[netz-bb] Bitte geht wählen! Plakate von Wolfgang Tillmanns

Elisabeth Voss post at elisabeth-voss.de
Fr Sep 22 09:25:41 CEST 2017


Zur Bundestagswahl hat Wolfgang Tillmanns 7 Plakate gestaltet, zum 
Beispiel "Nicht Wählen ist nicht neutral" oder "Kein Bock auf 
Nationalismus.", die ich Euch wärmstens ans Herz legen möchte, auch zur 
Verbreitung:
http://betweenbridges.net/bundestagswahl-2017.php
LG
Elisabeth

Am 21.09.2017 um 16:11 schrieb Elisabeth Voss:
> *Ein paar Gedanken zur Bundestagswahl 2017*
>
> Normalerweise schreibe ich über Solidarische Ökonomie, 
> Selbstorganisation und Stadtentwicklung. Heute aus aktuellem Anlass 
> mal ein anderes Thema: Die Bundestagswahl. Ich kenne einige, die nicht 
> viel von Wahlen halten, die lieber selber machen statt zu delegieren – 
> hierarchiefrei und selbstbestimmt. In außerparlamentarischen 
> Bewegungen scheint die Bundestagswahl kein großes Thema zu sein. Auch 
> ich erwarte keinen grundlegenden Politikwechsel. Anders als 1998, wo 
> nach 16 Jahren Kohl viele sich so vieles von Rot-Grün erhofften. Ich 
> war dabei, als Netzwerk Selbsthilfe <http://netzwerk-selbsthilfe.de/> 
> und CONTRASTE <http://contraste.org/> damals mit vielen anderen die 
> Initiative Anders Arbeiten – oder gar nicht?!“ 
> <http://www.contraste.org/index.php?id=80> zur kritisch-solidarischen 
> Begleitung der neuen Bundesregierung gründeten. Mit der ersten 
> deutschen Kriegsbeteiligung seit dem 2. Weltkrieg (gegen Serbien), mit 
> Hartz IV (Mobbing und Ausgrenzung gegen Erwerbslose) und Riester 
> (Einstieg in den Ausstieg aus der paritätischen Rentenversicherung) 
> wurden unsere Erwartungen heftig enttäuscht. Und danach, nun ja …
>
> Vielleicht stimmt es, dass Wahlen verboten wären, wenn sie wirklich 
> etwas ändern würden. Ich käme auch nicht auf die Idee, von 
> Parlamentswahlen die Abschaffung des Kapitalismus zu erwarten. 
> Gleichzeitig denke ich, dass – bei aller Kritik an undemokratischen 
> Entscheidungsfindungen, Lobbyismus und Machtkarussels, Korruption etc. 
> – nicht vergessen werden sollte, dass viele Menschen in vielen Ländern 
> dieser Welt froh wären, wenigstens in einem politischen System wie in 
> Deutschland zu leben. Klar nervt es, wenn im Vorfeld der 
> Bundestagswahl plötzlich Politiker*innen aller Couleur öffentlich 
> auftreten, weil sie Stimmen einsammeln wollen, mit hohl klingenden 
> Werbesprüchen und Allgemeinplätzen. Damit kriegt mich auch keine*r.
>
> Aber es gibt ja nicht „die“ Politik und „die“ Politiker*innen, und es 
> ist überhaupt nicht egal, wer im Parlament vertreten ist. Nur ein 
> kleines Beispiel aus Berlin: Der Kaufvertrag zur Privatisierung das 
> Kreuzberger Dragonerareals durch die BImA (Bundesanstalt für 
> Immobilienaufgaben) wäre sicher politisch durchgewunken worden, wenn 
> nicht Stadtteilinitiativen <https://stadtvonunten.de/> gemeinsam mit 
> Lokal- und Bundespolitiker*innen in letzter Minute das Wirksamwerden 
> des Kaufvertrags verhindert hätten. Und es gibt so viele große Themen: 
> Krieg und Frieden, Flüchtlingspolitik, Klimawandel, Ausverkauf 
> öffentlicher Infrastrukturen, Arbeitsbedingungen und Wohnungsnot etc. 
> An der neoliberalen Ausrichtung von Politik wird die Wahl nichts 
> Grundlegendes ändern, aber für die jeweils Betroffenen kommt es oft 
> schon auf Nuancen an. Darum spricht meines Erachtens nichts dagegen, 
> und vieles dafür, auch die parlamentarischen Möglichkeiten zu nutzen. 
> Nicht als Alternative zu eigenen Aktivitäten, sondern ergänzend.
>
> Ich möchte euch also motivieren, trotz Zweifeln wählen zu gehen. Hier 
> die Gründe, warum ich wähle, und was ich mir dazu überlege:
>
>  *
>
>     Mein Privileg, wählen zu dürfen und zu können, möchte ich nicht
>     achtlos wegwerfen (auch wenn ich es ungerecht finde, dass so viele
>     ausgeschlossen sind), denn Rechte, die nicht genutzt werden,
>     verschwinden eines Tages.
>
>  *
>
>     Ich möchte dazu beitragen zu verhindern, dass die AfD stärkste
>     Oppositionspartei wird.
>
>  *
>
>     Bei meiner Wahlentscheidung konzentriere ich mich diesmal darauf,
>     wen ich möglichst stark in der Opposition sehen möchte.
>
>  *
>
>     Meine Erststimme vergebe ich an die Person, die sich nicht erst im
>     Wahlkampf für die Ziele einsetzt, die auch mir am Herzen liegen,
>     sondern von der ich weiß, dass sie schon länger dafür einsteht. In
>     manchen Bezirken gibt es mehrere solcher Direktkandidat*innen, da
>     würde ich mich für die oder den entscheiden, wer von ihrer/seiner
>     Partei keinen Listenplatz für den sicheren Einzug in den Bundestag
>     bekommen hat.
>
>  *
>
>     Mit meiner Zweitstimme wähle ich die Partei, von der ich erwarte,
>     dass sie in der Opposition am klarsten für Frieden und soziale
>     Gerechtigkeit, gegen Ausgrenzung und Rassismus eintreten wird.
>     Solche Stimmen im Bundestag finde ich wichtig, auch wenn sie
>     Entscheidungen vielleicht nicht beeinflussen können, aber allein
>     dass sie hörbar sind, kann schon etwas bewirken im Bewusstsein der
>     Bevölkerung. Und ohne die Köpfe und Herzen der Menschen zu
>     gewinnen, kann ich mir auch keine gesellschaftliche Transformation
>     vorstellen.
>
>  *
>
>     Von der Partei und der Person meiner Wahl erwarte ich, dass sie
>     die Rechte von Bundestagsabgeordneten ausgiebig nutzen, Anfragen
>     stellen und Einsicht in Unterlagen verlangen um politische
>     Sachverhalte transparent zu machen, Anliegen von Basisbewegungen
>     in Bundestagsausschüsse tragen etc., und damit
>     außerparlamentarische Aktivitäten unterstützen.
>
> Dies sind meine Gründe, zu wählen, sicher gibt es viele weitere.
>
> Für die nächsten Lokalwahlen lohnt es sich, einen Blick über die 
> Landesgrenzen nach Spanien zu werfen. Dort erobern seit zwei Jahren 
> soziale Basisbewegungen die Rathäuser, und bemühen sich ganz 
> pragmatisch um eine Politik zur Verbesserung der Lebensbedingungen von 
> breiten Bevölkerungsschichten und Marginalisierten. Über die Konferenz 
> „Fearless Cities“ zu diesem Thema, die im Juni 2017 in Barcelona 
> stattfand, habe ich in der aktuellen Ausgabe der „CONTRASTE – 
> Monatszeitung für Selbstorganisation“ berichtet: Rebellische Städte 
> gegen Rassismus und Patriarchat 
> <http://www.contraste.org/index.php?id=274>
>
> Ich denke, es ist dem großen Ziel eines guten Lebens für alle, 
> weltweit und auf Dauer, nicht abträglich, schon heute unter den 
> herrschenden Bedingungen des globalisierten Kapitalismus zu versuchen, 
> dort, wo es möglich ist, auch parlamentarisch Einfluss zu nehmen – 
> selbstverständlich ohne sich der Illusion hinzugeben, es sei damit getan.
>
> Also denkt doch mal darüber nach, ob Ihr nicht doch zur Wahl geht, 
> ganz pragmatisch und trotz allem.
>
> In diesem Sinne solidarische Grüße
>
> Elisabeth
>
> *www.elisabeth-voss.de <http://www.elisabeth-voss.de/> *
>
>
>
>
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