[Trennmuster] ab|s.trakt

Stephan Hennig mailing_list at arcor.de
Fr Mai 25 17:45:54 CEST 2012


Am 25.05.2012 13:15, schrieb Guenter Milde:
> On 25.05.12, Werner LEMBERG wrote:
> 
>> In der Wortliste finde ich
> 
>>   ab|s.trakt
> 
>> Was genau soll ».« hier bedeuten?  
> 
> Eine nach Rechtschreibregeln seit 1996 zulässige aber in der
> "Lokalorthographie" der Wortliste unterdrückte Trennung.

Zumindest bisher nehmen wir unterdrückte, neue Trennungen nicht in die
Wortliste auf, oder?


> Meine Deutung, daß hier die Rechtschreibreform eine
> zusätzliche Trennstelle geschaffen hat wurde durch den Eintrag
> "ab|strakt" im alten Duden (16. Auflage, Leipzig, 1971) bestätigt. 
> (Die Zeichen | sind hier nicht als "Präfixtrenner" zu deuten sondern Teil
> des Zitats aus dem Duden.)
> 
> Ähnlich wie bei "he·r·aus", "he·r·ein", etc. ging ich davon aus, daß in
> diesem Fall die weiterhin gültige traditionelle Trennung von der
> "Hausorthographie" vorgezogen wird.

Grundsätzlich stimme ich dem zu.  Wo die traditionelle mit der
etymologisch begründeten Trennung kollidiert, bin ich in
Reformschreibung jedoch eher für die etymologische Trennung.


> Wir haben jetzt ein Problem: 
> 
> * bei he·r·aus gilt einfach: traditionell = etymologisch = gut
> 
> * bei ab·s·trakt gilt aber traditionell != etymologisch:
> 
>   Die Trennung gemäß der Herleitung abs + trahere ist bereits in der
>   traditionellen Rechtschreibung zugunsten der st-Regel aufgegeben worden
>   (anders als bei Äs-thet). Schon die 11. Auflage des Dudens (Leipzig
>   1934) schreibt ab|ſtrahieren (in Fraktur und mit dem Lang-ſ ).

Unter
<URL:http://projekte.dante.de/pub/Trennmuster/Dateibereich/Duden-geschichtliches-A5.pdf>
habe ich das in der 10. Auflage abgedruckte Vorwort zur 9. Auflage
abgelegt, welches ein paar Erklärungen dazu enthält.  Dieses hatte ich
zufällig heute vor deiner E-Mail gelesen, während ich auf der Suche nach
Beispielen für die Dreikonsonantenregel war.

In Kurzform:  Die amtlichen Regeln von 1901 beziehen sich ursprünglich
nicht auf Fremdwörter.  Verschiedene Schreibungen (und vermutlich auch
Trennungen) waren für Fremdwörter laut Wortverzeichnis möglich.  Das
Druckgewerbe wollte jedoch möglichst eindeutige Schreibungen.  Und so
setzte sich in der Praxis für Fremdwörter der "Buchdrucker-Duden" durch,
welcher bei Fremdwörtern nicht streng der Etymologie folgte.


> Möchten wir die traditionelle oder die etymologische Trennung
> bevorzugen?

Ich bin für die etymologische Trennung, siehe oben.

Viele Grüße,
Stephan Hennig



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