[Debatte-Grundeinkommen] PowerPoint Grundeinkommen

Joerg Drescher iovialis at gmx.de
Mi Sep 12 13:24:27 CEST 2007


daniel häniHallo Ihr Beiden (und alle sonstigen Interessierten),

da bin ich aber froh, daß Ihr das nicht als persönliche Kritik aufgefaßt habt, sondern als Überlegung! Punkt eins ist wirklich sehr "krass" gewählt, aber wenn man sich's genauer überlegt, kann man es eben vom Apfel auf den Menschen übertragen. Relativiert wird die Sache mit dem Regenwald in Brasilien, denn durch die Unmittelbarkeit kann einem Deutschen der Regenwald ziemlich egal sein. Darauf kam's mir an.

So kann der Apfel am Baum (von dem ich vielleicht überhaupt nichts weiß, außer, daß es Äpfel gibt) für mich durchaus einen Wert haben (nämlich dann, wenn er mir ins Sichtfeld kommt). Dieser (subjektive) Wert muß nichtmals im Verzehr liegen, sondern allein der Anblick des Apfels kann mir etwas Wert sein. Daraus könnte man schließen:
Nur was bekannt ist, kann Wert haben.

Der Trugschluß ist allerdings auch nicht ganz richtig, denn wenn wir von Wert reden, sollten wir in objektive und subjektive Werte unterscheiden. Dann heißt es nämlich:
Nur was mir bekannt ist, kann für mich einen Wert haben (subjektiv).

Dieser Wert kann allerdings auch ein Objektiver sein (also für andere genauso einen Wert haben).

Deshalb meine "Kritik", die ich im letzten Satz zu Punkt eins so ausdrückte:
Wenn Unmittelbares keinen mittelbaren (Gegen)Wert hat, heißt das nicht, daß diese Dinge auch für andere Menschen keinen Wert darstellen.

Vielleicht kennt Ihr die Geschichte mit der Kartoffel? Als man sie von (Mittel)Amerika nach Deutschland brachte, hat man sie zuerst als Zierpflanze angesehen, deren Blüten bewundert wurden. Die Erfahrung, daß man nicht die Früchte, sondern die Knollen essen sollte, kam erst etwas später. Der Wert der Kartoffel änderte sich vom rein ästhetischen, zum nützlichen Wert. War nun der "Nutzwert" vorher da (in Amerika)?

Wenn wir nun die alleinige Existenz von Dingen (unabhängig, ob belebt und unbelebt) als "bekannt" voraussetzen, kann alles einen Wert haben (zumindest subjektiv). Bei der Existenz verweise ich aber lieber auf den Existenzialismus ("Die Existenz geht der Essenz (dem Wesen) voraus"). Das Problem ist, daß nur noch das objektiv Wert hat, was sich "verwerten" läßt. Demnach sollten wir uns mit dem bekannt machen, was wertvoll ist: dem Menschen.

Aus diesem Grund habe ich den Apfel und den Menschen ausgetauscht. Es ist kein Mißverständnis, sondern eine Basis der Wertediskussion. Mir ist klar, daß Ihr es nicht so gemeint habt (der Mensch sei "wertlos"), doch wie hier aufgezeigt, handelt es sich durch Abstraktion nicht mehr um ein Mißverständnis, sondern um eine folgerichtige eine Konsequenz. Meint Ihr nicht, daß das die Ursache von vielen Kriegen war/ist ("Im Westen nichts Neues" von Erich Maria Remarque kommt das deutlich zum Ausdruck, als der Protagonist mit einem Franzosen in einem Bombentrichter liegt). Würden sich z.B. die Iraker und Amerikaner wertneutral begegnen und wirklich kennenlernen, glaube ich kaum, daß sie weiter aufeinander schießen würden (genannte "Unmittelbarkeit").

Statt noch weitere Beispiele aufzuzählen, die das erklären, schließe ich mit der "Selbsterklärung" Mephisopheles (was Goethe ihm in den Mund legte, als Faust auf die Antwort, wer denn sein "Gast" sei, eine ihm nicht verständliche Antwort erhält und nochmals fragt):
Ich bin der Geist, der stets verneint.
und das mit Recht, denn alles, was entsteht
ist wert, dass es zugrunde geht.
Drum besser wär's, dass nichts entstünde,
denn alles, was ihr Sünde, Zerstörung, kurz das Böse nennt,
das ist mein eigentliches Element

Mir lag nicht daran, Eure Arbeit zu zerpflücken oder sie schlecht zu machen; vielmehr wollte ich aufzeigen, welche Konsequenz manche Darstellung haben kann. Newton taugt für den Alltagsgebrauch, um die Dinge zu erklären, wie sie sind... doch Einstein zeigte, daß alles zu relativieren sei, um ein "richtiges" Ergebnis zu erhalten. Da es (zumindest mir) mit dem BGE um eine sehr objektive Angelegenheit geht (schließlich betrifft es alle), versuche ich auch diese Relation strikt einzuhalten. Und bei der "Bewertung" (die Freiheit, "Nein" zu sagen) fangen die Probleme an...

Herzliche Grüße aus Kiew,

Jörg (Drescher)

  ----- Original Message ----- 
  From: daniel häni 
  To: Joerg Drescher 
  Cc: debatte-grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de ; ludwigpaul.haeussner at iep.uni-karlsruhe.de ; 'Enno Schmidt' 
  Sent: Wednesday, September 12, 2007 10:48 AM
  Subject: Re: [Debatte-Grundeinkommen] PowerPoint Grundeinkommen


  lieber jörg

  danke für deine überlegung!
  mindestens bei punkt eins handelt sich aber um ein grobes missverständnis, da wird ja nicht gesagt, dass der mensch nichts wert sei, sondern der apfel für den menschen, wenn der mensch sich ihm nicht zuwendet. u.s.w.

  liebe grüsse
  enno und daniel 

-------------- nächster Teil --------------
Ein Dateianhang mit HTML-Daten wurde abgetrennt...
URL: <https://listi.jpberlin.de/pipermail/debatte-grundeinkommen/attachments/20070912/59a4a9f3/attachment.html>


Mehr Informationen über die Mailingliste Debatte-Grundeinkommen