[IMI-List] [0567] Cyber Valley & IARPA / Fortsetzung Defender 2020 / Podcast / Mali & Nukleare Teilhabe

IMI-JW imi at imi-online.de
Fr Mai 15 16:36:03 CEST 2020



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Online-Zeitschrift "IMI-List"
Nummer 0567 .......... 23. Jahrgang ........ ISSN 1611-2563
Hrsg.:...... Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V.
Red.: IMI / Jürgen Wagner / Christoph Marischka
Abo (kostenlos)........ https://listi.jpberlin.de/mailman/listinfo/imi-list
Archiv: ....... http://www.imi-online.de/mailingliste/
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Liebe Freundinnen und Freunde,

1.)  Der Hinweis auf die soeben erschienene IMI-Studie „Cyber Valley, 
MPG und US-Geheimdienste“;

2.)  Der IMI-Podcast 21/2020 (u.a. zu Bundeswehr & Corona);

3.) Hinweise auf weitere aktuelle IMI-Analysen u.a. zur Debatte um die 
Nukleare Teilhabe und das neue Mali-Bundeswehrmandat;

4.) Ein IMI-Text zur für Juni geplanten Fortsetzung des Großmanövers 
„Defender 2020“.


1.) IMI-Studie: „Cyber Valley, MPI und US-Geheimdienste“

Als vermeintlich progressiver dritter Weg in der KI-Forschung zwischen 
China und USA wurde das Tübinger Cyber Valley angepriesen. Wie in der 
aktuellen IMI-Studie „Cyber Valley, MPI und US-Geheimdienste“ 
herausgearbeitet wird, waren das angesichts der Teilfinanzierung durch 
die US-Geheimdienstbehörde IARPA nur hohle Phrasen:

IMI-Studie 2020/03
Cyber Valley, MPI und US-Geheimdienste
Ein militärisch-forschungsindustrieller Komplex?
http://www.imi-online.de/2020/05/15/cyber-valley-mpi-und-us-geheimdienste/
Christoph Marischka (15. Mai 2020)

2.) Antimilitaristischer Podcast Nr. 21/2020

Eine neue Ausgabe des antimilitaristischen Podcasts ist erschienen.
http://www.imi-online.de/2020/05/14/antimilitaristischer-podcast-ausgabe-21/ 


Themen sind:
-- Bundeswehr und die Corona-Krise
-- Bundeswehr und die Youtube-Werbung „Rekrutinnen“:
-- Mali: Ausweitung des Mandates

http://www.imi-online.de/2020/05/14/antimilitaristischer-podcast-ausgabe-21/ 


3.) Neue IMI-Analysen

IMI-Analyse 2020/23
Grüne Offensive
Per Interventions- und Geopolitik Richtung Schwarz-Grün
http://www.imi-online.de/2020/05/13/gruene-offensive/
Jürgen Wagner (13. Mai 2020)

IMI-Analyse 2020/22 - in: Telepolis, 6.5.2020
Atomare US-Alleingänge und die Debatte um die Nukleare Teilhabe
http://www.imi-online.de/2020/05/07/atomare-us-alleingaenge-und-die-debatte-um-die-nukleare-teilhabe/ 

Jürgen Wagner (7. Mai 2020)

IMI-Standpunkt 2020/016
Mali: Mandatsausweitung bestätigt
http://www.imi-online.de/2020/05/06/mali-mandatsausweitung-bestaetigt/
Christoph Marischka (6. Mai 2020)

IMI-Standpunkt 2020/015
Bundeswehr: Per Corona auf RekrutInnenfang
http://www.imi-online.de/2020/05/04/bundeswehr-per-corona-auf-rekrutinnenfang/ 

Markus Pflüger (4. Mai 2020)


4.) Artikel: Defender 2020 wird fortgesetzt!

IMI-Standpunkt 2020/018 - in: Telepolis, 14.5.2020
Defender Europe 2020 Plus
Das US-Großmanöver wird fortgesetzt!
http://www.imi-online.de/2020/05/15/11658/
Jürgen Wagner (15. Mai 2020)

Die ursprünglich für den Zeitraum zwischen Januar und Juni 2020 
terminierte US-Großübung „Defender Europe 2020“ war als zentraler 
Baustein im allgegenwärtigen Säbelrasseln gegen Russland gedacht. Beim 
größten US-Manöver seit 25 Jahren hätten eigentlich 20.000 US-Soldaten 
aus den USA 4.000km quer durch Europa bis an die Grenze Russlands 
verfrachtet werden sollen – insgesamt war von 37.000 beteiligten 
Soldaten die Rede. Deutschland sollte dabei sowohl in einer Reihe 
angegliederten NATO-Manöver, vor allem aber auch bei der logistischen 
Unterstützung der US-Truppen eine zentrale Rolle spielen (siehe 
Telepolis, 8.1.2020).

Dann machte die Corona-Krise den USA allerdings einen gründlichen Strich 
durch die Manöverrechnung – Mitte März 2020 war der Presse zu entnehmen: 
„Das war’s: Der Coronavirus hat das Mega-Manöver der USA endgültig zum 
Erliegen gebracht. ‚Defender 2020‘ wird vorzeitig beendet.“ Bis zu 
diesem Zeitpunkt waren nach NATO-Angaben bereits 6.000 US-Soldaten und 
3.000 Fahrzeuge über den Atlantik transportiert worden. Obwohl dies 
natürlich automatisch die Frage aufwarf, was mit diesen Truppen 
geschehen würde, antwortete die Bundesregierung Anfang April 2020 auf 
eine Anfrage der Linken, ob die ursprünglich für Mai im Zusammenhang mit 
Defender 2020 stehenden Übungen „Allied Spirit XI“ und „Trojan 
Footprint“ trotz der Corona-Krise stattfinden würden, dies sei „der 
Bundesregierung nicht bekannt.“

Nun ist die Katze aber aus dem Sack: Zumindest Allied Spirit XI soll im 
Juni 2020 ungeachtet der Umstände durchgezogen werden – auch die 
Durchführung weiterer mit Defender 2020 in Verbindung stehender Manöver 
wurde von der U.S. Army Europe angekündigt. Auch über das der Übung 
zugrundeliegende Szenario ist inzwischen ein wenig mehr bekannt, wobei 
die neuen Informationen im Wesentlichen bestätigen, was ohnehin bereits 
auf der Hand lag: Dass das Manöver gegen Russland gerichtet ist.

Occasus-Szenario

Von offizieller Seite wurde bis zuletzt an einer gemeinsamen 
Sprachregelung festgehalten: Defender 2020 sei ein rein defensives 
Unterfangen, das keineswegs gegen einen bestimmten Staat gerichtet wäre. 
Stellvertretend sei hier Martin Schelleis zitiert, der als Kommandeur 
der Streitkräftebasis für die gesamte deutsche Logistikunterstützung der 
US-Truppen zuständig war: „Sie [die Defender 2020-Übung] ist nicht gegen 
Russland gerichtet.“

Natürlich glaubt das kein Mensch und Kommentatoren mit ein wenig mehr 
rhetorischer Beinfreiheit hatten dies auch von Anfang an frank und frei 
eingeräumt. Christian Mölling etwa von der „Deutschen Gesellschaft für 
Auswärtige Politik“ gab an:

„Es geht insgesamt darum, Russland zu zeigen, dass man im Falle eines 
Falles bereit und in der Lage ist, Nordosteuropa zu schützen. Denn das 
ist zurzeit eine der wesentlichen Achillesfersen der NATO. Wir wissen, 
dass wir mit den wenigen Verbänden, die wir da oben haben, nicht lange 
durchhalten können. Das heißt, es wird alles darauf ankommen, die 
Durchhaltefähigkeit zu erhöhen, indem man tatsächlich Verstärkung 
schicken kann.“

Aus der Antwort auf eine Anfrage des Bundestagsabgeordneten Tobias 
Pflüger (Linke) geht das Szenario hervor, auf dem die Großübung basiert: 
„Nach Kenntnis der Bundesregierung liegt DEFENDER-Europe 20 und allen 
darin integrierten oder damit verbundenen Übungsvorhaben das Szenario 
OCCASUS zugrunde.“

Im gleichen Atemzug untermauerte die Bundesregierung allerdings, dass 
sie darüber hinaus nicht gewillt war, allzu viele Details über das 
Szenario herauszurücken: „Da sich die Frage auf eingestufte 
Informationen von Verbündeten bezieht, kann hierzu keine Aussage 
getroffen werden.“ Lediglich eine Sache wollte sie unbedingt noch 
betonen: „Das Szenario der Übung ist fiktiv, Ableitungen auf reale 
Gegebenheiten sind nicht möglich.“

Von einem fiktiven Szenario kann allerdings kaum die Rede sein, die Taz 
schrieb Anfang Mai über Occasus:

„Der Kern des Konflikts: Eine Allianz rund um den fiktiven Staat Murinus 
will die Nato schwächen und erhöht dafür ihre Militärpräsenz in der 
Nachbarschaft des Bündnisgebiets. Dann greift sie eines der 
Mitgliedsländer direkt an und nutzt dafür Mittel der hybriden 
Kriegsführung. Die fiktive Allianz will also ihre eigene Rolle im 
Konflikt verschleiern, indem sie beispielsweise Soldat*innen in 
Uniformen ohne Hoheitsabzeichen in den Kampf schickt. Mittels einer 
Propagandakampagne verbreitet sie zudem die Behauptung, dass der 
angegriffene Nato-Staat eine ethnische Minderheit im Land unterdrücke. 
Erinnert an die Rolle Russlands im Ukraine-Konflikt?“

Nun mag man die Rolle des Westens und Russlands im Ukraine-Konflikt 
bewerten, wie man möchte, dass er dem Occasus-Szenario als Vorbild 
dient, scheint recht offensichtlich. Und in diesem Zusammenhang sollte 
über Defender 2020 der schnelle Truppentransport im Eskalationsfall 
„optimiert“ werden, was im Übrigen sowohl defensiv wie auch offensiv 
nutzbar ist. Insofern ist es fast amüsant, wenn die Bundesregierung 
verwundert angibt, sie könne sich die ganze Aufregung auf russischer 
Seite auch nicht erklären: „Die Übung wurde durch Vertreter der 
Regierung der Russischen Föderation trotz ihres defensiven Charakters 
und trotz der u. a. auch von Deutschland ursprünglich geplanten 
freiwilligen Transparenzmaßnahmen erwartungsgemäß kritisiert.“

Jedenfalls hielten Teile des deutschen sicherheitspolitischen 
Establishments die Übung für so bedeutend, dass sie sich mit der im 
Raume stehenden Komplettabsage nicht abfinden wollten. Claudia Major und 
Dominic Vogel etwa von der die Regierung beratenden „Stiftung 
Wissenschaft und Politik“ machten sich vor einiger Zeit für eine 
Wiederholung von Defender stark:

„[S]eit dem 16. März stehen die Räder still. […] Doch sobald die 
Umstände es wieder zulassen, sollte die Übung wiederholt werden: Die 
militärischen Herausforderungen bleiben unabhängig von der Pandemie 
bestehen, von Russland bis Terrorismus. Bundeswehr und Nato-Verbündete 
müssen unverändert in der Lage sein, einander Beistand zu leisten, 
sollten sie Opfer eines bewaffneten Angriffs werden. Und so muss geprobt 
werden, was viele europäische Länder verlernt haben: der schnelle und 
sichere Transport über Staatsgrenzen hinweg. Dabei geht es um eine 
interne Verfahrensübung, nicht um das Durchspielen eines Angriffsszenarios.“

Wie dargelegt, wird der Charakter der Übung in Russland 
nachvollziehbarerweise gänzlich anders bewertet. In jedem Fall 
unterstreicht die SWP-Forderung die Bedeutung, die dem Manöver 
beigemessen wird. Eine vollständige Neuauflage noch in diesem Jahr 
dürfte allerdings aufgrund neuer Aussagen der US-Armee, Teile der 
beigeordneten Manöver nun verspätet durchexerzieren zu wollen, vom Tisch 
sein.

Defender-Fortsetzung: Allied Spirit

Augenscheinlich wurden Teile von Defender 2020 nicht gänzlich abgesagt, 
sondern lediglich auf Eis gelegt. Dies war allein insofern auch 
naheliegend, da nirgends von einem Rücktransport der bereits nach Europa 
verfrachteten US-Soldaten die Rede war. Am 13. Mai 2020 meldete die U.S. 
Army Europe unter dem Titel „DEFENDER-Europe 20 Plus“ Teile des Manövers 
würden in Kürze fortgesetzt:

„Nach sorgfältiger Beurteilung und Planung zwischen der U.S. Army Europe 
und dem polnischen Verteidigungsministerium wird vom 5. bis 19. Juni auf 
dem Truppenübungsplatz Drawsko Pomorskie in Polen die Übung Allied 
Spirit stattfinden, eine Übung in Verbindung mit DEFENDER-Europe 20, die 
ursprünglich für Mai geplant war. […] Etwa 6.000 US-amerikanische und 
polnische Soldaten werden an der Übung teilnehmen. […] Die bilaterale 
Übung zwischen den USA und Polen, die aufgrund von COVID-19 von ihrem 
ursprünglichen Entwurf abgeändert wurde, um die Sicherheit der Soldaten 
zu gewährleisten, wird eine polnische Luftlandeoperation und eine 
amerikanisch-polnische Flussüberquerung in Divisionsgröße umfassen.“

Außerdem kündigte die U.S. Army Europe in derselben Pressemitteilung 
auch noch eine Reihe weiterer im Zusammenhang mit Defender 2020 
stehender Manöver für den Lauf des Jahres an:

„Die U.S. Army Europe plant für die nächsten Monate weitere Manöver. 
Diese Manöver werden viele der ursprünglichen DEFENDER-Europe 20 
Trainingsziele aufgreifen, um Einsatzbereitschaft und 
Interoperationalität zwischen den USA, den Verbündeten und Militärs von 
Partnern zu verbessern.“

Deutschland wird dabei wohl bei Allied Spirit XI keine Rolle spielen, 
dürfte aber auf andere Weise involviert sein. Die U.S. Army Europe gibt 
jedenfalls an, es existierten „Pläne, mit der Ausrüstung zu üben, die 
bereits aus Lagern herausgeholt wurde“ und nennt dabei unter anderem 
Gerät für eine „gepanzerte Kampfbrigade, das sich weiterhin am 
Truppenübungsplatz Bergen-Hohne mit Unterstützung der deutschen 
Streitkräftebasis befindet.“

Jedenfalls ist damit klar, dass der Defender-Spuk nicht einmal für 
dieses Jahr erledigt ist – und für das kommende steht ja ohnehin bereits 
die nächste Manöverrunde vor der Haustür.

Nach Defender ist vor Defender

Die USA haben eine Art Manöver-Doppelpack geschnürt: In diesem Jahr war 
für die Europa-Variante ein großer Umfang mit einem Budget von 340 Mio. 
Dollar (allein der US-Teil) geplant und für das ostasiatische Pendant 
„Defender Pacific“ eine abgespeckte Version. Im kommenden Jahr soll es 
dann genau umgekehrt sein: Für Defender Europe 2021 hat die US-Armee 150 
Mio. Dollar beantragt (Defender Pacific ist mit 364 Mio. veranschlagt). 
Das ist zwar deutlich geringer als die diesjährige Version, aber 
immernoch genug, um Defender Europe 2021 im kommenden Jahr zu einem 
Großereignis zu machen, dass erneut der Aufmerksamkeit der 
Friedensbewegung bedarf.





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