[IMI-List] [0531] Neue IMI-Texte: Schneeinsatz / Aachener-Vertrag / Moorbrand / Bahn

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Mi Jan 23 16:00:59 CET 2019



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Online-Zeitschrift "IMI-List"
Nummer 0531 .......... 22. Jahrgang ........ ISSN 1611-2563
Hrsg.:...... Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V.
Red.: IMI / Jürgen Wagner / Martin Kirsch
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Archiv: ....... http://www.imi-online.de/mailingliste.php3
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Liebe Freundinnen und Freunde,

in dieser IMI-List findet sich

1.) der Hinweis auf eine Reihe neuer Texte auf der IMI-Homepage;

2.) Ein neuer Text „Operation Schneelage 2019“ der Bundeswehr.


1.) Neue Texte auf der IMI-Homepage

Bislang sind im neuen Jahr vier Texte erschienen: Zum gestern 
unterschriebenen Aachener-Vertrag zwischen Deutschland und Frankreich, 
über den Bundeswehr-Moorbrand und zum Rahmenvertrag Bahn & Bundeswehr – 
den letzten Text hatten wir bereits mit der vorherigen IMI-List 
herumgeschickt, er wurde aber heute noch einmal ergänzt. Der vierte 
Texte zum „Schneeinsatz“ der Bundeswehr findet sich im Anschluss.

IMI-Standpunkt 2019/003
Aachener-Militärvertrag: Deutsch-Französische Führungsansprüche
https://www.imi-online.de/2019/01/22/aachener-militaervertrag-deutsch-franzoesische-fuehrungsansprueche/ 

Jürgen Wagner (22. Januar 2019)

IMI-Standpunkt 2019/002 - in: jung Welt, 18.1.2019
»Scheint normal, dass es ab und zu mal brennt«
Keine politischen Konsequenzen nach Moorbrand durch Raketenbeschuss
https://www.imi-online.de/2019/01/18/scheint-normal-dass-es-ab-und-zu-mal-brennt/ 

Tobias Pflüger (18. Januar 2019)

IMI-Analyse 2019/01 (Update: 23.1.19)
Bahn frei für die Bundeswehr
Der Rahmenfrachtvertrag für internationalen Schienentransport zwischen 
Bahn und Bundeswehr
http://www.imi-online.de/2019/01/07/bahn-frei-fuer-die-bundeswehr/
http://www.imi-online.de/download/IMI-Analyse2019-1b-Bahn.pdf
Claudia Haydt (7. Januar 2019)


2.) Die „Operation Schneelage 2019“ der Bundeswehr.

IMI-Standpunkt 2019/01
Schneehelden im Schneechaos
Die Inszenierung der Bundeswehr und die Unterhöhlung des zivilen 
Katastrophenschutzes
http://www.imi-online.de/2019/01/15/schneehelden-im-schneechaos/
Martin Kirsch (15. Januar 2019)

Am 19. Januar 2019 wurde mit der Aufhebung des Katastrophenalarms im 
Landkreis Berchtesgaden auch der Bundeswehreinsatz „Operation Schneelage 
2019“ offiziell für beendet erklärt. Auf den ersten Blick ist es daher 
verwunderlich, dass die ersten Angehörigen der Armee bereits vor 
Ausrufung des Katastrophenfalls aktiv wurden und noch am 21. Januar 84 
Soldat*innen im Einsatz gemeldet waren.[1] Ein genauerer Blick auf das 
Geschehen zeigt hingegen, dass die Bundeswehr hier keineswegs als letzte 
„Rettungsinstanz“ agierte, sondern sich ganz im Gegenteil frühzeitig 
regelrecht aufdrängte. Mit der medial ausgeschlachteten Präsenz der 
Bundeswehr bei Katastropheneinsätzen geht nicht nur eine schleichende 
Gewöhnung an Inlandseinsätze der Truppe einher. Hinzu kommt auch, dass 
der finanziellen Austrocknung der zivilen Katastrophenschutzbehörden 
fahrlässig Vorschub geleistet wird.

Propagandistische Spitzenleistung

Aus dem offiziellen Einsatz verabschiedete sich das Presse- und 
Informationszentrum der Streitkräftebasis in Bonn und der Pressestelle 
der Gebirgsjägerbrigade 23 in Bad Reichenhall mit einem voluminösen 
Zahlenwerk: „Elf Tage, fünf Landkreise, 2.500 Soldatinnen und Soldaten 
und zivile Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bundeswehr, 13 Kilometer 
geräumte Straßen, 220.000 Quadratmeter geräumte Dachfläche“, sowie 4.000 
Tonnen bewegter Schnee, lautete die Bilanz.[2] Allein die Sammlung 
dieser Zahlen im laufenden Einsatz zeigt, mit welcher Akribie die 
PR-Profis der Bundeswehr das Geschehen begleiteten und die Presse mit 
Texten und Bildern fütterten.
Einen ersten Höhepunkt der propagandistischen Darstellung der 
Bundeswehr-Aktivitäten in der Alpenregion hatte die Oberbefehlshaberin 
von der Leyen mit ihrem Besuch bei der Gebirgsjägertruppe bereits am 13. 
Januar gesetzt.[3] Während Focus Online schon zwei Tage zuvor vom 
„Mini-Panzer der Schnee-Helden“ berichtet hatte – alle technischen 
Details des Kriegsgeräts inklusive – war sich die Lokalzeitung 
Berchtesgadener Anzeiger nicht zu schade, die Pressemitteilung der 
Bundeswehr zum Besuch der Ministerin vor ihrer Haustür gleich eins zu 
eins wiederzugeben.[4] Neben der miserablen journalistischen Arbeit und 
der Verherrlichung der Armee durch die jeweiligen Medien handelt es sich 
dabei auch um einen Effekt der massiven Pressearbeit der Bundeswehr, die 
ihren Einsatz zur medialen Charmeoffensive zu nutzen wusste.
Im Verhältnis zu den zivilen Hilfsorganisationen verbirgt sich hinter 
der von der Bundeswehr immer wieder betonten reibungslosen Kooperation 
vor allem ein eher rüpelhaftes Verhalten. So ließ es sich die Armee 
nicht nehmen erst zu Hilfe zu eilen, um dann den Landkreisen und 
Hilfsorganisationen, die mit der konkreten Schadensbegrenzung 
beschäftigt waren, die Show zu stehlen und sich in die erste Reihe der 
bundesweiten Berichterstattung zu drängen.

Katastrophenfall als Mittel zur Mobilisierung der Bundeswehr

Während die Verantwortlichen in einigen Gemeinden in Österreich, wie 
z.B. in Lech am Arlberg, noch am 13. Januar feststellten,[5] dass es 
sich trotz Lawinenabgängen mit Todesfolge um keine ungewöhnliche Lage 
handelte, herrschte in den deutschen Medien und in Teilen der Politik 
bereits Katastrophenstimmung. So legt die Berichterstattung des 
Bayerischen Rundfunks nah, dass der Katastrophenfall in Teilen des 
Berchtesgadener Landes von Landrat Georg Grabner am 10. Januar u.a. 
deshalb ausgerufen wurde, um den großflächigen Einsatz der Bundeswehr zu 
ermöglichen.[6] Einen ersten Einsatz für die Bundeswehr gab es bereits 
am 08. Januar bei Berchtesgaden, als drei Kettenfahrzeuge der 
Gebirgsjäger der lokalen Feuerwehr zu Hilfe kamen, um eine wegen 
Lawinengefahr eingeschlossene Schulklasse zu evakuieren.[7] Bis zum 
Wochenende stieg die Zahl der eingesetzten Soldat*innen dann 
kontinuierlich an. Koordiniert wurden diese Bundeswehraktivitäten aus 
dem Lagenzentrum des Kommando Territoriale Aufgaben in Berlin, das für 
alle Inlandseinsätze zuständig ist. Vor Ort kommen Soldat*innen und 
Reservist*innen vom Landeskommando aus München und den lokalen 
Verbindungskommandos hinzu. Ist dieser Apparat erst einmal angelaufen, 
sitzen Bundeswehrangehörige in den lokalen Katastrophenstäben, um die 
zivilen Hilfsorganisationen zu beraten – so der offizielle Auftrag.
Die Praxis der letzten Jahre zeigt allerdings, dass dort die Fähigkeiten 
der Bundeswehr für den Katastrophenschutz aktiv angepriesen werden. 
Dementsprechend wurde am 11. Januar der sogenannte „militärische 
Katastrophenalarm“ ausgerufen, den die Bundeswehr zur inneren 
Mobilisierung nutzt. Zu Spitzenzeiten waren am folgenden Sonntag bis zu 
1.500 Bundeswehrangehörige im Einsatz und weitere in Bereitschaft. Ihre 
Hauptaufgabe war es – neben vereinzelten Evakuierungseinsätzen und der 
Räumung von eingeschneiten Straßen sowie Lawinensprengungen mittels 
Hubschrauber – vor allem, Schnee mit Schaufeln von Dächern zu räumen.
Die offene Frage bleibt hingegen, warum die zivilen 
Katastrophenschutzbehörden des Freistaats z.T erst Tage später in 
Bewegung gesetzt wurden. Die Mobilisierung von 500 bayerischen 
Bereitschaftspolizisten erfolgte am selben Tag wie das Anlaufen des 
militärischen Großeinsatzes. Die (Freiwilligen) Feuerwehren und das THW 
aus der Region um Nürnberg machten sich hingegen erst am 13. Januar in 
die Schneegebiete auf den Weg[8] – zwei Tage, nachdem der „militärische 
Katastrophenalarm“ bereits ausgelöst worden war. In diesem Vorgehen 
zeigt sich deutlich, dass der Mythos der Bundeswehr als letzte 
Hilfsinstanz für den absoluten Ausnahmefall längst der Vergangenheit 
angehört.

Konsequenzen für den zivilen Katastrophenschutz

Während es den Bewohner*innen der betroffenen Regionen egal sein dürfte, 
wer ihr Dach vom Schnee befreit oder Zugangsstraßen räumt und sich 
einige Angehörige der lokalen Hilfsorganisationen sicher über die 
konkrete Unterstützung der Bundeswehr gefreut haben dürften, wird 
oftmals vergessen, dass auch staatliche Behörden in einem 
Konkurrenzverhältnis stehen. Wenn es sich nicht um politische Hardliner 
handelt, die ohnehin das Militär für die Lösung aller Probleme halten, 
scheint einigen Landräten nicht bewusst zu sein, dass sie sich mit der 
frühen Mobilisierung der Bundeswehr über die Zeit selbst schaden. So ist 
davon auszugehen, dass die Ausfinanzierung der Hilfsorganisationen auf 
lokaler Ebene immer schwerer durchzusetzen sein wird, wenn die 
Bundeswehr entsprechende Kapazitäten vorhält, die vermehrt zum Einsatz 
kommen. Zu ernsthaften Problemen kommt es allerdings dann, wenn der 
Katastrophenschutz sich auf die Armee verlässt. Sollten die 
Bundeswehrstrukturen im jeweiligen Bundesland, in diesem Fall v.a. die 
Gebirgsjäger, zum Zeitpunkt eines Extremwettereignisses oder Großunfalls 
etwa im Auslandseinsatz, in der entsprechenden Vorbereitung oder in 
Abrufbereitschaft für die NATO-Ostflanke befinden, stehen die Strukturen 
der Armee schnell nicht mehr zur Verfügung und die betroffenen Kommunen 
bleiben sich selbst überlassen.
Die Effekte der wachsenden Nähe zeigen sich aber nicht nur im 
Katastrophenfall, sondern auch dann, wenn die Bundeswehr für repressive 
Inlandseinsätze unter dem Stichwort „Terrorabwehr“ mobilisiert werden 
soll. Beispiele hierfür sind die Bereitschaft der Feldjägertruppe 
während eines Amoklaufs in München 2016[9] und die GETEX-Übung von 
Bundeswehr, Polizei und Katastrophenschutz 2017.[10] Während es im 
unmittelbaren Interesse der Bundeswehr liegt, zivile Organisationen an 
sich zu binden und sich in immer weiteren Bereichen der Gesellschaft 
unverzichtbar zu machen, kann es nur verwundern, dass sich aus den 
Hilfsorganisationen und Kommunalverwaltungen kein Widerstand gegen die 
Militarisierung des Katastrophenschutzes regt.

Anmerkungen
[1] Presse- und Informationszentrum der Streitkräftebasis, Infoflyer 
„Schneelage Bayern“ # 13, 21.01.2019, streitkräftebasis.de
[2] Landeskommando Bayern, Felicia Engelmann, Bundeswehr beendet 
Hilfseinsatz nach der Schneekatastrophe, 21.01.2019, streitkräftebasis.de
[3] Pressestelle Gebirgsjägerbrigade 23, Die Bundesministerin der 
Verteidigung, Ursula von der Leyen, besucht Gebirgssoldaten auf der 
Buchenhöhe, 13.01.19, streitkräftebasis.de
[4] Berchtesgadener Anzeiger, Verteidigungsministerin Ursula von der 
Leyen besucht Soldaten auf der Buchenhöhe, 13.01.2019, 
Berchtesgaden-anzeiger.de
[5] Tagesschau (20 Uhr) vom 13.01.2019, tagesschau.de
[6] BR 24, Katastrophenalarm in Bayern – Söder besucht verschneite 
Regionen, 11.01.2019, br.de
[7] Streitkräftebasis, Eckhard Michel, Schneechaos: „Struber Jager“ 
bringen Schüler in Sicherheit, 10.01.2019, streitkräftebasis.de
[8] Nordbayern, Hier schickt die Nürnberger Feuerwehr Hilfe nach 
Südbayern, 13.01.2019, nordbayern.de
[9] IMI-Analyse 2016/33b, Martin Kirsch, Bundeswehr in den Straßen? – 
Einschätzungen zur aktuellen Debatte um Bundeswehreinsätze zur 
Terrorabwehr in Deutschland, imi-online.de
[10] IMI-Analyse 2017/10 , Martin Kirsch, GETEX – Polizei und Bundeswehr 
üben Anti-Terror-Einsatz im Inland, imi-online.de


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