[Debatte-Grundeinkommen] BGE-Konzept von Götz Werner

"Eckhard Rülke" ERuelke at gmx.de
Sa Apr 12 23:37:24 CEST 2008


Hallo Norbert,

 schönen Spüchen, von Ideen, die uns aus der Sklaverei befreien werden 
oder so ähnlich bin ich schon mal aufgesessen und schwer entäuscht 
worden. Deshalb werde ich mich auf diesen Teil der Diskussion nicht 
einlassen. Ich möchte über Machbarkeit und Plausibilität diskutieren, 
soweit das meine Kenntnisse und kognitiven Fähigkeiten zulassen bzw. ich 
diskutiere darüber, um mich genau auf diesem Gebiet zu verbessern. Und da 
reden wir nach wie vor aneinander vorbei:

 Du hast das BIP(Brutto-Inlands-Produkt) ins Spiel gebracht. Wenn ich es 
richtig verstanden habe, besteht das BIP im Wesentlichen aus der Summe 
aller Bruttoverkaufspreise aller in Deutschland erzeugten Waren und 
Diestleistungen - d.h der Gesamtumsatz. Laut Deiner Quelle betrug dieser 
2006 ca. 2.870 Mrd $ - das könnte wohl auch nach anderen Quellen ungefähr 
hinkommen. Du willst diesen Umsatz mit 50% zusätzlich besteuern. Dann 
müßte das BIP auf 4.300 Mrd steigen. das sind eben 1.435 Mrd 
zusätzliches Geld. 

 Völlig unabhängig davon, ob Machtverhältnisse es zulassen, dieses Geld 
verfügbar zu machen, ist die Frage zu klären, wo es herkommen soll. Deine 
Gegenfrage ist dagegen leicht zu beantworten: Wo geht es denn jetzt hin? 
Antwort: Nirgendwohin, weil es eben noch nicht existent ist. 

 Schon gar nicht in den Taschen derjenigen, die den großen Teil dieser 
Mehrwertsteuererhöhung zahlen - der einfachen Leute. Und wenn der 
Steuerwert auf 100% gesetzt würde, hätten wir eben keine egalitäre 
Gesellschaft, weil sich bei den gegebenen Einkommen die kleinen Leute 
einfach nur viel weniger kaufen können für das gleiche Geld, wie jetzt.

 Wenn Du dagegen die Idee des BGE so verstehst, "das der 'Kuchen', das 
BIP, (nur) anders verteilt werden soll", dann müßtest Du auch ein 
Rechenbeispiel bringen, wo die Summe aus Umsatz und Zusatzsteuer zusammen 
nicht mehr als das bisherige BIP ergibt.

 Und sowas ist der einfache aber entscheidende Unterschied zwischen einer 
schönen Idee und der Praxis. Und bevor der diesmal nicht aufgeklärt ist, 
wird mich nichts dazu bringen, auf den Ideenzug aufzuspringen. Das neue 
Haus wird gefälligst vorher geplant und berechnet.

 Gruß

Eckhard 



>  

> ----- Ursprüngliche Nachricht -----
> Von: Norbert Maack
> Gesendet: 03:00 Uhr
> An: Eckhard Rülke
> Betreff: Re: [Debatte-Grundeinkommen] BGE-Konzept von Götz Werner
> 
> Hallo Eckhard,
> ich halte es für günstig, zwei Diskussionsstränge auseinander 
> zuhalten. 
> 1. theoretische Überlegungen zu der Frage, wie grundsätzlich 
> diesesModell funktionieren kann und
> 2. die praktischen Konsequenzen bei der Durchführung eines Modells, 
> wiePreisentwicklung, Kaufkraft etc. sich dynamisch entwickeln werden.
> 
> Ich bin mit meiner Argumentation noch bei 1.
> Ich verstehe die Idee des BGE so, dass der "Kuchen", das BIP, 
> andersverteilt werden soll als es gegenwärtig geschieht. Diese 
> Verteilungkann über Steuern geregelt werden. Diese Steuerung sollte ein 
> Zielhaben, auf das hingesteuert wird. Das BIP besteht im weitesten 
> Sinneaus Leistungen, die Menschen für einander erbringen. Um die 
> etwasüberspitzte aber anschauliche Formulierung von Ernst Ulrich 
> Schultz(letzte Nachricht) aufzugreifen "soll es uns aus der 
> Sklavereibefreien" , kann die Verteilung im einen Extrem so aussehen wie 
> ineiner Sklavenhaltergesellschaft: Die Herren teilen den Kuchen untersich 
> auf und die Sklaven bekommen auch einige Krümel. Die Sklavenrudern und 
> die Herren holen sich den Genuss. Im anderen Extrem wird derKuchen unter 
> allen gleichmäßig aufgeteilt: alle rudern und teilenmiteinander den 
> Genuss (Störtebeker?). Zwischen diesen beiden Extremengibt es reichlich 
> Möglichkeiten, die man ansteuern könnte, wenn man dieWahl bzw. das 
> Steuer in der Hand und damit umzugehen gelernt hat. 
> Ein wesentliches Steuerelement ist die durchschnittliche Besteuerungder 
> Leistungen. Ein anderes die differenzielle Besteuerung(Progression). Ein 
> drittes die Aufteilung in Produktions- undVerbrauchssteuern, wobei wohl 
> letzteres nur dann einen Unterschiedmacht, wenn nicht alles was 
> produziert auch verbraucht wird(Import/Export).   
> 
> Ich habe in meinem Beispiel die durchschnittliche Besteuerung 
> derEinfachheit halber mit 50% angesetzt, weil es nach meinen 
> Überlegungenauf den goldenen Mittelwert zwischen den beiden oben 
> beschriebenenExtremen hinsteuern würde. Um zum Extrem der 
> Slavenhaltergesellschaftzu steuern, würde man diese auf 0%, um zur 
> egalitären Gesellschaft zusteuern auf 100% setzen. Letzteres entspricht 
> dem Modell von echtsolidarischen (Wohn-)Gemeinschaften, in denen alles 
> Geld in eine Kassekommt und dann geteilt wird. 
> 
> Soweit meine knapp formulierten Gedanken zur Theorie. Keine Ahnung, obDu 
> oder überhaupt jemand mir dabei folgen kann(st), da ich mich mit 
> derMaterie noch nicht allzu lange befasse. (Feedback erwünscht.)
> 
> Deine Frage: "Du gehst allen Ernstes davon aus, ..." zielt auf denStrang 
> der Praktikabilität (2.). Und dazu kann ich nur sagen: Nein,davon gehe 
> ich nicht aus; denn die (Macht-)Verhältnisse, die sind(noch) nicht so. 
> 
> Deine zweite Frage: "wo dieses viele Geld herkommen soll.." beantworteich 
> mit der Gegenfrage: Wo geht es denn jetzt hin?
> 
> Mit sonnigen Grüßen
> 
>        Norbert
> 
> 
> 
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