[IMI-List] [0580] Kongressbericht / Texte: NATO 2030 / AKK-Rede / Ukraine

IMI-JW imi at imi-online.de
Do Dez 3 17:15:23 CET 2020


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Online-Zeitschrift "IMI-List"
Nummer 0580 .......... 23. Jahrgang ........ ISSN 1611-2563
Hrsg.:...... Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V.
Red.: IMI / Jürgen Wagner / Christoph Marischka
Abo (kostenlos)........ https://listi.jpberlin.de/mailman/listinfo/imi-list
Archiv: ....... http://www.imi-online.de/mailingliste/
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Liebe Freundinnen und Freunde,

in dieser IMI-List findet sich

1.) der Hinweis auf neue IMI-Artikel zum Bericht „NATO 2030“ zu 
Kramp-Karrenbauers zweiter Grundsatzrede und Militarisierung der 
ukrainischen Militärseelsorge;

2.) Bericht (und alle Audios) vom IMI-Kongress „Politik der Katastrophe“.

1.) Neue Artikel auf der IMI-Homepage

IMI-Analyse 2020/44 - in: Telepolis, 3.12.2020
NATO 2030
Die "Hirntot"-Gruppe legt ihren Bericht NATO 2030 vor
http://www.imi-online.de/2020/12/03/nato-2030/
Jürgen Wagner (3. Dezember 2020)

IMI-Analyse 2020/43
Nation, NATO, Krieg
Militärseelsorger nach US-Zuschnitt für die Ukraine
http://www.imi-online.de/2020/11/27/nation-nato-krieg/
Wladimir Sergijenko (27. November 2020)

IMI-Standpunkt 2020/057
AKKs Transatlantischer New Deal
Flagge zeigen Richtung Biden-NATO
http://www.imi-online.de/2020/11/17/akks-transatlantischer-new-deal/
Jürgen Wagner (17. November 2020)



2.) Bericht und Audios vom IMI-Kongress „Politik der Katastrophe“

Pandemiebedingt musste der IMI-Kongress in diesem Jahr erstmals als 
reine Radio- und Livestreamveranstaltung stattfinden. Das war technisch 
und logistisch für uns komplettes Neuland und deshalb ein ziemlicher 
Kraftakt – ein großes Dankeschön an alle, die dabei geholfen haben!

Natürlich läuft bei einer solchen Premiere nicht immer alles glatt, aus 
den positiven Rückmeldungen schließen wir aber, dass der Kongress mit 
Gewinn verfolgt werden konnte (und wurde). Wer sich im Nachhinein über 
die Vorträge informieren möchte, dem sei der nachfolgende Bericht oder 
gleich die jeweils abschnittsweise verlinkten Audios der Vorträge empfohlen:

1. Panel: Politik der Katastrophe
Den Auftakt des IMI-Kongresses 2020 machte Jacqueline Andres 
(IMI-Vorständin) mit der Vorstellung der Schock-Doktrin nach Naomi 
Klein. Sie stellte Kleins Forschung dar, nach der neoliberale 
Regierungen Reformen zur Privatisierung besonders leicht in 
gesellschaftlichen Schock-Situationen (z. B. wirtschaftliche 
Zusammenbrüche, Kriege oder Naturkatastrophen) gegen den Mehrheitswillen 
einer Bevölkerung umsetzen können. Die Referentin schnitt zur 
Veranschaulichung kurz einige Beispiele an, wie etwa den Militärputsch 
1973 in Chile gegen die damalige sozialistische Regierung.

Beitrag von Jacqueline Andres: 
https://www.wueste-welle.de/mp3/77949_Panel1_JaquelineAndres.mp3

Die Explosion von Ammoniumnitrat im Hafen von Beirut am 4. August 2020 
war das Thema des zweiten Vortrags. Die Referentin Miriam Younes 
(RLS-Büro Beirut) berichtete von der furchtbaren und tödlichen 
Katastrophe als Symptom einer neoliberalen, korrupten, ignoranten und 
gewalttätigen Politik, deren Auswirkungen sich unmittelbar gegen die 
libanesische Zivilbevölkerung richten. Die libanesische Gesellschaft 
befindet sich seit der Explosion in einer regelrechten Schockstarre, 
während die politischen und wirtschaftlichen Eliten um die Macht im Land 
streiten. Die Referentin schloss ihre Betrachtungen mit der Darstellung 
einer dennoch aktiven und vielseitigen Protestbewegung, die sich trotz 
aller Hindernisse gegen die herrschenden Verhältnisse wehrt.
Beitrag von Miriam Younes: 
https://www.wueste-welle.de/mp3/77949_Panel1_MiriamYounes.mp3

Das Panel wurde geschlossen von Tom Jennissen (CILIP / 
Grundrechtekomitee), der anhand des Beispiels der Corona-Maßnahmen in 
Deutschland in seinem Vortrag den Begriff des „Ausnahmezustandes“ 
diskutierte. Obwohl im Frühjahr 2020 kein offizieller Ausnahmezustand in 
Deutschland ausgerufen wurde, konnte laut dem Referenten ein 
„entfesseltes Regieren“ beobachtet werden: Der Staat griff schon bei der 
bloßen Andeutung von Macht- oder Kontrollverlust ohne jegliche 
rechtliche Grundlage hart durch. Gegenüber ohnehin bereits 
marginalisierten gesellschaftlichen Gruppen äußerte sich dieses Vorgehen 
besonders stark. Hier sei sichtbar geworden, wie der Staat in 
Situationen von drohendem Machtverlust agiert.

Beitrag von Tom Jennissen: 
https://www.wueste-welle.de/mp3/77949_Panel1_TomJennissen.mp3
Diskussion des 1. Panels: 
https://www.wueste-welle.de/mp3/77949_Panel1_Fragerunde.mp3


2. Panel: Die Bundeswehr als Coronaprofiteur

Das zweite Panel eröffnete Martin Kirsch (IMI-Beirat) mit einer 
Betrachtung des Inlandseinsatzes der Bundeswehr im Rahmen der 
Corona-Pandemie. Mit einem historischen Kontingent (20.000 Soldat*innen) 
posiere das deutsche Militär als Katastrophenhelfer. Das diente 
unmittelbar nicht nur dem Ausbau und der Beübung sonst lahmender 
Bundeswehr-Strukturen, sondern auch der Polierung des beschädigten 
Images. Neben einer effektiven und überaus sichtbaren Werbekampagne für 
eine angeschlagene Berufsarmee, wurde hier versucht, unter dem Vorwand 
der Amtshilfe durch militärische Kräfte quasi staatliche Zwangsmaßnahmen 
durchsetzen zu lassen.

Beitrag von Martin Kirsch: 
https://www.wueste-welle.de/mp3/77951_Panel2_MartinKirsch.mp3

Im zweiten Teil des Panels referierte Tobias Pflüger (IMI-Vorstand, MdB) 
über Corona-Konjunkturprogramme als Umverteilung. Er stellte dar, wie 
die aktuelle Corona-Pandemie von der Bundesregierung genutzt wird, um 
viele neue und immens teure Rüstungsprojekte durchzuwinken, die bei 
höherer medialer Aufmerksamkeit bei der Bevölkerung potentiell auf Unmut 
stoßen würden. Der Referent erklärte weiterhin, wie erhebliche Mittel 
aus dem Corona-Paket zur Wirtschaftsförderung für militärische Projekte 
abgerufen wurden. Geschlossen wurde mit einem Fazit darüber, dass Corona 
momentan als Brandbeschleuniger für die deutsche Aufrüstung wirkt.

Beitrag von Tobias Pflüger: 
https://www.wueste-welle.de/mp3/77951_Panel2_Tobias_Pfluger-MP3.mp3

Diskussion des 2. Panels: 
https://www.wueste-welle.de/mp3/77951_Panel2_Fragerunde-MP3.mp3

3. Panel: Geopolitik im Schatten der Pandemie

Welche geopolitischen Verschiebungen die Pandemie mit sich bringe, ließe 
sich noch nicht abschließend feststellen, so Christoph Marischka 
(IMI-Vorstand) einleitend im folgenden Panel. Anders als zunächst 
vielleicht erwartet, traf sie den globalen Norden bislang härter, als 
den globalen Süden. Auch die ganz große Wirtschaftskrise sei ersteinmal 
ausgeblieben und in den großen wirtschaftspolitischen Denkfabriken und 
Beratungsunternehmen sei ein erstaunlicher Optimismus erkennbar, was die 
nun möglichen Transformationen angehe. In der EU wolle man die Pandemie 
nutzen, um das bereits 2016 formulierte Leitbild der „strategischen 
Autonomie“ umzusetzen, indem man Liefer- und Wertschöpfungsketten 
schließt. Es drohe eine informationstechnische und informationelle 
Blockbildung mit einem erhöhten Risiko militärischer Konfrontationen 
zwischen Großmächten.

Beitrag von Christoph Marischka: 
https://www.wueste-welle.de/mp3/77953_Panel3_Marischka.mp3

Auf die Rolle Chinas vor und während der Pandemie ging Andreas Seifert, 
ebenfalls IMI-Vorstand, näher ein. In seinem Beitrag versuchte er der 
Wahrnehmung Chinas als zunehmend geopolitisch agierendem Akteur Gestalt 
zu geben. Der Aufstieg Chinas und der als „Niedergang des Westens“ 
diskutierte relative Machtverlust Europas und der USA haben sich im Zuge 
der Pandemie beschleunigt. Die chinesische Erfolgsgeschichte ist demnach 
zwar von Erfolgen in der Armutsbekämpfung und der technologischen 
Entwicklung gekennzeichnet, aber es seien auch nach wie vor ungelöste 
Probleme vorhanden, die nicht selten mit Repression überdeckt würden. 
China strebe danach, die Spielregeln der globalen Wirtschaftsordnung 
mitzugestalten – die Pandemie hat dabei neue Nische eröffnet, die China 
strategisch nutzt, um seinen Einfluss auszuweiten.

Beitrag von Andreas Seifert: 
https://www.wueste-welle.de/mp3/77953_Panel3_AndreasSeifert.mp3

Diskussion des 3. Panels: 
https://www.wueste-welle.de/mp3/77953_Panel3_Fragerunde.mp3

4. Panel: Neoliberalismus als Katastrophe

Das abschließende Panel behandelte die Katastrophe jenseits der 
konkreten Pandemie als dem globalen Wirtschaftssystem innewohnend. Den 
Auftakt machte hier Gertrud Falk von FIAN, die sich mit der Gewinnung 
von Rohstoffen für die Elektromobilität am Beispiel Lithium und Bauxit 
auseinandersetzte. Lithium werde vor allem in der Atacama-Wüste in Chile 
abgebaut, benötige Unmengen an ohnehin knappem Wasser und gefährde die 
an die natürlichen Gegebenheiten angepasste Lebensweise der indigenen 
Bevölkerung. Viel konkreter noch beschrieb sie dies am Beispiel des 
Bauxit-Abbaus in Guinea. Bauxit ist als Rohstoff für Aluminium bereits 
jetzt für die deutsche Automobilindustrie von großer Bedeutung, die mit 
der Elektromobilität weiter zunehmen wird. Aktuell wird, unterstützt 
durch Kreditgarantien der Bundesregierung, eine große Bauxitmine 
erweitert, was zur Vertreibung bzw. Umsiedlung der Bevölkerung führt.

Beitrag von Gertrud Falk: 
https://www.wueste-welle.de/mp3/77954_Panel4_GertrudFalk-MP3.mp3

An den Vortrag von Gertrud Falk schlossen zwei Referenten der 
Forschungsstelle Flucht und Migration (FFM) an, welche die aktuelle Lage 
in der Sahel-Region beschrieben. Dort gerate die Bevölkerung in einen 
Zangengriff zwischen einer von Norden voranschreitenden Desertifikation 
und einer sich vom Süden her ausbreitenden Landnahme. In dieser 
Situation bildeten sich zusätzlich ethnische und auch islamistische 
Milizen. Internationale Aufrüstung und Militäreinsätze zielten zugleich 
auf die Sicherung der Grenzen und die Einschränkung der Mobilität. Diese 
Form der Kriegführung sei insofern funktional, als sie zur Landnahme und 
Umverteilung beitrage. Als Lösung der Krisen im Sahel schlägt die FFM 
„das naheliegendste“ vor: Öffnung der Grenzen und Abzug der 
internationalen Truppen.

Beitrag der Forschungsstelle Flucht und Migration: 
https://www.wueste-welle.de/mp3/77954_Panel4_FFM-MP3.mp3

Anschließend berichtete Valeria Bustamante von der 
Menschenrechtsorganisation DDHH 18.10 über die aktuelle Situation in 
Chile und den vorangegangen neoliberalen Umbau infolge des Putsches von 
1973. Trotz der Pandemie und Hetze in den privatisierten Medien seien 
die sozialen Bewegungen in Chile weiterhin sehr aktiv. Sie seien jedoch 
auch von massiver Repression betroffen und deshalb auf internationale 
Solidarität angewiesen.
Beitrag von Valeria Bustamante: 
https://www.wueste-welle.de/mp3/77954_Panel4_ValeriaBustamante-MP3.mp3

Den Abschluss machte Uli Brand von der Universität Wien, der die 
Begriffe der „imperialen Lebensweise“ und der 
Externalisierungsgesellschaft vorstellte. Letzterer beschreibt etwa, 
dass die Kosten und Verwüstungen, die durch das Wirtschaften im globalen 
Norden entstehen, anderen Gesellschaften aufgebürdet werden. Dabei sei 
es nicht so, dass die Linke keine Konzepte etwa für nachhaltige 
Landwirtschaft oder Mobilität habe, es fehle ihr jedoch an 
Durchsetzungskraft.

Beitrag von Uli Brand: 
https://www.wueste-welle.de/mp3/77954_Panel4_UlrichBrand-MP3.mp3

Diskussion des 4. Panels: 
https://www.wueste-welle.de/mp3/77954_Panel4_Fragerunde-MP3.mp3

Rückblick und Ausblick

Das Publikum konnte sich über einen Chat mit Kommentaren und Rückfragen 
beteiligen, die allerdings entsprechend kurz ausfielen. Als klar wurde, 
dass Viele den Kongress nur per Audio bzw. Livestream verfolgen konnten, 
wurde zusätzlich kurzfristig eine Email-Adresse eingerichtet, über die 
ebenfalls in Ansätzen eine Beteiligung ermöglicht werden sollte. 
Natürlich fehlte das persönliche Kennenlernen, der gesellige Ausklang 
und die vielen Gespräche am Rande, die ansonsten die Kongresse der IMI 
mit prägen. Die Rückmeldungen per Mail oder Telefon waren durchweg 
positiv, allerdings können wir nicht ausschließen bzw. sollten davon 
ausgehen, dass trotz aller Bemühungen auch technische Hürden bestanden, 
wodurch sich Interessierte von einer aktiven oder auch nur passiven 
Teilnahme ausgeschlossen sahen.

Pandemiebedingt fiel auch der letzte Teil des Kongresses aus, bei dem 
die IMI traditionell versucht, mit anderen sozialen Bewegungen ins 
Gespräch zu kommen. Hier war u.a. geplant, mit Betroffenen rassistischer 
Polizeigewalt und Akteuren migrantischer Selbstorganisation in einen 
Austausch zu kommen um u.a. auszuloten, ob nicht auch rechte Netzwerke 
in Polizei, Militär und anderen sog. „Sicherheitsbehörden“ als 
alltägliche Katastrophe zu werten sind, die längst ein grundlegendes 
Umdenken und entschiedene Maßnahmen vonseiten der Regierung erfordern. 
Als kleinen Ersatz sendete die Wüste Welle am Tag nach dem Kongress eine 
Sondersendung, die nicht nur einen ersten Rückblick auf den Kongress 
umfasste, sondern auch kurze Audio-Einspielungen beinhaltete, die diese 
Leerstelle ansatzweise ausfüllen sollten. Gesendet wurde auch eine für 
den Kongress verfasste Stellungnahme der DGB-Regionalsekretärin Bärbel 
Mauch, welche die unterschiedlichen Auswirkungen der Pandemie auf 
verschiedene Bevölkerungsgruppen verdeutlichte und den Rüstungsausgaben 
gegenüberstellte.

Sondersendung „Nachlese des Kongress der Informationsstelle 
Militarisierung 2020“: 
https://www.freie-radios.net/mp3/20201201-nachlesedesk-105670.mp3?dl=1

Die jeweiligen Berichte der Wüsten Welle finden sich (mit Bildern) hier:
https://www.wueste-welle.de/redaktion/view/id/25/tab/weblog/article/77949/IMI-Kongress_21-11____Politik_der_Katastrophe.html 

https://www.wueste-welle.de/redaktion/view/id/25/tab/weblog/article/77951/IMI-Kongress____Die_Bundeswehr_als_Coronaprofiteur.html 

https://www.wueste-welle.de/redaktion/view/id/25/tab/weblog/article/77953/IMI-Kongress____Geopolitik_im_Schatten_der_Pandemie.html 

https://www.wueste-welle.de/redaktion/view/id/25/tab/weblog/article/77954/IMI-Kongress____Neoliberalismus_als_Katastrophe.html


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