte man
das n-dimensionale Konstrukt dann je nach Betrachtungswinkel auf eine 2-
oder 3-dimensionale Darstellung runterbrechen – entweder für die
Grundgesamtheit der ganzen Bevölkerung oder halt in Abhängigkeit des
Einzelfalls des Users.
Ok, sorry, ich mache wirklich nur ganz allgemeine
Konstruktionsüberlegungen gerade, die dir wahrscheinlich nicht
sonderlich helfen. Und ich will dir das auch gar nicht als Einzelperson
aufbürden, sehe nur gerade auch nicht, wie ich da hilfreich sein könnte.
Interessanter bleibt für mich, ob du und auch der Gesamtverteiler
überhaupt sieht, was der Erkenntnisgewinn dabei wäre. Seht ihr das?
Falls ja, ließen sich da ja vielleicht Arbeitsgruppen zu konstituieren,
die das gemeinsam mit dir, lieber Bernd, in Angriff nehmen …
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Bernd: „"Alles Einkommen wird letztlich konsumiert" meint auch Götz
Werner, um zu begründen, dass die Mehrwertsteuer als Konsumsteuer
ausreicht um das BGE zu finanzieren. Nur dass man da bei manchen
(Vermögenden) sehr lange warten muss, weil die sich mit dem konsumieren
Zeit lassen und Vermögen akkumulieren. Wenn das Einkommen besteuert
wird. wird auch das zwischenzeitlich akkumulierte Vermögen besteuert.
Die Staatsbürgersteuer verhindert dies, indem sie fordert, dass
jegliches Vermögen eines Staatsbürgers zu Lebzeiten konsumiert wird und
zu Steuereinnahmen führt. Hat noch jemand am Lebensende Vermögen übrig,
dass er bis dahin (noch) nicht konsumiert hat, gilt dies als "im letzten
Lebensjahr konsumiert und wird mit 40% besteuert. Bei den Erben ist die
verbleibende Erbschaft (60%) Einkommen, und wird noch einmal mit 40%
besteuert. Zwar kann der Erbe dann diese Steuer zeitlich verschieben,
indem er die Erbschaft nicht sofort sondern zunächst spart (=Vermögen
bildet) und erst später (spätesten bei seinem Tod) konsumiert. die 40%
Steuer auf die Erbschaft von 60% des Ursprünglichen kommen auf jeden
Fall zusammen und helfen das BGE zu finanzieren.“
Auch wenn ich dein Gesamtkonstrukt noch nicht überblicke, scheint das
wirklich ein guter Ansatz zu sein. Langfristig klingt das echt
vernünftig. Man hätte allerdings gewisse Asymmetrien: Ein heute
20-jähriger Milliardär könnte noch die 60 Jahre bis zu seinem Lebensende
lässig mit seinem Geld zocken, während die Erben eines 80-jährigen
Milliardärs nur mit 36 % des Erbes weiterzocken könnten. Und die ganzen
Mittellosen sowieso nichts groß gespart bekommen, also die 40 % mehr
oder weniger in Echtzeit abführen würden, während die Investoren sogar
noch ihren negativen Konsum subventioniert bekämen. Dennoch: Langfristig
klingt das definitiv wesentlich vernünftiger als der Ist-Zustand. Würden
wir entweder bereits bei der Einführung oder peu à peu durch zunehmende
Akzeptanz des Steuermodells einerseits, gesellschaftliche
Verlagerungsbedürfnisse vom Privatvermögen weg zum bGE bspw. auf 60 %
Marginalsteuersatz übergehen, blieben nur noch 16 % des Erbes. Das hat
wirklich Entwicklungspotential, lieber Bernd, finde ich ziemlich
überzeugend.
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Bernd: „Du machst es Dir sehr einfach: Du machst keinen Vorschlag , wer
konkret wie viel Bürgergeld kriegen soll, Jeder gleich viel? Jedes Kind
genauso viel wie ein Erwachsener und wie ein Rentner? Wenn Du meine
Beispiel kritisierst, musst du auch sagen, wie das besser aussehen soll.“
Dieses Muss würde ich bezweifeln. Ich kann auch kritisieren ohne es
besser zu wissen (vgl. z. B. http://youtu.be/MRtuPB5p7nQ ). Pragmatisch
aber hast du selbstverständlich recht. Wenn wir ein echtes politisches
Konzept haben wollen, sollte das auch durchdacht sein. Ich bin da in
einem work-in-progress-Status (und darin noch ziemlich am Anfang und im
Blauen), in dem ich für mich sondiere, was in Richtung bGE m. E. etwas
taugt. Selbst wenn ich damit an einem Ende wäre, bliebe dann wie für
dich in Bezug auf die Staatsbürgersteuer als nächstes Problem das
Überzeugen von anderen Leuten, die mir ihren Rebellen entgegen
schleudern könnten …
Und ja: Vorausgesetzt wir finanzieren die sonstigen sozialen
Sicherungssysteme (also insbesondere das Gesundheitssystem) ebenfalls
über Steuern, bin ich definitiv dafür, das bGE vollständig egalitär zu
gestalten. Im Einzelnen:
Bernd: „Sollen Rentner, die gebrechlicher sind und Arzneien brauche,n
genau so viel BGE bekommen wie Normalbürger, obwohl sie vielleicht
zusätzlich Pflege oder Hilfe bei Dingen des täglichen Lebens brauchen,
und dazu heute jemand aus dem Ostblock schwarz beschäftigen und bezahlen
müssen, weil die Pflegeversicherung noch nicht einspringt oder erst mal
auf einen auf Abwehr programmierten Gutachter Überzeugen müssen, dass
sie Hilfe brauchen? Und zur Finanzierung der Staatsbürgersteuer ersetze
ich auch die Rentenversicherung und das ALG II durch das Bürgergeld.
Also soll der Ersatz für die Rentner nicht schlechter sein als die
heutige Rente. Mit dem Altersbürgergeld schaffe ich das nicht ganz, wie
Du der Zusatzversicherung für Besserverdiener entnehmen kannst. Dafür
bekommen Rentner, die heute Renten unterhalb des Alters-Bürgergelds
bekommen, dann das volle Alters-Bürgergeld.“
Ich hatte erstmal nur gesagt, dass ich im 3.2.-Text kein Argument dafür
sah. Über die überdurchschnittliche Hilfebedürftigkeit von alten Leuten
hatte ich da auch schon nachgedacht, wollte aber erstmal sehen, was du
dazu sagst. Da es sowohl Leute gibt, die bis ins biblische Alter hinein
kerngesund bleiben als auch umgekehrt solche, die bereits im Kindesalter
bspw. aufgrund von Behinderungen bis zum Lebensende auf Pflege oder
Medikamente angewiesen sind, würde ich die Gesundheits- und
Pflegeversorgung lieber unabhängig vom Alter und unabhängig vom bGE in
einem eigenen System über die Marginalsteuer finanzieren. Die Frage der
Übertragung von hohen Rentenansprüchen bei einem Systemwechsel, die ja
ebenfalls nicht alle Alten, sondern nur die relativ gutsituierten
betreffen, würde ich nicht in einer grundsätzlichen Bevorzugung alter
Leute in der bGE-Höhe zementieren wollen. Da fände ich ein
Zusatzinstrument sinnvoll, das nach und nach mit dem Verscheiden
derjenigen mit entsprechend hohen Rentenansprüchen aus dem heutigen
System auslaufen würde. Schlußendlich bliebe dann ein allgemeines bGE
ohne Diskriminierung. Also: Ich sehe die Hintergründe für deine beiden
Argumente, nehme sie auch ernst, würde sie aber nicht dafür
ausschlachten, die bGE-Höhe altersabhängig zu machen. Kann man auch
anders lösen.
Bernd: „Die Debatte dazu kannst Du in Fragen und Einwände aus Sicht des
bedingungslosen Grundeinkommens nachlesen. Ich meine, dass 665 €/Monat
(2014) für das Existenzminimum ausreichen und dass die Perspektive, sich
durch Arbeit schnell besser versorgen zu können, wichtiger ist, als
Erwerbsunwilligen mit ein paar €/Monat mehr das Maul zu stopfen und ihm
stattdessen wie heute mit der Anrechnung im ALG II Steine in den Weg zu
legen, wenn er sich und die Seinen besser stellen will. Eine weitere
Begründung liefert das Leistungsfähigkeitsprinzip des deutschen
Steuerrechts. Willst Du das im BGE aufheben? Es gilt auch für
Erwerbsfähige.“
Laut
http://de.wikipedia.org/wiki/Leistungsfähigkeitsprinzip#Messung_der_Leistungsf.C3.A4higkeit
<http://de.wikipedia.org/wiki/Leistungsf%C3%A4higkeitsprinzip#Messung_der_Leistungsf.C3.A4higkeit>
lässt sich die Leistungsfähigkeit nur anhand wirklicher Einkünfte
bestimmen, nicht auf Grundlage von so etwas Vagem wie grundsätzliche
Erwerbsfähigkeit. Deiner Meinung kann ich nicht folgen, wie dich kaum
überraschen wird. Wer sich als reicher Erbe leistungslos das Maul mit
Kaviar vollstopft (den ich persönlich echt eklig finde … ist freilich
plastische Polemik), hat d. E. alles Recht der Welt dafür, aber wer aus
welchen Gründen auch immer keinen Fuß in die Arbeitswelt bekommt, soll
sich gefälligst mehr um eine Perspektive bemühen? Minijob-Sphäre findest
du dementsprechend auch erhaltenswert, wenn ich dich richtig verstehe.
Tja, wir sind da unterschiedlicher Auffassung, was ja aber nichts Neues ist.
Bernd: „Leute mit Einkommen bezahlen darauf 40% und reduzieren in dieser
Höhe ihr Bürgergeld. Verdienen sie mehr als €/Monat bezahlen sie Steuern
und finanzieren das Bürgergeld aller anderen. Alleinerziehende im
arbeitsfähigen Alter bekommen über das Kinder-Bürgergeld im Vergleich zu
heute erheblich mehr als im ALG II. Im ESt.-Bereich ist das sogar
erheblich mehr als das Kindergeld vgl. §66 ESTG. Wenn Du meinst, das das
nicht ausreicht, kannst Du ja das zusätzliche Differenzierungsmetkmal
"Alleinerziehend" einführen und dafür höhere Bürgergelder vorschlagen.
Ich warne davor, weil es dazu animieren würde, dass sich Leute scheiden
lassen, und ihre Kinder aufteilen um diese Alleinverdiener-Prämie zu
kassieren. Besser wäre die Erhöhung der Kinder-Bürgergelder über meinen
Vorschlag hinaus. Dagegen hätte ich nichts einzuwenden, wenn die
Finanzierung dafür stimmt. Dies käme dann auch Alleinerziehenden zu
Gute. Beachte, dass das, was Du Kindern mehr geben willst, den
Erwachsenen wegnehmen musst.,“
Tja, oder ich lasse einfach dein Diskriminierungskriterium
„Erwerbsfähigkeit“ fallen. Ansonsten sprechen wir hier von einer
gesamtgesellschaftlichen Umverteilung. Ich muss daher nicht allen
Erwachsenen wegnehmen, was ich den Kindern geben will, sondern nur den
Erwachsenen, denen man auch ausreichend viel wegnehmen kann.
Bernd: „Keiner wird gezwungen das nachzuweisen. Die Nachweise sollen so
einfach sein, dass sie ein Finanzbeamter beurteilen kann, Die
Steuererklärung muss er ja sowieso prüfen und sich versichern, dass der-
oder diejenigen, die in der Steuerklärung genannt sind, noch leben und
er nicht das Bürgergeld an tote falsche Staatsbürger genehmigt. Auch ein
BGE käme um eine solche Überprüfung nicht herum. Ich finde es fair,
Kranken, Auszubildenden das volle Bürgergeld zu geben, weil sie nicht
erwerbsfähig sind. Für mich ist auch der, der Arbeit sucht, in der Phase
der Suche nicht erwerbsfähig. Notfalls - aber sehr ungern - bin ich
bereit, diese Nachweise auf dem Altar der Bedingungslosigkeit zu opfern.
Eher würde ich die Hürden relativ hoch zu legen. z.B.
Ausbildungsbescheinigungen nur von staatlich anerkannten Einrichtungen,
Attest nur von Amtsärzten). Vielleicht würden potentiell Begünstigte
dann die Mühe erspart oder denen, die aus ideologischen Gründen
unbedingt nur ein bedingungsloses Bürgergeld akzeptieren sich diese
Bescheinigungen zu beschaffen. Sie könnten stattdessen arbeiten zu
gehen. Schließlich geht es nur um 160 €/Monat, die sie mehr bekommen
könnten. Wenn sie arbeiten statt nachzuweisen, helfen sie mit, das
Bürgergeld zu finanzieren und ersparen Finanzbeamten die (ziemlich
einfache) Überprüfung der Nachweise.“
Altar der Bedingungslosigkeit. :o) Finde ich schön, dass du's zumindest
mit viel Ach und Krach akzeptieren würdest. Ich bleibe dabei, dass die
Bedingungslosigkeit eines Grundeinkommens der Beginn einer
Verwirklichung des bürgerlichen Egalitätsideals in der Sphäre des
Ökonomischen wäre. Ich glaube, dass es bei den Leuten um Götz Werner den
Hinweis gab, dass der Arbeitsmarkt ja schon deshalb kein freier Markt
ist, weil es einen impliziten Arbeitszwang für die Mittellosen gibt. Ein
bGE würde diesen Arbeitszwang auflösen, Recht auf Faulheit etablieren.
Das ist sicherlich nicht unser primäres Interesse, weil wir Aktiven in
Sachen bGE ja vermutlich alle auf irgendeine Weise aus eigener
praktischer Erfahrung der Meinung sind, dass individuelle Perspektiven
für eine Integration ins Miteinander füreinander allemal wichtig
bleiben. Ein bGE wäre aber eben Bedingung der Möglichkeit für jedes
Individuum, sich nach den Maßstäben der eigenen Willkür einzubringen,
sich nicht in irgendeiner Weise zwingen lassen zu müssen. Das ist ein
massives Interesse sehr vieler Menschen bis unter die Haut, über das du
dich m. E. nicht mit Eso-Begrifflichkeiten lustig machen solltest.
Bernd: „Oben und in Kinder-Bürgergeld bereits beantwortet“
Sehe ich nicht. Im „Kinder-Bürgergeld“ (vgl.
http://www.staatsbuergersteuer.de/Differenzierung.htm#3.2.7 ) gibst du
einen 70 %-Wert an, den du nicht näher begründest. „Oben“ (vgl.
http://www.staatsbuergersteuer.de/anBert.htm#KiBg ) sagst du, dass du
bei entsprechender Gegenfinanzierung nichts dagegen hättest, das
Kinder-Bürgergeld höher ausfallen zu lassen. Aber wie hoch? Mein Punkt
bleibt da ja: Warum überhaupt das bGE nach Alter differenzieren? Wo ist
da das Argument?
Bernd: „Heute haben wir ein Pulverfass. Da gibt es Flüchtlinge, die in
Ghettos und Lagern an der Europäischen Grenze festgehalten werden und
gegen Bezahlung illegal weiter geschleust werden. Die Schleuser lassen
sich das hoch bezahlen und die Flüchtlinge, die sie dann im Stich bzw.
im Mittelmeer treiben oder untergehen lassen. Hier haben wir Pegida und
in anderen Staaten Europas eine Zunahme rechtsextremistischer
Strömungen. Asylanten werden in Deutschland in eingezäunten Baracken
untergebracht, dürfen nicht arbeiten und streiken, weil sie zu wenig zum
Leben bekommen, obwohl sie z.T. hoch qualifiziert sind und gerne
arbeiten würden. Ihr weiteres Schicksal wird von Beamten und Richtern
entschieden, zu denen sie kaum Kontakt haben. Herr Gysi stellt sich dann
hin und meint, dass diese in ihren Herkunftsländern dringend gebraucht
würden. Will er die gegen ihren Wunsch gleich abschieben lassen? Dass
auf der anderen Seite Demonstranten gegen Pegida organisiert werden,
überkonfessionelle Konferenzen (was kosten die eigentlich?) abgehalten
werden, Linke und Grüne immer von einer Willkommenskultur und Multikulti
schwärmen, hilft den Betroffenen nicht, verschärft nur die Lage.
Wenn Du Neu-Bürgergeld etwas genauer liest, dann erkennst Du, dass hier
nicht nur eine nachhaltige Lösung des politischen Konflikts angestrebt
wird, sondern auch eine wirkliche Hilfe für die Flüchtlinge möglich
wird. Statt Schleusern viel Geld für die Chance zu bezahlen, um hier
einreisen zu dürfen. schlage ich vor, dass sie hier sofort wohnen,
arbeiten und Geld verdienen dürfen. Für einen überschaubaren Zeitraum
von (maximal 18 Jahren müssten sie auf Teile des Bürgergelds verzichten.
Wenn sie z.B. eine entsptrechende Integrationsfähigkeit nachweisen,
sollen die ersten 8 Jahre (eventuell sogar mehr) erlassen werden und sie
starten mit einen Bürgergeld von (2014) 429 €/Monat, das sie durch die
Möglichkeit zu arbeiten, aufbessern können. Vielleicht reicht das
gesparte Schleusergeld für die Anfangsjahre. Sich durch Arbeit die
Achtung der Nachbarn, Kollegen und Vorgesetzten zu erwerben. ist fast
noch wichtiger. Nichts baut schneller Vorurteile ab, als persönlicher
Kontakt. Die Möglichkeit, ihre "Integrationsfähigkeit und -bereitschaft"
in Tests nachzuweisen und dadurch ihre Integrationszeit zu verkürzen,
ist ebenfalls eine Perspektive, die den Eifer, sich nicht nur
oberflächlich einzubringen, erhöhen dürfte. Ich hätte im übrigen
überhaupt nichts dagegen Flüchtlingen bei Einreise eine Extraprämie als
echtes Willkommen zu geben. Dies sollte dann aber auch dem Säugling bei
seiner Geburt bezahlt werden.“
Dann sind wir doch faktisch gar nicht auseinander, oder? Wenn ich das
richtig verstehe, sagst du, dass die Immigranten-Diskriminierung beim
Bürgergeld bloß ein Zugeständnis von dir an die Ausländerfeinde ist, um
eine bessere politische Durchsetzungsfähihgkeit der Staatsbürgersteuer
zu gewährleisten, oder? Deine Kritik an der heutigen Asylpolitik finde
ich angemessen. Das mit Gysi war mir neu, würde mich aber auch nicht
wundern. Ich hatte mit meiner bGE-0.2-Idee ja der Hoffnung Ausdruck
verliehen, dass wir in unserem Reichtum auch endlich mal dazu bereit
sein könnten, die Armut der Welt als unser Problem (und auch als das
Resultat unseres Reichtums) wahrzunehmen. Naja, finde ich eine schöne
Empörung von dir.
----
Bernd: „Gerade weil ich Konflikte durch konsensfähige Lösungen
auszuräumen versuche, will ich die Akzeptanz und damit die Chancen, die
Staatsbürgersteuer durchzusetzen, erhöhen. Dazu ist das gesamte Beispiel
so konzipiert, dass es in Kapitel 4 mit der heutigen Wirklichkeit
verglichen werden kann. Da wird sich zeigen, dass (fast) jeder ehrliche
Steuerzahler und Subventionsempfänger sich mit der Staatsbürgersteuer
besser stellt als heute Um des Klassenkampfes willen anderen was
wegzunehmen, um es an alle zu verteilen, halte ich für keine gute
Strategie, die Akzeptanz zu erhöhen. Widerstände sind von allen zu
erwarten, die glauben, etwas dabei zu verlieren, z.B: bei allen
Wohlfahrtseinrichtungen, Steuerberatern und sonstigen Leuten, die von
der Kompliziertheit des heutigen Steuer- und Subventionssystems
profitieren. Es wird hart genug, diese zu überwinden. Ich glaube nicht,
dass dies mit einer Ideologie besser gelingt als mit dem hier gewählten
eher pragmatischen Ansatz. Und wie Du bemerkst, ist ja alles nur ein
Beispiel, Kann man auch anders machen. Mach mal!“
;o) Ok, Bernd, ich glaube, dass das gerade mal eine Stelle ist, wo ich
„Daumen hoch“ sagen möchte. Du gibst dir echt Mühe!
Wann ich weiter im Text durchgehe und ob ich dann deiner „Mach
mal!“-Forderung folgen werde, muss ich sehen. Gibt wie gesagt jetzt
erstmal andere persönliche Prioritäten bei mir. Aber selbst wenn wir uns
nicht unbedingt in allen Dingen einig sind, sehe ich definitiv
mindestens ein paar wirklich gute Züge an der Staatsbürgersteuer. Behält
Potential und verdient insofern auch Mitstreiter und zumindest Lob. Tut
mir in diesem Zusammenhang dann auch wirklich Leid, dass meine kritische
Haltung bei dir vermutlich als Miesmacherei rüberkommt. Sieh's bitte
auch so: Würde ich nicht auch echtes Potential sehen, würde ich mir
dafür gar nicht die Zeit und Mühe für Kritik nehmen … Bemühte Kritik ist
(selbst wenn sie zugegebenermaßen hier und da ziemlich lax und teilweise
undurchdacht rübergebracht wurde) auch ein Kompliment. ;o)
Und ganz ehrlich: Deine Argumente gegen Wildwuchs einerseits und gegen
Profieure in den abgesicherten Poren des Systems finde ich wirklich gut
und richtig.
Das mit den Wohlfahrtseinrichtungen muss ich für mich irgendwann mal
klären. Ist mir unbekannt, unklar, aber einigermaßen plausibel.
Ansonsten aber sehe ich grundsätzlich nicht, warum das
Klassenkampf-Kriterium Leute abschrecken sollte. Aus alten ideologischen
Frontenstellungen heraus vielleicht, ok. Ich bin auch ohnehin nicht der
große Klassenkämpfer als den du mich imaginierst. Ich halte nur die
Marxsche Kritik für wichtig. Aber du hast recht: Institutionelle
Herrschaftsgeflechte gibt’s auch massenhaft beim Staat. Das ändert aber
nichts daran, dass der Gini-Koeffizient bei der Vermögensverteilung
astronomisch ist, Klassenkampf daher leider eine Realität bleibt. Deine
Einwände gegen Gini später im Text sind mir unklar geblieben. Müsste ich
näher drüber nachdenken, wenn ich mit deiner Weltsicht durch bin.
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Bernd: „Ja oder willst Du Konsum messen. indem du alle Rechnungen und
Quittungen einreichst und versicherst, dass Du nix vergessen hast? Dies
Staatsbürgersteuer besteuert das Lebenseinkommen und nicht das
Jahreseinkommen, weil nur so ein mamipulationsfreier Maßstab für
Leistung oder Bedürftigkeit möglich ist. Konsum alleine vergisst die
Möglichkeit, mit Leistung Vermögen aufzubauen und sich durch wenig
Konsum als bedürftig darzustellen. Willst Du etwa darauf verzichten,
Vermögen zur Finanzierung des BGE heranzuziehen?
Den Begriff bedingungsloses Grundeinkommen hat meines Wissens Götz
Werner eingebracht um ihn vom Bürgergeld der Staatsbürgersteuer zu
unterscheiden, Ich bin Ihm dankbar dafür. Andere haben den Begriff
Bürgergeld schamlos für Modelle verwendet, die mit dem Bürgergeld der
Staatsbürgersteuer wenig zu tun haben. Wenn das Netzwerk fordert, dass
"bedingungslos" so heilig ist, dass jede noch so harmlose Bedingung, die
das BGE für eine präzise beschriebene Teilmenge um maximal 20% erhöhen
kann, dann bitte ich die Debattierer, mir mal zu sagen, wie sie es gerne
hätten und finanzieren würden. Was ich bisher dazu gesehen habe, taugt
nix. Und über ein schwammiges BGE könnt ihr gerne alleine ohne mich
diskutieren.“
Ok, ich hab's mir in der Staatsbürgersteuer noch nicht vergegenwärtigt.
War wohl undurchdachter Unfug von mir, weil ich den Konsum ja auch über
die Einnahmen bei den Unternehmungen, die das ja eh buchhalterisch
erfassen müssen, erfassen wollen würde. Sorry. Das mit dem
Vermögensaufbau durch Leistung ist mir gerade noch unklar. Bin gespannt.
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Bernd: „Eine bedingungslose Gleichmacherei, wie sie manche vom BGE
erhoffen, halte ich weder für erstrebenswert noch für ökonomisch
machbar, weil dann keiner mehr da ist, der es finanziert.“
Kein Einwand, sehe ich auch so. Tatsächlich ist das m. E. sogar eine
wesentliche Quintessenz des ersten Kapital-Kapitels von Marx: Konkreter
Reichtum und konkrete Arbeit sind einfach nicht vergleichbar. Deshalb
wäre eine völlige Gleichmacherei gar nicht möglich. Ich hatte es schon
einmal im Verteiler gesagt: Wir sind alle verschieden. Das ist es, was
uns gleich macht. Ich neige dennoch mehr dazu, die Ungleichheit zu
problematisieren und auf die Möglichkeiten von Egalität hinzuweisen,
weil die Gesellschaft eine Menge Potential in diese Richtung hat und aus
den Ungleichheiten Barbarisches herausfließt. Ich habe aber auch
wirklich keinerlei Interesse an einem autoritären System, das alle und
alles durchdringt, um einem abstrakten Gleichheitsideal Geltung zu
verschaffen (was ja zudem im Realsozialismus häufig auch schlicht
geheuchelt war).
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Bernd: „Du meinst wahrscheinlich Kredite und Tilgungen Dort ging es
darum. wie sich ein Wohnungskauf mit Hypothek in der Staatsbürgersteuer
darstellt. Die Miete ist dabei nur eine Annahme für das Beispiel. Im
Gegensatz zu heute, wo von der Miete noch Abschreibungen,
Fremdkapitalzinsen usw. abgezogen werden dürfen und dann kaum noch was
bleib (sogar Verluste sind möglich) bevor das verbleibende zu
versteuernde Einkommen der ESt unterliegt, ist in der
Staatsbürgersteuer.die volle Miete mit 40 % zu versteuern. Wenn Du die
mal die Statistik der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung anguckst
und die darauf entfallende ESt , dann siehst Du, was heute
offensichtlich möglich ist. Was aber noch wichtiger ist::Bewohnt der
Käufer die Wohnung selbst, hat er ebenfalls diese Miete als Eigenmiete
zu versteuern. Heute gibt es die Position Eigenmiete allenfalls
theoretisch - In Steuererklärungen findet sich das nur selten etwas.,
Dein Vorschlag einfach die Durchschnittsmiete der teuersten überhaupt am
Markt vorfindlichen Region für alle zum Standardmieten-Aufschlag zu
erklären und auf das sonstige Existenzminimum für jeden
draufzuschlagen... ist ziemlich wirr. Was soll das Willst du das
Existenzminimum der Kosten der Unterkunft im ALG II erhöhen? Ich
unterstelle mal, dass Du als Miete für die Steuer nicht die tatsächliche
Miete sondern die Deine abstrakte Miete ansetzen möchtest. Wie soll das
gerechnet werden? Wohnungen sind z.B unterschiedlich groß, haben
unterschiedliche Einbauten, Bäder und Wärmeisolierungen. Ich frag mich,
ob unter diesen Randbedingungen überhaupt noch jemand baut oder kauft.
In der DDR gab es als Ergebnis der Staatsbewirtschaftung jede Menge
runtergekommener Wohnungen und Plattenbauten. Willst Du das auch?“
Erstens: Nein, ich meinte nur den Beginn von 3.2, wo es heißt:
„Kriterien zur Differenzierung: Welche Kriterien eigenen sich zur
Differenzierung des Bürgergelds? Sollen Kriterien, die heute bei
persönlichen Subventionen eine Rolle spielen, in die Differenzierung des
Bürgergelds übernommen werden?
Ein Beispiel für ein problematisches Kriterium ist der Wohnort, von
erheblichen Einfluss z.B. beim Wohngeld oder beim Arbeitslosengeld II,
wo die Kosten der Unterbringung vom örtlichen Mietspiegel abhängen.
Warum soll z.B. ein Bewohner in Erding (bei München) 25% mehr erhalten
als einer aus dem 85 km entfernten Burghausen? Warum kann er nicht dahin
umziehen? Analog. Es wird zwar versucht, zu argumentieren, dass Wohnen
nicht direkt subventioniert wird, weil der Berechtigte die Kosten der
Unterbringung ja nicht selbst erhält, sondern an den Vermieter
weiterleitet, Er könne ja nichts dafür, dass die Mieten in München höher
sind, als in Burghausen. Die Mieten spiegeln aber nur wieder, dass
München attraktiver ist, als Burghausen (Verkehrslage, Kulturangebot
usw.). Das gilt auch für Arbeitslose. Wenn man diesen also die Mieten je
nach Wohnort ersetzt, werden die Standortvorteile von München
subventioniert und die Standortnachteile von Burghausen (z.B. Kosten-
und Zeitaufwand für Fahrten) bestraft. Müssen diese Standortnachteile
bzw. Mehraufwendungen nicht durch entsprechend höhere Subventionen
ausgeglichen werden?
Die heutige Staffelung von Wohngeld oder ALG II nach dem Wohnort löst
sicher auch Wanderungsbewegungen von Arbeitslosen oder
Wohngeldempfängern in die ohnehin finanziell hoch belasteten Stadte aus.
Warum sollen sie in Burghausen bleiben, wenn sie ein München ohne
Zuzahlung eine qualitativ gleichwertige Wohnung bekommen können? Die
ohnehin stattfindende Landflucht wird also weiter verstärkt. Und es sind
nicht Besserverdiener, die die Steuereinnahmen der Stadt erhöhen.
Ist nicht vor dem Gesetz jeder gleich? Wenn z.B. der ALG
II-/Wohngeldempfänger das Geld nicht selbst behalten darf, sondern nur
an den Vermieter weitergibt, ist er an dieser und ähnlichen Fragen heute
wenig interessiert. Auch muss er ja für die gewährte Unterstützung
dankbar sein. Zudem hat er normalerweise keine Ahnung, was der Nachbar
unter der besonderen Berücksichtigung seines Einzelfalles insgesamt so
alles bekommt. Gegen diese Ungerechtigkeiten gehen die Benachteiligten
bisher nur selten vor, weil sie sich im im Dschungel der Kriterien,
Rechtsnormen und Entscheidungen der Sozialgerichte nicht auskennen und
sich sowieso keinen Anwalt leisten können. Aber die Zeiten ändern sich.
Eine Ausgestaltung des Bürgergeldes, das der heutigen
Subventionslandschaft möglichst nahe kommt und z.B. vom Wohnort abhängt,
ist möglich, wäre aber eine Fortsetzung der gegenwärtigen, wenig
transparenten Praxis der Almosenauszahlung nach Auslegungen von
Gesetzen, Bestimmungen und anderen Kriterien, gegen die man wenig
unternehmen kann.“
Zweitens: Es gibt in GG Art. 72 das Postulat der Angleichung von
Lebensverhältnissen. Das hat Verfassungsrang und ich finde es auch
sinnvoll. Ein bGE, das die höchstmögliche Miete (m. E. für einen
„angemessenen“ Single-Haushalt, die relativ betrachtet ja zumeist teurer
sind als Mehrpersonenhaushalte) im gesamten Verfassungsgebiet an alle
auszahlt, wäre ein Mittel, Gleichwertigkeit herzustellen. Da, wo die
Miete hoch ist, ist offensichtlich irgendwas attraktiver als in anderen
Regionen. Das bGE würde dort nur die Miete abdecken. In den weniger
attraktiven Regionen würde aber die Konsumfähigkeit durch bGE steigen,
weil die Mieten niedriger sind. Das macht diese Regionen dann
mittelfristig attraktiver, oder nicht? Ziemlich simpler Gedanke.
Und mir ist das gerade wumpe, ob dann der Staat wieder mehr sozialen
Wohnungsbau auf heutigem Produktionsniveau (wieso sollen das unbedingt
Plattenbauten und nicht bspw. Hundertwasser-Energiespar-Häuser sein?)
initiieren würde oder ob die Marktteilnehmer sich da von sich aus drum
kümmern. Fakt wäre dann: Wenn man denn eine möglichst niedrige
Marginalsteuer haben möchte, müsste man insbesondere die Spitzenmieten
des Marktes möglichst nach unten nivellieren, um das bGE nach unten zu
drücken. D. h., dass gerade vermögende Privatleute ein Interesse an der
Nivellierung der Mieten hätten und sich entsprechend in diesen Markt
einbringen würden. Ich sehe also erstmal kein Problem an meiner Idee –
außer freilich, dass man die Gegenfinanzierung politisch auch
durchsetzen müsste.
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Bernd: „Zur Behandlung des heutigen Vermögens, nach Einführung der
Staatsbürgersteuer als Altvermögen bezeichnet, habe ich 6 Voschläge.
Weiter verfolgt habe ich für die Entwicklung des Steueraufkommens
Vorschlag Nr. 4. Aber das sollte noch genauer untersucht werden“
Ok, ich sehe, dass du an dem Thema dran bist, müsste mir dafür jetzt
aber doch wieder erstmal das ganze Konstrukt vergegenwärtigen, weil mir
derzeit z. B. völlig unklar ist, was bei dir „privilegiertes Vermögen“
heißt.
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2. Destruktive Auseinandersetzungselemente:
Bernd: „Dahinter steckt wohl die Hoffnung, einen wahren Wert an sich
definieren zu können. Ich bewundere und respektiere Deine Intensität,
mit der Du Dich mit Texten längst verstorbener Autoren rumschlägst und
versuchst, mit deren Begriffs- und Vorstellungswelten die heutigen
Verhältnisse zu beschreiben und - was noch mühsamer ist - zu bewerten.
Für mich wirkt das ähnlich wie die Bemühungen der (vor allem
katholischen) Kirche, das Ptolemäische Weltbild bei zu behalten und aus
der Bibel zu begründen, vielleicht in der Hoffnung, dass die Bibel mehr
ist als eine Sammlung zusammengebundener Legenden, Mythen und Märchen.
Mich interessiert der wahre Wert an sich so wenig wie was Gott ist oder
was im Koran, der Bibel oder sonstwo über den Sinn des Lebens steht. Was
soll ich damit anfangen? Welche empirischen überprüfbaren Aussage lassen
sich daraus ableiten?“
Lieber Bernd, ich kenne dich ja nicht und mag auch einiges nicht, was du
von dir gibst, aber diese Aussagen machen mich irgendwie traurig
mitleidend für dich. Glaubst du, dass du von empirisch überprüfbaren
Aussagen alleine lebst? Bzw. wenn wir weg von den bloßen Aussagesystemen
und hinein in das praktische Alltagsleben gehen, dass einzig Funktion,
Verständnis für Zusammenhänge, Nachvollziehbarkeit, Plausibilität,
praktische Wirksamkeit zählt? Meinst du, dass du dein Leben aufgrund
deiner Verstandesfähigkeiten beherrscht? Oder zumindest nur dank ihrer
bewerkstelligst? Oder das es im Leben wesentlich darum geht, so viel wie
möglich und immer mehr nach rationalen Maßstäben auszuloten?
Ich möchte keine philosophische Debatte dazu beginnen, wie abgründig das
Kriterium empirischer Überprüfbarkeit trotz und auch gerade wegen allen
technologischen Fortschritts m. E. eigentlich ist. Stattdessen sage ich
einfach mal, dass ich dir wünsche, dass dir irgendwas der folgenden Art
widerfahren mag: Fragst du dich ob deines Durstes, ob wohl ein Glas
Wasser auf dem nächstbesten Tisch steht und falsifizierst empirisch
deine Hoffnung durch Schauen, so möge doch bitte just im nächsten Moment
jemand mit einem Gefäß Wasser zu dir treten, es dir anbieten und dich
mit einem liebenden Lächeln fragen, ob du wohl zufällig gerade durstig
seist.
Ansonsten: Nein, lieber Bernd, das ist m. E. ein Missverständnis von
dir, dass ich den Wert an sich irgendwie zu begreifen versuchen wollte.
Die Fetischkritik am Wert ist m. E. ein Veto gegen sehr viele
common-sense-Vorstellungen bis in die Wirtschaftswissenschaften hinein
und enthält eigentlich nur ein positives Resultat: Wir sind als
Gesellschaft in einem Miteinander füreinander. Als Kritik verweist sie
darauf, dass wir dieses Miteinander füreinander auf eine Weise
organisieren, die jedes Individuum gerade im Miteinander von allen
anderen isoliert und gegeneinander positioniert, z. T. drastisch
isoliert, bis hin zu krassen Verelendungen, Krise, Krieg, Versklavung,
Prostitution und Tod. Diese Isolation innerhalb des Miteinanders
passiert insbesondere über die Eigentumskategorie. Sieht man von all den
umfangreichen kritischen Erwägungen gegen diese Organisationsweise und
all den Vorstellungen zu den Möglichkeiten eines Übergangs zu einer
anderen Organisationsweise bei Marx ab, bleibt bei ihm m. E. vor allem
die Hoffnung, dass wir auch auf globaler Ebene grundsätzlich dazu fähig
sind, uns im Miteinander füreinander von all den Phänomenen des
Gegeneinanders zumindest sehr weitgehend zu lösen. M. E. ist die
bGE-Idee eine, die diese Hoffnung insofern sehr ernst nimmt, als sie ja
erstmal die Individuen von allen gesellschaftlich unnötig gewordenen
Existenznöten befreien will und zudem vom Druck, sich als VerkäuferInnen
von Ware Arbeitskraft ein- und unterordnen zu müssen. Implizit ist dabei
für mich völlig klar, dass sich die Individuen ohnehin in ihre
Gesellschaft ein- und unterordnen wollen und dass es mindestens in
Europa nun wirklich kein produktionstechnisches Problem gibt, die
Grundbedürfnisse aller zu befriedigen. Ein bGE würde die Möglichkeit
eröffnen, dass das Ein- und Unterordnen auf eine deutlich weniger
zwangvolle und daher für alle glücklichere Weise geschieht, daher
vermutlich sogar auf eine produktivere. Ökonomisch gibt es da aber
anscheinend sogar bis in die Szenen hinein, die ein bGE beführworten,
ernste Zweifel, ob das auch funktionieren könne. Ich wäre dafür, es
einfach urvertrauend mal auszuprobieren. So viel schlechter als der
Ist-Zustand kann das auch kaum werden. Aber wo es um Geld geht, hört ja
alle Lockerheit auf. „Einfach mal ausprobieren? Ja bist du denn des
Wahnsinns?“, dürfte wohl leider das überwiegende Feeling bei den meisten
Leuten bleiben. Das ist ja wiederum der Grund, warum wir uns überhaupt
einen Kopf dazu machen, irgendeine Steuerkonzeption vorzuschlagen …
damit's irgendwie plausibler wird.
Die An-sich-Begrifflichkeit ist mir nicht geheuer. Den konstitutiven
Riss zwischen Wirklichkeit und Einzelbewusstsein finde ich trivial, eine
Alltagserfahrung. Da muss man nicht erst Kants Transzendentalphilosophie
zur Kenntnis nehmen, die ja die An-sich-Begrifflichkeit noch heute
wesentlich trägt und ihr eine Vorstellung ohne Kontur angedeihen lässt:
Wir wissen einfach nicht, wie die Welt wirklich ist. Clou der
Fetischkritik aber ist gerade, dass Wert kein An-sich hat, sondern nur
ein Für-uns, nur eine gesellschaftliche Realität. Die sich aber mit der
Naturstofflichkeit verschlingt und ohnehin arg komplex ist. Dennoch
würde ich nie von einem Wert an sich sprechen. Nicht nur, weil das
Ansichsein m. E. gar keinen Sinn für soziale Phänomene macht, sondern
grundsätzlicher, weil mir die Kategorie des Ansichseins wegen ihres
Scheins von Statik nicht behagt: Sie widerspricht dem panta rhei
mindestens auf einer Feeling-Ebene, weil sie so tut, als könne
irgendetwas zwar nicht erkannt, aber doch zumindest mit sich selbst
identisch sein.
Ich vermutete, dass ich in dem PDF-Beitrag die Phrase „an sich“ nicht
benutzt hatte, wollte mich dessen vergewissern und musste feststellen:
Doch, habe ich. In den Zitaten sogar häufiger, aber auch zwei Mal selbst
(und ein weiteres Mal beim Eingehen auf ein Zitat):
„Das ist übrigens, lieber Bernd, der tiefere Grund, warum ich mit und
ohne Marx deine Gleichsetzung von Leistung und Einkünften
problematisiert habe. Diese Gleichsetzung ist Lug und Trug. Und zwar
grundlegend: Eine konkrete Arbeit ist an sich mit jeder anderen
konkreten Arbeit unvergleichlich.“
Hier benutzte ich das „an sich“ tatsächlich affirmativ. Hätte ich nicht
gedacht. Ist auch wirklich eine völlig unnötige Phrase hier, Sprachmüll.
„Dem selbständigen Ausdruck (der im erweiterten Sinn auf die Vorstellung
hinausläuft, die Wertgegenstände hätten aus irgendeinem Grund ihre
Wertigkeit von Natur aus, an sich, irgendwie selbstverständlich) liegt
der gesamte Weltmarkt zu Grunde, der sich hinter dem Rücken der Akteure
in diesen selbständigen Ausdruck einmischt.“
Hier wende ich mich gerade gegen die „an sich“-Vorstellung. So macht der
Gebrauch auch für mich Sinn.
So oder so: Von einem „Wert an sich“ sprach ich nicht. Und mein Thema
war es noch viel weniger.
Der Vergleich mit dem Ptolemäischen Weltbild hinkt denn auch für mich.
Denn er setzt voraus, dass es irgendeine besser begründete Vorstellung
von dem gibt, womit wir es beim Kapitalismus (oder meinetwegen: der
geregelten, sozialen Marktwirtschaft) zu tun haben, die gleichzeitig in
drastischem Widerspruch zu Marxschen Vorstellungen steht. Ich würde
jetzt nicht behaupten wollen, dass Marx in allem und sowieso und heute
genauso wie vor eineinhalb Jahrhunderten recht hat – sehe aber zumindest
auch nicht, dass es irgendein wesentlich besseres Verständnis des
Ökonomischen irgendwo geben würde, das ihm widerspricht. Zudem möchte
ich daran erinnern, dass es mir dir gegenüber ja erstmal nur darum ging,
die Vorstellung einer Marxschen Arbeitswertlehre mindestens zu
relativieren. Ansonsten bleibt Marx spannend, weil er im Unterschied zu
vielen bürgerlichen und etwa auch anarchistischen Strömungen
Gesellschaft als etwas sehr Positives, Unvermeidliches und Bereicherndes
trotz all seiner teilweise drastisch polemischen Kritik an ihrer
konkreten bürgerlichen Gestalt denkt. Ich mag mich wieder einmal darin
irren wie in allem, aber mir scheint, dass meine Generation und die noch
jüngeren nach einer Neubesinnung auf Gesellschaft nicht als Gefängnis,
sondern als Bedingung der Freiheit aller auf drastische Weise dürstet.
Marx wird diesen Durst sicherlich nicht allein löschen können, aber er
trägt m. E. zumindest den einen und den anderen Tropfen herbei.
Willi wies gerade im Kontext einer Mailstreuung zu den Anschlägen in
Paris auf die Strategie der Spannung (vgl.
http://de.wikipedia.org/wiki/Strategie_der_Spannung_(Italien
<http://de.wikipedia.org/wiki/Strategie_der_Spannung_%28Italien>) und
http://de.wikipedia.org/wiki/Strategie_der_Spannung ) hin, die
eigentlich nur eine Reformulierung des „teile und herrsche“ (vgl.
http://de.wikipedia.org/wiki/Divide_et_impera ) im alten Rom darstellt,
aber gegenwartsrelevant bleibt. M. E. bleibt es ohnehin eine
geschichtsphilosophische Aufgabe, eine friedliche und freudvolle
Menschheit als ungetrennte Gemeinschaft anzustreben. Diese Aufgabe ist
praktisch aber mit der Internettechnologie in ein neues Stadium getreten
und sozialpsychologisch mit dem Ende der Blockkonfrontation m. E. von
überlebenswichtiger Bedeutsamkeit. Die Welt ist heute kleiner als noch
vor einem halben Jahrhundert und vielschichtiger in ihrem Innenleben.
Vielleicht hatte ich schon einmal darauf hingewiesen: Für mich ist
Lennard Cohen ja bislang der einzige, den ich als Propheten im
spirituellen Sinn anerkannt habe. Direkt nach der Wende sang er dies:
„I've seen the future, brother: it is murder. Things are going to slide,
slide in all directions. Won't be nothing, Nothing you can measure
anymore“ (vgl. http://youtu.be/vnaxvBsyigM ). Ein Vierteljahrhundert
später dürfte das unabweislich geworden sein: Die Welt ist selbst im
Kleinsten und Privatesten bezugsreicher geworden als sie's noch zu der
Zeit war, als man nur ARD, ZDF und Dritte in der Glotze hatte und kein
Netz. Dieser Bezugsreichtum ist insbesondere dort gefährlich, wo es um
knallharte ökonomische und geopolitische Interessen geht. Schaffen wir
es nicht, ihn in eine größere Gemeinschaftlichkeit einzulassen, dann
sind wir als Gattung am Arsch. Zumal wir außerdem ökologische Probleme
haben, die uns ebenfalls perspektivisch radikal bedrohen und Markt und
Staat im Zweifelsfall eher erstmal egal sind. Der Partikularismus des
Privateigentums bleibt in dieser Welt m. E. nicht nur ein Problem im
oberen Einkommens- und Vermögenssegment, sondern überhaupt, eben weil es
ein Partikularismus ist. Es gibt aber auch sehr viele Tendenzen, die
Teilung, Trennung, Partikularität und daraus erwachsene Spannung zu
überwinden versuchen. Das lässt hoffen, muss aber m. E. noch so
drastisch gepusht werden, dass wir uns echt null vorstellen können, wo
das hindriften mag. bGE taugt für so ein Pushen m. E.
Deine Wasser-Wert-Beispiele gehen m. E. an meinem Text vorbei, weil du
gerade am doppelten Springpunkt von Gebrauchswert/konkrete
Arbeit/Privateigentum einerseits, Tauschwert/abstrakte
Arbeit/Austauschbarkeit von Eigentum andererseits vorbei redest. Könnte
ich was zu sagen, habe ich aber gerade keine Lust zu.
-----
Bernd: „Wirklichkeiten oder gar Wahrheiten lassen sich damit
[physikalischen Theorien] nicht deduzieren.“
Kein Einwand von mir dazu. Sollte eh nur ein methodischer Hinweis zur
Zuleitung sein, der eh hinkt. Habe jetzt aber auch keine Lust, näher auf
das Verhältnis von Hegelscher Wissenschaft der Logik und ihrer Adaption
bei Marx näher einzugehen.
-----
Bernd: „Glaubst Du, dass diese Software wissen kann, was ich oder jemand
anderes morgen oder in einem Jahr denke, wünsche oder kommunizieren
möchte? Das müsste diese Software aber können. Vielleicht kann sie den
Mainstream der meiner Gedanken, Wünsche usw. erkennen, wenn sie mich
permanent unter Beobachtung hält. Will ich das? und was fängt die
Software damit an? Die Software darf mir selbstverständlich Angebote
unterbreiten, aber nicht mir vorschreiben, was ich kaufen der was ich
tun soll.. Wenn wir miteinander reden, werde ich etwas lernen - oder
auch nicht. Wie will die Software rauskriegen, worüber wir reden und was
ich lerne? - Nein ich glaube nicht, dass die Mehrheit eine solche
Software akzeptiert. Das wäre ja schlimmer als Orwell 2109 statt 1984
oder die Stasi.“
Erstens bin ich davon überzeugt, dass die NSA-Skandale darauf hinweisen,
dass ohnehin alle telekommunikativen Kanäle mitgeschnitten und
ausgewertet werden. Ich habe auch so meine Zweifel an der Kryptographie.
Selbst wenn die aber hier und dort hält, was sie verspricht, sind die
meisten Internetaktivitäten ja ohnehin öffentlich und wenig bis gar
nicht geschützt. 1984 ist jetzt. Und die Mehrheit akzeptiert das,
verbringt unterdessen große Teile ihrer Zeit damit, die Matrix mit Infos
zu füttern. Zweitens bestünde meine Grundidee dabei gerade darin, dass
die Software selbst transparent (open source), somit kritikabel ist und
auf die Transparenzfähigkeiten der Gesellschaftsmitglieder reagiert. Wir
haben ja jetzt schon eine ganze Reihe von gemeinnützigen Communitys ohne
formelle Führung, wo Privatleute ihre ideelle und auch materielle Hilfe
für eine anonyme Masse an Nutzern zur Verfügung stellen. Da herrscht
hier und da bereits eine Menge Urvertrauen und Zuwendung der Einzelnen
an alle. Würden wir es schaffen, dieses Urvertrauen auszuweiten und zu
radikalisieren, wäre da viel Entfaltungspotential. Dass eine solche
Software vielleicht mit Hilfe statistischer Methoden die Bedürfnisse von
morgen und übermorgen mehr oder weniger gut antizipiert und
dementsprechend an die Gesamtgesellschaft Aktivierungs- oder
Produktionsbedarfe delegiert, fändest du ein Problem? Dir dürfte doch in
deiner Funktion als Unternehmensberater mehr als klar sein, dass
Unternehmen heute im Prinzip genau dasselbe tun, im Zweifelsfall halt
nur eine dürftigere Datengrundlage für unternehmerische Entscheidungen
haben.
Ich finde, dass das eine simple Gratwanderung ist: Wenn wir einander im
Miteinander füreinander vertrauen können, weil wir zumindest in der
großen Masse friedlich, respektvoll und in Anerkennung jedes Indiviuums
leben möchten, dann gibt es m. E. kein Problem mit dem Datenschutz, der
ja heute viel häufiger durch Exhibitionismus als durch Spionage
unterlaufen wird - und auch nicht mit dem Eigentumschutz, der umso
wirrer wird, je produktiver die Gesellschaft ist. Solange wir allerdings
in asymmetrischen Strukturen stecken, die vor allem einer kleinen Elite
zuarbeiten und alle unter Konkurrenzdruck setzen, müssen wir uns
selbstverständlich davor fürchten, was elitäre Klüngel und die
Konkurrenz alles so mit unseren Daten anzustellen fähig sind. Das
Versprechen des Endes eines Elitarismus lag am Anfang der bürgerlichen
Gesellschaft. Ich würde hoffen, dass an ihrem Ende dieses Versprechen
eingelöst wird und dass dieses Ende nicht nocht ein paar weitere
kriegslüsterne Jahrhunderte auf sich warten lässt.
-----
Bernd: „Das vorindustriell mag etwas überzogen sein. Adam Smith war
sicher noch früher. Marx war stark von den Auswüchsen des frühen
Manchester-Kapitalismus beeinflusst und konnte von den seither
eingetretenen Veränderungen natürlich nichts wissen. Es gibt inzwischen
Marktordnungen, soziale Sicherungssysteme, die auch die von Arbeitgebern
finanzierte berufliche Unfallversicherung, Gewerkschaften, die mit
Unternehmern auf Augenhöhe verhandeln usw. Bei Märkten haben
Kartellrecht, Produktgewährleistung, Qualitätssicherungssysteme
weitgehend Betrug, Monopole, Kartelle usw. verhindert. Ich bleibe bei
meiner empirisch belegten Behauptung, dass (geregelte) Marktwirtschaft
die Probleme besser löst, als jede Alternative. Ebenso, dass Marx mit
seiner Voraussage von der Verelendung der Massen und der zunehmenden
Monopolisierung des Kapitals empirisch falsifiziert ist, und dass auch
der Versuch, die materielle Verelendung ins tiefenpsychologische
umzudeuten empirisch nicht haltbar ist. Aber genug davon: Marx ist tot.
Wir leben heute. Nicht nur Gorbatschow. auch die Führung der
Kommunistischen Partei Chinas haben das erkannt, Beide Länder suchen
einen Weg in die Marktwirtschaft. China ist dabei sehr erfolgreich,
Russland muss noch stark mit den über zwei Generationen vom
Marxismus-Leninismus geprägten und längst falsifizierten
Denkgewohnheiten kämpfen.“
Unzweifelhaft ist Marx tot und gleichwohl ein wandelnder Zombie. Ich
will sozial- und ordnungsstaatliche Mechanismen nicht in Abrede stellen.
Ansonsten sehe ich aber kein neues Argument. Ich glaube, dass wir uns
nicht einmal darauf einigen könnten, wie sich wohl ein Versuchsaufbau
konzipieren ließe, der die Überlegenheit der (geregelten)
Marktwirtschaft zu beweisen fähig wäre. Keine Ahnung, wahrscheinlich
habe ich nicht sonderlich klar gemacht, was ich mir unter meiner
Planwirtschaft-2.0-Idee vorstelle. Es ist mir auch tatsächlich gar nicht
groß klar über das bereits Gesagte hinaus, aber ich würde zumindest
denken, dass das eine neue Alternative im Spiel wäre, die also empirisch
auch noch gar nicht als schlechter bewiesen sein kann. Zudem denke ich
mir in ihr Markt als Symbol für den Ausfluss der Einzelimpulse und
meinetwegen Kommunismus als Symbol für die Gemeinschaftlichkeit nicht
als Gegensätze, sondern miteinander verbunden. Du scheinst weiterhin der
Auffassung anzuhängen, dass ich vor allem eine autoritäre Bevormundung
anstrebe. Das Gegenteil ist der Fall: Was mich vor allem an meinem
unmittelbaren Lebensraum stört, ist die implizite Autorität
asymmetrischer Vermögenskonstellationen und hierarchischer
Institutionen. Solange wir nicht bspw. durch ein bGE ein Mindestmaß an
ökonomischer Egalität hergestellt haben, die jedem Individuum zu jedem
Zeitpunkt die einfache Freiheit auf ein „Nein, dieses Spiel spiele ich
ganz sicher nicht mit.“ gewährt, stört mich gerade die Bevormundung in
der sogenannten freien Marktwirtschaft. Besser wäre es m. E., etwa mit
einem bWE von dem bloßen Nein fortzugehen zu einem „Ja, ich mache mit
Gleichgesinnten mein Ding für die Gesellschaft nach unseren Maßstäben“.
Ich finde, dass es etwas ziemlich Ironisches hat, dass du mich mit
Vorstellungen von mehr Autorität vermutlich bis hin zum Stalinismus
assoziierst.
Naja, ansonsten scheint mir diese ganze Debatte unfruchtend zwischen uns
gescheitert. Du bringst keine neuen Argumente und beteuerst nur, dass
die Welt so sei, wie du sie gerne sehen möchtest.
-----
Bernd: „Hier möchte ich meinen persönlichen Eindruck von Dir mitteilen.
Du hast viele wertbehafteten Vorurteile, z.B: Marx, Kommunismus,
Klassenkampf, Bedingungslos, Grundeinkommen und Ressourcenschonung sind
gut, und zwar so gut, das man sie nicht in Frage stellen darf. Geld,
Markt, Differenzierung, Zinsen, Kapital und Einwanderungspolitik sind
schlecht böse, führen zur Weltzerstörung. Wer dazu etwas relativierendes
schreibt, kriegt von Dir mit lustvoller Polemik jedes denkbare
Pseudoargument jede hohle Worthülse an den Kopf geworfen, Klar, Vorteile
sind nützlich. Man hat immer schnell eine Meinung und muss nicht
differenziert über eine Sache nachdenken. Ich hoffe, dass mein Eindruck
falsch ist, und bin gerne bereit ihr zu korrigieren.
Natürlich habe auch ich Vorurteile: Wenn eine Behauptung, These oder
Theorie empirisch widerlegt ist, und z.B. kluge Köpfe in den Führungen
der kommunistischen Parteien das offensichtlich auch so sehen, und die
Konsequenzen ziehen, spare ich mir die Mühe, mich damit zu beschäftigen.
Als Physiker spare ich z.B: die Zeit, mich mit dem Ptolemäischen
Weltbild, der Farbenlehre von Göthe oder der Pflogistontheorie zu
befassen. Sie sind empirisch widerlegt. In der Physik geht das. Auch in
der Ökonomie. Manchmal reicht es mir auch zu zeigen, dass eine Theorie
sich selbst widerspricht, etwa die Behauptung einer postiven
Risikoprämie". Ebenso ist für mich die Behauptung, Wirtschaftsinstitute
oder Volkswirte könnten die Entwicklung der Wirtschaft voraussagen,
empirisch widerlegt. Meine Vorurteile sind selten Werturteile: Der Markt
ist z.B: für mich nicht per se gut. Der Manchester-Kapitalismus hat sich
überlebt und Märkte brauchen Marktordnungen und oft auch Zielvorgaben
z.B. zu Umweltschutz, Energieeinsparung, Qualitätsstandards z.B: was in
Lebensmitteln enthalten sein darf, usw. Ein anderes Werturteil ist,,
dass Konsens eine höhere Stufe der Konfliktbehandlung ist, als Kampf
weil es Siegern noch nie gelungen ist, den Konflikt dauerhaft zu lösen,
sondern oft zu kaltem Krieg oder neuem Kampf führt.
Hat man erst einmal ein Vorurteil, sucht man - meisten unbewusst - nach
Bestätigung dieses Vorurteils. Ereignisse, die das Vorurteil zu
bestätigen scheinen, werden im Gedächtnis an leicht zugänglicher Stelle
gespeichert, und Ereignis, die ihm widersprechen, werden ignoriert,
verdrängt oder als Ausnahmen abgetan oder mit manchmal abstrusen
Theorien in andere Zusammenhänge verschoben. Auch mir passiert so etwas
gelegentlich. Weil ich das aber weiß, versuche ich alle Ereignisse so
vorurteilsfrei wie möglich zu betrachten.“
Kein grundsätzlicher Einwand von mir: Ja, ich habe Vorurteile. Ich würde
aus erkenntnistheoretischen, spirituellen und quantenphysikalischen
Erwägungen heraus auch die Unmöglichkeit eines Urteils vollkommen
jenseins von Vorurteilsstrukturen behaupten. Hast du übrigens als
Physiker mal darüber nachgedacht, welche gesellschaftlichen Denk- und
Forschungsleistungen bereits in der Aufstellung, dann mehr aber noch in
der Überwindung von ptolemäischer Astronomie, Phlogistontheorie oder
Goethescher Farbenlehre stecken? Das war ja nicht einfach nur alles
gaga, sondern Teil eines mühsamen Prozesses. Eine radikale Revolution in
der empirischen Quantenphysik und du kannst deine heutige Physik u. U.
ähnlich in eine „Sonderfall“-Tonne werfen wie wir's mit der Newtonschen
seit Einstein gemacht haben. Der geschichtliche Forschungsprozess lehrt
vor allem, dass man nicht zu überheblich in dem sein sollte, was aktuell
so als schlüssige und pragmatisch potente Konzepte begriffen wird. Hast
du dich ansonsten vielleicht auch mal gefragt, wie sich bspw. der
geschichtliche Forschungsprozess aus einer physikalischen Brille
interpretieren ließe? Ist ja schließlich auch ein Naturgeschehen, das
perspektivisch physikalisch erklärt werden müsste. Du erwähnst ziemlich
plumpe neurowissenschaftliche Vorstellungen zur Funktionsweise des
Gedächtnis, beteuerst dann aber deine Bemühungen, dich gegen diese
allgemeine Funktionsweise zu erwehren. Sie ist folglich offenbar gar
nicht so allgemein. Klar, auch ich habe die Neigung, meine Vorurteile
weiter zu vertiefen. Hier und da habe ich aber auch genau die umgekehrte
Neigung, die Welt mal wieder mit völlig neuen Augen zu sehen. Und
Skeptizismus auch mir selbst gegenüber ist ein wirklich dominantes Motiv
in meinem Denken. Ich finde, dass du vergisst, wie unsere Debatte
begann: Mit einem Vorurteil meinerseits, das ich dann relativ flink
wieder revidierte.
Zu Marx hatte ich hier im Verteiler mal auf sein problematisches
Familienleben hingewiesen. Kommunismus ist ein mit so vielen
Vorstellungen überlagerter Terminus, das er eigentlich alles Mögliche
meinen kann: Als Metapher für Stalinismus erinnert er mich an den
Archipel Gulag und somit erstmal an was ziemlich Böses, als Chiffre für
die Utopie eines Vereins freier Menschen ist er aber durch und durch
gut. Klassenkampf finde ich echt scheiße. Ich würde lieber in einer Welt
leben, wo's den nicht gibt. M. E. ist Klassenkampf übrigens in erster
Linie ein Kampf der Elite gegen die Unterworfenen und erst in zweiter,
viel hilfloserer Linie ein Verteidigungskampf der Unterworfenen gegen
die Elite. Bedingungslosigkeit erscheint mir tatsächlich als etwas sehr
Gutes, aber die soziale Welt ist leider nur sehr selten bedingungslos.
Das macht Bedingungslosigkeit dann auch zu einem Problem, zumindest zu
einer Aufgabe. Grundeinkommen ist gut, aber nicht so gut, das man es
nicht in Frage stellen dürfte. Wie überhaupt: Als wenn ich dir den Mund
verbieten würde. Dich stört doch nur, dass ich nicht „Ja und Amen“ zu
deiner Weltsicht sage, sondern über Dinge meditiere, die dir suspekt
sind. Ich hatte im Verteiler mal der Hoffnung Ausdruck verliehen, dass
wir auch ganz vom Wertfetisch lassen könnten und insofern auch von so
etwas wie einem Grundeinkommen. Grundeinkommen als Synonym für's
Existenzminimum finde ich eine humanistische Notwendigkeit, die global
lange nicht durchgesetzt ist. Das macht mich ziemlich traurig und wütend
vor allem gegen mich selbst, der ich daran nichts im Ernst zu ändern
weiß. Ressourcenschonung ist auch etwas Gutes und etwas, das sich uns m.
E. zumindest in bestimmten Bereichen als echte Notwendigkeit aufdrängt.
Gleichwohl bin ich sowieso eine Schlampe, ziemlich zynisch in meinen
Gewohnheiten und von einer Ex-Partnerin mal als Luxushippie tituliert
worden. Ich neige in dieser Beziehung dazu, Wasser zu predigen und Wein
zu trinken. Auch mein kritischer Konsumismus ist beispielsweise von
extremer Löchrichkeit. Ich kann das aber auch selbstkritisch zugeben.
Das ist echt simpel: Mein Umfeld ist im Zweifelsfall eher noch
schlimmer. Dennoch predige ich das Wasser insbesondere auch mir – ohne
dass das Predigen allzusehr in jedem Augenblick verfängt. Alles in
allem: So leicht ist das nicht mit dem Guten, kein richtiges Leben kann
im falschen geführt werden. Da finde ich Goethe zitierenswert: „Der
Irrtum wiederholt sich immerfort in der Tat. Deswegen muss man das Wahre
unermüdlich in Worten wiederholen.“
Geld und Markt, Zins und Kapital sind auch produktiv und das, was uns
täglich füttert. Deshalb muss ich es nicht restlos mögen. Und ja: Sie
haben (neben all den produktiven Zügen und durch sie hindurch) einen
drastischen Hang, die Welt zu zerstören. Wenn du das abstreiten willst,
hast du dich offenbar noch nie sonderlich intensiv mit
innerkapitalistischer Kriegs- und Ökologiegeschichte befasst. Dass ich
Differenzierung böse finde, ist ein Witz, oder? Ja, ich äußere mich auch
kritisch gegenüber Differenzierung, weil ich Differenzierung um der
Differenzierung willen Unfug oder ein Werkzeug für unnötige Spaltungen
finde und betonen möchte, dass alle Differenzierung nur möglich ist
aufgrund eines Zusammenhangs, in dem die Differenzierungen überhaupt
erst möglich sind. Das ist ein ziemlich differenzierter Gedanke, wenn du
ihn dir bei Licht vergegenwärtigst. Willst du mir im Ernst unterstellen,
ich hätte ein grundlegendes und überdurchschnittliches Problem mit
Differenzierung und würde immer alles bloß in einen Topf werfen? Fände
ich eine seltsame Wahrnehmung deinerseits von mir. Die europäische
Einwanderungspolitik ist ein Skandal, der mehr oder weniger täglich
Menschen in den Tod treibt, bloß weil sie arm und verzweifelt genug
sind, die europäische Festung des Reichtums erreichen zu wollen. Du
zuckst da lieber mit den Schultern und grübelst darüber nach, wie du
deinen persönlichen Reichtum mehren kannst? [Nachtrag: Der letzte Satz
erscheint mir deutlich zu hart, wenn nicht gänzlich falsch, nachdem ich
deinen Text weitergelesen habe. Geht vermutlich an dir vorbei. Ich lasse
ihn dennoch mal stehen.]
Hm, ich könnte jetzt darüber meditieren, dass das ja alles auf billige
Diskurs-Schaumschlägerei hinausläuft. Inhaltlich kommen wir gerade
offenbar nicht näher zusammen. Du willst mich hier mit
Vorurteilslastigkeit abwatschen. Ich könnte dir das mit gleicher Münze
heimzahlen, etwa in Bezug auf dein Unverständnis der Marxschen Kritik
gegenüber. Das mit den hohlen Worthülsen finde ich z. B. wesentlich
ignorant von dir: Jeder Satz des Berts eine MG-Salve sinnentleerter
Sprachlichkeit. Nur weil sich dir nicht jeder Sinn erschließt, heißt das
nicht, dass da keiner wäre. Was umgekehrt für mich nicht weniger gilt.
Mir scheint, dass du dir Ockhams razor als Werkzeug denkst, mit dem sich
alles wegschneiden lässt, was dir halt nicht behagt. Ich habe
demgegenüber die Intuition, dass dieses Rasiermesser stumpf wird, wenn
es darum geht, das Abgeschnittene und Unbehagliche in den Blick zu
nehmen. Aber wozu sollen solche Schaumschlägereien gut sein?
Schwanzvergleich? Ich find's vor allem traurig, dass du der Meinung zu
sein scheinst, dass die dir wichtigen Idole deines Denkens wichtiger
sind als die Zurkenntnisnahme dessen, was diesen Idolen auf einer sehr
drastischen Weise widerspricht: Alle produktiven Integrationsprozesse
der geregelten sozialen Marktwirtschaft haben die Welt und auch
Deutschland nicht zu einem friedlichen und glücklichen Ort für alle
gemacht. Dein stoisches „Besser geht’s halt nicht“ befriedigt mich
zumindest nicht, wird sich historisch ohnehin blamieren und ist gänzlich
unbeweisbar.
Zumindest Willi, Jochen, Peter und mit Abstrichen auch Moderator
Matthias haben mir hier im Verteiler mal gespiegelt, dass sie meine
Texte zumindest interessant finden. Ansonsten kann ich in den Texten
anderer Debattenteilnehmer bemerken, dass bestimmte Motive meines
Schreibens in das ihre Eingang finden. Das lässt mich hoffen, dass deine
Vorurteils-Wahrnehmung, lieber Bernd, nicht so generell ist wie du sie
vorbringst. Fände ich nämlich echt doof, wenn ich hier bloß als
Vorurteilsschleuder wahrgenommen werden würde.
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Bernd: „Mir ist völlig unklar, was Du mit Luxuskonsum meinst. bestimmte
Luxusgüter? In der Besteuert wird nur der Luxuskonsum findest Du die -
für mich die einzig mögliche - Definition dazu. Was jeder mit seinem BGE
macht, ob er sich davon Brot, Wein oder eine Bohrmaschine kauft, darf er
selbst entscheiden, ist seine Privatsache. Mir würde es stinken, wenn
jemand anderes mir vorschreiben will, was ich kaufen darf. Das gab's nur
in der DDR, .“
Ich will gar nicht näher bestimmen, was Luxuskonsum exakt sein mag, weil
ich mich dazu gar nicht in der Lage sehe und das m. E. ohnehin ein
gesellschaftlicher Abstimmungsprozess wäre, der auch in Abhängigkeit vom
Produktivitätswachstum steht. Ich würde stark machen wollen, dass
insbesondere ökologische Gesichtspunkte dabei in Betracht kommen
sollten, ja müssen. Ansonsten kann ich deiner mathematischen Definition
folgen: Je mehr individueller Konsum gemessen in Geld, desto eher
Luxuskonsum. Ich hatte auch schon darüber nachgedacht, den
Luxuskonsumsteuervorschlag in meiner bGE-0.1-Idee gemäß
Marginalsteuersatz auf Lebenskonsum umzuarbeiten – aber mein bGE-Modell
interessiert ja letztlich ohnehin niemanden. Schiene mir aber abgesehen
von ökologischen Gesichtspunkten eine relativ sinnige Konstruktion.
Ansonsten meine ich mich zu erinnern, dass du bspw. die Tabaksteuer und
ähnliches beibehalten möchtest. Das ist in gewisser Weise eine
Luxuskonsumsteuer, jedenfalls eine Steuer, die bestimmte
Konsumgewohnheiten anders besteuert als andere. Das gibt’s also
definitiv nicht nur in der DDR. (Du immer wieder mit deiner DDR
*kopfschüttel*)
Soweit, liebe Grüße,
Bert
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