[Debatte-Grundeinkommen] Nach der Wahl: Welche Wahl lässt uns die Krise?

Norbert Olah norbert.olah at rud-steuerungstechnik.de
Mo Okt 5 15:30:49 CEST 2009


Hallo Herr Zion,

innerhalb des heutigen Denksystems läßt uns die Krise die Wahlt zwischen der
ökologischen und der ökonomischen Katastrophe.
Daß der Mensch den Planeten ruiniert ist sicher unbestritten. Ob er
allerdings mit seinem CO2-Ausstoß für die Klimaerwärmung verantwortlich ist,
darüber gibt es in den unabhängigen Medien noch andere Meinungen.
Die Flasche Sprudel mit CO2 aus dem Kühlschrank geöffnet zischt weniger als
die in der Sonne liegende.
Die Löslichkeit von CO2 in Wasser ist temperaturabhängig. Korrelation ist
keine Kausalität! In dem Fall könnte der kausale Zusammenhang sogar
umgekehrt sein: Die Erwärmung verursacht einen höheren CO2-Anteil, weil CO2
aus den Ozeanen entweicht. Und die Erwärmung kommt von der Sonnenaktivität.
Womöglich ist die CO2-Hysterie also nur eine Propagandalüge.
Genau wie die Platitüde, daß die Probleme nur noch international gelöst
werden können, was letztlich zur Weltregierung führt.
Das ist in vielen Bereichen Quatsch, verstärkt aber das allgemeine
Ohnmachtsgefühl.
Die kleine Korruption durch eine große ersetzen ;-)))
Komplementärwährungen sind ein gutes Beispiel, wie man sich durchaus von der
globalen Zinsdiktatur abkoppeln kann...

Viele Grüße,
Dr. NO



  -----Ursprüngliche Nachricht-----
  Von: debatte-grundeinkommen-bounces at listen.grundeinkommen.de
[mailto:debatte-grundeinkommen-bounces at listen.grundeinkommen.de]Im Auftrag
von Robert Zion
  Gesendet: Dienstag, 29. September 2009 19:02
  An: Debatte Grundeinkommen
  Betreff: [Debatte-Grundeinkommen] Nach der Wahl: Welche Wahl lässt uns die
Krise?


  Nach der Wahl: Welche Wahl lässt uns die Krise?

  Krise? Welche Krise? Vielleicht die, dass bis zum Jahr 2050 die
CO2-Emissionen um 85 Prozent sinken müssen, will man die Klimaerwärmung auf
maximal 2 Grad Celsius begrenzen, um irreversible, unbeherrschbare Folgen zu
vermeiden – und dies bei einer voraussichtlichen Vervielfachung des
Weltbruttoinlandsprodukts um den Faktor drei oder vier bis zu diesem Datum?
Oder doch die der Entstaatlichung, also der zwei Milliarden Menschen, die
gegenwärtig in Ländern leben und sterben müssen, die als unsicher,
scheiternd oder gescheitert gelten? Die Welternährungskrise vielleicht? Oder
dann doch jene ökonomische Verlaufsform, die zunächst „Finanzkrise“ genannt
wurde und jetzt „Weltwirtschaftskrise“ genannt wird?



  Und dennoch ist es nicht ganz falsch, jetzt von der Krise im Singular zu
reden. Denn die soeben beschriebenen krisenhaften Phänomene im
Naturverhältnis, der Staatlichkeit und im Ökonomischen betreffen allesamt
die Organisationsform jenes Gattungswesens „Mensch“, das Friedrich Nietzsche
einmal das „nicht festgestellte Thier“ genannt hat – und dies mittlerweile
im globalen Maßstab. „Nicht festgestellt“ bedeutet dann zumindest, dass wir
tatsächlich eine Wahl haben, insofern es dieses „Wir“ denn auch wirklich
geben sollte. Die Menschheit nicht nur als Idee sondern als ganz reales
Faktum beginnt also mit der Krise. Gemessen an der Erdgeschichte ist dies im
Übrigen nur ein Augenblick.



  Just in dem Moment also, in dem wir mit der Raumfahrt den Blick aufs Ganze
unserer Biosphäre erlangt haben, in dem mit den globalen
Kommunikationsnetzen eine Art gemeinsames Bewusstsein und mit den
weltumspannenden Finanzmärkten und Handelsbeziehungen gegenseitige
ökonomische Abhängigkeiten entstanden sind, verweigern uns Natur, Staat und
Markt ihre bisher als so sicher geltenden Dienste. Lässt uns die Krise daher
nur noch die Wahl, entweder eine Weltregierung und eine Weltwirtschaft zu
gründen, einen Weltethos zu formulieren oder gar eine Weltreligion zu
stiften, oder eben gemeinsam unterzugehen? Der holländische Frühaufklärer
Spinoza schrieb einmal: „Die Natur verbietet einem nichts, außer das, was
man nicht kann.“ Beschränken wir uns also lieber unseres Überlebens Willen
auf das, was wir können.



  Nun ist es aber gerade mit dem Können des Menschen erfahrungsgemäß keine
ganz

  einfache Sache. Zu seinen Vermögen zählt die sinnliche Wahrnehmung, die
abstrakte Vernunft oder der Alltagsverstand ebenso, wie die Fluchten in den
Aberglauben, in reines Gottvertrauen oder Ideologien, die Verdrängung und
Verleugnung oder die pure Fantasterei. Dabei ist die wesentlich emotionale
Bestimmtheit menschlicher Handlungen, worauf jüngst die Hirnforschung –
dabei ebenfalls Spinoza wiederentdeckend – deutlich hinweist, noch nicht
einmal erwähnt: Neid, Gier, Missgunst, Herrschsucht, Furcht, Mitleid, Treue,
Liebe. Es war an einem anderen Wendepunkt der Geschichte, an dem der
italienischen Renaissance, an dem Niccolò Machiavelli das Problem des
Politischen in sich selbst organisierenden und damit für sich selbst
vollständig eigenverantwortlichen Gesellschaften ohne jenseitige
Entschuldigungen eben in der bestimmenden Emotionalität des Menschen sah.



  Unsere Emotionalität ist unsere menschliche Natur. Unser gestörtes,
zersetzenden,

  entfremdetes Verhältnis zu dieser uns je eigenen Natur ist die eigentliche
Ursache unseres selbstzerstörerischen Naturverhältnisses als Ganzem. Im
Moment seiner

  Menschheitswerdung scheint es der moderne Mensch verlernt zu haben, seine
politischen, ökonomischen und religiösen Organisationsformen so zu
gestalten, dass in ihnen seine positiven emotionalen Eigenschaften zum
Tragen kommen statt der negativen. So haben wir in dem Maße verlernt, gemäß
unserer Natur zu sterben, in dem wir das organisierte Töten perfektioniert
haben; ebenso wie wir Liebe nur noch in sublimierter, privater oder
religiöser Form empfinden können. Das Mitleid begegnet uns als schlechtes
Gewissen, die Treue als verzweifelte Bindung an Angst-oder
Notgemeinschaften.



  Das von Machiavelli erstmals aufgeworfene – wenn auch gründlich
missverstandene – Problem des Politischen in der Moderne, wird damit zum
Menschheitsproblem schlechthin. Plötzlich gibt es zwar einen gemeinsamen
Verantwortungsraum und Zeithorizont, die gegenwärtigen politischen und
ökonomischen Organisationsformen der Menschheit aber, begünstigen gerade die
negativen emotionalen Eigenschaften des Menschen, ja bauen zum Teil gerade
darauf auf: Neid, Gier, Missgunst, Herrschsucht, Furcht. Politisch, in dem
wir Herrschaft trotz aller Reden von Demokratie immer noch nur als geführt
Werden durch einige Wenige denken können. Ökonomisch, in dem wir ein
umweltzerstörendes Wachstum

  generieren, um Menschen eine Arbeit zu geben, die sie in den seltensten
Fällen mögen, damit sie sich Dinge kaufen können, die sie in den seltensten
Fällen brauchen.



  Nun könnte man meinen, dass gerade die Erkenntnis des Verlusts von
Demokratie, der Entstaatlichung, der Naturzerstörung durch Wachstum und der
Krise des

  Lohnarbeitsverhältnisses zur „vernünftigen“ Umkehr führen könnte. Doch
deuten gerade alle Antworten, die wir noch zu geben imstande zu sein
scheinen, auf das genaue Gegenteil hin. Von nichts wird zur Zeit mehr
geredet, als von baldigem, erneutem Wachstum. Keiner weckt mehr Hoffnungen
weltweit, als der „demokratische Führer“ Obama. Immer mehr wird mit der
Lohnarbeit an etwas geradezu verzweifelt festgehalten, das zugleich immer
weniger Menschen weltweit zugänglich ist. Wenn dann die ökologischen Grenzen
überschritten, die politischen Illusionen zerschlagen und die Widersprüche
der Arbeitsgesellschaft in noch

  dramatischere Zerfallsprozesse umgeschlagen sein werden, könnte aus einem
kurz

  aufscheinenden gemeinsamen Überlebenskampf schnell ein Phase der Agonie
und eines universellen Kampfes gegeneinander werden.



  Insofern ist die Frage: „Welche Wahl lässt uns die Krise?“ dringend
geboten und rechtzeitig gestellt. Sie lässt uns zumindest die Wahl, sofort
und unmittelbar als Einzelne und in Gemeinschaft den Exodus aus den
gegenwärtigen politischen und ökonomischen Organisationsformen zu
vollziehen, die Demokratie einzufordern, die Produktion und den Konsum
unnützer Massengüter zu unterlassen, Arbeit auch jenseits des
Lohnarbeitsverhältnisses endlich auch als solche anzuerkennen und zu
entlohen, das Töten zu verweigern, keine Furcht zu haben, auf unser Mitleid
zu hören und wieder lieben zu lernen. Kurz: unsere Gesellschaften gemäß
unserer Natur zu bauen, anstatt uns weiter dem Irrtum hinzugeben, es käme
darauf an, diese und unsere Natur lediglich zu beherrschen.



  Nun könnte man einwenden: absolut lächerlich! Denn wie viele lesen
eigentlichen diesen Artikel und wie viele von diesen wiederum wurden dann
sagen: Was nutzt dies schon, wenn die anderen sich ganz anders verhalten?
Nun, so ist nun einmal das Spiel. Ein Spiel, von dem sich mindestens drei
unverrückbare Regeln angeben lassen. Zunächst einmal gibt es „nichts, aus
dessen Natur nicht irgendeine Wirkung folgen würde“ (Spinoza). Zum anderen
besteht es darin, um wieder mit Machiavelli zu sprechen, dass, wer heute
handelt, auch dafür verantwortlich ist, welche Folgen er unabhängig von
seinen Absichten herbeiführt. Und schließlich setzt jedes Tun unumstößlich
ein Beginnen voraus. Dass dieses Spiel dann doch nicht vielmehr als ein
Endspiel für die Menschheit werden wird, kann niemand mehr seriös
ausschließen. Jedenfalls hat es bereits begonnen.



  Am vergangenen Wochenende hat die Bevölkerung in Deutschland, eines
produktivsten und reichsten Industrienationen der Welt, gewählt. Was stand
dabei seitens der antretenden Parteien eigentlich zur Disposition? Lediglich
die Art und Weise, wie in Zeiten der Krise zukünftig Beschäftigung über
Wachstum und damit ein „Wohlstand“ generiert wird, der unsere natürliche
Lebensgrundlagen immer rasanter zerstört. Sie hatte also nicht wirklich eine
Wahl.



  Robert Zion
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