[IMI-List] [0528] IMI-Kongress 2018 am Wochenende / IMI-Analyse: NATO-Übung gegen Unruhen
IMI-JW
imi at imi-online.de
Mi Dez 5 13:35:32 CET 2018
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Online-Zeitschrift "IMI-List"
Nummer 0528 .......... 21. Jahrgang ........ ISSN 1611-2563
Hrsg.:...... Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V.
Red.: IMI / Jürgen Wagner / Christoph Marischka
Abo (kostenlos).. https://listi.jpberlin.de/mailman/listinfo/imi-list
Archiv: ....... http://www.imi-online.de/mailingliste.php3
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Liebe Freundinnen und Freunde,
in dieser IMI-List findet sich
1.) die Einladung zum IMI-Kongress „Deutschlands Aufrüstung“ am
kommenden Wochenende in Tübingen;
2.) eine IMI-Analyse über eine NATO-Übung zur Bekämpfung politischer
Unruhen.
1.) IMI-Kongress „Deutschlands Aufrüstung“
Am kommenden Wochenende findet der diesjährige IMI-Kongress statt, zu
dem wir Euch hiermit ein letztes Mal herzlich einladen möchten. Im
Folgenden finden sich noch einmal die wichtigsten Informationen.
Es gab eine hohe Nachfrage nach Übernachtungsmöglichkeiten, was zwar gut
ist, leider sind wir jetzt aber mit den Schlafplätzen am Limit.
Falls es sonst noch Nachfragen gibt, gerne ans IMI-Büro wenden:
imi at imi-online.de (07071-49154)
Datum: 8./9. Dezember 2018 (Auftaktveranstaltung am 7. Dezember)
Ort: Schlatterhaus: Österbergstr. 2, 72072 Tübingen
Das Programm und alle weiteren Infos zum IMI-Kongresses online:
http://www.imi-online.de/2018/09/07/imi-kongress-2018-deutschland-ruestet-auf/
PROGRAMM:
DEUTSCHLANDS AUFRÜSTUNG: AN ALLEN FRONTEN! AUF ALLEN EBENEN!
FREITAG-ABEND AB 19 UHR (mit Küche für Alle):
Auftaktveranstaltung: Beispiele der Konversion
(Achtung anderer Ort: Schellingstr. 6, Hausbar)
SAMSTAG, 8. DEZEMBER 2018
12:00-12:10 Begrüßung
12:15-13:45 Deutschland im Rüstungsfieber
- Konzeption und Fähigkeitsprofil der Bundeswehr: Die Kosten der
Aufrüstung (Tobias Pflüger)
- Think Big: Rüstungsmarkt in Bewegung (Andreas Seifert)
14:15-15:45 Rüstungsprojekte im IT-Bereich und bei der Polizei
- High-Tech-Rüstung und militarisierte Forschung (Christoph Marischka)
- Rüstungsgüter für die Polizei (Martin Kirsch)
16:15-17:45 Atomare Aufrüstung und aufkeimender Widerstand (Claudia Haydt)
18:45-20:15: Die EU auf dem Weg zur Rüstungsunion
- Pesco als EU-Rüstungstreiber (Jürgen Wagner)
- Europäische Großprojekte: Eurodrohne, Kampfpanzer, Kampfflugzeug
(Marius Pletsch)
SONNTAG, 9. DEZEMBER 2018
10:00-11:15 Gegenkonversion I: Freie Fahrt fürs Militär: Militärische
Mobilität und das NATO-Logistikkommando in Ulm (Tobias Pflüger)
11:30-12:45: Gegenkonversion II: Die militärische (Rück-)Eroberung der
Fläche: (Re-)Aktivierung alter und neuer Liegenschaften (Alexander Kleiß)
13:00-14:30: Podium: Aktiv werden: Widerstand gegen Aufrüstung
Für Verpflegung in den Pausen wird gesorgt. Eine Anmeldung braucht es
nicht und eine Kongressgebühr wird auch nicht erhoben. Allerdings freuen
wir uns natürlich sehr über Spenden zur Finanzierung des Kongresses.
2.) IMI-Analyse: NATO-CIMIC-Übung zur Unruhebekämpfung
IMI-Analyse 2018/28
Joint Cooperation 2018
NATO-CIMIC-Truppe übt in Norddeutschland den Umgang mit politischen Unruhen
https://www.imi-online.de/2018/12/05/joint-cooperation-2018/
Martin Kirsch (5. Dezember 2018)
Während die Auswirkungen der NATO-Großübung „Trident Juncture 2018“ in
Norwegen noch nicht alle behoben sind,[1] starteten bereits die nächsten
Übungsserien auf NATO-Ebene in Skandinavien. Bei dem eher unbekannten
skandinavischen Staat „Framland“ handelt es sich allerdings um eine Fiktion:
„Eine junge Demokratie, die aus dem Zerfall eines vormals größeren
Staatsgebietes hervorgegangen ist, durchlebt auf ihrem Weg zum
souveränen Staat politische Wirrnisse, Unruhen, Korruption und
verschiedenste Angriffe von innen und außen. Die Bevölkerung ist
verunsichert und teilweise schlecht versorgt. Die internationale
Staatengemeinschaft wurde deshalb um Unterstützung gebeten und ist nun
vor Ort.“[2]
Zum Übungsszenario Joint Cooperation 2018 (JoCo18) erklärt
Oberstleutnant Tim Stahnke, der verantwortliche Projektleiter: „Ähnlich
wie im Film sind Ähnlichkeiten mit lebenden Personen rein zufällig.“[3]
Ähnlich wie in Filmen, die auf diese Formulierung im Abspann
zurückgreifen um sich einer möglichen Haftung zu entziehen, ist das
Szenario allerdings auch hier bewusst nah an der Realität gestrickt.
In dem Szenario sind Demonstrant*innen, Motorradgangs und lokale
Seperatistengruppen Akteure in den politischen Unruhen. Zieht man die
Übertreibungen und Verfremdungen ab, die Teil der meisten
Übungsszenarien sind, handelt es sich um eine fast perfekte Mischung aus
Ostukraine und den Horrorszenarien der Baltischen Staaten vor einer
Okkupation durch Russland. Nicht zufällig findet der fiktive
CIMIC-Einsatz, eine Fortsetzung der Übung von 2017, im Rahmen der
Schnellen Eingreiftruppe (VJTF) der NATO statt,[4] die 2019 von der
Bundeswehr geführt werden wird. Damit reiht sich die JoCo18 in die
aktuelle Aufrüstung der NATO entlang ihrer Ostflanke, die Übungen
Trident Juncture 2018 in Norwegen und das parallel stattfindende
Seemanöver „Northern Coasts 2018“ in der Ostsee ein.
Die reale Einsatzumgebung für JoCo18 befindet sich allerdings in der
norddeutschen Tiefebene zwischen Hannover und Bremen. Ausgerichtet vom
Zentrum Zivil-Militärische-Zusammenarbeit der Bundeswehr in Nienburg,[5]
gilt die jährlich stattfindende Übungsreihe seit einigen Jahren als
größte CIMIC-Übung der NATO. CIMIC ist die NATO-Abkürzung für
Civil-Military-Cooperation und wird auch in der Bundeswehr gern für alle
Aufgaben der Zivil-Militärischen-Zusammenarbeit (ZMZ) im Ausland verwendet.
In der Übungswoche zwischen dem 09.11. und dem 16.11.2018 kamen rund 300
CIMIC-Soldat*innen aus 22 Staaten sowie 160 zivile Übungsbeteiligte
zusammen. Im Vergleich zu rund 50.000 Teilnehmenden bei Trident Juncture
ist das eine kleine Zahl. Für die relativ kleinen CIMIC-Einheiten – die
Bundeswehr hält insgesamt 200 Soldat*innen im CIMIC-Bereich vor – ist
die Größe und internationale Ausrichtung allerdings durchaus beachtlich.
Neben Soldat*inne aus 18 NATO-Staaten, schwerpunktmäßig aus Zentral- und
Osteuropa, aber auch aus Spanien, Kanada und den USA, waren die
EU-Staaten Österreich, Schweden und Finnland, sowie Armenien als
internationaler Partner beteiligt.[6]
Das Zentrum Zivil-Militärische-Zusammenarbeit der Bundeswehr
Der Gastgeber der Übung, das Zentrum Zivil-Militärische-Zusammenarbeit
in Nienburg, ist zentrale Ausbildungsstätte für ZMZ-Aufgaben im In- und
Ausland, sowie Truppensteller und Führungsstruktur für CIMIC-Einheiten
in den Einsatzgebieten der Bundeswehr.
Aktuell arbeiten 216 der 300 Angehörige des Zentrums am Standort
Nienburg – bzw. von dort aus in den jeweiligen Auslandseinsätzen.
Weitere 81 Soldat*innen und Angestellte sind dauerhaft an die 15
Landeskommandos der Bundeswehr verliehen. Drei weitere Soldat*innen
versehen ihren Dienst an der Akademie für Krisenmanagement,
Notfallplanung und Zivilschutz (AKNZ) des Bundesinnenministeriums in Bad
Neuenahr.[7]
Aufgestellt wurde das erste CIMIC-Bataillon der Bundeswehr 2003 im Zuge
des SFOR-Einsatzes in Bosnien-Herzegowina. Dort wurde die strukturierte
Koordination mit lokalen und internationalen zivilen Behörden und
Organisationen notwendig – ein klarer Wandel gegenüber den Szenarien des
Kalten Krieges, als die Militärstäbe von leeren, weil evakuierten
Schlachtfeldern ausgingen. Die Missionen auf dem Balkan hingegen fanden
inmitten der Bevölkerung statt.
Mit dem Ausbau zum CIMIC-Zentrum der Bundeswehr 2006 wurde dann auch das
Aufgabenspektrum erweitert. Die Kontakte zu lokalen und internationalen
Organisationen und Behörden sollten nicht mehr nur zur Koordination
genutzt werden. Vielmehr wurde deutlich, dass sich dort Informationen
über die Lage und Stimmung der Bevölkerung angeeignet werden konnten,
die für das Militär sonst schwer zugänglich sind. Dementsprechend wurde
der Auftrag der CIMIC-Einheiten auch formal um die Informationsgewinnung
durch „Gesprächsaufklärung“ erweitert. Ziel dessen war und ist es,
daraus ein „ziviles Lagebild“ zu generieren, um damit die
Entscheidungsgrundlage der militärischen Führung zu erweitern.
Einen besonderen Stellenwert bekamen die CIMIC-Einheiten im Zuge des
Afghanistankrieges. Im Rahmen der Aufstandsbekämpfungsdoktrin wurde das
Gewinnen der „Hearts and Minds“ (dt. Herzen und Köpfe) der Bevölkerung
zum militärischen Ziel erklärt. Dementsprechend sollte der Bau von
Brunnen und Schulen – das propagandistisch oft überstrapazierte
Aushängeschild von CIMIC – dazu genutzt werden, Bevölkerungsgruppen für
sich zu gewinnen. Von entscheidender Bedeutung war allerdings der
Kontakt zur Zivilbevölkerung, um aufständische Gruppen identifizieren,
isolieren und militärisch bekämpfen zu können.
Seit der Umstrukturierung 2013 ist das Zentrum ZMZ BW für einen Großteil
der Ausbildungsmaßnahmen im Bereich ZMZ im In- und Ausland, von den
Reservisten für die lokalen Verbindungskommandos bis zur Landeskunde für
die Einsatzvorbereitung zuständig.[8] Neben der Ausbildung bleibt es
Aufgabe der Abteilung Einsatz in Nienburg, CIMIC-Kontingente in die
Auslandseinsätze zu entsenden.
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Kasten: Von Nienburg in die ganze Welt
Bei seinem Truppenbesuch in Nienburg im Februar 2018 beim Zentum ZMZ BW
lobte der Vorgesetzte Generalmajor Carsten Breuer, Kommandeur des
Kommandos Territoriale Aufgaben in Berlin, den CIMIC-Bereich für seine
„enge Verbindung zu den Einsätzen“.[9] In der Struktur des Zentrums sind
in der Abteilung Einsatz neben einer ZMZ-Staffel für territoriale
Aufgaben in Deutschland zwei CIMIC-Staffeln permanent für
Auslandseinsätze vorgesehen.[10]
Seit dem SFOR-Einsatz in Bosnien-Herzegowina sind CIMIC-Kräfte aus
Nienburg an allen größeren Einsatzkontingenten der Bundeswehr –
abgesehen von Marinemissionen – beteiligt gewesen.
In den aktuelle Einsätzen in Mali (MINUSMA), Afghanistan (Resolut
Support), Kosovo (KFOR) und Libanon (UNIFIL) und im Nordirak im Rahmen
des deutschen Anti-IS-Einsatzes[11] versehen deutsche CIMIC-Einheiten
mindestens zeitweise ihren Dienst. Zudem ist davon auszugehen, dass
CIMIC-Spezialist*innen auch Teil der Truppenpräsenz der Bundeswehr in
Litauen und der Schnellen Eingreiftruppe der NATO sind.
Oft handelt es sich in den Einsätzen um kleine Einheiten mit weniger als
10 Soldat*innen, die allerdings durch ihre Aufklärungsfunktion eine
zentrale Rolle für das Lagebild der Militärführung vor Ort spielen.
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Verzahnung der Übung in der Region
Neben Größe und internationaler Beteiligung bei JoCo18 ist ein weiteres
Alleinstellungsmerkmal der Übung, dass sie nicht beschränkt auf
Truppenübungsplätze mit schlecht simulierter ziviler Infrastruktur
stattfindet, sondern mitten im norddeutschen Alltag. Das Übungsgebiet
erstreckt sich über 1800 Quadratkilometer und umfasst die Landkreise
Nienburg und Verden, sowie die vier Gemeinden Neustadt, Wunstorf, Gabsen
und Wedemark im Nordwesten der Region Hannover.
Laut Selbstdarstellung des Zentrum ZMZ BW lebt „die Übung vor allem von
der Interaktion zwischen Militär und Zivilbevölkerung“. Neben den 300
internationalen Soldat*innen sind auch 60 Zivilist*innen, u.a. aus der
zivilen Verwaltung, Polizei, Katastrophenschutzbehörden, Krankenhäusern
und lokalen Unternehmen, direkt in die Übungsabläufe integriert.
Die Kulisse für einen gesamten Übungsblock bildete eine Großübung von
Feuerwehr, DRK und THW, die im Rahmen von JoCo18 in Hoya stattfand.[12]
Das simulierte Zugunglück wurde vom CIMIC-Erkundungsteam sogleich auf
die mögliche Einwirkung von Saboteuren und Konsequenzen für
Truppenverlegungen untersucht.[13]
Weitere rund 100 zivile Statist*innen ermöglichten es der Übungsleitung
ein Kontingent an Zivilbevölkerung im Sinne des Übungsverlaufs zu
steuern. Beteiligt waren u.a. ein Mittelalterverein auf der Burg in
Hoya[14] und die Leitung der Klinik in Neustadt.[15] Die Johanniter
Unfall-Hilfe stellte Statist*innen für eine wütende
Anti-NATO-Demonstration, auf denen Parolen wie „NATO raus!“ und „Frieden
statt NATO!“ gerufen wurden.[16] Ebenfalls Rollenspieler war der
Nienburger Bürgermeister Henning Onkes, der für eine Woche seine Arbeit
hintenanstellte, um für JoCo sich selbst zu spielen. Dabei freute er
sich besonders „dass die Übung in Nienburg die Friedensarbeit
fördert.“[17] Für die enge Zusammenarbeit im Rahmen der Joint
Cooperation-Übungen in den vergangenen Jahren wurden Landkreis und Stadt
Nienburg bereits im Juli 2018 vom NATO CCOE in Den Haag, dem
Kompetenzzentrum für Zivil-Militärische-Zusammenarbeit, mit dem CIMIC
Award of Excellence ausgezeichnet.[18]
Besonders deutlich wurde der hybride Charakter von CIMIC allerdings mit
der Errichtung von zwei CIMIC-Centres in den Innenstädten in Nienburg
und Steyerberg im Rahmen der Übung. Sie dienten zugleich als Übungsorte
für geplante Szenarien und als Anlaufpunkt für die lokale Bevölkerung,
um sich über die Übung zu informieren. Anwohner*innen wurden unmittelbar
in die Übung integriert, weil es für die Soldat*innen im Centre nicht
ersichtlich war, ob es sich nicht um Rollenbspieler*innen handelt.[19]
Im Rahmen von Joint Cooperation wird deutlich, dass die Grenzen zwischen
CIMIC im Auslandseinsatz und ZMZ in Deutschland fließend sind. So
mobilisiert das Zentrum ZMZ BW für eine Übung für Auslandseinsätze auch
jene Strukturen, die über die Zusammenarbeit im Inland entstanden sind.
Aufgrund dieser massiven Einbindung ziviler Strukturen vor Ort fühlt
sich die Bundeswehr auf ihrer Website offenbar dazu genötigt,
klarzustellen: „Sie bereiten sich aber nicht auf einen gemeinsamen
Einsatz im Inland vor, denn dies wäre von der geltenden Rechtslage nicht
abgedeckt.“
Auch wenn es offensichtlich erscheint, dass JoCo auf die Vorbereitung
internationaler Einsätze ausgerichtet war, kann diese Aussage kaum
beruhigen. Wenn wie im ZMZ-Bereich die Ausbildung unter einem Dach
stattfindet und die Vorgesetzten sowohl Kontingente für
Auslandseinsätze, als auch Teile der ZMZ-Soldat*innen in Deutschland
führen, sind Wechselwirkungen in der Struktur nicht nur angelegt,
sondern gewünscht. So wird in der Großübung mehr als deutlich, dass es
sich bei der Trennung von Aufgaben der Bundeswehr im In- und Ausland um
weit dehnbare juristische, nicht aber um strukturelle Grenzziehungen
handelt.
Wie schnell solche Grenzen fallen können, zeigte 2016 in der Debatte um
Inlandseinsätze nach einem rechts motivierten Amoklauf in München
Generalleutnant Schelleis, Inspekteur der Streitkräftebasis und damit
Vorgesetzter aller ZMZ-Strukturen in Deutschland. In der Süddeutschen
Zeitung stellte er in den Raum, im Falle von „terroristischen Großlagen“
Feldjäger einzusetzen und damit auf deren Erfahrungen mit
Polizeiaufgaben in Auslandseinsätzen zurückzugreifen, „die sich nicht
grundsätzlich von denen in Deutschland unterscheiden.“ Die nützlichen
Zusatzqualifikationen der Feldjäger wären neben dem Einsatz von
gepanzerten Fahrzeugen die „Organisation von Checkpoints, Umgang mit
Sprengstoffbedrohungen und Objektschutz.“[20]
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Kasten: Standort Nienburg
Die lokalen Gegebenheiten in Nienburg sind für das Zentrum ZMZ BW
durchaus günstig. Mit dem Deutschen Roten Kreuz ist ein ziviler
Ansprechpartner mit einem Büro direkt in das Zentrum in der
Clausewitz-Kaserne integriert.[21] Weitere zivile Nachbarn mit hohem
Stellenwert für ZMZ sind der Hauptsitz der Polizeiakademie Niedersachsen
in der Nienburger Innenstadt sowie eine von zwei THW-Bundesschulen mit
entsprechenden Lehreinrichtungen im benachbarten Hoya und weiteren
Übungsplätzen in der Region.
Ebenfalls in der Clausewitz-Kaserne stationiert sind neben regionalen
Logistik-, Sanitäts- und Versorgungseinrichtungen auch der
Reservistenverband (relevant für die Besetzung der
Verbindungskommandos), der Bundeswehrverband sowie das Bataillon
Elektronische Kampfführung (EloKa) 912.
Dabei handelt es sich um eins von vier EloKa-Batallionen des Kommandos
Strategische Aufklärung innerhalb des neuen Organisationsbereichs Cyber-
und Informationsraum. Aufgabe der EloKa-Truppe ist die „Fernmelde- und
Elektronische Aufklärung“ von Funkverkehr oder Radarausstrahlungen sowie
die Störung gegnerischer Datenübermittlungssysteme und der Schutz der
eigenen Kommunikation. Dafür stehen allein in Nienburg 600 Soldat*innen
und zivile Mitarbeiter*innen zur Verfügung.[22] In der NATO werden
EloKa-Aufgaben als Signal Intelligence (dt. Signalaufklärung)
bezeichnet, was den nachrichtendienstlichen Charakter der Truppe
verdeutlicht. Damit befinden sich mit der Gesprächs- und
Vorortaufklärung der CIMIC-Truppen und der elektronischen
Signalaufklärung des EloKa-Batallions zwei komplementäre
Aufklärungselemente der Bundeswehr in Nienburg.
Weitere Bundeswehrstandorte im Übungsgebiet sind die Panzerlehrbrigade 9
mit zwei Bataillonen in Neustadt am Rübenberge, die ab 2019 Teil des
deutschen Kontingents der NATO-Speerspitze (Very High Readiness Joint
Task Force) sein werden, und der Fliegerhorst in Wunstorf. Dort sind die
Transportflugzeuge der Bundeswehr stationiert, die von Wunstorf aus auch
in die Einsatzgebiete starten. Zudem ist Wunstorf als Logistikknoten für
Luftverlegung der deutschen Soldat*innen der NATO-Speerspitze
vorgesehen.[23]
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Das Zentrum ZMZ BW soll „Multinational CIMIC Command“ werden
Im Zuge des auf dem NATO-Gipfel 2014 in Wales beschlossenen
Rahmen-Nationen-Konzeptes ist Deutschland u.a. für den CIMIC-Bereich so
genannte Leitnation. Durch die Konzeption soll es kleineren NATO- und
EU-Staaten erleichtert werden, Kontingente für Auslandseinsätze und die
Truppenpräsenz in Osteuropa zu stellen. Größere „Rahmennationen“ wie
Deutschland, Italien und Großbritannien stellen sowohl
Ausbildungsstätten als auch Führungs- und Kommandostrukturen zur
Verfügung, auf die sich, wie es im NATO-Jargon heißt, „abgestützt“
werden kann.
Im Zuge der Internationalisierung der Lehrtätigkeiten des Zentrum ZMZ BW
werden die meisten Aus- und Fortbildungsangebote mittlerweile in
englischer Sprache abgehalten.[24] Hinzu kommt ein englischsprachiges
Fernstudium für Soldat*innen aus Partnerstaaten. In dieser Funktion
arbeitet das Zentrum ZMZ BW eng mit dem Civil-Military Cooperation
Centre of Excellence (CCOE) der NATO[25] in Den Haag zusammen, das nicht
zufällig vom Oberst Wolfgang Paulik, dem ehemaligen Kommandeur aus
Nienburg, geführt wird.
Ein weiterer Eckstein der Internationalisierung ist die jährliche
JoCo-Übung selbst. So nahmen in den vergangenen drei Jahren CIMIC-Kräfte
aus 20 und mehr Staaten teil. Darüber hinaus wurden auch die Konzeption
und Vorbereitung, sowie Leitungs- und Führungsaufgaben während der Übung
und die Auswertung von international besetzten Teams durchgeführt.
Zentraler Standort und zuständig für die Bereitstellung von Know How und
Infrastruktur bleibt bei aller Internationalisierung allerdings das
Zentrum ZMZ BW, auf das sich die Soldat*innen aus den Partnerstaaten
„abstützen“.
In konsequenter Fortführung der genannten Entwicklungen ist geplant, das
Zentrum ZMZ BW ab Ende 2019 zum Multinational CIMIC Command
auszubauen.[26] Auch wenn über Details in der Öffentlichkeit noch nichts
bekannt ist, werden Vorbereitungen bereits getroffen. So wurde ein
erster niederländischer CIMIC-Offizier bereits dauerhaft in Nienburg
stationiert.
Damit entsteht in der Bundesrepublik neben dem neuen Logistikkommando
der NATO in Ulm, dem NATO-Marinehauptquartier für die Ostsee in Rostock
und einem NATO-Gefechtsstand zur Koordinierung multinationaler
Spezialeinsätze in Hardheim eine weitere zentrale Führungsinfrastruktur
für weltweite NATO-Missionen und nicht zuletzt für den Aufmarsch entlang
der Ostflanke der NATO.
Anmerkungen
[1] Auf dem Rückweg vom NATO-Manöver Trident Juncture war eine
Norwegische Fregatte mit einem Tankschiff zusammengestoßen und gesunken.
Eine Bergung des Wracks steht noch aus.
[2] Streitkräftebasis, Stefan Niethmann, Starke internationale
Beteiligung an Joint Cooperation 2018, 08.1..2018,
kommando.streitkraeftebasis.de
[3] Streitkräftebasis, Ulrich Baade, Hinter den Kulissen der „Joint
Cooperation“, 02.08.18, kommando.streitkräftebasis.de
[4] Blickpunkt Nienburg, Übungsszenario in der Langen Straße – Joint
Cooperation: Aufruhr in Nienburgs Innenstadt, 23.10.17,
blickpunkt-nienburg.de
[5] Streitkräftebasis, Stefan Niethmann, Starke internationale
Beteiligung an Joint Cooperation 2018, 08.1..2018,
kommando.streitkraeftebasis.de
[6] Streitkräftebasis, Ulrich Baade, „Auftrag ausgeführt!“, 20.11.18,
kommando.streitkraeftebasis.de
[7] Streitkräftebasis, Ulrich Baade, „Auftrag ausgeführt!“, 20.11.18,
kommando.streitkraeftebasis.de
[8] Ebd.
[9] Kommando Terriroriale Aufgaben, „Enge Verbindung zu den Einsätzen“ –
Generalmajor Breuer im Zentrum Zivil-Militärische Zusammenarbeit,
kommando.streitkraeftebasis.de
[10] Laut Organigramm von 2016. Neuere Organigramme beinhalten keine
Aufschlüsselung der unteren Ebenen. Quelle: Zentrum
Zivil-Militärische-Zusammenarbeit Bw, InfoBrief Nr. I /2016, Jens Uwe
Wehking, Neue Struktur am Zentrum ZMZ Bw, Seite 3,
kommando.streitkraeftebasis.de
[11] Einsatzführungskommando der Bundeswehr, Claudia Birkholz, „CIMIC“
im Nordirak: Wertvolle Erkenntnisse für die Ausbildung, 30.01.2017,
einsatz.bundeswehr.de
[12] Kreiszeitung, Mehr als 350 Teilnehmer aus 21 Nationen – Große
Militärübung „Joint Cooperation“ simuliert Zugunglück in Hoya, 13.11.18,
kreiszeitung.de
[13] Streitkräftebasis, Stephan-Thomas Klose, Dramatische Szenarien zum
JOCO-Übungsauftakt, 12.11.18, kommando.streitkraeftebasis.de
[14] Die Harke, Graf Otto und das internationale Militär –
Internationale Übung zu zivil-militärischer Zusammenarbeit im Hoyaer
Schloss, 13.11.18, dieharke.de
[15] Hannoversche Allgemeine Zeitung, Mirko Bartels, Militär übt
Ernstfall im Krankenhaus, 12.11.18, haz.de
[16] Streitkräftebasis, Stephan-Thomas Klose, Dramatische Szenarien zum
JOCO-Übungsauftakt, 12.11.18, kommando.streitkraeftebasis.de
[17] Kreiszeitung, Die Region wird nach Skandinavien verlegt – Größte
CIMIC-Übung innerhalb der NATO startet: Bundeswehr übt auch im Landkreis
Verden, 08.11.18, kreiszeitung.de
[18] Streitkräftebasis, André Werres, CIMIC Centre of Excellence (CCOE)
ehrt die Stadt Nienburg, 11.07.18, kommando.streitkraeftebasis.de
[19] Blickpunkt Nienburg, Joint Cooperation-Teilnehmer üben fiktiven
Krisenfall, Aufruhr in „Framland“, 17.11.18, blickpunkt-nienburg.de
[20] Süddeutsche Zeitung vom 03.08.2016, Christoph Hickmann, Üben für
den Extremfall, Seite 5
[21] Strukturbaum des ZentrZMZBw, kommando.streitkraeftebasis.de
[22] Presse- und Informationszentrum Cyber- und Informationsraum,
Bataillon Elektronische Kampfführung 912, 06.09.18, cir.bundeswehr.de
[23] NDR, Streitkräfte und Strategien, Manuskript der Sendung vom
20.10.18, Beitrag: Großmanöver in Norwegen – NATO-Speerspitze auf dem
Prüfstand von Andreas Dawidzinski, Seite 4, www.ndr.de/streitkraefte
[24] Streitkräftebasis, Stefan Niethmann, In Langendamm spricht man
Englisch, 17.04.18, kommando.streitkräftebasis.de
[25] Mehr zum NATO CCOE in der IMI-Studie 6/2016 „Nato-Exzellenzzentren
– Planen für den nächsten Krieg“ von Christopher Schwitanski, Seite
12ff, imi-online.de
[26] Streitkräftebasis, Ulrich Baade, CIMIC Command wirft seine Schatten
voraus, 28.09.18, kommando.streitkraeftebasis.de
Mehr Informationen über die Mailingliste IMI-List