[Trennmuster] Assimilierte Präfixe

Guenter Milde milde at users.sf.net
Mo Jun 8 14:55:49 CEST 2020


On  5.06.20, Keno Wehr wrote:
> Am 05.06.20 um 10:54 schrieb Guenter Milde:

> > > Das klingt alles recht vernünftig, führt jedoch auch zu Widersprüchen.
> > Die Widersprüche sind inhärent, unser Ziel ist es, sie an möglichst wenig
> > störende Stellen zu verschieben. Physiktheoretisch gesehen haben wir es
> > hier mit einem System mit mit konkurrierenden Wechselwirkungen zu tun was zu
> > "Frustation" führt.
> > 
> > https://de.wikipedia.org/wiki/Geometrische_Frustration
> > https://uol.de/compphys/ereignisse-bilder/spinglas-spiel/

> Die Frustration kann ich nur bestätigen. :-)

> > Bei den vollständig assimilierten Präfixen kann ich mir vorstellen, die
> > Eigenschaft "kein Ligaturaufbruch" zu verallgemeinern und regulär mit "-"
> > auszuzeichnen.

> Bei verneinenden Präfixen wie in „immateriell“ oder „irrational“ erscheint
> das allerdings weniger günstig (oder wir machen es dann „il--legal“).

Daher formulierte ich "regulär", was begründete Ausnahmen zulässt.
Allerdings ist il<legal ungünstig, weil es die ll-Ligatur (im Fraktursatz)
aufbrechen würde. 
Bei immateriell ist es mir egal, ob im--materiell oder im<materiell.


> > Generell schwebt mir für die Entscheidung "<" oder "-" eine Art
> > Abfrageliste vor:
> > 
> > 1. „zwingende“ Entscheidungen
> > 
> >     Morphemgrenze markieren bei:
> >     * Abweichung von der Sprechsilbenregel:
> >         an|onym     # Trennung vor Vokal
> >         An<spruch   # Trennung vor Konsonantenkluster
> >         Zo·o|lo-gie # unterdrückte Trennung
> > 
> >     Morphemgrenze nicht markieren bei:
> >     * Ligaturen (offiziell, illegal, Dessert)
> >     * ſ am Silbenende (Deſſert, Abſtrakt)
> > 2. subjektive Entscheidungen bei "Wahlfreiheit" nach Punktesystem
> > 
> >     »Ist die Trennung so besonders, dass sie besonders markiert werden muss?«
> > 
> >     Hilft die Markierung mit "<"
> >     - dem Leser (Vorzugstrennung für leichteres Sinnerfassen oder Vorlesen)
> >     - den Wortlisteneditoren (Einfachheit, Systematik)
> > 
> >     Punkte für "<":
> >     * Präfix bekannt
> >     * Grundwort bekannt (z.B. in anderen Zusammensetzungen)
> >     * getrennte Aussprache entgegen allgemeiner Ausspracheregeln
> >       (auf<fallen/hof-fen, an<ordnen/Kanone aber nicht auf<tragen/hef-ten)

> Das Kriterium der getrennten Aussprache ist für die assimilierten Präfixe
> gegenstandslos, da die Assimilation gerade die gleitende Aussprache
> ermöglichen soll. Die einzigen Gegenbeispiele, die ich kenne, sind
> „anisotrop“ und ein paar ähnliche mit Glottisschlag nach „an“). Hier muss es
> aber ohnehin „<“ heißen.

Ja, nach Assimilation ist die Aussprache gewöhnlich entweder
"unentschieden" (empirisch so wie Tempo) oder "verbunden" (illegal im
Gegensatz zu Exil-literatur). 


> >     * Bedeutung enspricht Verknüpfung der Semantik der Teile

> Daneben sollte meines Erachtens als Kriterium herangezogen werden, ob das
> Grundwort selbst bereits ein Präfix enthält. Ein Auszeichnung
> „kom-pro<mit-tie-ren“ würde ein Präfix „kompro“ suggerieren, das es nicht
> gibt, ebenso irreführend wäre eine Auszeichnung „Kor-re<lation“.

Dies sehe ich sogar als eine "zwingende" Regel an. Sie gäbe mit Kor<re<lation
einen Präzedenzfall für einen vollständig assimilierten Präfix der dennoch
ausgezeichnet werden muß.


> >     Punkte für "-":
> >     * verbundene Aussprache
> >     * Teile wenig bekannt
> >     * Bedeutung nicht aus den Teilen hergeleitet
> >     * Wahrnehmung als "einfach".
> > 
> > 
> > Dabei gehen einige der Trenngrenze quer durch die in Praefixassimilation
> > postulierten Fallklassen.

> Ich habe keine grundsätzlichen Einwände, aber die Umsetzung wird nicht
> vergnügungssteuerpflichtig, 

Du hast angefangen...

> insbesondere wenn außer den assimilierten auch noch die „gewöhnlichen“
> Präfixe einbezogen werden sollen. (Sollen sie das?)

Das sollen sie, denn es gibt sowohl "eindeutige, assimilierte" als auch
"verblasste, nicht assimilierte" Präfixe. Allerdings ist das
Änderungspotential bei den nicht assimilierten zum Glück geringer.


Günter



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