[IMI-List] [0551] IMI-Kongress: Rüstung digital / Texte: Nordsyrien, BWTEX, Chile
IMI-JW
imi at imi-online.de
Mi Okt 30 19:24:08 CET 2019
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Online-Zeitschrift "IMI-List"
Nummer 0551 .......... 22. Jahrgang ........ ISSN 1611-2563
Hrsg.:...... Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V.
Red.: IMI / Jürgen Wagner / Martin Kirsch
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Archiv: ....... http://www.imi-online.de/mailingliste.php3
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Liebe Freundinnen und Freunde,
in dieser IMI-List findet sich
1.) der Hinweis auf zwei neu erschienene IMI-Analysen über die Lage in
Nordsyrien und zur Großübung BWTEX;
2.) die herzliche Einladung zum IMI-Kongress „Rüstung digital“ vom 29.
November bis 1. Dezember;
3.) ein Artikel zur deutschen Rolle bei der Niederschlagung der
aktuellen Proteste in Chile.
1.) IMI-Analysen: Nordsyrien und BWTEX
Die Situation in Nordsyrien und die Debatte um ein deutsche Beteiligung
oder gar Führungsrolle bei einer militärischen „Schutzzone“ ist im
Fluss, eine erste Einschätzung findet sich in der neuen IMI-Analyse
2019/34. Außerdem fand am 18. und 19. Oktober die Großübung BWTEX statt,
mit der Inlandseinsätze der Bundeswehr geprobt wurden, wie IMI-Analyse
2019/35 beschreibt.
IMI-Analyse 2019/34
Türkischer Angriffskrieg in Nordsyrien
http://www.imi-online.de/2019/10/24/tuerkischer-angriffskrieg-in-nordsyrien/
Luca Heyer (24. Oktober 2019)
IMI-Analyse 2019/35
BWTEX: Anti-Terror-Übung “katastrophischen Ausmaßes”?
http://www.imi-online.de/2019/10/30/bwtex-anti-terror-uebung-katastrophischen-ausmasses/
https://www.imi-online.de/download/IMI-Analyse2019-35-BWTEX.pdf
Martin Kirsch (30. Oktober 2019)
2.) IMI-Kongress: „Rüstung Digital – Neue Technologien für neue
Großmachtkonflikte“
Datum: 29. November bis 01. Dezember
Ort: Tübingen, Österbergstr. 2 (Schlatterhaus)
Hiermit möchten wir Euch herzlich zum nächsten IMI-Kongress einladen!
Datum: 29. November bis 01. Dezember 2019
Ort: Tübingen, Österbergstr. 2 (Schlatterhaus)
Wir bemühen uns Schlafplätze (mit Schlafsack in Großräumen) zu
organisieren. Um uns das zu erleichtern, wäre es super, wenn ihr Euch
bei Interesse sobald wie möglich, spätestens aber eine Woche vor dem
Kongress im IMI-Büro melden könntet!
Plakat: https://www.imi-online.de/download/IMI_Kongress_Plakat_2019.pdf
Flyer: https://www.imi-online.de/download/IMI_Kongress_Flyer_2019_Web.pdf
Programm: „Rüstung Digital! Neue Technologien für neue Großmachtkonflikte“
FREITAG-ABEND AB 19 UHR
- Auftaktveranstaltung - Digitale Flops und andere Absurditäten aus dem
Rüstungsalltag (Vorsicht: Anderer Veranstaltungsort als der Rest des
Kongresses: Schellingstr. 6 in der Hausbar)
SAMSTAG 30. NOVEMBER 2019
12:00 – 12:15 Begrüßung
12:15 – 14:00 Geostrategie Digital
- USA, China, EU – Blockbildung durch Technologie (Christoph Marischka)
- Weltraum als umkämpfte Domäne der Digitalisierung (Jürgen Wagner)
- Autonome Waffensysteme und der Versuch ihrer Regulierung (Claudia Haydt)
14:30 – 16:00 Gefechtsfeld Digital
- Videospiele als Vorbild des Schlachtfelds der Zukunft? (Michael
Schulze von Glaser)
- Mensch-Maschine: EU-Großprojekte zum Manned-Unmanned-Teaming (Marius
Pletsch)
16:30 – 17:30 Rüstung Digital
- Digitalisierung der Bundeswehr – Auf dem Weg in die Kriegswirtschaft?
(Martin Kirsch)
19:00– 21:00 Kontroverse: Digitalisierung als Chance?
- Feministische und antikapitalistische Positionen
SONNTAG 1. DEZEMBER 2019
10:00 – 11:00 Lobbyismus Digital
- Europas digitale Aufrüstung – Strukturen, Akteure und Interessen
(Tobias Pflüger)
11:15 – 12:45 Profiteure der digitalen Aufrüstung
- Drei Perspektiven von vor Ort – Thales, Airbus und Atos
13:00 – 14:30 Abschlusspodium
- Gegen die 2 Prozent – Alternativen zur Aufrüstung
Alle weiteren Infos zum Kongress:
http://www.imi-online.de/2019/08/19/imi-kongress2019-ruestung-digital/
3.) IMI-Standpunkt zur deutschen Rolle und den Konflikten in Chile
IMI-Standpunkt 2019/053
Deutschlands Rolle bei der Niederschlagung der Proteste in Chile
http://www.imi-online.de/2019/10/29/deutschlands-rolle-bei-der-niederschlagung-der-proteste-in-chile/
Jacqueline Andres (29. Oktober 2019)
In den letzten Tagen versuchen die staatlichen Sicherheitskräfte in
Chile die Proteste in den Griff zu bekommen – die Wut, die in der
Bevölkerung herrscht, lässt sich jedoch nicht so schnell bremsen, da
sich die Menschen in Chile für ihre fundamentalen Rechte und ein Ende
des Neoliberalismus einsetzen. Bilder von Panzern in den Straßen Chiles
gingen um die Welt und mehr als insgesamt 10.000 Soldat_innen wurden in
der Hauptstadt Santiago de Chile, in Valparaíso und Concepción
eingesetzt.[1] Mittlerweile wurden mehr als 2.410 Menschen festgenommen
– 200 von ihnen sind minderjährig. Mehr als 1.000 Menschen wurden
verletzt – 546 von diesen durch Schusswaffen. Es wird von 19 Personen
berichtet, die bei den Protesten gestorben sind – fünf von ihnen wurden
durch Polizei oder Militär umgebracht.[2]Die chilenische
Menschenrechtsorganisation Instituto Nacional de Derechos Humanos (INDH)
untersucht aktuell neben diesen fünf Mordfällen mindestens acht Fälle
von sexueller Gewalt gegen Demonstrierende, die von Polizei- und
Militärkräften ausging.[3]
Auch die Bundesregierung und die Bundesrepublik haben mit den
Niederschlagungen der Proteste zu tun – ausgestattet mit Produkten „Made
in Germany“ und ausgebildet von der Bundesregierung bzw. der Bundeswehr
oder dem BKA, greifen die Sicherheitskräfte hart durch. Hier ein grober
Überblick, über die Zusammenhänge mit der BRD.
Militärische und polizeiliche Zusammenarbeit
Der wohl spektakulärste Fall der militärischen Zusammenarbeit zwischen
der BRD und Chile kam im Jahr 2008 zu Vorschein: Chile erhielt eine
Bediener- und Fahrlehrerausbildung für den Kampfpanzer Leopard 2 durch
Ausbilder der Bundeswehr.[4] Öffentlich wurde dieser Einsatz, nachdem
Jugendliche im Alter von 14 bis 20 Jahren (wie die Bundesregierung es
formulierte – von Kriminellen) diese Ausbilder als Geisel nahmen und
erst nach einer Schießerei mit der Polizei wieder frei ließen. Im Jahr
2014 waren „179 Soldatinnen und Soldaten sowie 13 wehrtechnische
Attachés der Bundeswehr im Militärattachédienst oder in vergleichbaren
Positionen an insgesamt 64 deutschen Auslandsvertretungen
eingesetzt.“[5] Zwei davon waren in Santiago de Chile eingesetzt.
Informationen über ihre Tätigkeitsfelder und ob sie weiter in Chile
aktiv sind, liegen nicht vor. Darüber hinaus musizierte die
Bundeswehr-Big-Band in dem Theater der Corporación Cultural Carabineros
de Chile in Santiago und normalisierte damit sich selbst, das
Militärwesen und die Militärkultur in Chile. Gastgeber war der deutsche
Botschafter Hans-Henning Blomeyer-Bartenstein.[6] Auszeichnungen gibt es
auch: Am „25. Januar 2019 wurde der Kommandeur des Infanterieregiments
Nr. 12 ‚Sangra‘, Oberstleutnant Eugenio Ribba Thormann, für seine
besonderen Verdienste um die deutsch-chilenische Militärkooperation mit
dem Ehrenkreuz der Bundeswehr in Silber ausgezeichnet.“[7] Das
Bundeskriminalamt bildete vom 1. November 2018 bis zum 16. April 2019
einen Stipendiaten der chilenischen Sicherheitskräfte aus – zunächst im
Vorbereitungsmodul und anschließend im Basismodul. Unklar sind die
Inhalte der Ausbildung und ob diese weiter läuft.[8]
Waffenexporte
Abgesehen von den Leopard 2 Panzern, die Chile aus den Beständen der
Bundeswehr der Bundesregierung abkaufte (erst 2009 lieferte die
Bundeswehr 60 Kampfpanzer vom Typ „Leopard 2“) und den Schützenpanzer
„Marder“ (2009 gingen 146 Stück an Chile), nutzen die chilenischen
Streitkräfte zahlreiche Rüstungsprodukte aus der Bundesrepublik. In den
Jahren 2000 bis 2018 erteilte die Bundesregierung Genehmigungen für die
Ausfuhr von Kriegswaffen nach Chile mit einem Gesamtwert von mehr als
118,6 Millionen Euro, wie aus der Antwort auf eine parlamentarische
Anfrage (Drucksache 19/6295) hervorgeht.[9] Darunter scheint auch die
Lieferung von 52 Flugkörpern im Wert von mehr als 5 Millionen Euro im
Jahr 2012 zu fallen.[10]Aufgezählt werden die beteiligten Unternehmen in
der besagten parlamentarischen Anfrage leider nicht. Doch ältere
Informationen belegen folgende Profiteure: JUNGHANS Feinwerktechnik GmbH
(10.000 Stückteile für Mörsermunition im Jahr 2002 und erneute 30.000
Stück im Jahr 2006)[11], LFK Lenkflugkörpersysteme GmbH (Teile für
Lenkflugkörper im Jahr 2007)[12], Heckler&Koch (4.000 HK-33 Waffen, die
Heckler&Koch an die Pinochet-Diktatur lieferte – dabei nahm das
Unternehmen einen verschleiernden Umweg über Thailand).[13]
Diese kurze Darstellung ist zwar alles andere als vollständig, dennoch
wird eines deutlich: Auch in Chile sind bei der Niederschlagung der
Proteste deutsche Rüstungsprodukte im Einsatz – und zwischen den
deutschen und den chilenischen Sicherheitskräften, die nun mit
exzessiver Gewalt gegen Demonstrierende vorgehen, findet immer wieder
militärische und polizeiliche Zusammenarbeit statt. Lasst uns
solidarisch sein mit den Protesten in Chile und ein sofortiges Stopp
weiterer Waffenlieferungen an Chile und ein Ende dieser Zusammenarbeit
des Militärs und der Polizei fordern.
Anmerkungen
[1] Chile registra nueva jornada de protestas ante asedio policial,
telesurtv.net, 20.10.2019
[2] Naomi Larsson: Chile protests: President to lift state of emergency
at midnight, aljazeera.com, 28.10.2019
[3] John Bartlett: Chile protests: UN to investigate claims of human
rights abuses after 18 deaths, theguardian.com, 24.10.2019
[4] Drucksache 17/766, Antwort der Bundesregierung auf die Kleine
Anfrage der Abgeordneten Sevim Dagdelen, Christine Buchholz, Dr. Diether
Dehm, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. Deutsche
Beteiligung an Ausbildung und Ausrüstung von Sicherheitskräften im
Ausland und zu Sicherheitssektorreformen, dip21.bundestag.de, 22. 02. 2010
[5] Drucksache 18/1410, Antwort der Bundesregierung auf die Kleine
Anfrage der Abgeordneten Sevim Dağdelen, Dr. Alexander S. Neu, Christine
Buchholz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
Auslandsaufenthalte der Bundeswehr ohne Mandat des Deutschen
Bundestages, dipbt.bundestag.de, 12.05.2014
[6] Aufbruch zum Zuckerhut….Die Big Band der Bundeswehr auf Konzertreise
in Südamerika, bigband-bw.de
[7] Verleihung des Ehrenkreuzes der Bundeswehr an chilenischen Offizier,
santiago.diplo.de, 25.01.2019
[8] Drucksache 19/10445 Polizei- und Zolleinsätze im Ausland (Stand:
erstes Quartal 2019), Kleine Anfrage eingereicht von: Gökay Akbulut, Dr.
André Hahn, Ulla Jelpke, Die Linke, dipbt.bundestag.de, 23.05.2019;
Drucksache 19/8783 Polizei- und Zolleinsätze im Ausland (Stand: viertes
Quartal 2018), Kleine Anfrage eingereicht von: Gökay Akbulut, Dr. André
Hahn, Ulla Jelpke, Die Linke, dipbt.bundestag.de, 27.03.2019
[9] Drucksache 19/6295, Antwort der Bundesregierung auf die Kleine
Anfrage der Abgeordneten Jan Korte, Andrej Hunko, Ulla Jelpke, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. Aktivitäten deutscher
Geheimdienste in Chile und deutsche Zusammenarbeit mit der
Pinochet-Diktatur in den Jahren 1973 bis 1990, dipbt.bundestag.de,
05.12.2018
[10] Drucksache 18/1422, Antwort der Bundesregierung auf die Kleine
Anfrage der Abgeordneten Jan van Aken, Christine Buchholz, Annette
Groth, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. Rüstungsexporte
von Kleinwaffen und leichten Waffen, dipbt.bundestag.de, 15.05.2014
[11] Drucksache 18/4194, Rüstungsexportentscheidungen des
Bundessicherheitsrates, Kleine Anfrage eingereicht von: Annette Groth,
Christine Buchholz, Jan van Aken, Die Linke, dipbt.bundestag.de, 04.03.2015
[12] Ebd.
[13] Roman Deckert: HK33. German Arms in Ecuador, bits.de, März 2008
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