[Debatte-Grundeinkommen] Berts bGE-Modell mit mehr oder weniger spekulativen Zahlen

willi uebelherr wube at gmx.net
Di Sep 16 20:28:41 CEST 2014


Lieber Bert,

ich will jetzt nicht destruktiv auf dein Bemuehen reagieren. Du hst viel 
Zeit in deine Analysen gesteckt. Und das achte ich sehr.

Es gibt einen wesentlichen Grund, neben meiner persoenlichen Inkompetenz 
in Fragen des kuriosen Steuersystems, was mich von einer 
Detaildiskussion abhaelt. Wenn das bGE Realitaet werden sollte, dann 
setzt dies eine Transformation des Denkens zur Oekonomie, dem 
Geldsystem, dem Staat mit seinen Gewaltverbaenden, den buerokratischen, 
parasitaeren Instanzen und Strukturen voraus.

Das wesentliche, was in deiner Analyse fehlt, ist die Andersartigkeit, 
wie dann die Menschen ihre Lebensgrundlagen organisieren. Im Mittelpunkt 
wird stehen, dass die existenzielle Sicherheit gegeben ist und die 
Menschen nun frei sich den gemeinschaftlichen Aufgaben widmen koennen. 
Aber damit wird das geldbasierte Distributionssystem weit in den 
Hintergrund geschoben.

Der Grossteil, auf das sich die Aktivitaeten der Menschen beziehen 
werden, sind die allgemein notwendigen Grundversorgungsstrukturen. Also 
Essen, Trinken, Transportsysteme materiell und immateriell, die 
Wassersysteme, die Energiesysteme thermisch und elektrisch und 
vielleicht auch Kleidung.

Dies meine ich mit der Andersartigkeit. Die Grundlagen deiner Analyse 
loesen sich auf. Der Gegenstand entschwindet.

Ein zweiter Punkt. Auf der monetaeren Ebene sprichst du von 
Deckungsnotwendigkeiten und beziehst dies auf Geldmengen. Aber damit 
hast du das Geldsystem nicht verstanden. Weil es nie gedeckt war und 
auch nie gedeckt sein wird. Womit auch?

Die Grundlage von gesellschaftlichen Lebensgemeinschaften ist die 
Balance zwischen Herstellung und Ver-/Gebrauch. Die Konstruktion von 
monopolen Zentren, die den Rest des Planeten als Sklavenressourcen 
gebrauchen und so ihr inneres Parasitentum organisieren, wird 
verschwinden. So oder so. Und mit Sicherheit, bevor im deutschsprachigen 
Raum ein bGE entsteht.

Nur Teile der buerokratischen Gaengelung werden sich aufloesen. Wie Harz 
IV und das Rentensystem. Wenn es denn so weit sein sollte. Die 
Problematik ist die Vorstellung einer auf hoher Selbstversorgung 
ruhenden Gemeinschaft. Und die ist nur moeglich, wenn der Grossteil der 
parasitaeren Instanzen aufgeloest wird.

An diesem Punkt scheitern heute alle Reformbemuehungen in den 
europaeischen Zentren. In Latein Amerika ist dies wesentlich einfacher 
zu realisieren.

Mit lieben Gruessen, willi
Esperanza, Ibarra, Ecuador


Am 13/09/2014 um 6:57 schrieb unversoehnt:
> Hallo
>
> als ich vor vier Tagen die Mail in den Verteiler stellte, in der ich
> Passagen aus meiner Arbeitsdatei rausgefischt hatte, die sich mit Verena
> Neddens bGE-Modell befassten, habe ich eine große Menge aus dieser
> Arbeitsdatei rausgekürzt. Zumindest die Passage, in der ich mein eigenes
> bGE-Konsumsteuer-Modell zwar nicht mit annähernd exakten, aber zumindest
> die Grundstruktur sichtbar machenden Zahlen durchkonzipiert habe, möchte
> ich dann doch noch einmal einstellen. Hier und da beziehe ich mich
> wieder auf Verena, aber ansonsten hat's mit ihr nicht viel zu tun. Da es
> bislang im Verteiler keinerlei Statements zu meiner Grundkonzeption
> gegeben hat, hoffe ich mal, dass ich zumindest mit diesem konkreter
> ausbuchstabierten Konzept mal Statements hervorkitzeln kann.
>
> Ansonsten wünsche ich euch allen nach einem hoffentlich schönen
> Wochenende eine interessante 7. internationale Woche des
> Grundeinkommens. :o)
>
> Liebe Grüße,
>
> Bert
>
>
> Ich will mal als Kontrast darstellen, inwiefern sich das ganze Gefüge
> zwischen Löhnen und Staatsaktivität durch die Einführung eines bGE
> verändern könnte.
>
> Da mir bislang mein Rettungsversuchsvorschlag für eine reine
> Konsumsteuer (vgl.
> https://listi.jpberlin.de/pipermail/debatte-grundeinkommen/2014-August/003932.html
> , dort der zweite Punkt) als Gegenfinanzierung für ein bGE und den
> Sozialstaat zumindest noch immer die beste Idee in diesem Zusammenhang
> zu sein scheint, die mir bekannt ist, will ich sie mal mit konkreten
> Zahlen ausbuchstabieren. Ich greife dabei allerdings völlig ins Blaue
> und entscheide einfach aus dem Bauch heraus.
>
> Erstmal setzte ich voraus, dass alle heutigen Preise gleichmäßig mit 50
> % Steuern und Sozialabgaben belastet sind. Die Gleichmäßigkeit der
> Steuer- und Sozialabgabenlast für alle Preise ist gewiss eine Fiktion
> und ich möchte inständig darauf hinweisen, dass eine ökonomische
> Begründung für ein bGE qua Konsumsteuer m. E. erst einmal voraussetzen
> würde, dass man sich über alle Marktpreise hinweg klar macht, welche
> Staatsquote für die jeweilige Ware bzw. Dienstleistung eingepreist ist.
> Das würde auch klar machen, wer eigentlich Gewinner und wer Verlierer
> eines Steuersystems mit schlichter Transparenz wäre. Ein
> Wirtschaftsinstitut mit ausreichendem Interesse könnte das m. E.
> leisten. Ein solches habe ich aber gerade nicht zur Hand.
>
> Meine Konsumsteuer kennt fünf Steuersätze in Bezug auf den Preis vor
> Steuern:
>
> a. -100 % Steuer auf den Grundbedarf, also eine Subventionierung in Höhe
> der Hälfte des Endpreises,
>
> b. 100 % Steuer auf den Normalbedarf, also eine Steuer, die den Endpreis
> verdoppelt,
>
> c. 300 % Steuer auf den Luxusbedarf, also eine Steuer, die den Endpreis
> vervierfacht,
>
> d. 100 % Steuer auf die Kapitalisierung von personengebundenem
> Einkommen, also eine Steuer, die das in Unternehmen oder die
> Finanzsphäre wandernde Einkommen sowie zur Eigenkapitalerhöhung
> verwendete Gewinne und verschenkte oder vererbte Unternehmensanteile
> oder Wertpapiere in der Wertigkeit halbiert.
>
> e. 0 % Steuer auf Investitionen in gemeinnützige Vereine, also eine
> Steuerfreiheit für diesen Bereich.
>
>
> Kleiner Exkurs zur Kapitalisierungssteuer und zur temporalen
> Unregelmäßigkeit jeglicher Systemumstellung:
>
> Wenn ich dir wiederum folge, liebe Verena, besteht heute auch bei
> Unternehmungen eine allgemeine Steuerlast von Pi mal Daumen 50 % auf
> Gewinne bzw. nach meiner Sichtweise 100 % auf das, was von den Gewinnen
> nach Steuer verbleibt. Die 100 % auf Kapitalisierung mögen auf den
> ersten Blick hoch erscheinen. Man muss sich aber klar machen, dass
> einmal von einer Person kapitalisiertes Vermögen bis zum Lebensende
> steuerfrei in der kapitalisierten Sphäre verbleiben kann, die Steuer auf
> Gewinne aber jährlich erfolgt. Gehen wir mal von einer
> gesellschaftlichen Durchschnittsrendite von 5 % im Jahr aus, haben wir
> folgende Konstellation: Heute verbleiben 2,5 % Rendite auf 100 % des
> Kapitals pro Jahr nach Steuern auf die Rendite, in meinem Modell
> verbleiben 5 % steuerfreie Rendite auf das durch die
> Kapitalisierungssteuer auf 50 % gestutzte Kapital pro Jahr, umgerechnet
> also ebenfalls 2,5 % Rendite auf 100 % des Kapitals, faktisch also die
> gleiche Besteuerung.
>
> Es ließe sich jetzt einwenden, dass die Rendite ja aber wieder der
> Konsumsteuer unterworfen wird und daher zusätzlich zur potentiell bloß
> einmal im Leben auf kapitalisiertes Vermögen abgeführten
> Kapitalisierungssteuer eine jährliche Konsumbesteuerung der Rendite
> erfolgt, die sie gegenüber heute schmälert. Dazu möchte ich erst einmal
> als gelernter Sophist folgende Überlegung anbieten: Was hindert
> Rendite-EmpfängerInnen, ihre Rendite ausschließlich für den negativ
> besteuerten Grundbedarf auszugeben und sie damit sogar zu verdoppeln?
> Hm, was?
>
> Klar, der Verwertungsdruck. Die Konkurrenz schläft nicht und das Kapital
> ist hungrig nach lebendigem Fleisch wie nur sonst ein Zombie. Innerhalb
> des Binnenmarkts, also potentiell der EU, wenn man das denn sogar in
> Deutschland durchbekäme, herrschen für die Wettbewerber erstmal gleiche
> Marktbedingungen. Und das Verhältnis zum Weltmarkt ließe sich mit der
> Sozialumsatzsteuer aus dem Dilthey-Modell (vgl.
> http://www.psgd.info/templates/1/download/dilthey_modell.pdf ) in den
> Griff bekommen. Schließlich ist die EU neben Nordamerika auf dem
> höchsten kapitalistischen Entwicklungsstand, agiert global also aus
> einer Luxusperspektive. Das hat mich an der ganzen "Standort
> Deutschland"-Debatte so unbändig genervt: Es wurde immer so getan, als
> wenn der Weltmarkt die Deutschen zum Gürtel-Engerschnallen zwingt,
> während faktisch Deutschland als Exportweltmeister und die EU als einer
> der globalen Hauptplayer mit einer Gürtel-Enger-Schnallen-Politik vor
> allem dem Rest des Weltmarkts das Gürtel-Engerschnallen aufdiktieren.
> Die simpelsten Lektionen in Sachen Dialektik wurden vergessen: Wer sich
> über die Länge der Supermarktschlange aufregt, sollte im Hinterkopf
> behalten, dass er mit seiner Person die Schlange ein Stückchen länger
> macht.
>
> Das Potential einer Kapitalisierungssteuer liegt gesellschaftlich vor
> allem darin, vom gewinnorientierten Verwertungswirtschaften fort zu
> kommen und zu einem gemeinwohlorientierten Wohlfahrtswirtschaften
> überzugehen. Wie gesagt bin ich dafür, Investitionen in gemeinnützige
> Vereine mit 0 % Konsumsteuer zu belegen, also steuerfrei zu halten.
> Allerdings müsste man sich vermutlich juristisch ein bisschen genauer
> überlegen, welche Auflagen man an gemeinnützige Vereine im Detail
> stellen muss, um zu verhindern, dass sich das Wolfskapital nicht bloß im
> gemeinnützigen Schafspelz gewandet.
>
> Im Kern bleibt für meine Kapitalisierungssteuer festzuhalten:
> Quantitativ verändert sich steuerlich gegenüber der von dir, liebe
> Verena, für heute analysierten Steuer auf Gewinne überhaupt nichts.
> Allerdings wird das Eigenkapital hälftig gekappt, der Fremdkapitalbedarf
> dürfte ansteigen und ein Rückzug aus der kapitalisierten Sphäre wäre
> eine Verlustoperation. Zudem wäre eine personengebundene
> Kapitalisierungssteuer im Effekt eine Schenkungs- und Erbschaftssteuer
> auf kapitalisiertes Vermögen.
>
> Quintessenz: Gegen eine Kapitalisierungssteuer in Höhe von 100 % spricht
> nur das Interesse, die Reichen als Klasse reicher werden zu lassen und
> die Armen als Klasse ärmer und ohnmächtiger. Sonst m. E. nichts.
>
> Nochmal das Thema der Doppelbesteuerung ein bisschen ins Allgemeinere
> gedacht:
> Ein reines Konsumsteuermodell macht im Vergleich zu heute Knoten im Kopf
> und lässt Katzen ihren Schwanz jagen. Da die heutigen Steuern zu einem
> großen Teil in der Produktions- und nicht in der Distributionssphäre
> erhoben werden, macht ein Übergang zu einer ausschließlich die
> Distributionssphäre belastenden Steuer Kopfschmerzen, wie sie sonst nur
> Captain Kathryn Janeway bei temporalen Anomalien bekommt. Das hat sich
> eben konkret bei der Überlegung ergeben, dass die Kapitalrenditen
> einerseits bei der Kapitalisierungssteuer strukturell belastet werden,
> andererseits bei der allgemeinen Konsumsteuer erneut immer dann, wenn
> sie in irgendeiner Weise ausgegeben werden. Wenn auch anders
> strukturiert, ist das heute aber genauso: Vermögen wird erst bei der
> Entstehung besteuert, dann aber nach der Kapitalisierung erneut beim
> Erwirtschaften von Rendite. Wir haben halt jährliche, also zyklische
> Steuern, Wirtschaftskreisläufe, ein ewiges Fließen von Zu- und Abgängen.
> Gibt es also wegen der Zyklik strukturell und bei 100 %
> Kapitalisierungssteuer auch quantitativ gar keinen Unterschied zwischen
> Konsumsteuermodell und dem allgemeinen Durchschnitt des heutigen
> Steuerwusts, so treten im Moment der Umstellung vom einen System zum
> anderen System Anomalien auf, die für interessierte Kreise speiübel nach
> Doppelbesteuerung riechen, weil sie tatsächlich für die Länge eines
> Augenzwinkerns eine Doppelbesteuerung darstellen. Betrachten wir das zur
> Abwechslung nicht aus der Kapitalperspektive, sondern aus der
> Perspektive unserer geliebten Oma mit ihren mühsam sich vom Munde über
> Jahrzehnte abgesparten und unter den Geranien vergrabenen sage 10.000
> Euro. Die wurden bei der Entstehung z. B. als Lohnsteuer im
> 5-Euro-Putzjob besteuert und haben heute nur noch die 19 %
> Mehrwert-/Umsatzsteuer als Staatseingriff zu fürchten und sonst
> vielleicht noch Erbschafts- und Schenkungssteuer. Aber unsere Oma wird
> sicher 107 Jahre alt und hat da noch ein bisschen Zeit. Nun aber wird
> das System auf reine Konsumsteuer umgestellt. Unsere sympathische Omi
> ist schwer erschüttert: Weil ihr geliebter Enkel doch so gerne mal eine
> Weltreise machen möchte und sie nicht begriffen hat, dass er lieber
> trampen als organisiert reisen möchte, wollte sie die 10.000 Euro für
> ein Kreuzfahrtticket rausschleudern, dass er just dieses Weihnachten im
> ersten Jahr nach der Steuerumstellung unterm Baum vorfinden sollte. Aber
> ojemine, Schock, schwere Not: Plötzlich, und unsere an Politik
> desinteressierte Omi hat's vorher wirklich nicht mitbekommen, hat der
> Staat einfach 300 % Luxussteuer auf Kreuzfahrten gelegt und das Ticket
> kostet jetzt fast 40.000 Euro. Dabei hat unsere Omi doch immer brav ihre
> Lohnsteuer bezahlt. Wieso bloß tut der Staat das? Wie kann er nur?
> Weihnachten wird erst eine Tragödie, dann eine Komödie: In Tränen bricht
> Omi aus und erzählt von dem Desaster. Als Geschenk für den Enkel gibt's
> bloß warme Socken, nicht die Weltkreuzfahrt. Der aufgeweckte Enkel aber
> klärt unsere verzweifelte Omi auf: "Du, ist dir nicht aufgefallen, dass
> die meisten Supermarktpreise deutlich billiger geworden sind. Ich möchte
> doch sowieso trampen. Überweise mir doch einfach nur die Hälfte der
> 10.000 Euro, also 5.000 Euro. Solange ich in Europa trampe, komme ich
> damit vier Mal so lange hin wie letztes Jahr mit 10.000 Euro. Und du
> kannst ja mit Mama und Papa mit dem restlichen Geld für ein paar
> Sommermonate in eine Pension im Schwarzwald ziehen und deiner Wanderlust
> nachgehen. Das ist doch genial. Außerdem bekomme ich ja jeden Monat
> jetzt wie wir alle auch ein bGE. Eigentlich brauche ich die 5.000 Euro
> gar nicht ... aber schaden werden sie auch nicht." Omi braucht ein
> Weilchen, bis sie's begriffen hat, aber dann ist Helau und Haleluja,
> Umarmung und Heiterkeit.
>
> Die Geschichte lehrt uns: Ja, bei einer Systemumstellung gibt es auch
> Verlierer. Aber wenn damit erkauft wird, dass das neue System allgemein
> gerechter ist, dann kann man m. E. damit leben. Ich kann das freilich
> leicht sagen. Ich wäre kein Verlierer, höhö. Der bin ich heute. ;o)
>
> Nochmal anders gewendet: Ich hörte vor einiger Zeit munkeln, dass es
> mindestens in der Bremer Finanzverwaltung die Vorstellung gibt, dass die
> öffentliche Verschuldung von Ländern und Kommunen und wahrscheinlich
> auch dem Bund mittelfristig zu einer Art Schuldenschnitt und/oder
> Währungsreform führen muss. Die Finanzkrise hat sogar Schäuble in einen
> Abgrund blicken lassen, der so bodenlos war wie sonst nur die
> Höllenvorstellung von John Milton. Die Reagonomics haben bis heute zu
> internationalen Verwerfungen im monetären Sektor geführt, die gut und
> gerne einen world war 3 entfesseln können. Insbesondere das unfassbare
> Volumen der US-Außenschuld bei den Chinesen wird selbst die imperiale
> Militärmacht vor Herausforderungen stellen, die sich im
> Zivilgesellschafts-Gequatsche deutscher Bildungsbürger gleich null
> abbildet. Von daher: Lieber eine Umstellung auf bGE und Konsumsteuer mit
> Systemumstellungs-Verlierern und der Hoffnung auf eine Stabilisierung
> der internationalen Ökonomie als die worst case-Szenarien für die
> Eklatierung des Widerspruchs zwischen Produktionsverhältnissen und
> Produktivkräften.
>
>
> Zurück zur Konzipierung meines bGE-Modells als Kontrast zum heutigen
> Steuerwust:
>
> Es existieren abgesehen von den fünf genannten keine weiteren Steuern.
> Ebenso gibt es keine Sozialabgaben. Das Sozialsystem wird wie das bGE
> auf eine Steuerbasis gestellt.
>
> Die Import-Export-Problematik lasse ich erstmal außen vor. Sie spielt
> für inländische Einkünfte erstmal keine Rolle. Vermögensflucht ins
> Ausland wird im Zweifelsfall mit einer Steuer in Höhe von meinetwegen
> 99,9999 % belastet, so dass nur ein Millionstel des ins Ausland
> wandernden Vermögens verbleibt. Ebenso unterlasse ich jegliche Reflexion
> auf volkswirtschaftliche Konsequenzen oder rechtliche Hürden für eine
> solche Steuerkonzeption. Ich setze beispielsweise voraus, dass es zu
> keinen inflationären Effekten kommt. Es geht mir erstmal nur um den
> Kontrast zum derzeitigen Steuersystem.
>
> Die Bruttolohnbetrachtung verwandelt sich in eine globale
> Einkommensbetrachtung, weil jegliches Einkommen (also z. B. auch solches
> aus Dividendenausschüttung) gleichermaßen von den fünf Anteilen der
> Konsumsteuer betroffen ist, wenn auch quantitativ nicht in gleichem
> Maße. Nur gespartes Geld kann für den Zeitraum des Sparens der
> Konsumsteuer entfliehen. Oder Schwarzmarktgeld, wortwörtlich verbranntes
> Geld oder eben in gemeinnützige Vereine investiertes Geld. In
> Grundbedarf angelegtes Geld wird sogar subventioniert.
>
> Als bGE-Höhe veranschlage ich 1.000 Euro pro Monat und pro Person, die
> sich, ob legal oder illegal, innerhalb deutscher/europäischer Grenzen
> aufhält oder mit legalem deutschen/europäischen
> Staatsbürgerschaftsstatus irgendwo sonst in der Welt. Eine
> Diskriminierung nach Alter oder sonstigen Kriterien findet nicht statt:
> Kinder erhalten genauso viel wie Erwachsene. Bestehende Tarif- und
> Arbeitsverträge bleiben von der Einführung des bGE unberührt.
>
> Desweiteren setze ich voraus, dass der Grundbedarf im gesellschaftlichen
> Durchschnitt heute zu aktuellen Preisen bei 750 Euro liegt, der
> Normalbedarf im gesellschaftlichen Durchschnitt zwischen 750 Euro und
> 3.000 Euro, Luxusbedarf, Kapitalisierung und Investitionen in
> gemeinnützige Vereine dadrüber, und zwar nach folgendem
> Verteilungsschlüssel: 20 % wird für Luxusbedarf ausgegeben, 60 % wird
> kapitalisiert, 20 % wird in gemeinnützige Vereine investiert. Wie
> gesagt: Im gesellschaftlichen Schnitt. Der Einzelfall interessiert mich
> in diesem Zusammenhang erstmal gar nicht. Zudem sind die Zahlen völlig
> frei aus dem Bauch herausgegriffen.
>
> Was in den Grund-, Normal- und Luxusbedarf fällt, wird inhaltlich
> bestimmt. Den Grundbedarf kennzeichnen elementare Bedürfnisse nach
> Nahrung, Kleidung, Wohnung, Strom etc. Den Luxusbedarf kennzeichnet
> insbesondere der Ressourcenverbrauch, er wird nach ökologischen
> Maßstäben bestimmt.
>
> Wegen der Voraussetzung, dass alle heutigen Preise gleichmäßig mit 50 %
> steuerbelastet sind, verwandeln sich die Grenzen zwischen Grund-,
> Normal- und Luxusbedarf/Kapitalisierungsbedarf/Investition in
> gemeinnützige Vereine zu 375 Euro und 1.500 Euro unabhängig von Steuern.
> Wegen der ersten beiden Konsumsteuersätze verwandeln sich die Grenzen zu
> 187,50 Euro und 3.000 Euro: Unterhalb der durchschnittlichen
> Konsumausgaben in Höhe von 187,50 Euro wird der Grundbedarf zur Hälfte
> subventioniert, zwischen 187,50 Euro und 3.000 wird der Normalbedarf
> hälftig versteuert, dadrüber nach dem Schlüssel 20/60/20 der Luxusbedarf
> zu drei Vierteln versteuert, der Kapitalisierungbedarf hälftig,
> Investitionen in gemeinnützige Vereine gar nicht. 20 % * 3 + 60 % * 1 +
> 20 % * 0 % = 60 % + 60 % + 0 % = 120 %. Im Effekt werden also die
> Gesamtausgaben für Luxus-, Kapitalisierungsbedarf und Investitionen in
> gemeinnützige Vereine oberhalb der Durchschnitts-Grenze von 3.000 Euro
> mit dem Durchschnitts-Faktor 1,2 versteuert, also wegen 120 % / (100 % +
> 120 %) = 120 / 220 = 6 / 11 mit sechs Elfteln steuerlich belastet. Wegen
> des bGE in Höhe von 1.000 Euro wiederum verschieben sich die Grenzen in
> Bezug auf das Einkommen über bGE um 1.000 Euro zu -822,50 Euro und 2.000
> Euro. Ich setze implizit und sicherlich kontrafaktisch voraus, dass sich
> gesamtgesellschaftlich das quantitative Verhältnis zwischen Grund-,
> Normal-, Luxus-, Kapitalisierungsbedarf und Investitionen in
> gemeinnützige Vereine nach der Systemumstellung (erstmal) nicht
> verändert. Diese Verhältniszahlen habe ich mir ohnehin frei von
> empirischen Daten aus den Fingern gesogen.
>
> Aus relativ leicht ersichtlichen Gründen erhalte ich dann als meine
> übliche Calc-Formel dies zur Bestimmung der Konsumkraft des jeweiligen
> Einkommens nach Steuern und bGE:
>
> =WENN(B$1*$A3>2000;(B$1*$A3-2000)*5/11+2822,5/2+187,5*2;(B$1*$A3+822,5)/2+187,5*2)
>
>
> [Nachtrag: "Üblich" bezieht sich hier auf vorangegangene Überlegungen
> über das Verhältnis von Netto-/Bruttolohn zum tatsächlich im
> Portemonnaie verbleibenden Hinzuverdienst nach Verrechnung mit den 50 %
> Steuer- und Sozialabgabenlast von dir, liebe Verena, und den
> Hartz4-Verrechnungsregeln. Diese Überlegungen habe ich erstmal
> rausgekürzt. Calc ist das Tabellenkalkulationsprogramm im
> OpenOffice-Paket. Die Syntax dürfte die selbe wie in Excel sein.]
>
> Vgl. dazu als Ergebnis die angehängten Dateien "94 Tabelle reale
> Kaufkraft in Abhängigkeit von Stundenlöhnen bzw entsprechenden
> Einkünften in Berts bGE.jpg" und "95 Diagramm reale Kaufkraft in
> Abhängigkeit von Stundenlöhnen bzw entsprechenden Einkünften in Berts
> bGE.jpg".
>
> Kurzgefasste Ergebnisdiskussion: Es zeigt sich ein klares, fast lineares
> Anreizgefüge zwischen Lohn und Kaufkraft. Da der Grundbedarf durch das
> bGE bereits voll abgedeckt ist, steigen alle Graphen am Anfang mit der
> Steigung 0,5: Die Hälfte des Einkommens verbleibt im Normalbedarf als
> Kaufkraft, die andere Hälfte geht als Konsumsteuer an den Staat. Die
> Grenze zwischen Normalbedarf einerseits und Luxus-,
> Kapitalisierungsbedarf und Investitionen in gemeinnützige Vereine
> andererseits in Höhe von 2.000 Euro über bGE, 3.000 Euro real ist mit
> bloßem Auge fast gar nicht zu erkennen. Man muss schon ordentlich an die
> jeweiligen Graphen heranzoomen, also z. B. an den hellgrünen
> 40-Euro-Stundenlohn-Graphen auf Höhe des 50-
> Arbeitsstunden-pro-Monat-Indizes der x-Achse, dann erkennt man einen
> leichten Knick nach unten, also eine Steuerprogression. Diese
> Geringfügigkeit im Knick ist auch nicht weiter verwunderlich, da der
> Unterschied zwischen einer Steigung von 0,5 und 5 / 11 = 0,45 minimal
> ist. Anders sähe der Graph freilich aus, wenn man den
> Verteilungsschlüssel zwischen Luxus-, Kapitalisierungsbedarf und
> Investition in gemeinnützige Vereine bspw. so konzipiert hätte:
> 60/30/10. Dann wäre der Knick nach unten deutlicher zu erkennen: 60 % *
> 3 + 30 % * 1 + 10 % * 0 = 210 %, also eine Steigung von 10 / 31 ? 0,32.
> Genauso, wenn man bei dem 20/60/20-Verteilungsschlüssel z. B. den
> Steuersatz für den Luxusbedarf statt mit 300 % mit 750 % angesetzt
> hätte: 20 % * 7,5 + 60 % * 1 + 10 % * 0 = 210 %. Sind ja momentan alles
> bloß Zahlenspielchen ohne echte volkswirtschaftliche Grundierung.
>
> Um wieder der Frage nachzugehen, wie viel Lohn ich denn dann brauche, um
> eine erwünschte Menge Kaufkraft zu mobilisieren, ergibt sich jetzt aus
> relativ leicht ersichtlichen Gründen diese Calc-Formel:
>
> =WENN(B$1*$A3>2000;((B$1*$A3-2000)*11/5+4000)/$A3;B$1*2)
>
> Vgl. dazu als Ergebnis die angehängten Dateien "96 Tabelle nöitger
> Stundenlohn in Abhängigkeit vom erwünschten Kaufkraftzugewinn pro
> Arbeitsstunde in Berts bGE.jpg" und "97 Diagramm nöitger Stundenlohn in
> Abhängigkeit vom erwünschten Kaufkraftzugewinn pro Arbeitsstunde in
> Berts bGE.jpg".
>
> Kurzgefasste Ergebnisdiskussion: Der Grundbedarf ist durchs bGE gedeckt.
> Da der Normalbedarf mit halber Steuer belastet ist, braucht's einen
> Stundenlohn, der doppelt so hoch ist wie der Kaufkraftwunsch. Die Grenze
> zwischen Normalbedarf einerseits und Luxus-, Kapitalisierungsbedarf und
> Investitionen in gemeinnützige Vereine andererseits in Höhe von 2.000
> Euro über bGE, 3.000 Euro real zeigt sich durch einen leichten Knick
> nach oben bei den höheren Kaufkraftsteigerungswunsch-Graphen. Sehr
> übersichtlich, sehr fair, alles sleazy.
>
> Und um nun noch das Verhältnis von Konsumsteuerausgaben und
> Kaufkraftzugewinn in Abhängigkeit vom Stundenlohn zu berechnen, ergibt
> sich dies als Calc-Formel:
>
> =WENN(B$1*$A3>2000;((B$1*$A3-2000)*5/11+1776,25)/($A3*B$1);(B$1*$A3+776,25)/($A3*B$1))
>
>
> Folgende Vereinfachungsüberlegungen stecken in der Formel: Durch das bGE
> in Höhe von 1.000 Euro und die hälftige Subventionierung des
> Grundbedarfs in Höhe von 187,50 Euro ergibt sich für jedes Einkommen
> erstmal eine Staatssubvention in Höhe von 1.187,50 Euro. Der
> Normalbedarfsanteil am bGE in Höhe von 822,50 Euro wird aber wieder
> hälftig besteuert, also 411,25 Euro wieder abgezogen. Verbleiben 776,25
> Euro steuerfreies bGE als Grundsockel jeden Einkommens. Die steuerfreie
> Kaufkraft unterhalb der überschrittenen Grenze zwischen Normalbedarf
> einerseits und Luxus-, Kapitalisierungsbedarf und Investitionen in
> gemeinnützige Vereine andererseits in Höhe von 2.000 Euro über bGE,
> 3.000 Euro real wird wegen der hälftigen Steuer im Normalbedarf einfach
> auf 1.000 Euro halbiert. Plus steuerfreiem bGE-Sockel in Höhe von 776,25
> Euro ergibt 1.776,25 Euro.
>
> Vgl. dazu als Ergebnis die angehängten Dateien "98 Tabelle Anteil der
> Konsumkraft am Einkommen im Verhältnis zum Stundenlohn in Berts bGE.jpg"
> und "99 Diagramm Anteil der Konsumkraft am Einkommen im Verhältnis zum
> Stundenlohn in Berts bGE.jpg".
>
> Kurzgefasste Ergebnisdiskussion:
> Es geht jetzt wieder um die Betrachtungsfrage: Was vom Einkommen geht an
> den Staat, was verbleibt im Portemonnaie? Wegen des Grundsockels bGE
> kommen die Graphen quasi aus dem Himmel. Niedrige Einkommen haben wegen
> des bGE wesentlich mehr als 100 % ihres Einkommens zur Verfügung, sind
> also Profiteure einer negativen Einkommenssteuer namens bGE. Hohe
> Einkommen purzeln aber vom Himmel der Nettoempfängerwelt ins Jammertal
> der Nettozahlerwelt unterhalb von 100 %. Höhere Einkommen sind dabei
> stärker belastet, es herrscht allgemein Steuerprogression. Diese ergibt
> sich inhaltlich vor allem aus der höheren Luxuskonsumsteuer. Für das
> abgebildete Mittelschichtssegment bis 40 Euro Stundenlohn bleibt die
> gesamte Steuerlast bei Vollzeitarbeit von 170 Stunden pro Monat knapp
> unterhalb von 40 %, gut 60 % verbleiben im Portemonnaie. Da die
> Progression aber das gesamte Steuersystem nach den gewählten
> Voraussetzungen durchdringt, gilt: Je höher das Einkommen ist, desto
> höher die prozentuale Steuerbelastung. Mit anderen Worten: Starke
> Schultern tragen relativ mehr als schwache Schultern. Da die Kosten für
> das bGE dazu führen werden, dass die Staatsquote deutlich über 50 %
> steigen muss, stellt sich also erstmal die Frage, wann wird die 50
> %-Marke geknackt, wann die 40 %-Marke etc.? Es gilt dabei folgende Formel:
>
> Anteil der Konsumkraft am Monatseinkommen = ((Monatseinkommen -- 2.000
> Euro) * 5 / 11 + 1.776,25 Euro) / Monatseinkommen = (Monatseinkommen * 5
> / 11 -- 2.000 Euro * 5 / 11 + 1.776,25 Euro) / Monatseinkommen ?
> (Monatseinkommen * 5 / 11 -- 909,09 Euro +1.776,25 Euro) /
> Monatseinkommen = (Monatseinkommen * 5 / 11 + 867,16 Euro) /
> Monatseinkommen
>
> Das überfordert zwar meine aktuellen Mathematik-Künste, nicht aber die
> meines Taschenrechners. Mein TI-89 löst das so zur Umstellung nach
> Monatseinkommen auf:
>
> ? Monatseinkommen = 9.637,76 Euro / (11 * Anteil der Konsumkraft am
> Monatseinkommen - 5)
>
> Ich vertraue meinem TI-89 zwar eh, aber Kontrolle ist besser und siehe
> da: die Probe kommt hin. Grenzwertbetrachtungen führen zum Ergebnis,
> dass sich die Steuerprogression in dieser Formel asymptotisch an den
> Wert 5 / 11 = 0,45 anschmiegt. Das ist ja quasi eh klar, wenn man drüber
> nachdenkt, weil die Kaufkraftzusammensetzung in Höhe von fünf Elfteln
> für Luxus-/Kapitalisierungs-/Gemeinnützigkeitsbedarf nach Voraussetzung
> bei steigendem Einkommen immer gewichtiger gegenüber der
> Kaufkraftzusammensetzung in Höhe von 50 % für den Normalbedarf wird. Mit
> anderen Worten: Faktisch fällt die Kaufkraft im Verhältnis zum Einkommen
> im vorausgesetzten Szenario niemals unter etwa 45,5 %, die Steuerlast
> steigt also niemals über etwa 54,5 %.
>
> Setzen wir ein paar hohe Werte unterhalb des Grenzwerts in obige Formel,
> ergibt sich:
>
> Ein Monatseinkommen von 19.275,52 Euro zahlt 50 % Steuern, ein
> Monatseinkommen von 24.712,21 Euro zahlt 51 % Steuern, eines von
> 34.420,57 Euro zahlt 52 % Steuern, eines von 56.692.71 zahlt 53 %
> Steuern, eines von 160.629,33 Euro zahlt 54 % Steuern.
>
> Ob das zur Gegenfinanzierung eines bGE reicht? Vielleicht, weil 4 %
> oberhalb der heutigen Staatsquote in Höhe von fast 50 % auf 160.629,33
> immerhin 6.425,17 Euro ausmacht, also fast 6,5 Leuten das bGE bezahlt.
> Es gibt ganz gewiss wesentlich höhere Einkommen, die entsprechend für
> mehr Personen das bGE gegenfinanzieren könnten. Zudem sinkt ja die
> allgemeine Staatsquote jenseits des bGE, weil viele Kosten im Feld der
> Sozialen Sicherung durch ein bGE überflüssig werden. Aber um das im
> Ernst beurteilen zu können, bedarf es exakterer Daten. Mir ging's jetzt
> erstmal nur um eine anschauliche Freihandskizze. Außerdem führt die
> Systemumstellung ohnehin zu einer so großen Zäsur in allen möglichen
> gesellschaftlichen Feldern, dass eine Prognose schwierig ist und die
> Gegenfinanzierung lieber zu großzügig als zu zaghaft ausgelegt werden
> sollte. Klar jedenfalls ist: Ein bGE ohne Gegenfinanzierung über die
> hohen und extrem hohen Einkommen wäre Irrsinn, nämlich eine bloße
> Umverteilung innerhalb der ärmeren und Mittelschichts-Einkommen, wie
> Hartz4 es bereits heute faktisch darstellt.
>
>
> Da die ganze bGE-Darstellung ja nur ein Spielen mit mehr oder weniger
> plausiblen Voraussetzungen war, will ich noch einmal grundsätzlich
> rekapitulieren, was für die Konstruktion konkreter Zahlen in meinem
> bGE-Konzept zu bedenken ist. Zur Illustrierung gehe ich dabei der
> Einfachheit halber von einer Gesamtpopulation von 100.000.000 Menschen
> aus, die dem skizzierten Steuersystem unterworfen ist, sowie von einem
> Gesamteinkommen dieser Population in Höhe von 2,4 Bil. Euro im Jahr,
> also 200 Mrd. Euro im Monat.
>
> Es gibt 7 grundsätzliche Faktoren, die zu beachten sind:
>
> a. Das bGE: Es stellt eine Staatssubvention für jeden und deshalb in
> hohem Gesamtvolumen dar. Es bedarf der Gegenfinanzierung. Für
> 100.000.000 Menschen wären im skizzierten Konzept 100 Mrd. Euro pro
> Monat nötig, also die Hälfte des postulierten Gesamteinkommens.
>
> b. Konsumsteuersatz "Grundbedarf": Da ich diesen negativ konzipiert
> habe, stellt auch er eine Subvention in durchaus beträchtlichem Ausmaß
> dar, der einer Gegenfinanzierung bedarf. Den Grundbedarf negativ zu
> besteuern halte ich politisch für sinnvoll. Da der Grundbedarf nach
> Voraussetzung voll durch das bGE gedeckt ist, fällt diese Subvention
> wieder für alle vom Steuersystem Betroffenen an. Für 100.000.000
> Menschen wären im skizzierten Konzept 18,75 Mrd. Euro pro Monat als
> Subventionsvolumen nötig, also noch einmal 9,375 % des postulierten
> Gesamtvermögens.
>
> c. sonstiger Verbrauch des Staats und der Sozialsysteme: Ich habe mir
> mal
> https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/OeffentlicheFinanzenSteuern/OeffentlicheFinanzen/AusgabenEinnahmen/Tabellen/AusgabenausgewaehlteAufgabenbereiche.html
> <https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/OeffentlicheFinanzenSteuern/OeffentlicheFinanzen/AusgabenEinnahmen/Tabellen/Ausgaben.html>
> und
> http://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/PDF-Publikationen/a230-09-sozialbudget-2009.pdf?__blob=publicationFile
> angeschaut, ein wenig gegrübelt und setze mal vage und um die Endzahl
> rund zu machen 51,25 Mrd. Euro pro Monat, also 615 Mrd. Euro im Jahr für
> den restlichen Staatskonsum an. Ich postuliere also etwa so etwas: Von
> den 626,162 Mrd. Euro, die der deutsche Staat 2010 für "Soziale
> Sicherung" ausgegeben hat, werden durch das bGE etwa 490 Mrd. entbehrlich.
>
>
> Wir sind dann insgesamt mit a., b. und c. bei 170 Mrd. Euro Staatsbedarf
> pro Monat, 2,04 Brd. Euro im Jahr, bzw. bei einer Staatsquote am
> postulierten Gesamteinkommen in Höhe von 85 %. Das ist viel.
>
> Kleine Zwischenüberlegung zu Art 14(2) GG: "Eigentum verpflichtet. Sein
> Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen." Ich bin mir
> nicht sicher, ob's richtig ist, und gerade auch zu faul, es zu
> recherchieren. Ich habe mal gehört, dass es ein BVerfG-Urteil gibt, das
> aus dieser Formulierung eine Besteuerung auf jegliches Einkommen in Höhe
> von 50 % als Maximalgrenze fordert. Die Auslegung des Wortes "zugleich"
> sei demnach "zu gleichen Anteilen", daher 50 % maximal. Wie gesagt: Ich
> weiß nicht, ob's stimmt. Falls es stimmt, ist es aus der Sicht von allen
> bGE-Verfechtern notwendig, dieses BVerfG-Urteil offensiv anzugreifen.
> Denn ein bGE gleich welcher Bauart ist ganz sicher nicht ohne eine
> Staatsquote von über 50 % zu haben. Ich finde einen solchen Angriff
> inhaltlich auch einfacher als Schnürsenkelbinden: Das Wort "zugleich"
> meint zeitliche Gleichheit, nicht wertmäßige. Falls es so ein
> BVerfG-Urteil tatsächlich gibt, ist es ein politisches Urteil ohne jedes
> Gefühl für die deutsche Sprache. Von daher gehen 85 % erstmal in
> Ordnung. Wenigstens liege ich nicht über 100 %. ;o)
>
> Jetzt geht's von den Staatsausgaben fort und zu den Staatseinnahmen:
>
> d. Konsumsteuersatz "Normalbedarf": Diesen hatte ich mit 100 %
> konzipiert. Pi mal Daumen wäre das keine Veränderung gegenüber heute.
> Setzt man ihn höher an, belastet man arme und mittlere
> Einkommensgruppen. Das scheint mir politisch nicht angeraten. Dieser
> Konsumsteuersatz stellt eine Finanzierung des Staats à la "die Masse
> macht's" in beträchtlichem Ausmaß dar, die ich aber gerade nur vage
> eingrenzen kann. Ich hatte für den Bereich zwischen Normalbedarf und
> Luxus-/Kapitalisierungs-/Gemeinnützigkeitsbedarf eine Spanne von
> 2.822,50 Euro pro Person postuliert, wovon 822,50 durch das bGE für
> jeden abgedeckt ist. Die Hälfte davon fließt dem Staat zu, also
> irgendwas zwischen 411,25 Euro und 1.411,25 Euro pro Person. Die obere
> Grenze hochgerechnet auf die 100.000.000 Menschen unserer
> Gesamtpopulation, wären das also 114,125 Mrd. Euro pro Monat. Durch das
> bGE ragen alle Personen in diesen Bereich des Normalbedarfs auf jeden
> Fall zu einem guten Viertel rein, füllen ihn aber deshalb nicht
> notwendig bis zur Grenze aus. Ich postuliere deshalb mal vage, dass eine
> gute Hälfte der 114,125 Mrd. Euro tatsächlich dem Staat zufließt: sagen
> wir 70 Mrd. Euro pro Monat.
>
> e. Konsumsteuersatz "Luxusbedarf": Diesen hatte ich mit 300 %
> konzipiert. Hier kann der Staat zwar nicht in der Masse, aber in der
> Spitze eine Menge absahnen. Dies erscheint mir politisch aus zwei
> Gründen sinnvoll bis notwendig geboten: 1. Aus demokratietheoretischen
> Gründen und Gerechtigkeitsüberlegungen bedarf es einer Umverteilung von
> oben nach unten. 2. Außerdem blitzt die Möglichkeit von Ökokatastrophen
> immer vehementer auf. Es bedarf daher eines schonenden Umgangs mit
> Ressourcen. Beide Gründe zusammen geben eine gute Argumentation für eine
> hohe Besteuerung von ressourcenaufwändigem Luxusbedarf ab. Da ich in
> meiner Einkommenssituation eh keinen Anteil an diesem Luxusbedarf habe,
> könnten die 300 % meinetwegen auch auf eine Mrd. % erhöht werden. Das
> sehen andere Menschen aber sicherlich anders. Dennoch sehe ich innerhalb
> der 7 hier skizzierten Faktoren grundsätzlich im Faktor "Luxusbedarf" am
> ehesten die Möglichkeit, flexibel zu agieren und
> Gegenfinanzierungslücken auszugleichen. Innerhalb des Gestrüpps meiner
> Postulate ergibt sich das Volumen, das dem Staat durch e. und f.
> zufließt, notwendig: 200 Mrd. Euro pro Monat waren das Gesamteinkommen
> der Population, 170 Mrd. Euro pro Monat legt der Staat obendrauf, die er
> allerdings auch irgendwo herbekommen muss. Von diesen 370 Mrd. Euro pro
> Monat wurden nach den Überlegungen in b. und d. 37,5 Mrd. Euro pro Monat
> für den Grundbedarf ausgegeben und 140 Mrd. Euro pro Monat für den
> Normalbedarf, insgesamt also bereits 177,5 Mrd. Euro. Verbleiben also
> 192,5 Mrd. pro Monat für die nach dem Schlüssel 20/60/20 angeordneten
> Faktoren e., f. und g. 20 % von 192,5 Mrd. Euro sind 38,5 Mrd. Euro.
> Diese werden nach Postulat mit drei Vierteln vom Staat eingezogen, gehen
> dem Staat also in Höhe von 28,875 Mrd. Euro pro Monat zu.
>
> f. Konsumsteuersatz "Kapitalisierungsbedarf": Diesen hatte ich mit 100 %
> konzipiert. Pi mal Daumen wäre das keine Veränderung gegenüber heute.
> Wenn man mehr will, legt man sich noch zusätzlich zu der bGE-Kampfansage
> im Ernst mit dem Kapital an. Und das will ja letztlich doch niemand,
> oder? Die Revolutionäre, für die die Zeit schon vorgestern reif war,
> sind mindestens hierzulande einfach drastisch zu schwach. Die
> verschiedenen Fraktionen der Sozialdemokratie wissen sehr genau, mit was
> für einer Bestie sie es zu tun haben, und lecken Speichel, ducken sich
> weg oder werden öffentlich gemobbt und gedemütigt. Anderswo in der Welt
> auch einfach gefoltert, ermordet, verscharrt. Die Humanisten denken
> anscheinend, dass dem Kapital mit höflichem Bitten beizukommen sei. Das
> finde ich angesichts der weltfremden Menschenfreundlichkeit sowohl
> sympathisch als auch albern bis lächerlich. Aber gut: Nehmen wir an,
> dass man dem Gros der Bevölkerung wirklich klar machen kann, wie toll
> ein bGE vielleicht nicht für alle, aber für die allerallermeisten wäre,
> dann gäbe es vielleicht Spielraum nach oben, 150 %, 200 %, falls die
> Gesamtgesellschaft tatsächlich bereit ist, zu gemeinnützigem
> Wohlfahrtswirtschaften überzugehen, perspektivisch vielleich auch eine
> Mrd. %. Nach unten zu gehen, wäre wieder Irrsinn, weil eine Umverteilung
> von oben nach unten aus vielerlei Gründen zwingend ist, der umgekehrte
> Pfad in die eine, die andere oder gleich ganz viele Katastrophen auf
> einmal führen wird. Aus den Überlegungen in e. ist klar, dass es
> innerhalb meiner Postulate um 60 % von 192,5 Mrd. Euro pro Monat geht,
> also um 115,5 Mrd. Euro pro Monat. Hälftig geht das nach Postulat an den
> Staat: Wären 67,75 Mrd. Euro pro Monat.
>
> g. Konsumsteuersatz "gemeinnützige Vereine": Den hatte ich mit 0 %, also
> Steuerfreiheit angesetzt. Das ist sicherlich auch erstmal sinnvoll so.
> Geht die Gesellschaft allerdings in drastischem Ausmaß zu einem
> gemeinnützigen Wohlfahrtswirtschaften über, lässt sich das bGE unter
> Umständen nicht finanzieren und die Gemeinnützigkeit gleicht das
> Wegbröckeln der Steuerbasis vielleicht inhaltlich nicht aus. Es bedarf
> also eher inhaltlich-politischer Steuerung dieses Sektors. Ich hatte
> beispielsweise schon darüber nachgedacht, dass man dem Kapital verbieten
> muss, sich das Schafspelz "Gemeinnützigkeit" bloß überzustülpen.
> Wesentlicher aber wird mit der Perspektive einer Wohlfahrtswirtschaft
> die Frage der gesamtgesellschaftlichen Vernunft. Im Rahmen der
> Mailingliste hatte ich daher schon zweimal auf die Idee einer
> vermittelnden App namens "Planwirtschaft 2.0" hingewiesen. Grundsätzlich
> könnte man zwar auch gemeinnützige Vereine besteuern. Aber will das
> irgendjemand im Ernst? Ich sehe keinen guten Grund dafür.
> Subventionierung wäre unter Umständen eher eine Perspektive, aber
> darüber möchte ich gerade nicht nachgrübeln. Dieser Sektor ist
> steuerlich also nach meinen Postulaten neutral, dem Staat fließt nichts
> zu oder ab.
>
> Gesamtrechnung des Staats: a., b. und c. hatten einen Finanzbedarf des
> Staates in Höhe von 170 Mrd. Euro pro Monat, 2,04 Brd. Euro im Jahr
> ergeben. d., e. und f. hatten demgegenüber einen Steuerertrag von 70
> Mrd. Euro, 28,875 Mrd. Euro und 67,75 Mrd. Euro pro Monat, insgesamt
> also 166,625 Mrd. Euro pro Monat bzw. 1.999,5 Mrd. Euro pro Jahr
> ergeben. Bleibt also eine Finanzierungslücke von 40,5 Mrd. Euro pro
> Jahr. Gut, das ist nicht viel mehr als 10 % der heutigen
> Nettokreditaufnahme in Höhe von etwa 300 Mrd. Euro pro Jahr. Aber
> angesichts dessen, dass kein Kleinbürger ein Interesse daran haben kann,
> den Großbürgern über den Umweg der Staatsverschuldung eine Rente zu
> zahlen, und, wichtiger, angesichts der unkalkulierbaren Folgen eines bGE
> und einer drastischen Steuerumstellung insbesondere auf das Verhältnis
> von Kapital und Arbeit, bin ich dann doch unzufrieden. Da es aber keinen
> Sinn macht, dieses von den realen volkswirtschaftlichen Gegebenheiten
> relativ großzügig abstrahierende Zahlenbeispiel weiter zu verfolgen,
> möchte ich nur allgemein meine Meinung sagen: Ein an den konkreten
> heutigen Zahlen geerdetes Zahlenmodell sollte m. E. möglichst 250 bis
> 500 Mrd. Euro Spielraum für den Staat pro Jahr bereithalten. Ich habe
> klargestellt, dass ich teilweise mit sehr vagen, teilweise mit völlig
> spekulativen Zahlen arbeite und wo ich Spielräume sehe. Ob ich mir
> diesen Krempel für mich überlege, ist ohnehin komplett unerheblich.
> Wesentlich wäre eine gesamtgesellschaftliche Diskussion darüber, was wir
> uns vorstellen können, dass wir tun könnten, um dann im nächsten Schritt
> auch wirklich zu tun, was uns als Tun möglich und wünschenswert
> erscheint. Oder auch nur wünschenswert, wenn auch vielleicht nicht
> weniger unmöglich als die Wirklichkeit.
>
>
>
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