[Debatte-Grundeinkommen] Kapitalismus ohne (Finanz)Krisen ?
Agnes Schubert
Agne.s at gmx.de
Do Okt 27 10:49:19 CEST 2011
Hallo,
es bringt nichts wesentliches, an singulären Erscheinungen oder auch nur
an einzelnen Wesensmerkmalen des Kapitalismus (wie Geld) herumdoktern
zu wollen.
Wer da glaubt, man müsse den Kapitalismus nur richtig machen, damit er
die Menschheit glückselig macht, den muss ich enttäuschen - oder besser
der wird, sobald der jeweilige "richtige Versuch" in die Wirklichkeit
gebracht wird, selber von letzterer wohl enttäuscht werden - oder aber
er wird die Wirklichkeit gleich gar nicht (mehr) zur Kenntnis nehmen
(wollen).
Die Marktwirtschaft tatsächlich krisenfrei zu machen und/oder dem
Kapitalismus die Aufgabe der Güterversorgung unterzuschieben, heißt
letztlich immer den Kapitalismus, respektive die Marktwirtschaft,
abzuschaffen.
Dafür müssen aber letztlich immer die grundsätzlichen Mechanismen, die
einerseits zur Rücksichtslosigkeit wie auch zu Krisen andererseits
führen, kritisiert werden.
Dass die Marktwirtschaft, ja schon im Ideal auf der freien Konkurrenz
beruhend, die /Rücksichtslosigkeit /gegenüber jenen enthält, die dieser
Konkurrenz genau nicht gewachsen sind, sollte eigentlich leicht
ersichtlich sein. Dennoch sind die Leute immer empört, wenn eben genau
dieses Prinzip schlicht greift, Produktionen verlagert werden,
Lohndrückung und dauerhafte Arbeitslosigkeit herrscht, Menschen
verhungern, ...
Oder sie sind empört, wenn denn diese Konkurrenz mit anderen Mitteln
betrieben wird - Betrugsversuche, Gewalt, Kriege ...
Sich an bestimmte jeweilige und temporäre Regeln (wie an Gesetze) zu
halten, ist eben nur ein Mittel der Konkurrenz. Regeln zu umgehen, sie
zu beugen oder außer Kraft zu setzen, neue ("sozialere" oder
"asozialere") einzuführen, sind die anderen Mittel.
Prinzipielles Verfahren in der Marktwirtschaft ist es, den eigenen
Vorteil zu suchen, in dem man alle anderen und vor allem die jeweiligen
Konkurrenten und Tausch"partner" (Arbeitgeber-Arbeitnehmer, Produzent-
Konsument) vom eigenen Vorteil ausschließt.
Dass die Marktwirtschaft auch gleich die /Krise/ beinhaltet, ist ebenso
leicht ersichtlich:
Wenn man freie Konkurrenz will, dann sind eben Absprachen unter den
Konkurrenten unerwünscht.
Dann wird von allen Seiten z.B. auf einen zukünftigen Markt gepokert,
mit hoher Stückzahl die Stückkosten gesenkt, um der Konkurrenz eben
voraus zu sein, und damit wird zwangsläufig eine Überproduktion in Gang
gesetzt. Das resultierende Angebot kann zu den Stückkosten nicht mehr an
den Kunden gebracht werden und es müssen Werte vernichtet werden - und
alle schauen nur, dass sie so wenig wie möglich in dieser Krise zu
schaden kommen.
Wer es sich mal in Ruhe durchdenkt, wird auch bei den Finanzprodukten,
die letztlich auch Waren sind, nichts anderes finden. Und verhindert man
einige spezielle Finanzgeschäfte, dann wird die Konkurrenz auf anderen
Gebieten ebenen um so härter und die nächste Krise hat dann nicht mehr
speziell die gegenwärtigen Anlässe.
Man könnte also die Krisen vermeiden, in dem man Absprachen unter den
Konkurrenten einführt Also (staatliche oder private) Monopole fördert,
an statt sie zu behindern. Nur hat man dann eben die Aufhebung
der Marktwirtschaft - hin zu einer umfassend geplanten
Produktionsweise (die ja auch nicht immer krisenfrei sein muss, aber
eben den Krisengrund der Marktwirtschaft ausmerzt).
Man kann die Rücksichtslosigkeit verhindern, in dem man den eigenen
Vorteil beschränkt und letztlich verhindert. Das aber führt genauso zur
Aufhebung der Marktwirtschaft, weil man ihre Triebkraft negiert.
Genau das passiert auch bei Einführung eines Grundeinkommens. Man
relativiert ein Grundprinzip eben die Triebkraft des Kapitalismus. Will
man aber die Wirtschaft als Produktion von Gebrauchsgütern erhalten,
muss zeitgleich eine alternative Triebkraft entstehen, die der
Marktwirtschaft aber wiederspricht und so weiterhin auf deren Ende
zusteuert. (Arbeit aus innerer Berufung, ...)
Schreitet man mit der Wahrnehmung und deutung des Begriffes der
"gesellschaftlichen Teilhabe" weiter in den Rahmen der Möglichkeiten
voran, so erhöht sich unablässig das Grundeinkommen im Verhältnis zum
gesamten Produktionsvolumen und relativiert die Triebkraft des
Kapitalismus - nämlich den sozialen Unterschied - weiter.
Also was bleibt?
- den Kapitalismus und seine notwendigen Auswirkungen, (auch in Krisen)
persönlich klein zu halten, auf Kosten der anderen den eigenen Vorteil
zu suchen (in dem z.B. sich die Arbeitenden und Steuern Zahler gegen die
Besitzenden (Banken, ...) stellen und umgekehrt, oder die deutschen
gegen die Griechen , ...)
- oder sich schon mal theoretisch mit dessen Ende/Auflösung zu befassen.
Für beide Fälle kann man sich für ein BGE stark machen.
Eine Diskussion um eine andere Form des Geldes aber ist eine völlig
andere - in meinen Augen recht absurde - Baustelle.
Gruß AgneS
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