[IMI-List] [0568] Militarisierung (US-)Polizei / „Abzug“ US-Soldaten / Youtube-Rekrutierung / Factsheet Rüstung

IMI-JW imi at imi-online.de
Mi Jun 10 12:16:02 CEST 2020


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Online-Zeitschrift "IMI-List"
Nummer 0568 .......... 23. Jahrgang ........ ISSN 1611-2563
Hrsg.:...... Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V.
Red.: IMI / Jürgen Wagner / Christoph Marischka
Abo (kostenlos)........ https://listi.jpberlin.de/mailman/listinfo/imi-list
Archiv: ....... http://www.imi-online.de/mailingliste/
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Liebe Freundinnen und Freunde,

in dieser IMI-List finden sich

1.) Hinweise zu neuen Texten über den angekündigten US-Truppenabzug und 
neue Youtube-Rekrutierungskampagnen sowie auf das aktualisierte 
Factsheet Rüstung;

2.) eine IMI-Analyse zu #BlackLivesMatter und der Militarisierung nicht 
nur der US-Polizei.


1.)  Neue IMI-Texte

Seit der letzten IMI-List ist wieder eine Menge passiert: Das Factsheet 
„Rüstung“, in dem wir versucht  haben, alle relevanten Zahlen rund um 
das Thema Militärausgaben zusammenzutragen, wurde aktualisiert. Außerdem 
sind kurze Texte zum angekündigten US-Truppenabzug sowie den neuen 
Vorschlägen für die anvisierten europäischen Rüstungshaushalte 
erschienen. Und schließlich finden sich auf der Homepage noch zwei 
Artikel zu den neuen Youtube-Rekrutierungskampagnen der Bundeswehr: „Die 
Rekrutinnen“ und „Einsatz gegen Corona“.

IMI-Standpunkt 2020/023
US-Truppenabzug
Chance für eine Friedensdividende?
http://www.imi-online.de/2020/06/09/us-truppenabzug/
Markus Pflüger (9. Juni 2020)

IMI-Standpunkt 2020/022
Ami goes home?
Risiken und Nebenwirkungen des “Abzugs” der US-Truppen aus Deutschland
http://www.imi-online.de/2020/06/08/ami-goes-home-2/
Jürgen Wagner (8. Juni 2020)

IMI-Analyse 2020/24
Widersprüchliche Werbekampagne
Ein kritischer Blick auf die Bundeswehr-Serie „Die Rekrutinnen“
http://www.imi-online.de/2020/06/05/widerspruechliche-werbekampagne/
Nina Rupprecht (5. Juni 2020)

IMI-Standpunkt 2020/021
Budgetäre Klimmzüge
EU-Kommission legt neue Vorschläge für die (Rüstungs-)Haushalte 2021 bis 
2027 vor
http://www.imi-online.de/2020/06/05/budgetaere-klimmzuege/
Jürgen Wagner (5. Juni 2020)

IMI-Factsheet
Rüstung
http://www.imi-online.de/2020/06/03/ruestung-3/
(3. Juni 2020)

IMI-Standpunkt 2020/020
Einsatz gegen Corona
Die neue Werbekampagne der Bundeswehr
http://www.imi-online.de/2020/06/03/einsatz-gegen-corona/
Nina Rupprecht (3. Juni 2020)

IMI-Standpunkt 2020/019
Kontroverse um deutsches Mali-Engagement
http://www.imi-online.de/2020/05/25/iarpa-forschung-trotz-zivilklausel/
Christoph Marischka (27. Mai 2020)

Dokumentation - in: SWR4 (Studio Tübingen), 18.5.2020
IARPA-Forschung trotz Zivilklausel?
http://www.imi-online.de/2020/05/25/iarpa-forschung-trotz-zivilklausel/
(25. Mai 2020)


2.) IMI-Analyse: #BlackLivesMatter: Militarisierung US-Polizei

IMI-Analyse 2020/25
#BlackLivesMatter
Folgen rassistischer Gewalt einer militarisierten Polizei werden sichtbar
http://www.imi-online.de/2020/06/09/blacklivesmatter/
Martin Kirsch und Alexander Kleiß (9. Juni 2020)

In den vergangenen zwei Wochen ist die Auseinandersetzung mit 
rassistischer Polizeigewalt in bisher unbekannter Breite in den Fokus 
medialer Berichterstattung und gesellschaftlicher Debatten gerückt. 
Auslöser war der Mord an George Floyd, einem Schwarzen[1] US-Bürger, der 
durch den Polizisten Derek Chauvin getötet wurde. Ein Video, das den 
qualvollen Erstickungstod dokumentiert, hatte sich rasend schnell 
verbreitet, woraufhin zunächst am Ort des Geschehens in Minneapolis, 
dann in zahlreichen anderen Städten in den USA und mittlerweile weltweit 
Proteste gegen rassistische Polizeigewalt entflammten. Bereits seit 2013 
thematisiert die Black-Lives-Matter-Bewegung eine Vielzahl von Morden an 
Schwarzen durch Polizeikräfte und die darauf folgende Straflosigkeit.

7.666 Menschen wurden von 2014 bis 2019 von US-Polizist*innen getötet[2] 
– überproportional viele von ihnen waren Schwarze und People of Colour. 
Angaben der Plattform Mapping Police Violence zufolge wurden in den USA 
in diesem Zeitraum lediglich etwas mehr als ein Prozent der 
Polizist*innen nach der Tötung einer Person vor Gericht angeklagt – und 
von diesen wurde wiederum nur ein Viertel verurteilt.[3] Letztlich ist 
der institutionelle Rassismus ein jahrhundertealtes und tief in der 
Geschichte von Kolonialismus und Sklaverei verwurzeltes Problem. Wie 
bereits nach den Morden an Michael Brown 2014 kommt es auch im Rahmen 
der aktuellen Proteste zu Plünderungen und gewaltsamen 
Auseinandersetzungen mit der Polizei. Während in der medialen Debatte 
häufig nach vermeintlich „extremistischen Elementen“ als Verantwortliche 
für die Gewaltausbrüche gesucht wird, häufen sich Stimmen wie die des 
TV-Moderators und Comedians Trevor Noah.[4]  Noah sieht die 
Gewaltausbrüche und Plünderungen als eindeutige Konsequenz der 
angestauten Wut über unzählige Morde, systemischen Rassismus, 
alltägliche Polizeigewalt und nicht zuletzt auch Armut. Darüber hinaus 
stellt er die Frage, warum sich die Bevölkerungsgruppen, denen durch 
zahllose Morde durch Gesetzeshüter*innen und die darauf folgende 
Straflosigkeit vorgeführt wird, dass die Regeln der Gesellschaft und 
ihre Gesetze zu ihrem Schutz nicht gelten, sich selbst weiter an die 
Regeln und Gesetze dieser Gesellschaft halten sollten.

Konfrontiert werden die Proteste unabhängig davon, ob es sich um 
Plünderungen oder friedliche Kundgebungen und Demonstrationen handelt, 
vielerorts mit militarisierten und extrem gewaltbereiten Polizeikräften. 
Diese wurden von Beginn an mit voller Härte eingesetzt, um den 
aufflammenden Protest niederzuschlagen, wobei die Brutalität und das 
militärische Kalkül, mit dem die Polizei vorging, die Proteste weiter 
anfachten.

US-Armee liefert Waffen und Ausrüstung an Polizei

Die Militarisierung der Polizeikräfte in den USA wurde national wie 
international bereits 2014 zum Thema, nachdem am 9. August Michael 
Brown, ein 18jähriger Schwarzer US-Bürger, in Ferguson (Missouri) von 
einem Polizisten erschossen wurde. Der Anwalt der Familie Brown 
bewertete die Ereignisse als „hinrichtungsartige Tötung“.[5] In den 
Folgetagen kam es zu Demonstrationen und Unruhen in Ferguson und 
Umgebung. Konfrontiert wurden die Demonstrant*innen mit einem 
Großaufgebot der Polizei, Tränengas, Gummigeschossen und nächtlichen 
Ausgangssperren. Zur Durchsetzung der Ausgangssperren und der 
Zerschlagung der Proteste zielten paramilitärisch ausgerüstete 
Polizeikräfte mit Kriegswaffen auf Protestierende, während 
Panzerfahrzeuge in den Straßen patrouillierten. In der folgenden Debatte 
wurden neben systemischem Rassismus und Polizeigewalt auch die 
Ausrüstung und das Vorgehen der Polizei nach militärischem Vorbild zum 
Thema.

Im Rahmen des „War on Drugs“ (Krieg gegen Drogen) in den 1980er Jahren 
begann das US-Militär, ausgemustertes Gerät, Fahrzeuge, Waffen und 
Ausrüstung an Polizeibehörden weiterzugeben.

Seit 1997 ermöglicht das unter US-Präsident Bill Clinton verabschiedete 
„Programm 1033“ die kostenlose Weitergabe von überschüssigem Material 
des Pentagon an Polizeibehörden.[6] Einen Aufschwung erlebte das 
Programm nach der Ausrufung des „Kriegs gegen den Terror“ ab 2001 und 
erneut nach dem Abzug großer Truppenverbände der US-Armee aus dem Irak 2011.

Damit wurde in den letzten gut 20 Jahren durch die Armee für 
militärische Missionen in Übersee angeschafftes Material im Gegenwert 
von mindestens fünf Milliarden US-Dollar an Polizeibehörden weitergegeben.

Mit diesen Waffen, Panzerfahrzeugen und Uniformen aus den Kriegen in 
Afghanistan und dem Irak in den Händen der Polizei breitet sich seit den 
1980er Jahren auch eine Mentalität aus, die Polizeiarbeit zunehmend als 
Kriminalitätsbekämpfung im Sinne von militärischer Härte versteht.

Dieser Logik folgend haben auch kleinste lokale Polizeibehörden mit dem 
Material des US-Militärs paramilitärische Spezialeinheiten (SWAT) 
eingerichtet, die bis in die 1980er Jahre nur als Notfallstrukturen in 
Großstädten existierten.

Sind sie erst einmal eingerichtet, werden SWAT-Einheiten oft für Razzien 
(no knock warrents) eingesetzt, bei denen – auch wegen dem Verdacht auf 
kleinere Vergehen wie Drogenbesitz in geringem Umfang – Wohnhäuser nach 
militärischem Vorbild gestürmt werden.[7]

Bei Razzien dieser Art kommt es neben alltäglichen Gewaltexzessen immer 
wieder zu tödlichen Schüssen auf Bewohner*innen. Überproportional häufig 
wird dieses Vorgehen gegen die Schwarze Bevölkerung angewendet. Der 
letzte bekannte Fall in einer langen Liste ist der Tod der Schwarzen 
Krankenschwester Breonna Taylor, die bei einer im Nachhinein als völlig 
grundlos zu bewertenden Razzia am 13. März 2020 in ihrer Wohnung von 
Beamten der Polizei Louisville erschossen wurde.[8] Die Breite, Ausdauer 
und Heftigkeit der aktuellen Proteste nach dem Tod von George Floyd 
steht in direktem Zusammenhang mit dem Fall von Breonna Taylor, deren 
Tod in der Black-Lives-Matter-Bewegung und der Schwarzen Community in 
den USA, wie bereits so viele Morde zuvor, nicht vergessen wurde.

Hatte die Präsenz von militärischem Gerät in den Händen der Polizei 2014 
in Ferguson noch zu einem öffentlichen Aufschrei in den USA geführt – 
selbst Präsident Obama fühlte sich genötigt kritisch Stellung zu 
beziehen – scheint sich dieses Bild mittlerweile bereits normalisiert zu 
haben. In dieser Gemengelage war Präsident Trump zwischenzeitig bereit, 
einen Schritt weiter zu gehen und drohte mit dem Einsatz von regulären 
Truppen der Armee (actice duty forces) gegen die Protestierenden.

Keine rein US-amerikanischen Phänomene

Die Geschichte der USA – Sklaverei, das System der „Rassen“trennung und 
die breite Bewaffnung der Bevölkerung – macht eine einfache 
Gleichsetzung mit den Verhältnissen in Deutschland unmöglich. Ein Blick 
auf die hiesigen Verhältnisse lässt allerdings auch in der 
Bundesrepublik ähnliche Phänomene sichtbar werden. Systemischer 
Rassismus in der Gesamtgesellschaft, institutioneller Rassismus in 
Behörden und Gesetzestexten, rassistisches Handeln von 
Polizeibeamt*innen von Racial Profiling über Gewaltanwendung und Folter 
bis hin zu Todesfällen sind auch hier keine Seltenheit.

Zudem ist auch in Deutschland Polizeigewalt, fehlende Transparenz und 
eine klare Tendenz zur Straflosigkeit von Beamt*innen[9] zu beobachten. 
Auch in Deutschland sterben jedes Jahr Menschen durch 
Schusswaffengebrauch oder sonstige Gewalteinwirkung von 
Polizeibeamt*innen. Überproportional häufig sind sie psychisch krank 
oder befinden sich in einer akuten psychischen Ausnahmesituation.[10]

Say Their Names

Auch in Deutschland sterben immer wieder Schwarze Menschen und People of 
Colour bei Einsätzen von Polizist*innen und Sicherheitsleuten, durch 
unterlassene Hilfeleistung von Amtsträger*innen oder unter ungeklärten 
Umständen in Polizei- und Gefängniszellen.

•    Halim Dener (1994/ Hannover/ von SEK in zivil beim Plakatieren in 
den Rücken geschossen)

•    Kola Bankole (1994/ Frankfurt am Main/ bei Abschiebeversuch nach 
Zwangseinflößung von Psychophamaka, gefesselt und geknebelt durch 
BGS-Beamte erstickt)

•    Dr. Zdravko Nikolov Dimitrov (1999/ Braunschweig/ nach angedrohtem 
Selbstmordversuch wegen drohender Abschiebung durch SEK erschossen)

•    Aamir Ageeb (1999/ Lufthansa-Flug LH 588/ auf Abschiebeflug 
gefesselt durch BGS-Beamte erstickt)

•    N’deye Mareame Sarr (2000/ Aschaffenburg/ erschossen von Polizisten)

•    Achidi John (2001/ Hamburg/ Tod nach Brechmitteleinsatz)

•    Laye-Alama Condé (2005/ Bremen/ Tod nach Brechmitteleinsatz)

•    Oury Jalloh (2005/ Dessau/ in Polizeizelle verprügelt und verbrannt)

•    Dominique Kouamadio (2006/ Dortmund/ von Polizisten erschossen)

•    Mohammed Sillah (2007/ Remscheid/ Tod nach mehrfacher Verweigerung 
eines Krankenscheins/Krankenwagens durch Arzt, Ämter und Heimpersonal)

•    Slieman Hamade (2010/ Berlin/ Herzstillstand nachdem 
Polizist*innen, die auf ihm saßen, Pfefferspray in sein Gesicht sprühten)

•    Christy Schwundeck (2011/ Frankfurt Main/ nach Streit im Jobcenter 
von Polizisten erschossen)

•    Ousman Sey (2012/ Dortmund/ von Krankenwagen trotz Herzrasen und 
Krämpfen abgelehnt und im Polizeigewahrsam gestorben)

•    Yaya Jabbie (2016/ Hamburg/ U-Haft wegen geringer Menge Marihuana, 
angeblicher Selbstmord ohne erkennbare Vorzeichen in JVA)

•    Hussam Fadl (2016/ Berlin/ von Polizisten nach Streit in 
Geflüchtetenunterkunft erschossen)

•    Amed A. (2017/ Kleve/ verbrannt in Gefängniszelle, in der er nur 
aufgrund manipulierter Polizeidaten saß)

•    Matiullah Jabarkhil (2018/ Fulda/ nach Steinwürfen auf Bäckerei von 
Polizisten erschossen)

•    William Tonou-Mbobda (2019/ Hamburg/ Tod nach Fixierung durch 
Security der Psychiatrie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf)

•    Rooble Muse Warsame (2019/ Schweinfurt/ in Polizeizelle angeblich 
selbst erhängt. Der Körper wies allerdings keine Würgemale, sondern 
äußere Verletzungen auf)

•    Adel B. (2019/ Essen/ erschossen von Polizisten nach angedrohtem 
Selbstmordversuch)

Diese erschreckende, aber noch immer unvollständige Liste[11] macht 
klar, dass es sich bei der immer wieder gebrauchten Floskel vom 
„Einzelfall“ um eine untragbare Verharmlosung handelt, die eine 
Diskussion über systemische Probleme mit Gewaltanwendung und Rassismus 
in der Polizei verunmöglichen soll. Allen Fällen gemein ist der 
mangelnde Aufklärungswille von Polizei und Staatsanwaltschaften.

Aufklärung und Transparenz unerwünscht

Doch selbst Minimalforderungen, wie die u.a. von Amnesty International 
wiederholt geforderte[12] Einführung tatsächlich unabhängiger und mit 
eigenen Ressourcen ausgestatteter Ermittlungsstellen, die ein Mindestmaß 
an Transparenz und Ermittlungsdruck herstellen könnten – aktuell 
ermitteln Polizist*innen gegen ihre Kolleg*innen – werden von den 
Polizeigewerkschaften und diversen Politiker*innen, weit über 
konservative Kreise hinaus, zurückgewiesen.

Aktuell läuft die Gewerkschaft der Polizei Sturm gegen ein neues 
Antidiskriminierungsgesetz, das in Berlin beschlossen wurde. Kommt es zu 
einer Ermittlung wegen diskriminierendem Verhalten gegen eine Berliner 
Behörde – darunter auch die Polizei – soll diese in Zukunft belegen 
müssen, dass dieses diskriminierende Verhalten nicht stattgefunden hat. 
Die Beweislast würde somit von der Betroffenenseite auf die 
Behördenseite übergehen.[13] Obwohl es sich dabei um 
verwaltungsrechtliche Vorgänge und nicht um Strafrecht gegenüber 
einzelnen Beamt*innen handelt, geht die Polizeigewerkschaft soweit, die 
Innenministerien anderer Bundesländer aufzufordern, keine Polizeikräfte 
für Großeinsätze mehr nach Berlin zu schicken, nachdem das Gesetz nun 
beschlossen wurde. Ähnliche Proteststürme sind auch gegen die Einführung 
einer Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamt*innen bekannt, die es 
zumindest ermöglichen würde, gewalttätige Beamt*innen zu identifizieren. 
Dieses Vorgehen – selbst gegen minimale Reformen der 
Rechenschaftspflicht von Polizeibehörden – zeigt, wie auch in 
Deutschland versucht wird, einen Raum der Undurchsichtigkeit und damit 
Straflosigkeit für Polizeikräfte mit allen Mitteln aufrecht zu erhalten.

Militarisierung der Polizei in Deutschland

Währenddessen ist spätestens mit der Terrorhysterie seit 2015 auch in 
den 17 deutschen Polizeibehörden eine klare Tendenz der Militarisierung 
festzustellen. In den letzten fünf Jahren wurden Spezialeinheiten 
aufgestockt und weiter in der Fläche verteilt. Sieben Länderpolizeien 
und die Bundespolizei haben neue Panzerwagen nach militärischem Vorbild 
beschafft. Fünf Länderpolizeien haben – z.T. auch für die Besatzung der 
Streifenwägen – Sturmgewehre in größeren Mengen angeschafft. Titanhelme 
und schwere schusssichere Westen, wie sie zuvor nur beim Militär und in 
Spezialeinheiten getragen wurden, haben bundesweit Einzug in die 
Streifenwägen gehalten. Zudem werden die Streifenbeamt*innen bundesweit 
für sogenannte „lebensbedrohliche Einsatzlagen“ in paramilitärischen 
Intensivkursen weitergebildet.[14] Auch hierzulande ist eine 
Verschiebung der polizeilichen Logik und Mentalität hin zu einer 
zunehmend militärischen Perspektive auf Kriminalitäts- und 
Terrorismusbekämpfung festzustellen. Ein erstes Bild davon, wie diese 
Logik und das neue Material auch gegen Demonstrationen und 
Straßenproteste in Stellung gebracht werden können, zeigte sich während 
des G20-Gipfels in Hamburg 2017.[15]

Passend dazu wurden in den letzten Jahren in diversen Bundesländern die 
Polizeigesetze verschärft, wobei zu Ungunsten von Transparenz und 
Bürgerrechten die Befugnisse der Behörden ausgeweitet wurden. Die 
baden-württembergische Landesregierung plant sogar, während der 
Corona-Pandemie  – und noch während alle Welt über Polizeigewalt 
diskutiert – die nächste Verschärfung des Polizeigesetzes. Bereits am 
25. Juni 2020 ist die erste Lesung im Landtag geplant und schon im Juli 
soll das Gesetz still und heimlich verabschiedet werden.[16]

Bei allen Unterschieden handelt es sich bei rassistischer Polizeigewalt 
und der Militarisierung der Polizei also keineswegs um rein 
US-amerikanische Probleme – vielmehr gibt es in Deutschland ebenfalls 
gute Gründe, in Solidarität mit den Protesten in den USA, aber auch mit 
einem klaren Blick auf die hiesigen Probleme, auf die Straße zu gehen.

Anmerkungen

[1] Schwarz wird in diesem Text grundsätzlich großgeschrieben, weil es 
sich hier nicht um eine Beschreibung der Hautfarbe, sondern um einen 
Begriff für eine soziopolitische Gruppe mit spezifischer 
Rassismuserfahrung handelt, der von Vertreter*innen dieser Gruppe als 
Selbstbezeichnung genutzt wird.
[2] Statista: US-Polizeibeamte landen kaum vorm Richter. 2020.
[3] Ebd.
[4] Youtube: George Floyd, Minneapolis Protests, Ahmaud Arbery & Amy 
Cooper | The Daily Social Distancing Show, 29.5.2020
[5] DW: Fergusons Polizei macht erneut keine gute Figur, 16.8.2014
[6] Zeit Online: Die Krieger von Ferguson, 21.8.2014
[7] Peter B. Kraska: Militarization and Policing—Its Relevance to 21st 
Century Police, 13.12.2007
[8] Spiegel: US-Polizisten erschossen schwarze Rettungssanitäterin, 
13.5.2020
[9] T-online.de: Warum kaum ein Polizist wegen Gewalt im Dienst 
verurteilt wird, 25.5.2018
[10] TAZ: Dossier – Tödliche Polizeischüsse, o.D.
[11] Die Schreibweisen der Namen sind aus den jeweiligen Quellen übernommen.
[12] Amnesty International: Unabhängige Untersuchungsmechanismen in 
Fällen von rechtswidriger Polizeigewalt in Deutschland. 2018.
[13] Cilip: Polizeigewerkschaften fürchten neues 
Antidiskriminierungsgesetz, 28.5.2020
[14] IMI-Analyse: Paramilitärische Polizei – Vorbild Bundeswehr, 18.6.2019
[15] IMI-Analyse: Spezialeinheiten gegen Menschenmengen, 20.7.2017
[16] IMI-Analyse: Baden-Württemberg: Verschärfung des Polizeigesetzes 
während Corona-Krise, 14.04.2020


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