[Pirateninfo] Biopiraterie direkt (patentfreier Fall aus Peru)

Silke Pohl sipohl@yahoo.com
Tue Oct 22 15:42:24 2002


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Stuttgarter Zeitung vom 26.08.2002Mit dem Wissen der Indianer ist viel Geld zu verdienenDie Ureinwohner nutzen die Artenvielfalt des Urwalds nachhaltig -was man von westlichen Unternehmen nicht immer sagen kannIn drei Tagen beginnt der UN-Gipfel in Johannesburg. In einer Seriebeleuchten wir die wichtigsten Themen. Die Artenvielfalt in denRegenwäldern stellt eine gewaltige biologische Vorratskammer dar.Die Ausbeutung verspricht Millionengewinne - und lässt Schädenbefürchten.Von Wolfgang Kunath, Rio de JaneiroWas Mike Kovach im Mai bei einer Autofahrt im Norden Perusentdeckte, machte ihn sprachlos: "Es hat mich einfach umgehauen -so ein tolles Ding! Mir blieb der Mund offen stehen", schildert derBlumenzüchter aus Virginia seine Reaktion, als ihm eineIndianerfamilie am Straßenrand eine Blume anbot, wie sie Kovachnoch nie gesehen hatte. Die magenta- und purpurfarbeneEinzigartigkeit, die Kovach den Einheimischen für 6,50 Dollarabkaufte, trägt mittlerweile den Namen Phragmipedium k
 ovachii,und sie gilt als die spektakulärste Orchideen-Entdeckung der letztenhundert Jahre. Ein paar Wochen nach Kovachs Schnäppchen warder Hang, an dem hunderte der violetten Blumen wuchsen, wie leergefegt - und amerikanische Orchideenzüchter bekamen die Neuheitunter der Hand angeboten, für 5000 Dollar pro Stück.Der lächerliche Kaufpreis, der illegale Export in die USA, diehektische wissenschaftliche Beschreibung und Benennung, diegewaltigen Gewinnerwartungen - Phragmipedium kovachii ist eintypischer Fall von Biopiraterie. Obwohl vor zehn Jahren auf demUmweltgipfel von Rio de Janeiro ein Abkommen über die biologischeVielfalt verabschiedet wurde, das nicht nur Erhaltung undnachhaltige Nutzung der Biodiversität, sondern auch die gerechteVerteilung der Gewinne aus der Verwertung zum Ziel hat, istBiopiraterie nach wie vor gängige Praxis.Schon dem deutschen Gelehrten Alexander von Humboldt schlugMisstrauen entgegen, als er vor zwei Jahrhunderten in Brasilienforschen wollte. Nicht
  draufgängerische Waldläufer, sondernrenommierte Wissenschaftler und angesehene Kolonialbeamtehaben sich am folgenreichsten als Freibeuter des Dschungelsbetätigt. Wie zum Beispiel Sir Clements Markham und Robert Cross,die nach langen Studien den südamerikanischen KautschukbaumHevea brasiliensis als am besten geeignet identifizierten für denPlantagenanbau in Südostasien. Die Verpflanzung brachte denbrasilianischen Kautschukboom binnen kürzester Zeit zum Erliegen.Und heute sind es oft findige Anwälte, die im Auftrag von Pharma-und Biotechnikfirmen bestimmte Wirkstoffe und deren kodierendeGene patentieren lassen und damit eine exklusive Nutzungbeanspruchen - mitunter sogar von Substanzen, die seitMenschengedenken von den Einheimischen gebraucht werden. Vorallem die USA sind berüchtigt dafür. Das Biodiversitätsabkommenwurde bisher von 175 Staaten unterzeichnet, die USA gehören nichtdazu. Von einer Ratifizierung nicht zu reden.Das Marktpotenzial, das die Bioreserven der Erde dars
 tellen, lässtsich seriös kaum berechnen. Aber unter den Bestsellern derPharmaindustrie finden sich genug frappierende Beispiele dafür, wiesich mit der Natur das große Geld machen lässt. Captopril und seineDerivate etwa: Das Mittel gegen Bluthochdruck, das weltweit jährlichbis zu fünf Milliarden Dollar abwirft, basiert auf dem Gift derbrasilianischen Schlangenart Bothrops jararaca. Von den Pflanzendes tropischen Regenwaldes gilt knapp jede dritte als medizinischverwertbar. Wie, das wissen oft die Einheimischen - doch wie derenKenntnisse zu honorieren wären, ist unklar.Seriöse Unternehmen haben ein Interesse daran, den Zugang zuGenressourcen zu regeln und angemessen zu bezahlen; niemandmag sich als Biopirat brandmarken lassen. Auf der jüngstenVertragsstaatenkonferenz des Biodiversitätsabkommens in DenHaag wurden entsprechende Verfahren beschlossen; danach musseine Firma die Behörden des jeweiligen Landes genau über dasVorhaben informieren und sich mit ihnen über den finanziell
 enAusgleich einigen: Das können Gewinnbeteiligungen sein, aber auchEntwicklungsprojekte sind denkbar. "Voraussetzung dafür ist, dassBrasilien und die anderen Amazonas-Anrainer den interessiertenFirmen Ansprechpartner mit entsprechender wissenschaftlicher undManagement-Kompetenz anbieten können", sagt der deutscheProfessor Thomas Mitschein, der sich im brasilianischen Belém mitnachhaltigen Nutzungsmöglichkeiten im Amazonasbeckenbeschäftigt. Als "Schritt in die richtige Richtung bezeichnet Mitscheindie "Bioamazonicaä", ein Institut, das die Zusammenarbeit vonWirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung bei der nachhaltigenNutzung der natürlichen Ressourcen Amazoniens vorantreiben soll.In diesen Tagen nimmt es in Manaus einen neu gebautenbiotechnologischen Laboratoriumskomplex in Gebrauch.



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