[Debatte-Grundeinkommen] Nach der Wahl: Welche Wahl lässt uns die Krise?

Christine Ax ax at fhochx.de
Do Okt 8 07:54:16 CEST 2009


Krise – wer hat die Wahl? 
 
Die spekulative Umkehrung der Kausalitäten ändert, lieber Dr. No nichts
am Befund. Oder habe ich da etwas mißverstanden? Am Befund, dass die C02
induzierte Erwärmung soziale und ökologische Folgen haben wird, die von
uns nicht beherrschbar sind. Ich persönlich vertraue in diesem Punkt auf
die Scientific Community, die lange um die Diagnose gerungen hat. Auch
aus der Erdgeschichte her betrachtet, erscheint es mir heute mehr aus
plausibel, dass der Mensche inzwischen in Sachen Umwelt eine
Eingriffstiefe hat, die die Weltuhr in Sachen Klima „rückwärts“ laufen
lässt. Leben auf dem Lande war erst möglich als sich die Ozonschicht
gebildet hatte. Und als die riesigen Vorräte an Kohlenwasserstoffe in
Form von Gas, Kohle und Öl in der Erde „gespeichert“ wurden, hatten wir
ein ziemlich schwüles und heißes Klima auf der Erde. Diese Vorräte haben
wir zu einem erheblichen Teil aufgebraucht also wieder in das System
Erde zurückgeführt. 
 
Ich mag, lieber Zion, in Sachen „Stellenwert der Emotionen“ nicht
widersprechen. Aber ich würde gerne differenzieren: Zwischen Mann und
Frau. In der Tat wissen wir heute Dank der Forschung der Biologen,
Verhaltenswissenschaftler und Neurobiologen, dass die Emotionen einen
sehr großen Einfluss auf unser Verhalten und Denken haben. Der Mensch
ist ein vernunftbegabtes Tier. Aber eben auch ein Tier. Was nicht so
schlecht ist. Denn alles was uns wirklich Freude macht, glücklich macht
hat viel mit unsereren Emotionen und Sinnen zu tun. Dennoch wendet sich
grade dies gegen uns, weil diese Gefühle ignoriert und ausgebeutet
werden. Weil unserer Kultur und der Alltag so gestaltet sind, dass diese
Bedürfnisse nach Glück, Lebendigkeit und Erfüllung nicht so gelebt
werden dürfen, wie wir es eigentlich brauchen und könnten. Nicht
gelebtes Leben ist meiner Meinung nach die Ursache unseres kollektiven
Unglücks. Männer die Autos, Macht und Geld brauchen um ihr Sperma
möglichst weit streuen zu können und sich groß und mächtig zu fühlen,
Frauen, die diesen Männern zu Füßen liegen, damit ihre Kinder die besten
Chancen im Leben haben, das ganze Thema Mode.. Status… also die
wichtigsten Treiber der Konsumgesellschaft haben mit diesen Emotionen zu
tun. In meinem Buch „Die Könnensgesellschaft“ beschäftige ich micht mit
der Frage, was passiert, wenn Menschen nichts anderes mehr können
dürfen, als konsumieren. Hannah Arendt hat in ihrer
Totalitarismusforschung schon vor langem beschrieben, wie der Faschismus
ein politisches Klima erzeugte, das Teile der Bevölkerung als
überflüssig stigmatisierte. Sie wurden nicht nur entwürdigt und
marginalisiert sondern am Ende auch physisch vernichtet. Hartz IV und
das Mobbing von oben gegen die „bildungsfernen Schichten“ und
„Transferleistungsgesichter“ (O-Ton Harald Schmidt) erinnern mich immer
wieder an diese Verhältnisse. 
 
Doch noch einmal zurück zu den Emotionen und dem kleinen Unterschied. Es
gibt geschlechtsspezifische Unterschiede: Frauen haben den Wunsch nicht
nur Kinder zu bekommen sondern sie begleiten Kinder dann auch auf ihrer
Entwicklung ins Leben. Sie stehen für das „Kontinuum“. Die Sorge und die
Vorsorge – das Nachhaltige - liegen ihnen im Blut. Wir sind kooperativer
und lösen Konflikte anders als Männer. Wachstum, Geld und Macht als
Selbstzweck ist ein sehr männlicher Lebensentwurf und extrem irrational.
Genau wie der Wunsch nach immer mehr Besitz, der sehr viel Leiden
erzeugt – auch bei denen die besitzen. Glück jedenfalls, buchstabiert
sich meiner Meinung nach in anderen Kathegorien. 
 
Was den männlichen Trieb nach Entgrenzung und Eroberung betrifft: Mir
fällt dazu immer eine Schlusssequenz im Film Christopher Columbus ein.
Als der sein Traumland erreicht hat, bemerkt er, dass das erorberte Land
gar nicht besitzen möchte. Die Arbeit, die erforderlich ist, um der
Natur ihren Reichtum abzuringen oder um eine Zivilisation und Kultur
aufzubauen, war ihm nicht der Mühe wert. Er konnte und wollte erobern
aber nicht Besitzen. 
 
Ich fand eine Erkenntnis in den letzten Jahren sehr wichtig und
hilfreich: Kunst (Künste) waren schon immer das, was uns Menschen über
die reine Notwendigkeit hinaus, der Mühe wert war. Das kulturelle
Vermögen und das Niveau der Künste, zeigen uns sehr deutlich, was wir
uns selber und was wir uns gegenseitig wert sind. Wir können unsere
Triebe/Gefühle auf niedrigstem kulturellen Niveau leben, oder auf einem
hohen kulturellen Niveau. Die Konsumgesellschaft, die eine
Arbeitsgesellschaft ist und umgekehrt, lebt es auf dem niedrigsten
Niveau. Das muss nicht so sein. Und es macht uns unglücklich, weil wir
als Gesellschaft und die meisten von uns hinter unseren Möglichkeiten
(Können) zurückbleiben. Das ist Unglück. 
 
Ich wünsche allen  einen glücklichen Tag und bedanke mich für die klugen
Anregungen! 
 
Christine Ax 
 
 
 
 
 
-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: debatte-grundeinkommen-bounces at listen.grundeinkommen.de
[mailto:debatte-grundeinkommen-bounces at listen.grundeinkommen.de] Im
Auftrag von Norbert Olah
Gesendet: Montag, 5. Oktober 2009 15:31
An: Robert Zion; Debatte Grundeinkommen
Betreff: Re: [Debatte-Grundeinkommen]Nach der Wahl: Welche Wahl lässt
uns die Krise?
 
Hallo Herr Zion,
 
innerhalb des heutigen Denksystems läßt uns die Krise die Wahlt zwischen
der ökologischen und der ökonomischen Katastrophe.
Daß der Mensch den Planeten ruiniert ist sicher unbestritten. Ob er
allerdings mit seinem CO2-Ausstoß für die Klimaerwärmung verantwortlich
ist, darüber gibt es in den unabhängigen Medien noch andere Meinungen.
Die Flasche Sprudel mit CO2 aus dem Kühlschrank geöffnet zischt weniger
als die in der Sonne liegende.
Die Löslichkeit von CO2 in Wasser ist temperaturabhängig. Korrelation
ist keine Kausalität! In dem Fall könnte der kausale Zusammenhang sogar
umgekehrt sein: Die Erwärmung verursacht einen höheren CO2-Anteil, weil
CO2 aus den Ozeanen entweicht. Und die Erwärmung kommt von der
Sonnenaktivität.
Womöglich ist die CO2-Hysterie also nur eine Propagandalüge.
Genau wie die Platitüde, daß die Probleme nur noch international gelöst
werden können, was letztlich zur Weltregierung führt.
Das ist in vielen Bereichen Quatsch, verstärkt aber das allgemeine
Ohnmachtsgefühl.
Die kleine Korruption durch eine große ersetzen ;-)))
Komplementärwährungen sind ein gutes Beispiel, wie man sich durchaus von
der globalen Zinsdiktatur abkoppeln kann...
 
Viele Grüße,
Dr. NO
 
 
 
-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: debatte-grundeinkommen-bounces at listen.grundeinkommen.de
[mailto:debatte-grundeinkommen-bounces at listen.grundeinkommen.de]Im
Auftrag von Robert Zion
Gesendet: Dienstag, 29. September 2009 19:02
An: Debatte Grundeinkommen
Betreff: [Debatte-Grundeinkommen] Nach der Wahl: Welche Wahl lässt uns
die Krise?
Nach der Wahl: Welche Wahl lässt uns die Krise? 
Krise? Welche Krise? Vielleicht die, dass bis zum Jahr 2050 die
CO2-Emissionen um 85 Prozent sinken müssen, will man die Klimaerwärmung
auf maximal 2 Grad Celsius begrenzen, um irreversible, unbeherrschbare
Folgen zu vermeiden – und dies bei einer voraussichtlichen
Vervielfachung des Weltbruttoinlandsprodukts um den Faktor drei oder
vier bis zu diesem Datum? Oder doch die der Entstaatlichung, also der
zwei Milliarden Menschen, die gegenwärtig in Ländern leben und sterben
müssen, die als unsicher, scheiternd oder gescheitert gelten? Die
Welternährungskrise vielleicht? Oder dann doch jene ökonomische
Verlaufsform, die zunächst „Finanzkrise“ genannt wurde und jetzt
„Weltwirtschaftskrise“ genannt wird? 
 
Und dennoch ist es nicht ganz falsch, jetzt von der Krise im Singular zu
reden. Denn die soeben beschriebenen krisenhaften Phänomene im
Naturverhältnis, der Staatlichkeit und im Ökonomischen betreffen
allesamt die Organisationsform jenes Gattungswesens „Mensch“, das
Friedrich Nietzsche einmal das „nicht festgestellte Thier“ genannt hat –
und dies mittlerweile im globalen Maßstab. „Nicht festgestellt“ bedeutet
dann zumindest, dass wir tatsächlich eine Wahl haben, insofern es dieses
„Wir“ denn auch wirklich geben sollte. Die Menschheit nicht nur als Idee
sondern als ganz reales Faktum beginnt also mit der Krise. Gemessen an
der Erdgeschichte ist dies im Übrigen nur ein Augenblick. 
 
Just in dem Moment also, in dem wir mit der Raumfahrt den Blick aufs
Ganze unserer Biosphäre erlangt haben, in dem mit den globalen
Kommunikationsnetzen eine Art gemeinsames Bewusstsein und mit den
weltumspannenden Finanzmärkten und Handelsbeziehungen gegenseitige
ökonomische Abhängigkeiten entstanden sind, verweigern uns Natur, Staat
und Markt ihre bisher als so sicher geltenden Dienste. Lässt uns die
Krise daher nur noch die Wahl, entweder eine Weltregierung und eine
Weltwirtschaft zu gründen, einen Weltethos zu formulieren oder gar eine
Weltreligion zu stiften, oder eben gemeinsam unterzugehen? Der
holländische Frühaufklärer Spinoza schrieb einmal: „Die Natur verbietet
einem nichts, außer das, was man nicht kann.“ Beschränken wir uns also
lieber unseres Überlebens Willen auf das, was wir können. 
 
Nun ist es aber gerade mit dem Können des Menschen erfahrungsgemäß keine
ganz 
einfache Sache. Zu seinen Vermögen zählt die sinnliche Wahrnehmung, die
abstrakte Vernunft oder der Alltagsverstand ebenso, wie die Fluchten in
den Aberglauben, in reines Gottvertrauen oder Ideologien, die
Verdrängung und Verleugnung oder die pure Fantasterei. Dabei ist die
wesentlich emotionale Bestimmtheit menschlicher Handlungen, worauf
jüngst die Hirnforschung – dabei ebenfalls Spinoza wiederentdeckend –
deutlich hinweist, noch nicht einmal erwähnt: Neid, Gier, Missgunst,
Herrschsucht, Furcht, Mitleid, Treue, Liebe. Es war an einem anderen
Wendepunkt der Geschichte, an dem der italienischen Renaissance, an dem
Niccolò Machiavelli das Problem des Politischen in sich selbst
organisierenden und damit für sich selbst vollständig
eigenverantwortlichen Gesellschaften ohne jenseitige Entschuldigungen
eben in der bestimmenden Emotionalität des Menschen sah. 
 
Unsere Emotionalität ist unsere menschliche Natur. Unser gestörtes,
zersetzenden, 
entfremdetes Verhältnis zu dieser uns je eigenen Natur ist die
eigentliche Ursache unseres selbstzerstörerischen Naturverhältnisses als
Ganzem. Im Moment seiner 
Menschheitswerdung scheint es der moderne Mensch verlernt zu haben,
seine politischen, ökonomischen und religiösen Organisationsformen so zu
gestalten, dass in ihnen seine positiven emotionalen Eigenschaften zum
Tragen kommen statt der negativen. So haben wir in dem Maße verlernt,
gemäß unserer Natur zu sterben, in dem wir das organisierte Töten
perfektioniert haben; ebenso wie wir Liebe nur noch in sublimierter,
privater oder religiöser Form empfinden können. Das Mitleid begegnet uns
als schlechtes Gewissen, die Treue als verzweifelte Bindung an
Angst-oder Notgemeinschaften. 
 
Das von Machiavelli erstmals aufgeworfene – wenn auch gründlich
missverstandene – Problem des Politischen in der Moderne, wird damit zum
Menschheitsproblem schlechthin. Plötzlich gibt es zwar einen gemeinsamen
Verantwortungsraum und Zeithorizont, die gegenwärtigen politischen und
ökonomischen Organisationsformen der Menschheit aber, begünstigen gerade
die negativen emotionalen Eigenschaften des Menschen, ja bauen zum Teil
gerade darauf auf: Neid, Gier, Missgunst, Herrschsucht, Furcht.
Politisch, in dem wir Herrschaft trotz aller Reden von Demokratie immer
noch nur als geführt Werden durch einige Wenige denken können.
Ökonomisch, in dem wir ein umweltzerstörendes Wachstum 
generieren, um Menschen eine Arbeit zu geben, die sie in den seltensten
Fällen mögen, damit sie sich Dinge kaufen können, die sie in den
seltensten Fällen brauchen. 
 
Nun könnte man meinen, dass gerade die Erkenntnis des Verlusts von
Demokratie, der Entstaatlichung, der Naturzerstörung durch Wachstum und
der Krise des 
Lohnarbeitsverhältnisses zur „vernünftigen“ Umkehr führen könnte. Doch
deuten gerade alle Antworten, die wir noch zu geben imstande zu sein
scheinen, auf das genaue Gegenteil hin. Von nichts wird zur Zeit mehr
geredet, als von baldigem, erneutem Wachstum. Keiner weckt mehr
Hoffnungen weltweit, als der „demokratische Führer“ Obama. Immer mehr
wird mit der Lohnarbeit an etwas geradezu verzweifelt festgehalten, das
zugleich immer weniger Menschen weltweit zugänglich ist. Wenn dann die
ökologischen Grenzen überschritten, die politischen Illusionen
zerschlagen und die Widersprüche der Arbeitsgesellschaft in noch 
dramatischere Zerfallsprozesse umgeschlagen sein werden, könnte aus
einem kurz 
aufscheinenden gemeinsamen Überlebenskampf schnell ein Phase der Agonie
und eines universellen Kampfes gegeneinander werden. 
 
Insofern ist die Frage: „Welche Wahl lässt uns die Krise?“ dringend
geboten und rechtzeitig gestellt. Sie lässt uns zumindest die Wahl,
sofort und unmittelbar als Einzelne und in Gemeinschaft den Exodus aus
den gegenwärtigen politischen und ökonomischen Organisationsformen zu
vollziehen, die Demokratie einzufordern, die Produktion und den Konsum
unnützer Massengüter zu unterlassen, Arbeit auch jenseits des
Lohnarbeitsverhältnisses endlich auch als solche anzuerkennen und zu
entlohen, das Töten zu verweigern, keine Furcht zu haben, auf unser
Mitleid zu hören und wieder lieben zu lernen. Kurz: unsere
Gesellschaften gemäß unserer Natur zu bauen, anstatt uns weiter dem
Irrtum hinzugeben, es käme darauf an, diese und unsere Natur lediglich
zu beherrschen. 
 
Nun könnte man einwenden: absolut lächerlich! Denn wie viele lesen
eigentlichen diesen Artikel und wie viele von diesen wiederum wurden
dann sagen: Was nutzt dies schon, wenn die anderen sich ganz anders
verhalten? Nun, so ist nun einmal das Spiel. Ein Spiel, von dem sich
mindestens drei unverrückbare Regeln angeben lassen. Zunächst einmal
gibt es „nichts, aus dessen Natur nicht irgendeine Wirkung folgen würde“
(Spinoza). Zum anderen besteht es darin, um wieder mit Machiavelli zu
sprechen, dass, wer heute handelt, auch dafür verantwortlich ist, welche
Folgen er unabhängig von seinen Absichten herbeiführt. Und schließlich
setzt jedes Tun unumstößlich ein Beginnen voraus. Dass dieses Spiel dann
doch nicht vielmehr als ein Endspiel für die Menschheit werden wird,
kann niemand mehr seriös ausschließen. Jedenfalls hat es bereits
begonnen.
 
Am vergangenen Wochenende hat die Bevölkerung in Deutschland, eines
produktivsten und reichsten Industrienationen der Welt, gewählt. Was
stand dabei seitens der antretenden Parteien eigentlich zur Disposition?
Lediglich die Art und Weise, wie in Zeiten der Krise zukünftig
Beschäftigung über Wachstum und damit ein „Wohlstand“ generiert wird,
der unsere natürliche Lebensgrundlagen immer rasanter zerstört. Sie
hatte also nicht wirklich eine Wahl. 
 
Robert Zion
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