[Debatte-Grundeinkommen] Politische Erklärung des Netzwerkes

ingrid wagner k0871692 at tiscali.de
So Dez 18 22:48:59 CET 2005


Hallo Manuel Franzmann:

ich bin selbstverständlich nicht deiner Meinung. Es ist allerhöchste
Zeit, dass eine solche Erklärung erfolgte. 

Insbesondere kann ich mich nicht deinem letzten Satz anschließen,
nämlich dass das Netzwerk keine Interessenvertretung sei und nur zur
Propagierung einer Idee im intellektuellen Diskurs dienlich sei. Wenn
ich mich an die Gründungsversammlung erinnere und alles, was danach
gekommen ist, muss man realistischerweise bemerken, dass das Netzwerk
natürlich in erster Linie die Interessen derer vertritt, die das
Netzwerk auch gegründet haben und von denen diese Idee ja auch
maßgeblich stammt (in ihren basics).  Willst du Betroffenenvertretungen
zum Schweigen bringen und Solidarisierung mit ihnen verunmöglichen? Dann
trägst du dazu bei, dass ein wesentlicher Teil der mittragenden
VerfechterInnen dieser Idee vergrault wird und sich durch Zersplitterung
des Netzwerks wenig Positives für die Zukunft ergibt.

Zudem ist es in Zeiten der massiven Hetze in allen Massenmedien
notwendig, dass das Netzwerk sich als Möglichkeit zur Schaffung einer
Gegenöffentlichkeit der solcherart ins gesellschaftliche Off Gedrängten
zur Verfügung stellt. Wer die Gleichschaltung der angesprochenen Medien
zur Frage der Massenerwerbslosigkeit leugnet, muss entweder blind oder
taub sein. Die Schwächung der Erwerbslosenbewegung ist besonders auf
diese massive Hetze, nicht zufälligerweise auch gerade gegen diejenigen
Aktiven zurückzuführen, die parteiliche Beratung machen, damit nicht der
letzte Rest an „Rechtsstaatlichkeit“  dahin ist. 

Schließlich ist das Abgeben einer politischen Erklärung m. E.  nicht zu
vergleichen mit der „Aktion einer politischen Kampforganisation“,
sondern in einer Demokratie ist jeder hierzu befugt, folglich auch jeder
Zusammenschluss und auch jedes Netzwerk von politisch mündigen Bürgern.
Diese Möglichkeit zur (Be-)Wahrung der Bürgerrechte auszunutzen,  ist
sehr wohl im Sinne des Gemeinwohls  und  zudem dringlicher als ein rein
intellektuelles Plädoyer unter Wahrung „wissenschaftlicher Neutralität“

Jedenfalls bei dieser Gelegenheit allen, die zum Entstehen dieser
Erklärung doch noch beigetragen haben, ein herzliches Danke.

Diese wird auf meinen Verteilern jedenfalls weiterverbreitet werden.

Herzliche Grüße 

Ingrid Wagner, Runder Tisch Freiburg und bundesweit, ver.di
Erwerbslosenausschuss Südbaden, Delegierte LEA Ba-Wü

www.stopbolkestein.org/ 

 

Liebe Mitstreiter in Sachen Grundeinkommen,

 

so sinnvoll ich öffentliche Erklärungen des Netzwerks wie die gerade
herausgegebene dem Inhalte nach im großen und ganzen finde und so sehr
ich das Engagement der im Sprecherkreis engagierten Personen schätze, so
sehr zweifle ich aber an der Richtigkeit des Tons bzw. der gewählten
Sprache der jetzigen Erklärung. In meinen Augen ist es nicht angemessen,
daß das Netzwerk derart fordernde Erklärungen abgibt, wie sie einem
Arbeitslosenverband oder einer vergleichbaren Interessengruppierung
zustehen, aber nicht dem Netzwerk Grundeinkommen als Zusammenschluß
höchst heterogener Personen und Gruppierungen. Das Netzwerk vertritt
keine Interessengruppe sondern im intellektuellen öffentlichen
Meinungsstreit eine Idee. Und für diese Idee muß das Netzwerk werben,
indem es den Vertretern konkurrierender Reformansätze (etwa Hartz IV)
wie selbstverständlich einen guten Willen unterstellt und Argumente
vorträgt, die gegen deren Reformansätze und für ein bedingungsloses
Grundeinkommen sprechen. Entsprechend müßte der Ton solcher Erklärungen
wie der gerade herausgegebenen der eines werbenden Plädoyers und nicht
der mit geschwellter Brust vorgetragener Forderungen sein. Damit
erscheint das Netzwerk lediglich als wenig diskussionsoffen und
verständigungsorientiert und kontrafaktisch als im Hinblick auf
spezifische Interessen parteiische politische Kampforganisation. Ich
hätte im übrigen nur Verständnis dafür, wenn etwa die
Arbeitsloseninitiativen verschärft den politischen Kampf mit
Forderungen, die die Interessen der Arbeitslosen artikulieren, suchen
würden. Aber das Netzwerk kann eine solche Interessenvertretung und
Kampfposition nicht übernehmen. Das Netzwerk vertritt keine spezifischen
Interessen sondern artikuliert intellektuell die Idee des
bedingungslosen Grundeinkommens rein aus der Perspektive des
Gemeinwohls.

 

Mit besten Grüßen

Manuel Franzmann

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