[Debatte-Grundeinkommen] Vermischtes zu meiner Kritik am Wernerschen GE

Volker Brandl gevobra at online.de
Mo Jul 17 08:34:51 CEST 2006


Verehrte Listen-TeilnehmerInnen!

Zu meiner Fundamentalkritik des Wernerschen GEs (15.7.) haben einige ListenteilnehmerInnen Beiträge geschickt, auf die ich im folgenden eingehe:

W.Strengmann-Kuhn schreibt am 16.7.:

1) Die Gesamtsumme der staatlichen Ausgaben (inkl. Sozialversicherungen) beträgt 
über 900 Mrd., fast 1000 Mrd. Euro.

2) Die Einfuehrung eines Grundeinkommens fuehrt nicht zu einer hoeheren 
Staatsverschuldung, weil die Kosten durch entsprechende Einnahmen finanziert 
werden sollen: 
bei Goetz Werner durch eine hoehere Mehrwertsteuer (mit einem Mehrwertsteuersatz 
von ueber  100%), ...

ANTWORT: 

Ad 1) Die staatlichen Haushalts-Ausgaben betrugen (im Jahr 2003) laut Haushaltbilanz 618 Milliarden. Das "Sozialbudget" umfaßte im Jahr 2003 etwa 700 Milliarden Euro, wobei es zwischen den beiden Überschneidungen gibt. Das Sozialbudget wird zu großen Teilen aus privaten Geldern finanziert (Kranken-, Pflege-  und Rentenversicherung). Diese können nicht zu GEs-Auszahlungen umfunktioniert werden, denn dies liefe auf eine Enteignung privater Erwerbseinkünfte im großen Stil hinaus. Deshalb können bei Einführung eines GEs nur etwa 300 Milliarden Euro öffentlicher Gelder eingespart werden, die dann für GEs-Auszahlungen verwendet werden können.

Ad 2) Der Kern meiner Ausführungen war dies: die höhere Mehrwertsteuer reicht eben ganz und gar nicht, um das GE zu finanzieren, weil ja im Gegenzug alle übrigen Steuern abgeschafft werden - das gleicht sich gerade aus. Und weil ungeheure Summen zugunsten der Wirtschaft ausgezahlt werden! Es kommt bei Einführung des Wernerschen GEs deshalb zu gigantischen Staatsschulden. Dies kann man sehen, wenn man Soll und Haben ehrlich mit einander vergleicht!

B. Oehrlein schreibt am 16.7:

halte ich diese Kritik für zu kurz gedacht.
Wer wäre denn so bescheuert, für umsonst zu arbeiten?

ANTWORT:

Hier muss es sich um ein Mißverständnis handeln. Nirgendwo habe ich in meinem Beitrag geschrieben, dass irgendwer "umsonst" arbeitet oder arbeiten sollte. Sondern ich habe geschrieben, dass das Wernersche GE bisherige Einkünfte (von der gleichen Höhe)  "ersetzt". Wer mehr verdient als das GE, hat also nach Einführung des GEs genausoviel Geld in der Tasche wie vorher. Der Unterschied zu vorher: Nach Einführung des GEs zahlt - in der Höhe des GEs - nicht die Wirtschaft, sondern der Steuerzahler! Und eben dies belastet den Staatshaushalt außerordentlich.

J. Behncke schreibt am 16.7.:

Auf einer Podiumsdiskussion am vergangenen Freitag an der Uni Frankfurt hat er (Werner, V.B.) bestätigt, daß in dem Moment der Einführung des Grundeinkommens die Gehälter um eben diesen Betrag zu kürzen seien. Dies sei aber nicht so schlimm, weil es eine einmalige Sache sei und danach nicht wieder vorkomme.

ANTWORT:

Dies ist nur ein "Teilgeständnis" von Werner: Zwar werden Löhne und Gehälter nur "einmalig" um den Betrag des GEs gekürzt, aber die Kürzung bleibt für alle zukünftigen Zeiten (!) in Kraft. Damit also die Betroffenen nach Einführung des GEs nicht weniger verdienen als vorher, müssen die gekürzten Einkünfte Monat für Monat - eben durch Zahlung des GEs - ausgeglichen werden.  Diese monatlichen Abflüsse aus der Staatskassa - zugunsten der Wirtschaft, denn sie braucht ja dann nur (um das GE) kleinere Gehälter zu zahlen - führen eben zu den astronomischen Defiziten des Staatshaushaltes.

Mit freundlichen Grüßen!   Volker Brandl
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