[IMI-List] [0517] Cyber Valley / IS in Syrien / neue Texte

imi imi at imi-online.de
Do Jul 5 20:31:59 CEST 2018


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Online-Zeitschrift "IMI-List"
Nummer 0517 .......... 21. Jahrgang ........ ISSN 1611-2563
Hrsg.:...... Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V.
Red.: IMI / Jürgen Wagner / Christoph Marischka
Abo (kostenlos).. https://listi.jpberlin.de/mailman/listinfo/imi-list
Archiv: ....... http://www.imi-online.de/mailingliste.php3
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Liebe Freundinnen und Freunde,

in dieser IMI-List findet sich

1.) Der Hinweis auf eine Kundgebungen und eine Analyse zum „Cyber Valley“;

2.) ein Überblick über neue Texte auf der IMI-Homepage;

3.) eine Artikel zu den aktuellen Vorgängen in Syrien und zum Engagement
der Bundeswehr nach der Bekämpfung des IS.


1.) Cyber Valley

Die Region zwischen Stuttgart und Tübingen soll zum wichtigsten Zentrum
zur Erforschung „Künstlicher Intelligenz“ werden – was Begehrlichkeiten
von Rüstung und Industrie weckt. Am morgigen Freitag um 17:00 Uhr wird
eine Kundgebung „Gegen den Ausverkauf der Stadt, der Universität und des
Wissens“ stattfinden
(http://www.imi-online.de/2018/07/05/cyber-valley-kundgebung/)

Pünktlich zur Kundgebung hat die Informationsstelle Militarisierung eine
Analyse veröffentlicht, welche die Verbindungen des Cyber Valley zu
Rüstung und Militärpolitik herausarbeitet:

IMI-Analyse 2018/18
Das Cyber Valley in Tübingen und die Transformation zum Rüstungsstandort
http://www.imi-online.de/2018/07/05/9000/
Christoph Marischka (5. Juli 2018)


2.) Wichtige neue Texte auf der Homepage

IMI-Standpunkt 2018/024 (Update, 26.6.2018)
Meseberger Erklärung: Deutsch-französische EU-Militarisierungsambitionen
http://www.imi-online.de/2018/06/21/meseberger-erklaerung-deutsch-franzoesische-eu-militarisierungsambitionen/
Jürgen Wagner (21. Juni 2018)

IMI-Analyse 2018/16 - in: junge Welt, 15.6.2018
Drehscheibe Deutschland
NATO und EU rüsten auf und überprüfen die Infrastruktur für mögliche
militärische Nutzungen. Die Bundesrepublik spielt dabei eine zentrale
Rolle – wie die Verlegung von US-Truppen nach Osteuropa zeigt
http://www.imi-online.de/2018/06/15/drehscheibe-deutschland-2/
Tobias Pflüger (15. Juni 2018)

IMI-Analyse 2018/15 - in: AUSDRUCK (Juni 2018)
Rüstungsmarkt Polizei
Teil I: Überblick und Gepanzerte Fahrzeuge
http://www.imi-online.de/2018/06/13/ruestungsmarkt-polizei/
Martin Kirsch (13. Juni 2018)


3.) IMI-Analyse: Syrien nach der Niederlage des IS

IMI-Analyse 2018/14
Operation „Roundup“: Der IS steht vor der Niederlage, aber niemand redet
darüber
http://www.imi-online.de/2018/07/03/operation-roundup-der-is-steht-vor-der-niederlage-aber-niemand-redet-darueber/
Bernhard Klaus (3. Juli 2018)

Am 1. Mai 2018 begann von der europäischen Öffentlichkeit weitgehend
unbemerkt die Operation „Roundup“ der US-geführten internationalen
Koalition gegen den sog. Islamischen Staat (IS) in Syrien. „Roundup“
bedeutet soviel wie „zusammentreiben“ und „ausheben“, wird jedoch auch
als „Razzia“ übersetzt. Das erklärte Ziel der Mission besteht darin, die
„Überreste des Islamischen Staates im Nordosten Syriens zu vernichten“.1
Bereits Ende 2017 war aus dem US-Verteidigungsministerium mitgeteilt
worden, dass der IS 98% des Territoriums verloren hätte, das er
ursprünglich kontrollierte. Auf dem Höhepunkt seiner Macht lebten sieben
bis zehn Millionen Menschen in den Gebieten des Kalifats, das Ölfelder
und Raffinerien, ganze Produktions- und Logistikketten kontrollierte und
damit, sowie durch Plünderungen, in den Jahren 2014 und 2015 jeweils
fast zwei Mrd. US$ Einnahmen erwirtschaften konnte. Während der IS vor
Beginn der internationalen Intervention gegen das Kalifat täglich in den
Medien war, wird seiner Bekämpfung spätestens seit der Rückeroberung
Mossuls und der Vernichtung des IS im Irak recht wenig Aufmerksamkeit
geschenkt. Bemerkenswert selten wird die Frage gestellt, wann der IS
wohl restlos besiegt sein wird und wie die USA und andere internationale
Akteure, darunter Deutschland, ihre weitere Präsenz in der Region
begründen werden. Selbst wenn in Syrien etwas Ruhe einkehren sollte, ist
davon auszugehen, dass der Stellvertreterkonflikt zwischen der
US-geführten Koalition und dem Iran weiter anhalten wird. Der im Kampf
gegen den IS aufgebaute deutsche Luftwaffenstützpunkt in Jordanien
jedenfalls scheint auf Dauer ausgelegt zu sein und hat mittlerweile auch
die Führung der deutschen Truppen im Irak übernommen, deren Auftrag
jenseits aller öffentlichen Aufmerksamkeit gegenwärtig neu definiert wird.

Die internationale Intervention gegen den IS

Im September 2014 griffen die USA und ihre Verbündeten mit Luftschlägen
gegen den IS ein und unterstützten v.a. kurdische Kräfte mit Ausbildung,
Waffen und Spezialkräften. Die US-geführte Koalition gegen den IS wuchs
zumindest auf dem Papier auf 74 Staaten an und soll bis März 2018 über
13.000 Luftangriffe in Irak und über 14.500 Luftangriffe in Syrien
durchgeführt haben. Alleine in den drei Monaten zwischen November 2015
und Januar 2016 sollen über 6.400 IS-Mitglieder getötet worden sein, im
Dezember 2016 gab der britische Verteidigungsminister Michael Fallon an,
die Mission habe mehr als 25.000 IS-Kämpfern das Leben gekostet. Während
sich die beteiligten Staaten ansonsten mit akkumulierten Zahlen
zurückhalten, gaben sie bei einzelnen Angriffen vereinzelt regelrechte
Erfolgsmeldungen aus, wonach eine bestimmte zwei- bis dreistellige Zahl
von IS-Kämpfern oder auch führende Ideologen oder Propagandisten des IS
getötet worden seien. Eine klare Unterscheidung zwischen Kombattanten
und Zivilisten war bei diesen Luftschlägen und in der begleitenden
Debatte nie erkennbar. Airwars jedoch schätzt die Zahl der von der
Koalition bis Mai 2018 getöteten Zivilisten auf 6 bis 10 Tausend.2 Nach
Beginn der US-geführten Intervention 2014 fanden in Europa, den USA,
Nordafrika und weiteren an der Anti-IS-Koalition beteiligten Staaten
terroristische Anschläge statt, die dem IS zugeordnet wurden. Ab Ende
2015 gelangen dem IS mehrere komplexe Anschläge in Frankreich und
Belgien und ab 2017 auch in Großbritannien. Mittlerweile hat die Zahl
dieser Anschläge deutlich abgenommen und gehen diese vorwiegend von
Einzeltätern aus, die sich als IS-Sympatisanten bekannt haben oder zu
solchen erklärt wurden.3

Im Januar 2015 beherrschte der IS weite Teile Nordsyriens und das
gesamte Euphrat-Tal bis nach Falludscha im Irak. Im Irak kontrollierte
er darüber hinaus ein großes Gebiet um Mossul, das im Süden bis 150km
vor Bagdad und im Westen bis tief nach Syrien hineinreichte. Neben
diesen zusammenhängenden Territorien beherrschte der IS ein großes
Gebiet östlich von Homs zwischenzeitlich bis Palmyra sowie mehrere
kleine Enklaven südlich und westlich von Damaskus. Heute hat er noch
zwei größere Gebiete und einen entscheidenden Abschnitt des Euphrats im
Westen Syriens und zwei kleine Gebiete im Süden des Landes unter seiner
Kontrolle. Die irakische Regierung hatte den Kampf gegen den IS bereits
im Dezember 2017 für beendet erklärt.

Die Gebiete im Norden Syriens, die vormals unter Kontrolle des IS
standen, werden heute weitgehend von den kurdisch dominierten Syrian
Democratic Forces (SDF) gemeinsam mit den USA kontrolliert, ein weiterer
Teil ist von der Türkei besetzt. Die Gebiete bei Damaskus und östlich
von Homs, die sich zwischenzeitlich bis nach Aleppo erstreckten, wurden
von der syrischen Armee und ihren Verbündeten zurückerobert, zuletzt im
Mai 2018 das Flüchtlingslager Yarmouk, das im April 2015 vom IS besetzt
worden war. Aktuell greifen syrische Truppen eine IS-Enklave in der
Provinz As-Suwayda an, nach deren absehbarer Eroberung dem IS im Süden
nur noch eine kleine Enklave an der Grenze zu den von Israel besetzten
Golan-Höhen bleiben wird, die von Gebieten umschlossen ist, die unter
Kontrolle von Rebellen stehen.

Aufteilung Syriens im Zuge der Bekämpfung des IS

Da absehbar war, dass die führenden Kräfte der Anti-IS-Allianz, die
Türkei und die USA, die vom IS befreiten Gebiete nicht an das syrische
Regime übergeben würden, entwickelte sich die Bekämpfung des IS zu einer
Art Wettlauf um Geländegewinne. Die Türkei etwa, die zuvor gut mit dem
IS jenseits seiner Grenze nach Syrien leben konnte und diesem auch
Rückzugsraum bot und Geschäfte mit ihm machte,4 begann im Oktober 2016
ihre Operation Euphrates Shield, bei der sie mit lokalen Verbündeten in
das zuvor vom IS beherrschte Gebiet in Syrien eindrang. Zuvor hatten die
USA in den von kurdischen Kräften vom IS eroberten Gebieten Stützpunkte
errichtet und ihre Unterstützung für die kurdisch dominierten Syrian
Democratic Forces (SDF) ausgebaut.5 Die Türkei wollte mit Euphrates
Shield ein zusammenhängendes, kurdisch dominiertes Gebiet jenseits ihrer
Grenze verhindern. Vor und in den vom IS eroberten Gebieten kam es
mehrfach zu Gefechten zwischen dem türkischem Militär und dessen
Verbündeten und der SDF, die zugleich von den USA unterstützt wurden.

Nach der Eroberung Aleppos im Dezember 2016 drangen auch syrische Kräfte
von dort in die vom IS besetzten Gebiete nahe der türkischen Grenze vor.
Um Al Bab und die Verbindungsstraße zwischen Aleppo und Manbidsch
entfalteten sich Anfang 2017 heftige und komplexe Gefechte: Die
türkischen Kräfte stießen unterstützt von US-amerikanischer Luftwaffe
von Norden und Westen auf die Stadt vor, die syrische Armee mit ihren
iranischen Verbündeten und russischer Luftunterstützung kamen aus dem
Süden. Auch die SDF versuchte wiederholt, einen Korridor zu den
kurdischen Gebieten im Westen oder zumindest zu den vom syrischen Regime
kontrollierten Gebieten offen zu halten und wurde dabei von der Türkei
angegriffen. Nachdem der IS seine Positionen im Norden verloren hatte,
zog er sich in die Wüstengebiete östlich von Homs zurück und wurde dort
anschließend in harten und zähen Gefechten von der syrischen Armee
zurückgeschlagen. Bereits in dieser Zeit erfolgten (zwischen dem 18. Mai
und dem 20. Juni 2017) mehrere US-amerikanische Luftschläge, die ein
Vordringen der syrischen Armee auf die gemeinsame Grenze mit dem Irak
und Jordanien verhindern sollten.6 Seit der IS nördlich der Grenze zu
Jordanien weitgehend besiegt ist, kontrolliert das syrische Regime
wieder ein großes zusammenhängendes Gebiet mit den wichtigsten Städten,
das etwa zwei Drittel des syrischen Territoriums umfasst. Neben den
Gebieten im Norden Syriens, die von den USA, der SDF und der Türkei
kontrolliert werden, wird die Provinz Idlib weiterhin von der Türkei
nahestehenden Rebellen kontrolliert und das Gebiet nördlich der
Golan-Höhen von Rebellen, die von Israel zumindest geduldet werden. Ein
weiteres Gebiet, das sich nicht unter der Kontrolle des Regimes
befindet, liegt dort, wo sich die Grenzen von Jordanien, dem Irak und
Syrien treffen. Formal steht es unter Kontrolle von Rebellen, auch hier
haben allerdings die USA einen Stützpunkt errichtet und mehrfach mit
Waffengewalt klargestellt, dass sie eine Rückeroberung durch die
syrische Armee nicht tolerieren werden. In der Wüste nördlich von diesem
Stützpunkt hält der IS eine weitere Enklave und trägt damit letztlich zu
dem bei, was immer wieder als wichtigstes strategisches Ziel der USA und
Israels in Syrien genannt wird: Einen zusammenhängenden „Korridor“ vom
Iran über Irak und Syrien nach Libanon zu verhindern. Eine weitere,
kleine aber entscheidende Enklave des IS befindet sich im Euphrat-Tal an
der Grenze zum Irak.

Tolerierung des IS und Angriffe gegen die syrische Armee

Diese Enklave erstreckt sich etwa 30km entlang des Euphrat von der
irakischen Grenze Richtung Deir ez-Zor. Die Gebiete nördlich des kleinen
IS-Gebietes werden von der SDF, die südlich angrenzenden Gebiete von den
syrischen Streitkräften kontrolliert. Es ist offensichtlich, dass der IS
hier bislang zumindest von den USA und damit der SDF toleriert wird,
denn seine Präsenz im Euphrat-Tal an der Grenze zum Irak wird vonseiten
der USA einer Kontrolle durch das syrische Regime klar vorgezogen.
Anstatt – womöglich sogar gemeinsam mit der syrischen Armee – gegen den
IS vorzugehen, kommt es westlich der IS-Enklave immer wieder zu
Gefechten zwischen SDF bzw. US-Kräften und der syrischen Armee. Ein
großer Teil der relativ seltenen direkten Angriffe der US-geführten
Koalition gegen die syrische Armee und ihre Verbündeten erfolgte hier.

Ein erstes und entscheidendes solches Ereignis fand bereits im September
2016 statt. Damals beherrschte der IS weite Teile im Zentrum und im
Osten Syriens, in dem die syrische Armee nur noch Teile der Stadt Deir
ez-Zor und den dazugehörigen Flughafen kontrollierte. Immer wieder
stießen die IS-Kräfte auf die syrischen Armeestellungen insbesondere in
der Umgebung des Flughafens vor, über den die syrische Armee versorgt
wurde. Am Nachmittag des 17. Septembers 2016 begannen Luftangriffe auf
Stellungen der syrischen Armee, an denen neben den US-Kampfflugzeugen
auch britische Reaper-Drohnen und dänische F-16 beteiligt waren. Die
Luftschläge hielten eine knappe Stunde an und kosteten je nach Quelle
zwischen 62 und 106 syrischen Soldaten das Leben, etwa hundert weitere
wurden verletzt. In der Folge wäre es dem IS beinahe gelungen, den
Flughafen einzunehmen und damit vermutlich die damals letzte
verbleibende Präsenz der syrischen Armee im östlichen Zentrum des Landes
zu beenden. Die heutige Machtteilung in Syrien hätte dann sicherlich
anders ausgesehen.

Der Vorfall im September 2016 belastete die Beziehungen zwischen den
USA, ihren Verbündeten und Russland schwer. Von der Führung der
US-geführten Koalition gegen den IS wurde behauptet, man habe den IS
treffen wollen und es folgte eine öffentliche Entschuldigung für den
Angriff auf syrische Soldaten.7 Ein Fehler bei der Identifikation der
Ziele ist durchaus denkbar, denn die syrische Armee hatte kurz zuvor
Positionen des IS erobert. Größere Luftschläge gegen die syrische Armee
wiederholten sich jedoch v.a. seit 2018 mehrmals in der Provinz Deir
ez-Zor. Die am Euphrat gelegene Provinzhauptstadt blieb bis September
2017 eine Enklave der syrischen Armee, die jedoch im Verlauf des Jahres
2017 von Homs über Pamyra weite Teile des geographischen Zentrums vom IS
zurückerobern konnte. Am 25. August 2017, als ein Durchbruch der
Belagerung Deir ez-Zors durch die syrische Armee absehbar war, erklärte
die SDF, dass sie eine Offensive gegen den IS in und um die Stadt
beginnen und dabei nicht mit der syrischen Armee kooperieren werde. Zu
jenem Zeitpunkt waren die SDF und die USA noch mit der Bekämpfung des IS
in Rakka beschäftigt, während etwas südlich davon im Euphrat-Tal
syrische Kräfte gegen den IS kämpften. Anschließend drang die SDF
unterstützt von der US-geführten Koalition nördlich des Euphrat nach
Deir ez-Zor vor, während die syrische Armee von Westen aus vorrückte und
die Belagerung der Stadt durch den IS am 7. September 2017 durchbrechen
konnte. Die SDF erreichte Deir-ez Zor wenig später unterstützt von
US-Spezialkräften und wurde dabei wiederholt von russischen
Luftangriffen aufgehalten und geschwächt. In der Zwischenzeit war es der
syrischen Armee gelungen, auch einige Stadtteile nördlich des Euphrats
einzunehmen, während es der SDF gelang, ein Gasfeld und die wichtigsten
Anlagen der Ölförderung unter seine Kontrolle zu bringen.

Diese Konstellation – dass der SDF die Gas- und Ölanlagen und die
syrische Armee lediglich im Stadtgebiet Deir ez-Zors kleine Gebiete
nördlich des Euphrat kontrolliert – hält im Grunde genommen bis heute
an. Die USA haben mehrfach klargestellt, dass sie weitere Geländegwinne
der syrischen Armee nördlich des Euphrat, wo viele Öl- und Gasfelder
liegen, nicht dulden werden. Am 7. und 8. Februar 2018 gab es nach
US-Darstellung einen Vorstoß regimenaher Kräfte auf ein Hauptquartier
der SDF, in dem US-Spezialkräfte anwesend waren. Daraufhin wurden diese
von Kampflugzeugen, Bombern, Hubschraubern und Artillerie der
US-Streitkräfte beschossen, wobei zwischen 50 und 100 prosyrische
Kräfte, darunter 10-20 Angehörige einer privaten russischen
Militärfirma, getötet worden sein sollen. Andere Quellen sprechen von
mehreren hundert Opfern. Die Gefechte fanden im unmittelbaren Umfeld des
Al Tabiyeh-Gasfeldes statt, das – anders als der 3km südlich gelegene
Ort Al Tabiyeh – damals und bis heute unter Kontrolle der SDF bzw. der
USA steht und von der US-Firma Conoco betrieben wird. In den folgenden
Tagen kam es zu weiteren Gefechten zwischen der SDF und regimetreuen
Kräften in den nördlich des Euphrat gelegenen Stadtteilen, am 10.
Februar zerstörte eine Reaper-Drohne der USA einen Panzer der syrischen
Armee südlich des Gasfeldes. Zu weiteren Luftangriffen der US-geführten
Koalition auf syrische Kräfte zwischen Euphrat und dem Gasfeld kam es um
den 3. und 22. März.

Die aktuelle Operation „Roundup“

Die seit Mai 2018 laufende Operation „Roundup“ richtet sich aktuell
primär auf eine andere Enklave nördlich des Euphrat, die nach Osten von
der Grenze zum Irak und ansonsten von Gebieten unter Kontrolle der SDF
umschlossen wird. Das US-Verteidigungsministerium veröffentlicht
regelmäßig recht ausführliche Berichte über Umfang und Intensität der
Operation. Demnach seien alleine im Mai 225 Luftschläge gegen den IS
ausgeführt worden, wobei ein Luftschlag auch aus mehreren Angriffswellen
bestehen kann. Alleine am ersten Juni seien bei neun Angriffen ein
Tunnel, drei Kommandoposten und sechs vom IS gehaltene Gebäude
angegriffen worden. Am zweiten Juni wurden demnach bei acht Angriffen
eine taktische Einheit angegriffen und zwei Gefechtspositionen, zwei
Kommandoposten und fünfzehn vom IS gehaltene Gebäude zerstört. Am
dritten Juni erfolgten 28 Luftschläge, bei denen u.a. ein „logistischer
Knotenpunkt des IS“ und eine nicht näher genannte „Verbindungslinie“,
ein weiterer Kommandoposten und 11 Gefechtsstellungen des IS zerstört
worden seien. Vergleichbare Zusammenfassungen liefert das
US-Verteidigungsministerium für jeden einzelnen Tag der Offensive. Für
den Berichtszeitraum vom 1.-10. Juni 2018 ergeben sich daraus insgesamt
141 Luftschläge, bei denen neben IS-Einheiten, Waffen und Fahrzeugen
insgesamt 25 Gebäude („IS-held buildings“), 25 Gefechtspositionen („ISIS
fighting positions“), zehn Versorgungswege („ISIS supply route“), acht
Kommandoposten („ISIS command-and-control centers“), sechs logistische
Knotenpunkte („ISIS logistics hub“), zwei Verbindungslinien („ISIS
communication line“) und ein Lager („ISIS supply cache“) angegriffen
bzw. zerstört wurden.8 Auch wenn diese Berichte spürbar mit einer
gehörigen Portion Propaganda bzw. „strategischer Kommunikation“ garniert
sind – regelmäßig wird etwa auf die sinkende Moral der IS-Kämpfer,
fliehende IS-Führungsfiguren und sich ergebenden Einheiten berichtet –
so ist kaum anzunehmen, dass die massiven Luftschläge nicht auch
Zivilist*innen und zivile Infrastruktur betreffen, die, würden die
gleichen Luftschläge von Russland oder der syrischen Armee durchgeführt,
sicher im Mittelpunkt der hiesigen Berichterstattung stehen würden.

Nachdem die Operation „Roundup“ zunächst v.a. in diesen Luftschlägen
bestand, gab das Pentagon am 3. Juni den Beginn der Bodenoffensive
bekannt, die wesentlich von der SDF getragen und von irakischen Truppen
unterstützt werde. Zumindest auch französische Artillerie ist vom Irak
aus beteiligt, berichtet wird auch von französischen und italienischen
Spezialkräften auf der syrischen Seite der Grenze an der Seite der SDF.
Die Luftangriffe konzentrierten sich einerseits auf die Enklave nördlich
des Euphrat-Tals, in die die SDF vom Nordwesten aus vorstoßen und wo sie
am 5. Juni beträchtliche Geländegewinne mit der Eroberung Dashishas
bekanntgab. Ein anderer Schwerpunkt der Luftangriffe ist bereits jetzt
auch der kleine, vom IS besetzte Teil des Euphrat-Tales. Es wird
spekuliert, dass das Ziel der Operation „Roundup“ darin besteht, die
verbliebenen IS-Kämpfer in dieses Tal zu drängen, von dem aus sie
versuchen könnten, in den Irak zu fliehen. Im Verlauf des Juni sind
mehrfach SDF-Kräfte unterstützt von irakischen Einheiten nördlich des
Euphrat an der Grenze zum Irak in dieses Gebiet vorgedrungen. Als sich
südlich des Euphrats dem syrischen Regime nahestehende irakische Milizen
versammelten, erfolgten am 18. Juni verheerende Luftschläge, über die
auch die Tagesschau (online) berichtete: „Vieles deutet darauf hin, dass
die USA den Angriff geführt haben… Bei einem Luftangriff im Osten
Syriens sind nach Angaben von Aktivisten mindestens 52 regierungstreue
Kämpfer ums Leben gekommen… Ein Sprecher der US-geführten Koalition,
Sean Ryan, sagte, sie habe keine Luftangriffe in der Gegend ausgeführt…
Die Koalition hat schon mehrfach regierungstreue Kräfte angegriffen.
Diese bekämpfen in der Region ebenfalls IS-Extremisten.“9 Mittlerweile
wird Israel häufig als möglicher Urheber der Angriffe genannt.

Vieles deutet darauf hin, dass der IS bald aus seiner Enklave nördlich
des Euphrat-Tals vertrieben sein wird. Die sich ergebenden bzw.
gefangengenommenen mutmaßlichen IS-Kämpfer werden der SDF übergeben.
Dabei handele es sich um „eine große Zahl“ bzw. „mehrere hundert“, die
bereits jetzt in Gefangenenlager der SDF interniert seien10 und um die
sich die US-geführte Koalition nicht weiter kümmern muss. Ob die SDF
nach den massiven Luftangriffen als Befreier wahrgenommen wird, kann
bezweifelt werden. V.a. für die kurdischen Kräfte innerhalb der SDF
dürfte sich ihre Position tendenziell schwächen, weil sich das Gebiet
unter der Kontrolle der SDF damit noch weiter über das kurdische
Siedlungsgebiet hinaus ausdehnt. Im Zuge der Operation lässt sich in den
offiziellen Mitteilungen der SDF außerdem bereits ein anderer
Zungenschlag vernehmen: Bereits mit Ankündigung der Bodenoffensive der
SDF im Rahmen der Operation „Roundup“ am 3. Juni 2018 hatte deren
Sprecher, Kino Gabriel, angekündigt: „Das Ende des Kalifats ist nah. Wir
wollen Freiheit und Demokratie für alle Menschen/Völker in Syrien“.11
Bereits in ihrer Mitteilung zum Beginn der Operation „Roundup“ am 2. Mai
teilte die SDF mit, dass diese mit einem Blick auf langfristige Ziele
ausgeführt werde: „dem Aufbau eines neuen und demokratischen Syriens“.12
Diese Rhetorik scheint eher angelehnt an die Formulierungen der USA als
an die frühere Position der SDF, in der diese v.a. die Selbstverwaltung
der kurdischen Gebiete hervorhob und sich mit Forderungen zur künftigen
gesamtstaatlichen Ordnung weitgehend zurückhielt. Am 1. Juni 2018 hat
der syrische Präsident Assad gegenüber dem staatsnahen russischen Sender
Russia Today die USA und die SDF scharf kritisiert. Nachdem die USA
zunächst auf die Nusra-Front gesetzt hätten, um Syrien anzugreifen,
benutzen sie nun die SDF. Zugleich drohte Assad der SDF, man werde das
von ihr eroberte Gebiet notfalls mit Gewalt wieder unter syrische
Kontrolle bringen.13

Ist der IS bald Geschichte?

Vieles spricht dafür, dass nach der Zerschlagung des IS in dessen
Enklave nördlich des Euphrats die Lage im Euphrat-Tal selbst eskalieren
könnte. Es ist kaum davon auszugehen, dass die USA und insbesondere
Israel an diesem entscheidenden Grenzabschnitt weitere Geländegewinne
der syrischen Armee und deren Verbündeter tolerieren würden. Die
Luftschläge gegen iranische Milizen am 18. Juni und die anschließende
scharfe Rhetorik aus Irak und Iran dürften einen Vorgeschmack auf die
Eskalationsdynamik geben. Zugleich lässt sich jedoch im Süden des Landes
beobachten, wie schnell sich im syrischen Krieg Allianzen verschieben
können. Hier begann die syrische Armee Mitte Juni eine zunächst sehr
erfolgreiche Offensive gegen Rebellengruppen um die Stadt Daraa, die
zuvor unter dem Schutz der USA, Jordaniens und Israels standen. Obwohl
Israel im Frühjahr 2018 mehrfach massive Luftschläge in verschiedenen
Regionen Syriens durchgeführt hatte, hat es bislang in die Gefechte nahe
der israelisch besetzten und massiv hochgerüsteten Golan-Höhen nicht
eingegriffen. Der bislang einzige bestätigte israelische Angriff auf
Syrien seit Beginn der Offensive im Süden erfolgte am 26. Juni 2018 auf
den Flughafen Damaskus und scheint mit dieser in keinerlei Zusammenhang
zu stehen. Er scheint vielmehr, wie auch bei den Angriffen im Frühjahr
2018 meist behauptet, iranische Kräfte und deren Verbündete zum Ziel
gehabt zu haben.

Es wird deshalb davon ausgegangen, dass Russland und das syrische Regime
einen Deal mit Israel und den USA eingegangen sind, wonach diese den
syrischen Vormarsch in einem gewissen Maße akzeptieren, Syrien und
Russland im Gegenzug aber eine iranische Präsenz im Süden Syriens
verhindern und Luftangriffe auf iranische Kräfte in Syrien tolerieren.
Der russisch-syrische Vorstoß im Süden eröffnet allerdings die
Möglichkeit, dass auch die südlichste Enklave des IS, die bislang von
Rebellen und der israelischen Armee umschlossen auf syrischem
Territorium existiert, ebenso wie die von syrischen Truppen umschlossene
Enklave bei As-Suwayda bald Geschichte sein könnte. Wäre dies der Fall
und die Operation „Roundup“ im Norden ebenfalls erfolgreich, bestünde
also – zumindest von den militärischen Kräfteverhältnissen her –
tatsächlich die Möglichkeit, dass der IS auch in Syrien bald besiegt
sein könnte.

Die Nützlichkeit des IS für die deutsche Truppenpräsenz

Von einer endgültigen Niederlage des IS ist aber erstaunlicher Weise
nirgendwo die Rede. Erst am 21. Juni 2018 hatte Bundeskanzlerin Angela
Merkel die Bundeswehr in Jordanien besucht, die sich von hier aus mit
ca. 280 Soldat*innen, Tornados und einem Tankflugzeug an der
US-geführten Allianz beteiligt. In ihrer Rede vor dem
Bundeswehrkontingent und der begleitenden Berichterstattung war von der
gleichzeitig stattfindenden Operation „Roundup“, dem damit
einhergehenden Bombenhagel in Syrien und auch von einem nahen Ende des
IS keine Rede. Zwar seien im Gespräch mit dem jordanischen König auch
„Rückzugsvarianten ins Auge gefasst“ worden, dennoch stellte die
Kanzlerin klar, dass „dieser Einsatz … weiterhin geflogen werden muss“:
„Die Operation ist nicht beendet“. Ganz im Gegenteil vermittelten ihre
Worte den Eindruck, dass die deutsche Präsenz auf Dauer angelegt ist:
„Man freut sich über die deutschen Soldaten hier in Jordanien… Sie
versehen hier einen wichtigen Dienst… Deshalb ist es, denke ich, gut,
dass Sie hier ein schönes Camp haben… Herzliche Grüße aus der Heimat…“.14

Angesprochen hat Merkel auch die in den letzten Jahren intensivierte
„deutsch-jordanische Zusammenarbeit“ und insbesondere die
„Ertüchtigungsinitiative“, mit der sich Deutschland seine erste
eigenständige Luftwaffenpräsenz in der Region quasi erkauft hat. In
deren Rahmen hat Deutschland in den Jahren 2016 und 2017 jeweils
Rüstungsgüter im Wert von 88 Mio. Euro an Jordanien verschenkt –
darunter 50 Schützenpanzer „Marder“ und Überwachungstechnologie.15 Auch
angesichts dieser Investitionen ist unwahrscheinlich, dass Deutschland
seine Basis in Jordanien bald aufgeben wird. Entsprechende Vorkehrungen
scheinen bereits getroffen: Nachdem zuletzt im Oktober 2017 der Einsatz
der Bundeswehr zur Ausbildung kurdischer Milizen und der Einsatz in der
Türkei und Jordanien zur Beteiligung an der US-geführten Koalition noch
in getrennten Mandaten verlängert, aber jeweils mit der Bekämpfung des
IS begründet worden waren, wurden im März 2018 beide Einsätze unter
einem Mandat „zur nachhaltigen Bekämpfung des IS-Terrors und zur
umfassenden Stabilisierung Iraks“ zusammengefasst.16 Auch dieses Mandat
jedoch wird völkerrechtlich mit dem „Recht auf kollektive
Selbstverteidigung“ gegen den IS und dessen Bewertung als „Bedrohung für
den Weltfrieden“ begründet. Da die Beteiligung an Auslandseinsätzen nur
über das Konstrukt eines „System gegenseitiger kollektiver Sicherheit“
mit der Verfassung in (vermeintlichen) Einklang zu bringen ist, ist auch
dieses Mandat an die fortgesetzte Existenz der „internationalen
Anti-IS-Koalition in ihrem Kampf gegen den IS“ gebunden. Auch über
Jordanien hinaus begründet das zusammengefasste Mandat eine umfangreiche
Präsenz deutscher Truppen in der Region: Von der Türkei aus beteiligt
sich die Bundeswehr an den AWACS-Aufklärungsflügen, Verbindungsoffiziere
sind im US-Hauptquartier der Koalition in Katar und zwischen 100 und 200
deutsche Soldat*innen, darunter Spezialkräfte, im Irak aktiv. In der
Rede der Bundeskanzlerin auf dem jordanischen Luftwaffenstützpunkt Al
Azraq klang das so: „Die Region rückt geistig viel näher an uns heran, …
auch wenn man sieht, wo überall in der Region wir jetzt vereinzelt
Soldaten haben, von Bagdad über Erbil bis Katar und hier an dieser
Stelle, auch noch in der Türkei, in Konya, im NATO-Zusammenhang“.17

Was die deutschen Einheiten aktuell im Irak machen, darüber ist sehr
wenig bekannt, nach eigenen Angaben haben sie dort „seit Einsatzbeginn
im Januar 2015 fast 18.000 kurdische Sicherheitskräfte unter deutscher
Beteiligung trainiert, mehr als 6.000 von ihnen direkt durch deutsche
Soldaten“. Am 13. Juni – also auf dem Höhepunkt der Operation „Roundup“
– wurden auch die Kontingente der zuvor getrennten Mandate
zusammengelegt und seit dem werden auch die deutschenn Einheiten im Irak
unter dem „Führer Deutsche Kräfte Irak“ vom Bundeswehrstützpunkt in
Jordanien aus geführt. Aus diesem Anlass veröffentlichte die Bundeswehr
ein Interview mit dessen Oberkommandierenden, Oberst Kristof Conrath, in
dem auch er deutlich macht, dass an ein Ende der Mission offenbar nicht
gedacht, sondern gerade der Einsatz im Irak langfristig angelegt ist und
gegenwärtig neu ausgerichtet wird: „Die Absicht ist es, das deutsche
Engagement im Irak auszubalancieren und eine Brücke zwischen dem Nord-
und Zentralirak zu schlagen. Dazu soll sich der Beitrag zur Ausbildung
der irakischen Sicherheitskräfte am Prinzip ‚Hilfe zur Selbsthilfe‘
orientieren, d.h. die Ausbildung militärischer Führer, Ausbildung der
Ausbilder und Spezialistenausbildung. Die Feinausplanung dieser Beiträge
ist noch nicht endgültig abgeschlossen, erste Absprachen mit dem für das
sogenannte ‚Capacity Building‘ im Irak zuständigen Hauptquartier … in
Bagdad, sind aber bereits erfolgt“.18

Ein Zwischenfazit zur militärischen Bekämpfung des IS

Am Fortbestand der US-geführten Koalition gegen den IS scheint es also
aktuell, trotz des massiven militärischen Vorgehens im Zuge der
Operation „Roundup“, wenig Zweifel zu geben. Dass ein Ende der
internationalen Intervention angesichts der massiven Geländegewinne
gegenüber dem IS nicht einmal diskutiert wird, zeigt, wie sehr
mittlerweile allgemein akzeptiert bzw. hingenommen wird, dass die
Bekämpfung und Vernichtung des IS nicht das primäre oder zumindest
alleinige Ziel der Allianz war, sondern dieses v.a. auch darin bestand,
aus der Luft in den syrischen Bürgerkrieg einzugreifen. Nachdem
diplomatische Mittel und die Unterstützung von „Rebellengruppen“ nicht
reichten, um in Syrien einen Regime-Change durchzusetzen, und sich
einige der Rebellengruppen zum IS zusammengeschlossen und
unkontrollierbar geworden waren, wurde dessen Existenz wiederum zum
Anlass genommen, Luftangriffe in Syrien durchzuführen und in deren
Schutz Militärbasen zu errichten. Zwar blieben direkte Konfrontationen
zwischen der US-geführten Koalition und syrischen und russischen
Einheiten die Ausnahme, erfolgten jedoch immer wieder in kritischen
Phasen der konkurrierenden Bekämpfung des IS, die zugleich einen
Wettlauf um Geländegewinne darstellte. Über die Luftunterstützung,
Luftangriffe und deren reine Möglichkeit wurden auch in die Allianzen am
Boden eingegriffen. So werden aktuell im Zuge der Operation „Roundup“
arabische gegen kurdische Teile der SDF ausgespielt. Im Süden hingegen
gelingt es aktuell unter drohenden Luftschlägen Israels und der USA, von
Jordanien und den USA unterstützte Rebellengruppen in eine Kooperation
mit der syrischen Armee zu zwingen, die dafür ihr Bündnis mit aus dem
Iran unterstützte Gruppen zunehmend aufgibt.

Während angesichts der robusten und selbstbewusst kommunizierten
Operation „Roundup“ anzunehmen ist, dass der IS seine Gebiete nördlich
des Euphrat verlieren wird, ist noch nicht abzusehen, ob er im
Euphrat-Tal und an den Golan-Höhen möglicherweise weiterhin geduldet
bzw. protegiert wird oder hier zukünftig die Auseinandersetzungen um die
Kontrolle zwischen der syrischen Armee und der US-geführten Koalition
und ihren (temporären) Verbündeten eskalieren werden. Fraglich ist auch,
wie lange das Bündnis zwischen den USA und den kurdischen Kräften halten
wird, (ob und) wann die von den USA ausgebildeten Elemente innerhalb der
SDF die Oberhand gewinnen und die Türkei ihre Drohung eines Einmarsches
nach Manbidsch wahr macht. Denkbar ist auch, dass der IS tatsächlich
alle von ihm beherrschten Territorien auch in Syrien verliert und nur
noch als Gespenst existieren wird, das die Präsenz der US-geführten
Koalition rechtfertigt. Nicht ausgeschlossen werden sollte auch, dass
Russland, Syrien, die USA und Israel – wie es sich momentan andeutet –
zu einer Vereinbarung kommen, die in Syrien – jenseits der an die Türkei
grenzenden Gebiete – zumindest eine Art Ruhe einkehren lassen könnte.
Diese Vereinbarung würde sicherlich zu Lasten des Iran gehen und
allenfalls zu einer Verlagerung des Konfliktgeschehens führen. Denn der
sog. „Kapazitätsaufbau“ zur „nachhaltigen Stabilisierung des Irak“ (wie
es im Mandat des Bundestags heißt) untermauert die Fragmentierung des
Irak und ist wiederum klar gegen den Iran gerichtet, womit der
Stellvertreterkrieg zunehmend an die Grenzen des Iran rücken und weiter
eskalieren könnte. Die US-geführte Koalition gegen den IS, die letztlich
bereits jetzt eine Koalition gegen den Iran ist, wäre dann bereits vor
Ort – mitsamt Bundeswehr und über die AWACS auch mit der NATO. Der
fürchterliche Krieg in Syrien würde dann, eines Tages, als nichts weiter
als das Vorspiel des großen Krieges gegen den Iran erkannt.

Anmerkungen

1 „Clearing the Last of ISIS out of Syria“, voa.gov vom 10.6.2018.

2 „Summary findings on Coalition air and artillery strikes: August 8th
2014 to June 4th 2018“, airwars.org (Stand 2.7.2018).

3 Eine sehr anschauliche Übersicht über die Entwicklung des IS und seine
Bekämpfung findet sich bei bbc.com: „Islamic State and the crisis in
Iraq and Syria in maps“. Eine gute Übersicht auch zur Vorgeschichte des
IS findet sich unter dem Eintrag „The Islamic State“ im Mapping
Militants Project der Stanford University. Die Verbreitung des IS sowie
die Territorien unter Kontrolle der syrischen Regierung und anderer
Großbündnisse orientiert sich an der Karte des Projekts liveuamap.com.
Obwohl bei den Recherchen viel Wert auf Objektivität gelegt wurde, lässt
sich natürlich nicht ausschließen, dass sich einige Ereignisse in
Wahrheit anders zugetragen haben.

4 Eine Zusammenfassung entsprechender Berichte siehe: Ahmet S. Yayla &
Colin P. Clarke: Turkey’s Double ISIS Standard, foreignpolicy.com vom
12.4.2018. Dieser Artikel wurde auch von der RAND Corporation
veröffentlicht, die nicht im Verdacht steht, NATO-feindliche Propaganda
zu betreiben.

5 „US Bases in Syria“, www.globalsecurity.org.

6 Siehe z.B.: „US jets bomb Assad tank convoy advancing on coalition
base in Syria“, telegraph.co.uk vom 18.5.2017.

7 U.S. Admits Airstrike in Syria, Meant to Hit ISIS, Killed Syrian
Troops, nytimes.com vom 17.9.2016.

8 „Operation Roundup Targets ISIS Remnants in Iraq, Syria“, US
Departement of Defense (www.defense.gov) vom 11.6.2018.

9 „Berichte über Luftangriff mit vielen Toten“, tagesschau.de vom
18.06.2018.

10 „’Operation Roundup‘ Launched To Clear Remaining IS Fighters In
Syria“, Forces.net vom 9.5.2018.

11 Information Center of Afrin Resistance: Weekly Bulletin about
Developments in Afrin and Northern Syria (01.06.2018 – 07.06.2018).

12 „Syria, the SDF officialized the last phase of anti-Daesh campaign in
Deir Ezzor“, www.difesaesicurezza.com vom 2.5.2018.

13 „US ‚losing its cards‘ in Syria: Highlights of RT’s interview with
Bashar Assad“, rt.com vom 31.5.2018.

14 „Pressestatement von Bundeskanzlerin Merkel beim Besuch der
Bundeswehrsoldaten auf der Luftwaffenbasis Al-Azraq“, bundeskanzlerin.de
vom 21.6.2018.

15 Geliefert wurden die Güter teilweise erst 2018, siehe: „Deutschland
liefert nicht nur Schützenpanzer“, Zeit.de vom 11.12.2016 sowie: „Ursula
von der Leyen: ‚Jordanien muss stabil bleiben’“, de.euronews.com vom
14.1.2018.

16 Bundestags-Drucksache 19/1093.

17 Siehe FN14.

18 „Kleiner ‚Footprint‘ – Große Wirkung“, Interview mit Oberst Kristof
Conrath, einsatz.bundeswehr.de vom 2.7.2018.



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