[Pirateninfo] ZDF-Reportage zu Biopiraterie

Silke Pohl sipohl@yahoo.com
Mon Oct 14 10:26:51 2002


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25.07.2002
http://www.zdf.de/ZDFde/druckansicht/0,1986,2007614,00.html

Streit um das »grüne Gold«   

Immer öfter werden Patente auf Pflanzen vergeben
Während die Rücknahme des »Embryonen-Patents« durch das
Europäische Patentamt (EPA) auf grosse Resonanz in der
Öffentlichkeit gestoßen ist, gehen andere Entscheidungen der
Münchner Behörde zumeist still und leise über die Bühne. Patente
auf Pflanzen-Gene sind auf den ersten Blick wenig spektakulär,
haben aber weitreichende Folgen.

Von Susanne Gannott

So erteilte zum Beispiel das EPA am 5. Juni 2002 das Patent mit der
Nummer EP 930 888 an die italienische Firma INDENA. Die hatte
ein Medikament gegen Akne entwickelt, das vor allem auf den
Inhaltsstoffen zweier altbekannter Heilpflanzen basiert: "Krameria
Triandra" ist ein kleiner Strauch aus den Anden Perus und Boliviens
und "Mesua Ferrea", ein Baum, der in Asien wächst und seit langem
in der Ayurveda-Medizin eingesetzt wird.
   Die Patentierung traditionellen
Wissens durch westliche Konzerne ist keine Seltenheit: So vergab
die EPA im Jahr 2000 an den US-Chemiekonzern DuPont ein Patent
für eine besonders ölhaltige Maissorte, die in Mexiko seit
Jahrhunderten bekannt ist. Mehr als 2905 Patente auf Pflanzengene
vergab das EPA allein im Jahr 2001 zumeist an Konzerne aus den
Industrieländern - während mehr als 80 Prozent der patentierten
Pflanzen aus den Ländern des Südens stammen.


"Biopiraterie" als Neo-Kolonialismus
     Kritiker solcher Gen-Patente sprechen daher auch von
"Biopiraterie" und bezichtigen die westlichen Pharma- und
Agrarkonzerne des Neo-Kolonialismus. Denn die
Entwicklungsländer steuern bei dieser ungleichen Arbeitsteilung
zwar den "Rohstoff" - ihre Pflanzenwelt - bei, von den finanziellen
Gewinnen aus den Gen-Patenten sehen sie in der Regel jedoch
nichts. Auch ihr über Jahrhunderte tradiertes Wissen um Kultur- und
Heilpflanzen ist patentrechtlich nicht geschützt.
Hinzu kommt: Ist ein Patent
auf eine Pflanze einmal vergeben, können etwa Bauern oder
Naturheiler sie nicht mehr ungehindert nutzen - Sie müssten
Lizenzgebühren an den Patentinhaber zahlen.


 Der Fall Percy Schmeiser
     Die drastischen Folgen einer derartigen Entwicklung zeigt der Fall
Percy Schmeiser: Der 71-jährige Farmer aus der kanadischen
Provinz Saskatchewan, wurde 1998 vom Agro-Multi Monsanto
verklagt, weil er angeblich den firmeneigenen Gen-Raps angebaut
hatte, ohne die entsprechende Lizenzgebühr von 37 kanadischen
Dollar pro Hektar für die patentgeschützte Pflanze zu zahlen.
Obwohl der Farmer vor Gericht glaubhaft machen konnte, dass er
seit über 40 Jahren mit eigenem Saatgut Raps anbaut, und der Gen-
Raps sehr leicht von vorbeifahrenden Lastwagen stammen könnte,
verurteilte ihn das Gericht im Mai 2001 zu einer Geldstrafe von rund
20.000 US-Dollar. Für Greenpeace ist das Urteil vor allem deshalb
"skandalös", weil das Gericht es für unerheblich ansah, wie der Gen-
Raps auf Schmeiser Felder kam - Patentschutz habe immer
Vorrang.   

 Der Fall zeigt
exemplarisch die Folgen von Bio-Patenten: Während die
Patentinhaber auf ihr geistiges Eigentum pochen, werfen Kritiker
ihnen vor, den Markt kontrollieren zu wollen, und den Menschen ihre
eigenen Produkte aufzuzwingen bzw. sie mit Klagen in den Ruin zu
treiben. Denn gerade die Bauern in der dritten Welt können sich
gekauftes Saatgut in der Regel nicht leisten - und produzieren seit
jeher eigene Saat. Gleiches gilt für alle anderen Pflanzen, die
Jahrhunderte lang für alle frei verfügbar waren, und nun auf einmal
zum "Eigentum" einer Firma erklärt werden - und damit für viele
unerschwinglich werden.    

Patente contra Artenvielfalt
     Schützenhilfe bekommen die Konzerne durch das "Abkommen
über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen
Eigentums" (englisch abgekürzt TRIPS). Das Abkommen im
Rahmen der Welthandelsorganisation WTO verpflichtet seine
Mitglieder, Patente gleich welcher Art zu schützen. Bis spätestens
2005 müssen danach selbst die ärmsten Länder per Gesetz den
unlizensierten Nachbau und Handel von Saatgut verbieten.

Die stetige Ausweitung von Pflanzen-Patenten könnte - so
befürchten Kritiker - auch für den Erhalt der Artenvielfalt
verhängnisvoll werden. Schon jetzt haben die großen Agro-Konzerne
ihre Sorten weit verbreitet. Nicht nur in den USA ist zum Beispiel
Monsanto mit seinen "Roundup Ready"-Produkten Mais, Raps&Co
auf dem Vormarsch. Auch in China und Südafrika wird zum Beispiel
gentechnisch veränderte Baumwolle in großem Stil angebaut.
Andere Sorten werden so nach und nach zurückgedrängt oder durch
Einkreuzung mit genmanipulierten Sorten verändert, wie unlängst
auf einem Maisfeld in Mexiko nachgewiesen wurde.
Widerstand gegen Patente
wächst
     Doch inzwischen organisiert sich auch der Widerstand gegen die
"Biopiraterie". In Indien etwa wurde ein Datenbank-Projekt
entwickelt, in dem große Teile des traditionellen Wissens
gespeichert werden sollen, um es vor Patentierung zu schützen. Im
Februar 2002 schlossen sich zwölf "megadiverse", also artenreiche,
Länder - darunter Mexiko, Brasilien, China, Costa Rica, Indonesien
und Kenia - zu einer Allianz gegen Biopiraterie zusammen. Erste
Erfolge konnten die Patent-Gegner auch auf juristischer Ebene
verbuchen: So nahm das EPA im Mai 2000 ein Patent des US-
Konzerns Grace auf das Öl des indischen Neem-Baums zurück. Die
von indischen Bauern organisierte Neem Campaign konnte
nachweisen, dass das Öl bereits seit Jahrhunderten als bewährtes
Pilzbekämpfungsmittel eingesetzt wird.
 Auch auf UN-Ebene wird das
Thema Biopiraterie seit zehn Jahren debattiert: So erklärte die UN-
Konvention über den Schutz der Artenvielfalt (CBD), die 1992 auf
der Rio-Konferenz verabschiedet wurde, dass der Zugang zu den
genetischen Ressourcen der Welt geregelt und ein gerechter
Ausgleich für die Herkunftsländer gefunden werden müsse. Über die
konkrete Umsetzung der Konvention wird jedoch seither gestritten.
Auch auf der 6. Folgekonferenz der CBD im April 2002 in Den Haag
konnten sich die Vertragsstaaten nicht auf eine verbindliche
Regelung gegen Biopiraterie einigen.
 Thema in Johannesburg
     Schon seit Monaten machen Umweltschützer und Patent-Gegner
aus Nord und Süd für das umweltpolitische Großereignis des Jahres
mobil: Ab dem 26. August soll auf dem "Weltgipfel" in Johannesburg
- 10 Jahre nach Rio - über den Stand der "nachhaltigen Entwicklung"
der Welt geredet werden. Die Themen "Grüne Gentechnik" und
"Biopiraterie" werden dort auf jeden Fall auf der Tagesordnung
stehen - dafür werden Gruppen wie  Greenpeace und  Friends of the
Earth sorgen.




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