[IMI-List] [0581] Broschüre: KI & Krieg / IMI-Studie: ECOWAS / Artikel Drohnenbewaffnung

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Mi Dez 9 14:19:17 CET 2020


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Online-Zeitschrift "IMI-List"
Nummer 0581 .......... 23. Jahrgang ........ ISSN 1611-2563
Hrsg.:...... Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V.
Red.: IMI / Jürgen Wagner / Christoph Marischka
Abo (kostenlos)........ https://listi.jpberlin.de/mailman/listinfo/imi-list
Archiv: ....... http://www.imi-online.de/mailingliste/
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Liebe Freundinnen und Freunde,

in dieser IMI-List findet sich

1.) der Hinweis auf die neue Broschüre „Eine autonome Aufrüstung?
Künstliche Intelligenz in der Europäischen Verteidigung“;

2.) der Hinweis auf die neue IMI-Studie „Selektive Empörung. Frankreich,
ECOWAS und strittige Wahlen, Aufstände und Putsche in Westafrika“;

3.) ein Artikel zur anstehenden SPD-Fraktionssitzung am 15.12, in der
wohl über die Bewaffnung von Drohnen entschieden wird – und zu den
gestiegenen Aussichten, dies womöglich doch noch abwenden zu können.


1.) Broschüre: KI & Krieg
Im Auftrag der linken Fraktion im Verteidigungsausschuss des EP hat
IMI-Vorstand Christoph Marischka eine Studie zu Künstlicher Intelligenz
in der europäischen Verteidigung erstellt. Sie kann hier heruntergeladen
werden (Printfassung folgt, wir weisen bei Erscheinen dann nochmal
darauf hin):

Christoph Marischka
Eine autonome Aufrüstung?
Künstliche Intelligenz in der Europäischen Verteidigung
https://oezlem-alev-demirel.de/wp-content/uploads/2020/11/KI-Ruestung-dt-web.pdf


INHALTSVERZEICHNIS

Einleitung Özlem Alev Demirel: Warum Widerstand nötig ist!

1. Ein neuer Sputnik-Moment
2. Erwartete militärische Vorteile der Digitalisierung
3. Künstliche Intelligenz in der Genese des EU Rüstungsfonds
-- Strategische Autonomie eines „Globalen Europas“
-- Der Fähigkeits-Entwicklungs Plan
-- Autonome Systeme und KI in den „Prioritäten“
-- Der Europäische Verteidigungs-Aktionsplan (EDAP)
-- Das Pilotprojekt
-- Vorbereitende Maßnahmen der Rüstungsforschung (PADR)
-- Entwicklungshilfe für die Rüstungsindustrie (EDIDP)
-- PESCO – Ständige strukturierte Zusammenarbeit
-- Digitalisierung und KI in frühen PESCO-Projekten
-- Digitalisierung und KI in späteren PESCO-Projekten
-- Die Fusion von Rüstungs-, Industrie und Digitalisierungspolitik
4. Eine europäische Revolution der Kriegführung?
-- Über verstreute Projekte zur gemeinsamen „Cloud“?
-- Eine technologiegetriebene, offensive Strategie
-- Triebkräfte: Industrie und (Risiko-)Kapital
https://oezlem-alev-demirel.de/wp-content/uploads/2020/11/KI-Ruestung-dt-web.pdf



2.) IMI-Studie Frankreich, die ECOWAS und aktuelle Entwicklungen in
Westafrika

IMI-Studie 2020/8
Selektive Empörung
Die Positionen Frankreichs, der EU und der ECOWAS bei strittigen Wahlen,
Aufständen und Putschen in Westafrika
http://www.imi-online.de/2020/12/09/selektive-empoerung/
Pablo Flock (9. Dezember 2020)

In den francophonen Ländern der Westafrikanischen
Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) gab es seit 2010 fünf erfolgreiche
Putsche, fünf Versuche von Machthabern, die Begrenzung von Amtszeiten zu
umgehen, stets begleitet von Protesten, und mindestens sieben Wahlen,
die die Oppositionen entweder schon vorher boykottierten oder danach als
gefälscht ablehnten. Wie sich andere Staaten und internationale
Organisationen bei solchen Ereignissen positionieren, variiert abhängig
von Faktoren wie der ideologischen Kongruenz, der Unterstützung von
Demokratie und Freihandel, sowie den wirtschaftlichen und geopolitischen
Interessen, die die Akteure im Land und in der Region haben. Diese
Studie untersucht, wie sich die Regionalorganisation ECOWAS, die
ehemalige Kolonialmacht Frankreich und die Europäische Union (EU) bei
den genannten strittigen Wahlen, Protesten und Putschen positioniert und
stellt dies in den Kontext der jeweiligen wirtschaftlichen und
geopolitischen Interessen.

Zur Studie: http://www.imi-online.de/2020/12/09/selektive-empoerung/

INHALTSVERZEICHNIS

Einleitung: Demokratische Grundwerte oder Freund- und Feindbilder	

Koloniale Kontinuitäten und westafrikanische Wirtschafts- und
Regierungsstrukturen	
-- Koloniale Kontinuität Frankreichs	
-- Kontrolliere die Währung einer Nation...	
-- Die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS	

Studie: Strittige Wahlen und Regierungswechsel	
-- Mali	
-- Elfenbeinküste	
-- Guinea	
-- Senegal	
-- Burkina Faso	
-- Niger	
-- Benin	
-- Togo	

Vergleich	
-- Gemeinsamkeiten und Unterschiede	
-- Die Positionen der Akteure	

Fazit	

Zur Studie: http://www.imi-online.de/2020/12/09/selektive-empoerung/


3.) Artikel Drohnenbewaffnung

Im folgenden Artikel wird darauf eingegangen, dass die Chancen, dass
eine Bewaffnung von Bundeswehrdrohnen abgewendet werden kann, nach
jüngsten Aussagen von SPD-Chef Walter-Borjans deutlich gestiegen sind.
Gleichzeitig unterstützen wir die Forderung des Friedensratschlages, bis
zur entscheidenden Sitzung der SPD-Fraktion am 15.12 die lokalen
SPD-Bundestagsabgeordneten zu bearbeiten (Vorname.Nachname at bundestag.de)

IMI-Standpunt 2020/065
Drohnenbewaffnung: Erst einmal vom Tisch?!
http://www.imi-online.de/2020/12/09/drohnenbewaffnung-erst-einmal-vom-tisch/

Jürgen Wagner (9. Dezember 2020)

Bis der Bundeswehr gegen Ende der 2020er Jahre eine Eurodrohne (MALE
RPAS) zu Diensten sein soll, wurden als „Brückenlösung“ bis 2029 fünf
Heron-TP-Drohnen für Gesamtkosten von 1.024 Mio. Euro gemietet. Die
Frage, ob diese Drohnen auch bewaffnet werden, war bereits Gegenstand
des Schwarz-Roten-Koalitionsvertrages: "Wir werden im Rahmen der
Europäischen Verteidigungsunion die Entwicklung der Eurodrohne
weiterführen. Als Übergangslösung wird die Drohne Heron TP geleast. Über
die Beschaffung von Bewaffnung wird der Deutsche Bundestag nach
ausführlicher völkerrechtlicher, verfassungsrechtlicher und ethischer
Würdigung gesondert entscheiden. "

Orchestriert wurde diese Debatte dann ärgerlicherweise vor allem vom
Verteidigungsministerium selbst, das ohnehin keine Zweifel an der
„Notwendigkeit“ bewaffneter Drohnen aufkommen ließ: „[D]as
Verteidigungsministerium möchte jetzt schon Pflöcke einrammen und die
Bewaffnung bei der Zwischenlösung durchsetzen. Dafür warb das
Ministerium seit dem 11. Mai in verschiedenen Formaten, die letzte
Veranstaltung des Ministeriums fand am 3. Juni statt. […] Seit mehr als
einer Woche ist der Bundestag in der parlamentarischen Sommerpause. Am
letzten Tag des normalen Betriebs, am 3. Juli, lieferte das
Bundesverteidigungsministerium einen Bericht über die
‚#DrohnenDebatte2020‘ im Verteidigungsausschuss ab. Darin empfahl es –
wenig überraschend – die Bewaffnung der bereits geleasten
G-Heron-TP-Drohnen.“ (siehe IMI-Standpunkt 2020/037)

Eine letzte Sachverständigenanhörung im Verteidigungsausschuss fand am
5. Oktober 2020 statt und danach hatte es ganz den Anschein, als würde
die SPD in dieser Frage endgültig einknicken. Unmittelbar im Anschluss
daran wurden diverse Sozialdemokraten beim Redaktionsnetzwerks
Deutschland zitiert: „Und was macht die SPD? Das Ministerium müsse jetzt
eine Entschlussvorlage vorlegen, sagt Verteidigungspolitikerin Siemtje
Möller dem RND. ‚Dem werden wir uns wohlwollend nähern.‘ Auf keinen Fall
solle das Thema in den Wahlkampf gezogen werden. SPD-Abrüstungsexperte
Brunner ergänzt: ‚Wenn unsere Kriterien erfüllt werden, werden wir nicht
Nein sagen.‘ Und SPD-Verteidigungspolitiker Fritz Felgentreu sagt […]:
Die SPD sei offen für eine Bewaffnung von Drohnen zum Schutz eigener
Soldaten. Das sei das Ergebnis eines Diskussionsprozesses.“

Ende November 2020 hieß es noch in einer Antwort auf eine
Linken-Anfrage, die Bundesregierung beabsichtige noch in diesem Jahr die
dementsprechenden Mittel für eine Bewaffnung der Heron-TP zu beantragen
und damit endgültig einen Knopf an die Sache zu machen: „Die
Bundesregierung beabsichtigt, die Aufhebung des Maßgabebeschlusses zur
Bewaffnung des German HERON TP (Haushaltsausschussdrucksache 19/699 vom
13. Juni 2018) im Zusammenhang mit einer 25-Mio.-Euro-Vorlage für die
Beauftragung der bewaffnungsspezifischen Ausbildung sowie der
Beschaffung von Munition und entsprechender technischer
Zusatzausstattung zu beantragen. Es ist geplant, diese
25-Mio.-Euro-Vorlage noch im Jahr 2020 dem Deutschen Bundestag zuzuleiten.“

Die Weichen schienen also gestellt, doch am gestrigen 8. Dezember 2020
meldete nun die Süddeutsche Zeitung, in der SPD-Spitze komme
erfreulicherweise Widerstand auf: „Über das Thema sei noch nicht
ausreichend debattiert worden, findet Parteichef Walter-Borjans. Einem
Großprojekt von Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer droht nun das
überraschende Aus auf der Zielgeraden. […] ‚Zusammen mit großen Teilen
der SPD-Mitgliedschaft und vielen anderen friedenspolitisch engagierten
Gruppen in unserer Gesellschaft halte ich die bisherige Debatte über
bewaffnete Bundeswehr-Drohnen nicht für ausreichend‘, sagte er der
Süddeutschen Zeitung.“

Augenscheinlich hatte auch der Druck aus der Friedensbewegung eine Rolle
für die Entscheidung gespielt, was ein großer Erfolg für die
Drohnenkampagne (www.drohnen-kampagne.de) darstellt. Natürlich kam aus
Reihen des Bundes Deutscher Industrieller sofort Kritik und auch der
SPD-Mann im Verteidigungsausschuss, Fritz Felgentreu, „widersprach“
umgehend seinem Parteichef. Eine endgültige Entscheidung wird allerdings
wohl erst bei der SPD-Fraktionssitzung am 15. Dezember 2020 fallen, auch
wenn die Chancen für eine Ablehnung nun noch einmal gestiegen sind. Da
umfallen und sich selbst sabotieren aber zum Kerngeschäft der SPD zu
gehören scheint, sollte man sich trotz der klaren Aussage Walter-Borjans
vielleicht nicht allzu sehr in Sicherheit wiegen. Die Aufforderung des
Friedensratschlages ist jedenfalls richtig, die Zeit bis zur Sitzung zu
nutzen, um sich an die örtlichen SPD-Bundestagsabgeordneten zu wenden
(hier gibt’s die Liste, Vorname.Nachname at bundestag.de).

Sollte es in der SPD-Fraktionssitzung zu keiner Zustimmung kommen, dann
wäre das Thema Drohnenbewaffnung wohl sogar für die gesamte restliche
Legislaturperiode vom Tisch. Die Süddeutsche Zeitung schreibt dazu: „Mit
diesem Veto gerät jedoch der gesamte Fahrplan ins Wanken. […] Dem
Vernehmen nach ist es mittlerweile höchst fraglich, ob die SPD im Jahr
vor der nächsten Bundestagswahl überhaupt noch ihre Zustimmung zu
Kampfdrohnen gibt.“

Damit bestehen also gute Aussichten, die Bewaffnung der Heron-TP erst
einmal abwenden zu können, was auch deshalb von zentraler Bedeutung ist,
weil es sich dabei um eine Richtungsentscheidung handelt würde. Die
„Stiftung Wissenschaft und Politik“ betonte zum Beispiel in einer Studie
im September 2020: „Sollte die Heron TP bewaffnet werden, wäre dies der
erste Schritt zur Beschaffung weiterer deutscher Kampfdrohnen. Dazu
gehören die oben erwähnte Eurodrohne wie auch das Future Combat Air
System (FCAS) […]. Langfristig wird das System auch imstande sein, in
komplexen Lagen dynamische Ziele auszuwählen und zu bekämpfen. Zu
erwarten ist eine inkrementelle Entwicklung in Richtung Autonomie. Dabei
lassen sich Effektivität und Effizienz steigern, indem einzelne
Funktionen von der Bodenstation auf die Drohne verlagert wer-den. Mit
der maschinellen Autonomie geht jedoch ein Verlust menschlicher
Kontrolle über den Gewalteinsatz einher, der aus ethischer und
rechtlicher Sicht unakzeptabel ist.“

Eine kürzere Fassung dieses Artikels erschien zuerst bei Telepolis, am
8. Dezember 2020.


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