[Debatte-Grundeinkommen] Kapitalismusdebatte

Joerg Drescher iovialis at gmx.de
Do Aug 16 09:44:13 CEST 2007


Hallo Rüdiger und sonstige Interessierte,

Du hast es mal wieder geschafft, Dich über Oberflächlichkeiten aufzuregen und den eigentlichen Inhalt außen vor zu lassen. Du hälst mir in Deinem Beitrag einen Vortrag über's "richtige Philosophieren" und versuchst mir Marx, Engels, Lenin, Stalin, Heidegger und Nietzsche näher zu bringen, bzw. legst mir ans Herz, mich mit denen zu beschäftigen und kehrst meine Aussage unter den Tisch, die ich in den Raum stellte: "Wollen" hat etwas mit "subjektiver Wertung" zu tun.

Da Du Dich ja ausgezeichnet mit o.g. Philosophen auszukennen scheinst (ich ziehe es vor, selbst zu denken), kannst Du bestimmt erzählen, ob die Jungs (es gibt ja wenig Mädels) irgendwas zu meiner These gesagt haben. Mir ist nur Nietzsche und Heidegger aufgefallen, die etwas über den Wert sagten - über das Wollen ging's dabei gar nicht.

Mir scheint, Du willst eine Diskussion mit Deiner "Weisheit" abwürgen und mich auf die Schulbank schicken, damit ich mal die Grundlagen lerne, wie man so denkt, wie Du es zum Beispiel tust. Nach meiner "Theorie" wäre das dann: "Ich (Jörg) bin es Dir (Rüdiger) nicht wert, auf diesem Niveau zu kommunizieren." Sollte dem so sein, schlage ich Dir einfach vor: wechsel das Niveau oder laß' es einfach. Natürlich kann das alles auch unbewußt passieren, dann funktionieren in Deinem Hirn gewisse Filter, die Dich nur das herauslesen lassen, was Dich zu Deiner "Bewertung" führt - solche "Filter" hat jeder... sie sind lebenswichtig.

Philosophie, Rüdiger, heißt "Die Liebe zur Weisheit" und Du bewertest Weisheit mit richtig und falsch. Du willst mir das "richtige philosophieren" vermitteln und verweist mich (indirekt) in andere Wissenschaftsdisziplinen. Dabei gehst Du (mal wieder) überhaupt nicht auf das wesentliche ein, was ich eigentlich ausgesagt hatte, sondern lenkst vom Thema ab. Soll ich Dir dafür "gratulieren"? Mich bedanken? Dich "wertschätzen"? Was "willst" Du?

Die angestoßene Kapitalismusdebatte hat etwas mit Werten zu tun und Du hast Arfst für folgende Aussage gelobt: "Wenn über 90% einer Bevölkerung meinen, man lebt, um Geld zu verdienen, man bekommt Geld für Arbeit und man arbeitet, um zu leben, DANN HABEN WIR EIN KULTURPROBLEM UNGEHEUREN AUSMASSES." Und nun frage ich Dich, wo hier Werte versteckt sind. Ein Tipp: "Das Kulturproblem" könnte doch darin bestehen, daß man der Bewertung (hier der Maßeinheit "Geld") zuviel Bedeutung beimißt...

Dabei will ich es auch schon belassen, denn mir sind Deine Nerven etwas wert ;-)

Herzliche Grüße aus Kiew,

Jörg

PS: Du bist (und die Beitragsempfänger sind) mir sogar soviel wert, daß ich einen meiner drei Netzwerk-Beiträge für eine öffentliche Antwort "opfere". Und da die Netzwerk-Liste von Hardy (einem Attac-Mitglied, der diese Nettiqueten-Regel mit sofortiger Wirkung einführte) verwaltet wird, zwingt er die Beitrag-Schreiber dazu, ihre Beiträge zu bewerten. Es lebe der Kapitalismus (wenn man ihn so versteht, daß es um Bewertung geht)!

  ----- Original Message ----- 
  From: Rüdiger Heescher 
  To: Joerg Drescher 
  Cc: Robert Zion ; ludwigpaul.haeussner at iep.uni-karlsruhe.de ; gruenes_netzwerk_grundeinkommen at gruene-berlin.de ; genugfueralle at listen.attac.de ; debatte-grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de 
  Sent: Thursday, August 16, 2007 9:22 AM
  Subject: Re: [Debatte-Grundeinkommen] Kapitalismusdebatte


  Hallo Joerg


  langsam platzt mit der Kragen, wenn ich nun soviel zusammengebastelte Weisheiten bei Dir lese.


  Wenn man schon irgend welche Zitate und Erkenntnisse anführt, dann sollte man schon das Wesen der Philosophien derjenigen kennen, damit man einen Zusammenhang hat in welche Richtung gedacht wird. Einzelzitate und zusammengereimte Erkenntnisse aufgrund von ein paar Stichpunkten, die mal in die Welt gepustet werden sind nicht der Sinn und Zweck von Zitaten. 


  Philosophie funktioniert nicht, wenn man eine Reihe von Zitaten hat und sie dann mal passend irgend wo einfügt. Man muss das Wesen kennen aus welchem Denkvorgang heraus irgend wer zu diesen Weisheiten kam. Und in diesem zusammenhang muss man dann die Weisheiten gebrauchen um sie dann zu zitieren.


  Wenn Du Nietzsche zitierst wird es schwierig, wenn Du sie aus einem zusammenhang mit Heideggers Wesen der Philosophie entnimmst. Nietzsche war eigentlich ein Psychofreak und in diesem Zusammenhang sollte man Nietzsche bewerten und nicht aus Heideggers Sammelsurium heraus. (Das gleiche gilt auch für Plato in Heideggers Denken)
  Wenn Du Marx glaubst zu verstehen, dann muss man erstmal das Wesen aus seinen Frühschriften und seiner Kritik heraus erkennen. Bei Marx kommt noch hinzu, dass er den Inhalt vor die Form gesetzt hat, wie bei vielen naturwissenschaftlich denkenden Philosophen. Und ein kollektiver Kapitalismus ist mitnichten das was den Kommunismus ausmacht. Es ist einfach komplett falsch was du schreibst. Seine Kritik ging sogar so weit, dass er das Geld abschaffen wollte. Es gab in der Geschichte noch nie einen Kommunismus. Es gab nur einen Sozialismus der letztlich ein Staatskapitalismus wurde. Also da bist Du völlig auf dem Holzweg und beschreibt eher etwas, was Lenin oder Stalin hätte sagen können. Wenn Du dich am Marxismus abarbeiten möchtest, dann bitte zuerst einmal die Frühschriften lesen und vielleicht dann Friedrich Engels lesen, wenn man eine Übersetzung braucht, denn Friedrich Engels war sowas wie der Übersetzer von Marx, damit das ganze auch eine Form hatte für viele Menschen, wenn der Inhalt ihnen zu abstrakt war und die Form nicht gefiel. 


  Es ist leider so, dass nicht alles ideal ist und es in der Vergangenheit viele Menschen Philosophen gab, die mehr Wert auf Inhalt gelegt haben und weniger auf die Form. Und bei naturwissenschaftlich geprägten Leuten ist der inhalt das wichtigste und haben auf die Form geschissen.


  Heidegger hingegen hat viel mehr Wert auf Form gesetzt und dieses auf die SPitze getrieben. Übrigens auch aus der Kritik an dem naturwissenschaftlichen inahltlichen Denken ist die Sprachphilosophie geworden und Hermeneutik konnte sich entfalten, was der Rechtsphilosophie zum Durchbruch in der Neuzeit verhalf. Genauso wie auch viele Blüten der Nichtssagenden Philosophien die sich auf die Form beschränkten, aber den Inhalt nicht mehr in den Vordergrund schoben.


  m.E. ein grosser Fehler in der Entwicklung der Philosophie, weil somit auch die Philosophie in den Verruf kam geschwafel zu sein. 


  Wenn man also das Wesen der Philosophien versteht, dann macht es erst sinn. Reine Zitate zu benutzen wenn sie mal passen und dann auch noch von drittautoren in ihrem eigenen Zusammenhang ist nicht sinnvoll und führt nur unweigerlich zu hohlen Aussagen, die nur benutzt werden um eigene Meinungen zu bestätigen.


  und um nochmal auf Nietzsche zu kommen. Er hat zwar viel wahres gesagt für das Alltagspsychologische Verständnis mit Menschen, aber er hat nicht das umfassende in seinen Mechansimsen der Weltzusammenhänge beschrieben. 


  Das haben nur die wenigsten beschrieben. und wenn wir uns nun mit Mechanismen und Weltzusammenhängen in Bezug auf Freiheit und freier Wille oder Determinsmisus auseinander setzen, dann sollten wir uns vielleicht lieber andere Autoren aussuchen als Nietzsche.


  Dann werden wir uns auch nicht mehr über diese Fragen unterhalten ob es freien Willen gibt oder nicht.


  Es ist genauso eine Frage, wie die Frage nach dem Sinn des Lebens. Da macht man sich gedanken drüber und bleibt daran hängen und wird Theologe oder man sieht irgend wann diese Frage nicht mehr als eine philosophische Frage an und verwirft diese Fragestellung und schaut auf andere Aspekte der Weltzusammenhänge, die sich mit Determinsmus oder freien Willen beschäftigen.


  Es ist gut sich immer mal wieder ins Bewusstsein zu rufen, wieso man solche und andere Fragen immer wieder als wichtig ansieht und sich daran aufhält, aber es sind Fragen, die in der Philosophie falsch gestellte Fragen sind. Für falsch gestellte Fragen (im Sinne der Philosophie) hat man dann andere disziplinen der Wissenschaften eingeführt, wie z.B. die Psychologie oder Theologie oder Esoterik, die sich dann damit herumschlagen können. Im Alltgagsleben ist das sinnvoll für den einzelnen Menschen, aber nicht für die Philosophie.


  Nichts für ungut.


  gruss


  Rüdiger
-------------- nächster Teil --------------
Ein Dateianhang mit HTML-Daten wurde abgetrennt...
URL: <https://listi.jpberlin.de/pipermail/debatte-grundeinkommen/attachments/20070816/bac98400/attachment.html>


Mehr Informationen über die Mailingliste Debatte-Grundeinkommen