[Trennmuster] Assimilierte Präfixe

Keno Wehr wehr at abgol.de
Fr Jun 5 21:28:33 CEST 2020


Am 05.06.20 um 10:54 schrieb Guenter Milde:

>> Das klingt alles recht vernünftig, führt jedoch auch zu Widersprüchen.
> Die Widersprüche sind inhärent, unser Ziel ist es, sie an möglichst wenig
> störende Stellen zu verschieben. Physiktheoretisch gesehen haben wir es
> hier mit einem System mit mit konkurrierenden Wechselwirkungen zu tun was zu
> "Frustation" führt.
>
> https://de.wikipedia.org/wiki/Geometrische_Frustration
> https://uol.de/compphys/ereignisse-bilder/spinglas-spiel/

Die Frustration kann ich nur bestätigen. :-)

> Bei den vollständig assimilierten Präfixen kann ich mir vorstellen, die
> Eigenschaft "kein Ligaturaufbruch" zu verallgemeinern und regulär mit "-"
> auszuzeichnen.

Bei verneinenden Präfixen wie in „immateriell“ oder „irrational“ 
erscheint das allerdings weniger günstig (oder wir machen es dann 
„il--legal“).

> Generell schwebt mir für die Entscheidung "<" oder "-" eine Art
> Abfrageliste vor:
>
> 1. „zwingende“ Entscheidungen
>
>     Morphemgrenze markieren bei:
>     
>     * Abweichung von der Sprechsilbenregel:
>         an|onym     # Trennung vor Vokal
>         An<spruch   # Trennung vor Konsonantenkluster
>         Zo·o|lo-gie # unterdrückte Trennung
>
>     Morphemgrenze nicht markieren bei:
>     
>     * Ligaturen (offiziell, illegal, Dessert)
>     * ſ am Silbenende (Deſſert, Abſtrakt)
>     
> 2. subjektive Entscheidungen bei "Wahlfreiheit" nach Punktesystem
>
>     »Ist die Trennung so besonders, dass sie besonders markiert werden muss?«
>
>     Hilft die Markierung mit "<"
>     
>     - dem Leser (Vorzugstrennung für leichteres Sinnerfassen oder Vorlesen)
>     - den Wortlisteneditoren (Einfachheit, Systematik)
>
>     Punkte für "<":
>     
>     * Präfix bekannt
>     * Grundwort bekannt (z.B. in anderen Zusammensetzungen)
>     * getrennte Aussprache entgegen allgemeiner Ausspracheregeln
>       (auf<fallen/hof-fen, an<ordnen/Kanone aber nicht auf<tragen/hef-ten)

Das Kriterium der getrennten Aussprache ist für die assimilierten 
Präfixe gegenstandslos, da die Assimilation gerade die gleitende 
Aussprache ermöglichen soll. Die einzigen Gegenbeispiele, die ich kenne, 
sind „anisotrop“ und ein paar ähnliche mit Glottisschlag nach „an“). 
Hier muss es aber ohnehin „<“ heißen.

>     * Bedeutung enspricht Verknüpfung der Semantik der Teile

Daneben sollte meines Erachtens als Kriterium herangezogen werden, ob 
das Grundwort selbst bereits ein Präfix enthält. Ein Auszeichnung 
„kom-pro<mit-tie-ren“ würde ein Präfix „kompro“ suggerieren, das es 
nicht gibt, ebenso irreführend wäre eine Auszeichnung „Kor-re<lation“.

>     Punkte für "-":
>     
>     * verbundene Aussprache
>     * Teile wenig bekannt
>     * Bedeutung nicht aus den Teilen hergeleitet
>     * Wahrnehmung als "einfach".
>
>
> Dabei gehen einige der Trenngrenze quer durch die in Praefixassimilation
> postulierten Fallklassen.

Ich habe keine grundsätzlichen Einwände, aber die Umsetzung wird nicht 
vergnügungssteuerpflichtig, insbesondere wenn außer den assimilierten 
auch noch die „gewöhnlichen“ Präfixe einbezogen werden sollen. (Sollen 
sie das?)

Gruß
Keno



Mehr Informationen über die Mailingliste Trennmuster