[Trennmuster] Umgang mit lateinisch-fachsprachlichen Bezeichnungen

Keno Wehr wehr at abgol.de
Mi Aug 26 16:13:16 CEST 2020


Am 26.08.20 um 12:31 schrieb Selke, Gisbert W.:
>
> Beim Durchsehen finde ich jetzt, dass zahlreiche Einträge (grob 
> geschätzt: mehrere hundert) anscheinend aus der Botanik stammen und 
> lateinisch-fachsprachliche Pflanzenbezeichnungen sind (plus 
> möglicherweise weitere lateinische Beziechnungen aus Biologie und/oder 
> Medizin). Deswegen frage ich mich, ob diese Wörter überhaupt in die 
> deutschsprachige Wortliste gehören: einererseits nein, weil sie keine 
> deutschen Wörter sind; andererseits ja, weil sie in deutschsprachigen 
> Fachtexten natürlich auftreten können.
>
> Mal davon abgesehen, dass ich kein Botaniker bin und die Korrektheit 
> der Wörter und ihrer Trennungen nicht immer bewerten kann, sehe ich 
> grundsätzlich drei Möglichkeiten:
>
> 1.Ganz „normal“ alle Wörter abarbeiten
>
> 2.Alles, was nach lateinisch(-botanisch) aussieht, löschen
>
> 3.Alles, was nach lateinisch aussieht, in eine Extra-Liste 
> ausquartieren, die mittelfristig in die lateinischen Trennmuster 
> einfließen könnte
>
> Ob Variante 3 sinnvoll ist (Qualität der Trennungen? Mögliche Probleme 
> für die lateinischen Trennmuster, weil die Namen 
> spät-/neuzeitlich-lateinische Neologismen und/oder von Eigennamen 
> abgeleitet sein können - Bsp.: sarkisovii?), kann ich nicht sagen. 
> @Keno: was wäre deine Einschätzung als Lateiner?
>

Du sprichst hier eine knifflige Frage an, die sich kürzlich bereits aus 
unserem Wortlisteneintrag „Ginkgoopsida“ ergeben hatte (der einstweilen 
in der Liste geblieben ist).

Aus puristischer Sicht sind die (neu-)lateinischen Taxonnamen keine 
deutschen Wörter und gehören daher nicht in unsere Liste.
Andererseits tauchen diese Namen regelmäßig in fachsprachlichen 
deutschen Texten auf und es ist eher unwahrscheinlich, dass sich ein 
Nutzer die Mühe macht, jeweils für ein einzelnes Wort die Trennmuster 
umzuschalten. Insofern wäre die Aufnahme dieser Namen für den 
(biologischen) Nutzer ein willkommene Dienstleistung.

Es kann natürlich auch nicht ausgeschlossen werden, dass der sorgfältige 
Autor für die lateinischen Fachbegriffe doch eine Sprachumschaltung 
vornimmt; insbesondere wenn ein eigenes Makro zur typographischen 
Hervorhebung der Taxonnamen definiert wird, wäre eine zusätzliche 
Sprachumschaltung einfach möglich. Dies wiederum legt die Aufnahme auch 
in die lateinische Wortliste (die ich vor einiger Zeit zum Zwecke der 
Trennmustererzeugung angelegt habe) nahe.
Auf der anderen Seite ist zu bedenken, dass lateinische Texte heutzutage 
nur noch in marginalem Umfang geschrieben werden. In Mittelalter und 
früher Neuzeit bis etwa 1800 war Latein zwar in wissenschaftlichen 
Texten die vorherrschende Sprache, das ist aber im Wesentlichen gerade 
die Zeit vor der modernen biologischen Nomenklatur, sodass man hier mit 
einem gewissen Recht streng zwischen der historisch gewachsenen 
lateinischen Sprache (einschließlich der frühmodernen 
Wissenschaftssprache) und der modernen neulateinisch-biologischen 
Sondersprache zur Benennung der Taxa unterscheiden könnte.
Ich meine aber, dass es zu weit führen würde, eigene Trennmuster für 
Taxonnamen bereitzustellen, und glaube auch nicht, dass deren Aufnahme 
in die Wortliste eine negative Auswirkung auf die Trennqualität für 
gewöhnliche lateinische Wörter bedeuten würde.

Wenn man sich die heutige Publikationspraxis in den Naturwissenschaften 
vor Augen hält, werden die Taxonnamen wohl mit Abstand am häufigsten in 
englischsprachigen Texten auftauchen und müssten also vor allem bei den 
englischen Trennmustern berücksichtigt werden.

Ideal wäre wohl eine projektübergreifende Liste der Taxonnamen, die bei 
Bedarf zur Erzeugung deutscher, lateinischer, englischer, … Trennmuster 
herangezogen werden könnte. Es solches Unterfangen scheint mir aber 
nicht sehr realistisch, zumal dann auch auch noch die Frage zu klären 
wäre, welche der verschiedenen Trennkonventionen für das Lateinische 
hierfür gelten sollte. Trennmuster stehen zur Zeit für drei verschiedene 
Konventionen zur Verfügung, es gibt aber auch noch weitere …

Insgesamt scheint mir vorerst die Lösung mit einer Extraliste innerhalb 
unseres dehyph-Projektes am besten, dann verschenken wir keine Daten und 
interessierte Vertreter anderer Sprachen könnten sich bei Interesse 
bedienen. Ob der Listeninhalt dann standardmäßig in die deutschen 
Trennmuster einfließen soll oder nicht, kann ja noch abgewogen werden.

Gruß
Keno
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