[Pirateninfo] Gegen Biopiraterie in Namibia (Hoodia-Kaktus)

Silke Pohl sipohl@yahoo.com
Tue Oct 22 15:40:31 2002


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http://www.oneworldweb.de/tdh/presse/jb2002_namibia.htmlDas Wissen der San - Namibia: Wie Kulturen aufeinander treffenVon Ulrich Tietzeterre des hommes-Koordinator für das südliche AfrikaDie alte Qoama kennt sich mit den wilden Früchten der Kalahari aus.Dass ihre Enkelkinder gerne die Morama-Nüsse essen, die sie imApril von den gedrungenen buschigen Bäumen pflücken, macht siesehr zufrieden. Sie weiß, dass diese Nüsse nicht nur eineAbwechslung auf dem Speiseplan ihrer Familie sind, sondern einewichtige Ergänzung zu dem eher eintönigen Maisbrei bedeuten, derheute normalerweise ihre Kinder und Enkel satt macht.Dass diese Nuss reich an Vitaminen ist, weiß sie nicht. Ein Wort fürVitamin gibt es in ihrer Ju|’hoan- Sprache - einer von vielenSprachen der San-Gruppen im südlichen Afrika - nicht. Auch ihreNachbarn, die Naro sprechen, und auch die !Kung können mitdiesem Begriff aus den Wissenschaften des Nordens weniganfangen.Überleben in der KalahariQoama lebte mit ihrem Mann Gamnqoa l
 ange in der Wüste.Wasser, das sie nach morgendlichem Tau-Nebel fanden, füllten siein Straußeneier, die sie dort vergruben, wo Gamnqoa mit denanderen Männern auf Jagd ging. Nahrung konnten sie auf ihrenlangen Treibjagden nicht zu sich nehmen. Die bis zu 40 Stundendauernden Hetzjagden, in denen sie die großen Kudu-Antilopen biszur Erschöpfung trieben, ließen ihnen keine Zeit dazu. »Der GroßeTanz« nannten sie diese Hetzjagden. Hier wurde der Jäger eins mitdem Kudu, er versetzte sich in das Kudu, ahnte seine Wege vorausund erlegte es zuletzt aus kurzer Distanz mit seinem Speer. Diegetrockneten Fleischstreifen der Beute waren dann für viele Wochendie Proteingabe, die die Menschen am Leben hielten. Aushaltenkonnten sie die Strapazen in der Kalahari, indem sie während derJagd auf Stücken des Hoodia-Kaktus kauten, einer gurkengroßenPflanze, die das Hunger- und Durstgefühl unterdrückte.Buschmann-Folklore statt AnerkennungDie San - früher auch Buschmänner genannt - wissen wie keinande
 res Volk Afrikas in den unwirtlichsten Gegenden diesesKontinents zu überleben. Viele meinen deswegen - manchmal inromantischer Verklärung nach dem »edlen Wilden« Ausschauhaltend -, dass die San schon immer als ihr eigener Souverän in denWüsten gelebt hätten und hierfür ideal ausgestattet seien. Aber dasLeben in der Wüste ist ein Überleben in den Refugien, in die sie dieschwarzen Bantu-Stämme schon vor hunderten von Jahrenvertrieben haben, als diese aus dem zentralen Afrika kommend denSüden des Kontinents besiedelten.Kleiner im Körperbau, mit einer eher gelblichen Haut, lassen sich dieSan leicht von den dunklen und groß gewachsenen Bantusunterscheiden. Welche Bedeutung die San hatten, zeigt sich auchdaran, dass sich die typischen Klicklaute ihrer Sprache - im Zeitalterder Computertastatur mit vor- oder nachgestellten Sonderzeichenwie !, | , ’ oder ¶ dargestellt - auch in heute weit verbreitetenafrikanischen Sprachen wie der der !Xhosa wiederfinden.Auch wenn das Bild des frei 
 in der Wüste jagenden Buschmanns inden Brosch?ren der Namibia- und Botswana-Touristen gerne weiterkolportiert wird - es ist anders um die San bestellt: Die freienFlächen, die sie zum Jagen und zum Auffinden der Feldfrüchtebrauchen, werden immer mehr reduziert; ehemalige San-Gebietegehören weißen Farmern oder wurden in Gemeinschaftsland(»Communal Land«) umgewandelt, welches überwiegend vonSchwarzen bewohnt wird.In Botswana wurden große Gebiete zu Safari-Parks umdeklariert,die hohe Einnahmen versprechen. Die Ethno-Touristen stoßen anden Bars der schicken Lodgen auf das Pflanzenwissen der San mitindustriell gefertigtem »Kahlahari Liquor« aus der Wüstenmelone an.Die San haben sich vielfach mit diesem Tourismus arrangiert, auchwenn es nur die Brocken vom Tisch der Reichen sind, die beimVerkauf von Schmuck aus Straußeneiern und dem Vorführen ihrertraditionellen Tänze für sie abfallen.Harter Überlebenskampf: Gemüsebeet mitten in der WüsteFoto: Steve FeltonPflanzenwissen für Diät-Wa
 hnNun hat die westliche Pharmaindustrie den Hoodia-Kaktus entdeckt:Im April letzten Jahres verkündete die kleine Firma Phythopharm,dass sie sich unter dem Codenamen P57 die Patentrechte einesAppetitzüglers, basierend auf einem afrikanischen Kaktus, gesicherthat: eine mögliche Wunderdroge für alle, die ohne Nebenwirkungdünner werden wollen. Phythopharm hatte die Rechte vom»Südafrikanischen Rat für Wissenschafts- und Industrieforschung«(CSIR) gekauft. Die Presse feierte die Droge schon als»Schlankheitstraum« und die Pharmaindustrie prognostizierte eineRevolutionierung des sieben Milliarden Euro schweren Diätmarktes.Kein Wunder also, dass der amerikanische Pharmagigant Pfizer,erfolgreich bereits mit der Lifestyle-Droge Viagra, kurz darauf dieRechte an P57 für 17 Millionen Euro erwarb und sich sofort an dieklinische Prüfung machte. Sehr bald stellte sich aber heraus, dassdie Firmen ganz offensichtlich in keiner Weise an die !Kung gedachthatten, auf deren Wissen ihre Entdeckung b
 asierte.Die San fühlten sich betrogen: »100.000 San, die in Südafrika,Namibia, Botswana und Angola leben, sind empört«, sagte RogerChenells, Anwalt der San in dieser Sache. »Es ist, als ob ihnenjemand das Familiensilber gestohlen hätte und es jetzt mit riesigemGewinn verkauft. Sie haben nichts dagegen, dass ihr Wissen zurHerstellung von Medikamenten genutzt wird, aber man hätte zuerstmit ihnen darüber reden müssen.« Richard Dixey, derGeschäftsführer von Phythopharm, beteuerte treuherzig: »Ich hattewirklich geglaubt, sie wären längst alle ausgestorben.«Erfolg im Kampf gegen BiopiraterieJetzt hat sich ein erster Erfolg eingestellt: Nachdem Roger Chenellsangekündigt hatte, den amerikanischen Multi Pfizer wegenBiopiraterie zu verklagen, lenkten die Pharma-Unternehmen ein: ImMärz 2002 einigte man sich auf eine Beteiligung der San an den zuerwartenden Einnahmen. Zum ersten Mal gelang es, eineinternationale Firma daran zu hindern, sich das Wissen über lokalePflanzen anzueignen und 
 damit ungestraft zu verschwinden.Ob Qoamas Enkel tatsächlich etwas von diesem Erfolg habenwerden, hängt auch von dem terre des hommes-Partner WIMSA,der »Arbeitsgruppe für einheimische Minderheiten im südlichenAfrika«, ab. Farmprojekte sind geplant, vielleicht auch diegroßflächige Kultivierung des Hoodia-Kaktus. An den Details wirdnoch emsig gearbeitet.Unterdessen geht es für WIMSA aber auch weiter darum, dieRechte der San zu verteidigen: Erst kürzlich half WIMSA den !Kung,sich gegen die Verlegung des Flüchtlingslagers Osire in ihrtraditionelles Siedlungsgebiet zu wehren. Und in den SiedlungenSonneblom und Donkerboos wird nach Wasser gebohrt, um dendort lebenden San-Gruppen der Naro und Ju|’hoansi durchViehhaltung ein Überleben ohne ihre traditionellen Jagdgründe zuermöglichen. Joram |Useb, stellvertretender Direktor von WIMSA imnamibischen Windhoek, beklagt: »Nur ein kleiner Bruchteil der38.000 San in Namibia hat wirklich Zugang zum Land ihrerVorfahren.« Es ist eine Frage de
 s Überlebens für die San, sich auchauf neue Lebensformen einzustellen.



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