[IMI-List] [0569] Ausdruck (Juni 2020): Rekrutierung

IMI-JW imi at imi-online.de
Mo Jun 15 16:25:55 CEST 2020



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Online-Zeitschrift "IMI-List"
Nummer 0569 .......... 23. Jahrgang ........ ISSN 1611-2563
Hrsg.:...... Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V.
Red.: IMI / Jürgen Wagner / Christoph Marischka
Abo (kostenlos)........ https://listi.jpberlin.de/mailman/listinfo/imi-list
Archiv: ....... http://www.imi-online.de/mailingliste/
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Liebe Freundinnen und Freunde,

in dieser IMI-List findet sich

1.) die neue Ausgabe des IMI-Magazins AUSDRUCK (Juni 2020);

2.) eine IMI-Analyse zur Rekrutierungsstrategie der Bundeswehr.


1.) AUSDRUCK (Juni 2020)

Soeben ist die neue Juni-Ausgabe des IMI-Magazins AUSDRUCK erschienen. 
Der Schwerpunkt widmet sich dem Thema Rekrutierung, aber auf den 
insgesamt 72 Seiten finden sich natürlich auch noch eine Reihe weiterer 
Artikel.

IMI-Mitglieder erhalten den Ausdruck auf Wunsch in Print zugeschickt. Er 
kann aber wie immer auch hier heruntergeladen werden: 
https://www.imi-online.de/download/Ausdruck-Juni-2020-web.pdf

INHALTSVERZEICHNIS

SCHWERPUNKT: REKRUTIERUNG

-- Editorial (Alexander Kleiß und Andreas Seifert)
https://www.imi-online.de/download/Ausdruck101-Editorial.pdf
-- „Atmender Personalkörper“ (Alexander Kleiß)
https://www.imi-online.de/download/Ausdruck101-Personalkoerper.pdf
-- Minderjährige im Visier (Interview mit Michael Schulze von Glaßer)
https://www.imi-online.de/download/Ausdruck-101-Minderjaehrig.pdf
-- Widersprüchliche Werbekampagne (Nina Rupprecht)
https://www.imi-online.de/download/Ausdruck101-Rekrutinnen.pdf
-- Einsatz gegen Corona (Nina Rupprecht)
https://www.imi-online.de/download/Ausdruck101-YoutubeCorona.pdf
-- Bundeswehrpostkarten in Trier: Per Corona auf Rekrut*innenfang 
(Markus Pflüger)
https://www.imi-online.de/download/Ausdruck101-Postkarte.pdf
-- Adbusting: Repression, weil es die Bundeswehr „lächerlich“ macht 
(Klaus Poster)
https://www.imi-online.de/download/Ausdruck101-Adbusting.pdf
-- Wiederkehr der Zwangsdienste? (Gernot Lennert)
https://www.imi-online.de/download/Ausdruck101-Zwangsdienste.pdf
-- Von Söldnern zu Wehrdienstleistenden (Andreas Seifert)
https://www.imi-online.de/download/Ausdruck101-Rekrutierungsgeschichte.pdf
-- Blick über den Tellerrand: Rekrutierung in Europa und anderswo 
(Christina Boger u.a.)
https://www.imi-online.de/download/Ausdruck101-RekrutierungInternational.pdf

MAGAZIN

DEUTSCHLAND UND DIE BUNDESWEHR
-- Die Bundeswehr und das Virus (II) Mitte März bis Mitte Mai 2020 
(Martin Kirsch)
https://www.imi-online.de/download/Ausdruck101-CoronaBW.pdf
-- Polizeigesetz Baden-Württemberg: Verschärfung während der Pandemie 
(Stefan Gruber)
https://www.imi-online.de/download/Ausdruck101-Polizeigesetz.pdf
-- Hotspot für rechte Umtriebe (Tobias Pflüger und Alexander Kleiß)
https://www.imi-online.de/download/Ausdruck101-KSK.pdf
-- Cyber Valley, MPI und US-Geheimdienste (Christoph Marischka)
https://www.imi-online.de/download/Ausdruck101-Cybervalley.pdf
-- Fauler Tornado-Kompromiss (Jürgen Wagner)
https://www.imi-online.de/download/Ausdruck101-Tornado.pdf

MALI
-- EU-Mandat ausgeweitet, Zweck unklar (Christoph Marischka)
https://www.imi-online.de/download/Ausdruck101-EUTM.pdf

MIGRATIONSBEKÄMPFUNG
-- Lasst uns die Menschen aus den Lagern holen! (Jacqueline Andres)
https://www.imi-online.de/download/Ausdruck101-Lager.pdf

US-KRIEGSPOLITIK
-- Defender Europe 2020 Plus: Das US-Großmanöver wird fortgesetzt! 
(Jürgen Wagner)
https://www.imi-online.de/download/Ausdruck101-Defender.pdf

EU-MILITARISIERUNG
-- Schwedens Mogelpackung: NATO (und EU) statt Neutralität (Christina Boger)
https://www.imi-online.de/download/Ausdruck101-Schweden.pdf



2.) IMI-Analyse zur Rekrutierungsstrategie der Bundeswehr


IMI-Analyse 2020/26
„Atmender Personalkörper“
Hintergründe zur Rekrutierungsstrategie der Bundeswehr
http://www.imi-online.de/2020/06/15/atmender-personalkoerper/
Alexander Kleiß (15. Juni 2020)


Die Aussetzung der Wehrpflicht 2011 war das Resultat eines konsequenten 
Richtungswechsels in der deutschen Militärpolitik. Begonnen hatte dies 
mit dem Ende des Kalten Krieges und der Fusion von Bundeswehr und 
Nationaler Volksarmee nach 1990. Die große auf Panzerschlachten 
ausgerichtete Massenarmee sollte ersetzt werden durch eine schlanke, 
weltweit einsetzbare Truppe. Sie spiegelt den deutschen Anspruch, nicht 
nur mehr allein als moralisches Vorbild zu wirken, als vielmehr 
militärisch zu helfen, deutsche Interessenpolitik umzusetzen. Die 
„quantitative Abrüstung“ war begleitet von einer „qualitativen 
Aufrüstung“. Die deutsche Wirtschafts- und Politelite sah sich als 
„Globaler Player“ berufen, militärisch-interventionistisch handeln zu 
können. Der damalige Generalinspekteur Wieker formulierte 2010: „Für die 
Planung und Durchführung von Einsätzen zählt unter den Verbündeten nicht 
die Anzahl an Soldatinnen und Soldaten in den Kasernen, sondern allein 
die Zahl der für unterschiedliche Operationen tatsächlich nutzbaren 
Kräfte.“[1]

  Mit der Aussetzung der Wehrpflicht war die Bundeswehr aber auch 
gezwungen, sich verstärkt der Anwerbung von Rekrut*innen zu widmen. 
Zunehmend ausufernde Werbe- und Imagekampagnen waren die Folge.

Verstärkt wurden die immer dreisteren Anwerbeversuche der Bundeswehr in 
der Folge der Krimkrise 2014, die die Landes- und Bündnisverteidigung 
wieder mehr in den Fokus rückte – ohne dabei aber die Auslandseinsätze 
zu reduzieren.[2] Das Verteidigungsministerium schreibt: „Um hierfür 
gerüstet zu sein, muss [die Bundeswehr] den Umfang ihrer Streitkräfte 
entsprechend anpassen.“[3] Die folgende Aufrüstung – auch hinsichtlich 
des Personalumfangs – wurde von der damaligen Verteidigungsministerin 
von der Leyen mit dem Schlagwort „Trendwende Personal“ sowie dem 
Euphemismus des „atmenden Personalkörpers“[4] umschrieben, also einer 
Truppe, die schnell wachsen (und theoretisch auch schrumpfen) könne. Im 
Fähigkeitsprofil der Bundeswehr von 2018 wurde das ambitionierte Ziel 
ausgegeben, bis 2031 drei schwere Divisionen für mögliche 
Auseinandersetzungen mit Russland in die NATO einzuspeisen.[5]

Im Verteidigungsministerium verabschiedete man sich jedoch bereits im 
darauffolgenden Jahr später von dieser Zusage. Spiegel Online 
berichtete: „Der dritte Großverband werde nun nur noch in ‚gekaderter‘ 
Form geplant, also als Formation, die bei Bedarf mit Reservisten 
aufgefüllt würde.“[6] So könne selbst „bei der Zielgröße von 203.000 
Soldatinnen und Soldaten im Jahr 2025 […] nicht alles umgesetzt werden, 
was der NATO zugesagt wurde“.[7] Es ist fraglich, ob diese Zielgröße von 
203.000 zu rekrutieren ist. Die Bundeswehr rechnet Spiegel Online 
zufolge damit, „dass 2020 von 760.000 Schulabgängern nur die Hälfte für 
die Armee geeignet ist. Der Rest habe entweder keinen deutschen Pass, 
bringe nicht die nötige sportliche Fitness mit oder lehne das Militär 
grundsätzlich ab. Von den übrig bleibenden jungen Menschen müsste sich 
unter dem Strich jeder Vierte bei der Armee bewerben, damit diese ihren 
Bedarf decken kann.“[8]

Dennoch hält die Bundeswehr verkrampft an ihren Personalzielen fest und 
versucht, durch „Attraktivitätsmaßnahmen“, noch mehr Rekrut*innen 
anzuwerben und Soldat*innen, die bereits bei der Bundeswehr sind, länger 
zu binden. Oder mit den Worten des Verteidigungsministeriums: „Um ihre 
Aufgaben auch nach der Aussetzung der Wehrpflicht 2011 erfüllen zu 
können, braucht die Bundeswehr qualifizierte, motivierte und belastbare 
Mitarbeiter. Mit der Agenda ‚Bundeswehr in Führung – Aktiv. Attraktiv. 
Anders.‘ möchte sie in die Spitzengruppe der attraktivsten Arbeitgeber 
vorstoßen. Ziel ist es, die vielen guten Arbeitskräfte, die sie hat, zu 
halten und möglichst viele neue motivierte Männer und Frauen für sich zu 
gewinnen.“[9]

Entsprechend diesen beiden Zielen lassen sich die deshalb ergriffenen 
Rekrutierungsmaßnahmen in interne Maßnahmen mit dem Ziel der 
Personalbindung und externe Maßnahmen mit dem Ziel der Anwerbung neuer 
Rekrut*innen unterteilen.


„Attraktivitätsmaßnahmen“

Zum Bereich der internen Maßnahmen können die während der Amtszeit der 
ehemaligen Verteidigungsministerin von der Leyen (2013-2019) unter dem 
Schlagwort „Agenda Attraktivität“ angestoßenen Vorstöße gezählt werden, 
die u.a. eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Soldat*innendasein, 
höhere Besoldung, bessere Altersvorsorge, Verbesserungen für 
Einsatzgeschädigte (z.B. traumatisierte Soldat*innen), eine erleichterte 
Übernahme als Berufssoldat*in, neue Bildungsangebote und modernere 
Unterkünfte in den Bundeswehrliegenschaften anstrebten.[10] Dies deckt 
sich im Wesentlichen mit den Forderungen des Deutschen 
Bundeswehrverbands, die dieser 2018 im Papier „Schlagkräftige Bundeswehr 
2025“ aufstellte.[11]

Dieser Kurs wurde von ihrer Nachfolgerin Kramp-Karrenbauer fortgesetzt. 
Diese erklärte bereits in ihrer Antrittsrede, sie wolle den 
Soldat*innenberuf attraktiver machen – u.a. durch kostenlose Bahnfahrten 
für Soldat*innen in Uniform. Ein aus ihrer Sicht positiver Nebeneffekt 
dieses primär finanziellen Anreizes wäre eine erhöhte Sichtbarkeit der 
Bundeswehr im öffentlichen Raum: Soldat*innen als Werbeträger. Das 
Ministerium zahlt für diese „Freifahrten“ mit 4 Mio. Euro geradezu einen 
Schnäppchenpreis.[12]


  Werbung

Die externen Maßnahmen sind vor allem als massive Werbung im 
öffentlichen Raum und im Internet sichtbar. Sie bestehen aber auch in 
der Verstärkung alter „etablierter“ Kanäle um das Zielpublikum – junge 
Menschen im wehrfähigen Alter – auf sich aufmerksam zu machen: 
Jugendoffiziere und die direkte Ansprache von Journalisten.

In der Öffentlichkeit werden momentan vor allem die großflächigen und 
gefühlt omnipräsenten Werbeplakate der Bundeswehr wahrgenommen, die laut 
einer Kleinen Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke (DIE LINKE)[13] mit 
5,5 Mio. Euro (wie die nachfolgenden Zahlen jeweils für das Jahr 2018) 
durchaus teuer zu Buche schlagen. Noch teurer war nur die Werbung im 
Internet, die massiv ausgebaut wurde, und 11,4 Mio. Euro kostete. Dies 
umfasste vor allem die Werbung in den sozialen Medien und die 
(Werbe-)Serien, die die Bundeswehr produzierte. Jüngst erschienen die 
Bundeswehr-Serien „Die Rekrutinnen“ und „Einsatz gegen Corona“. Daneben 
warb die Bundeswehr auch im Radio und in Zeitungen, wofür weitere 3 Mio. 
Euro ausgegeben wurden. 700.000 Euro wurden für Truppenbesuche und 
720.000 Euro für Give Aways, also Werbegeschenke, ausgegeben. Der 
„KarriereTreff Bundeswehr“, ein durch die Bundesrepublik tourender 
Bundeswehrtruck, nahm 2018 an 15 Veranstaltungen teil und erreichte 6,4 
Mio. Besucher*innen, was sich die Bundeswehr weitere 500.000 Euro kosten 
ließ. 2018 war die Bundeswehr zudem auf sage und schreibe 2.184 Messen, 
Ausstellungen und ähnlichen Veranstaltungen präsent, wofür 4,3 Mio. Euro 
ausgegeben wurden. 15 Millionen Personen besuchten diese Messen und 
Veranstaltungen.

Neben der Präsenz auf Messen und Ausstellungen setzt die Bundeswehr aber 
auch auf eigene Events. Einige davon fallen in diesem Jahr wegen der 
Corona-Pandemie aus; in den vergangenen Jahren wurden sie jedoch zu 
einer wichtigen Säule der Bundeswehr-Rekrutierungsstrategie ausgebaut.

Zu nennen wäre an dieser Stelle z.B. der Tag der Bundeswehr, an dem die 
Bevölkerung bei Volksfestatmosphäre in die Kasernen eingeladen wird. Das 
Großevent, das sich nicht nur, aber auch an potenzielle Rekrut*innen 
richtet, findet seit 2015 gleichzeitig an 14 bis 16 Standorten statt. 
2018 kostete das Militärspektakel „für die ganze Familie“ offiziell 5,8 
Mio. Euro. Die tatsächlichen Kosten dürften jedoch eher das Fünffache 
umfassen, da „Kosten, die auch ohne den ‚Tag der Bundeswehr‘ in 
vergleichbarer Höhe angefallen wären“, wie z.B. die Gehälter der 
eingesetzten Soldat*innen, herausgerechnet wurden.[14]

Ein weiterer Event ist „Bundeswehr Olympix“, eine Sportveranstaltung für 
Jugendliche an der Sportschule der Bundeswehr in Warendorf. Von der 
Anreise über die Verpflegung bis hin zur Übernachtung übernimmt die 
Bundeswehr sämtliche Kosten der Teilnehmenden. Während das Event 2018 
noch zweimal stattfand und 800 Jugendliche erreicht werden konnten, fand 
es 2019 nur noch einmal mit 500 Teilnehmenden statt. 2020 fällt es aus. 
2018 wurden 681.000 Euro für das Event ausgegeben.

Speziell an Mädchen ab dem 15. Lebensjahr richtet sich der „’Girls‘ 
Day“. 2018 wurden hierfür 24.000 Euro ausgegeben. Am 22.4.2021 soll er 
nach der Absage für 2020 erneut stattfinden. Zeitgleich soll der 
sogenannte „Boys‘ Days“ stattfinden, denn: „Natürlich haben wir auch an 
die Jungs gedacht“[15] - auch männliche Emanzipation wird bei der 
Bundeswehr groß geschrieben!

Auch musikbegeisterte Jugendliche möchte die Bundeswehr ansprechen und 
hat deshalb auch für diese ein Event ins Leben gerufen: BW-Musix. Der 
Militärmusikwettbewerb findet seit 2004 an wechselnden Orten statt; seit 
2009 schwerpunktmäßig in Balingen.[16] In den letzten Jahren nahmen 
jeweils etwa 1.000 Jugendliche teil.

Allgemein nimmt die Musik für die Bundeswehr eine wichtige Rolle bei 
Gewöhnung der Öffentlichkeit an Uniformen ein. Musik gilt als friedlich 
und wird selbst im Fall von Militärmusik gesellschaftlich häufig als 
unproblematisch wahrgenommen. Das nutzt die Bundeswehr für eine 
Militarisierung der Gesellschaft und im Fall von BW-Musix auch zur 
Nachwuchsgewinnung. Die Bundeswehr unterhält 15 Militärorchester, 
sogenannte Heeresmusikkorps. Der Wert, den man der Militärmusik beim 
Ministerium beimisst, lässt sich an den immer weiter steigenden Kosten 
ablesen. 2014 gab die Bundeswehr noch 6,5 Mio. Euro für die Heeresmusik 
aus, seit drei Jahren liegen die Kosten konstant bei über 10 Mio. Euro, 
2019 waren es sogar mehr als 12,3 Mio. Euro. Personalkosten sind auch 
hier wieder nicht berücksichtigt. Tatsächlich dürften die Kosten 
deutlich höher liegen. Seit 2014 kamen die Orchester der Bundeswehr auf 
mehr als 2.000 Auftritte.[17]


Speerspitze an der Schule

Besorgniserregend ist das regelmäßige Werben der Bundeswehr an Schulen. 
Ziel ist es, Jugendliche nicht nur von der Sinnhaftigkeit einer 
militarisierten Außenpolitik zu überzeugen, sondern diese auch als 
Soldat*innen für diese Kriege zu gewinnen. Deshalb kommen in den letzten 
Jahren zunehmend Jugendoffizier*innen und Karriereberater*innen, oft 
auch parallel, an die Schulen. Kommt ein*e Jugendoffizier*in im Rahmen 
des Unterrichts in die Schule, ist die Teilnahme in der Regel Pflicht, 
im Fall von Karriereberater*innen, die auf dem Schulhof stehen jedoch 
meist freiwillig. Für Schüler*innen sind sie oft nicht zu differenzieren 
– was durchaus auch gewollt ist. Die Soldat*innen nehmen die Rolle einer 
Lehrperson ein und bekommen dadurch – und durch ihre Uniform – 
Autorität. Die Tätigkeit von Jugendoffizier*innen ist in einigen 
Bundesländern mit einer Kooperationsvereinbarung zwischen Bundeswehr und 
Landesregierung geregelt und verschafft ihnen einen exklusiven Zugang zu 
Schüler*innen. Insgesamt erreichten allein die Jugendoffizier*innen 2018 
bei 5.815 Veranstaltungen und 856 Seminaren insgesamt 151.838 
Schüler*innen. Die Jugendoffizier*innen an den Schulen betrachtet die 
Bundeswehr nicht als Rekrutierungsmaßnahme, sondern als Öffentlichkeits- 
und Bildungsarbeit.

Darüber hinaus besteht eine Kooperationsvereinbarung der Bundeswehr mit 
der Initiative „MINT Zukunft schaffen“, einem Verband in dem 
Arbeitgeberverbände bzw. die deutsche Industrie Schüler*innen für eine 
naturwissenschaftlich-technische Karriere begeistern wollen. Die 
Bundeswehr unterstützt das Netzwerk auch finanziell und kann sich 
dadurch u.a. wiederum an Schulen als „ganz normaler Arbeitgeber“ 
präsentieren.[18]

  Insgesamt wurden für die Informations- und Öffentlichkeitsarbeit, zu 
der beispielsweise auch der Tag der Bundeswehr und die Erstellung von 
Informationsmaterialien zählt, 2018 etwa 3,9 Mio. Euro, für die 
Nachwuchswerbung etwa 34,7 Mio. Euro ausgegeben. Insgesamt wurden 2018 
also knapp 40 Mio. Euro für Werbung und Öffentlichkeitsarbeit 
verpulvert.[19]


Fazit

Die Werbemaßnahmen der Bundeswehr der letzten Jahre haben das Bild von 
ihr in der öffentlichen Meinung positiv beeinflusst. Eine knappe 
Mehrheit der Bundesdeutschen hält die Bundeswehr sogar für einen 
„empfehlenswerten Arbeitgeber“ oder „attraktiven Arbeitgeber“. Einer 
Studie der Bundeswehr zufolge lag die Zahl derer, die die Bundeswehr für 
„attraktiv“ halten 2018 bei 69% der Befragten - 2019 sank der Wert 
leicht auf 65%.[20] Doch Hochglanz und Socialmedia-Stories vermögen auf 
Dauer die harte militärische Realität nicht zu verbergen. Die 
Abbrecher*innenqouten sind unvermindert hoch und zeugen davon, dass sich 
nicht jede*r durch die Werbung Geblendete dauerhaft halten lässt. Dabei 
ist es nicht nur die Differenz zwischen dem Werbebild und der 
Kriegsrealität, auf die wir als Antimilitarist*innen hinweisen müssen, 
es ist auch die Differenz zwischen dem Anspruch „Deutschland zu dienen“ 
und den Realitäten militärisch unterstützter Interessenpolitik, die dem 
zugrunde liegen. Deshalb ist es auch wichtig diese „Werbung“ fürs Töten, 
kritisch zu begleiten.

Das Militär kann, zynisch gesprochen, letztlich nicht anders, als die 
aktuelle Pandemie für seine Image- und Personalwerbung aktiv zu nutzen. 
Es wird auch den Umstand dankbar nutzen, dass die prognostizierte 
Wirtschaftskrise ihr erneut Jugendliche ohne andere Berufsperspektive in 
die Arme treibt. Vor dieser Sackgasse gilt es zu warnen. Der stetig 
steigende Personalstamm der Bundeswehr, auch in der Perspektive der 
Zielgröße von 203.000 Soldat*innen, ist neben der Bedrohung für den 
Frieden, die er darstellt, vor allem eine unglaubliche Geldverschwendung 
angesichts der Lücken die sich in unserem Sozial- und 
Gesundheitssystemen gerade auftun. 40 Mio. Euro für Werbung für die 
falsche Sache sind 40 Mio. zu viel.


Anmerkungen

[1] Bericht des Generalinspekteurs der Bundeswehr zum Prüfauftrag aus 
der Kabinettsklausur vom 7.6.2010, S. 14.
[2] IMI-Analyse 2018/13b: Alexander Kleiß, Tobias Pflüger und Jürgen 
Wagner: Konzeption der Bundeswehr. Rüstung für den Neuen Kalten Krieg.
[3] Bundesministerium der Verteidigung: Trendwende Personal.
[4] Ebd.
[5] IMI-Analyse 2018/13b: Alexander Kleiß, Tobias Pflüger und Jürgen 
Wagner: Konzeption der Bundeswehr. Rüstung für den Neuen Kalten Krieg.
[6] Spiegel Online: Ausrüstung und Personal. Bundeswehr zweifelt an 
eigener Einsatzfähigkeit. 20.12.2019.
[7] Augengeradeaus: Modernisierungskatalog der Bundeswehr bis 2031: Geld 
ist knapp – Personal noch viel mehr. 20.12. 2019.
[8] Spiegel Online: Personalnot schlimmer als gedacht Offenbar fast die 
Hälfte der Schulabgänger nicht für Bundeswehr geeignet. 27.1. 2019.
[9] Bundesministerium der Verteidigung: Die Agenda Attraktivität.
[10] Gesetz zur nachhaltigen Stärkung der personellen 
Einsatzbereitschaft der Bundeswehr. 4.8.2019.
Bundeswehr: Die Trendwende Personal;
CDU/CSU: Soldatenberuf attraktiver machen - Einsatzbereitschaft erhöhen. 
8.5.2019.
[11] Deutscher Bundeswehrverband: Schlagkräftige Bundeswehr 2025. 2018.
[12] Zeit online, Soldaten in Uniform fahren ab 1. Januar gratis Bahn. 
17.8.2019.
[13] Bundestagsdrucksache 19/10515: Antwort der Bundesregierung auf die 
Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke u.a. der Fraktion DIE LINKE: 
Umfang von Werbemaßnahmen der Bundeswehr im Jahr 2018. 29.5. 2019.
[14] Bundeswehr-Journal: Linke erkundigen sich nach Kosten für „Tag der 
Bundeswehr“. 28.7.2018.
[15] BundeswehrEntdecken: Girls und Boys Day.
[16] IMI-Standpunkt 2009/069: Christoph Marischka: Die Bundeswehr, 
Blasmusik und eine Kleinstadt. Balingen reagiert hysterisch auf Proteste 
gegen BW-Musix.
[17] Bundestagsdrucksache 19/15282: Antwort der Bundesregierung auf die 
Kleine Anfrage der Abgeordneten Tobias Pflüger u.a. der Fraktion DIE 
LINKE: Kosten der Militärmusik der Bundeswehr. 19.11.2019;
Antwort der Bundesregierung auf die Schriftliche Frage 1/34 des 
Abgeordneten Tobias Pflüger vom 7. Januar 2020.
[18] Jahresbericht der Jugendoffiziere der Bundeswehr. Ausgabe 2018. 
11.6.2019.
[19] Bundestagsdrucksache 19/10515: Antwort der Bundesregierung auf die 
Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke u.a. der Fraktion DIE LINKE: 
Umfang von Werbemaßnahmen der Bundeswehr im Jahr 2018. 29.5.2019.
[20] Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der 
Bundeswehr: Sicherheits- und verteidigungspolitisches Meinungsbild in 
der Bundesrepublik Deutschland. 2019.



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