[IMI-List] [0416] BW-Einsätze: Mittelmeer & Afrika / DGB und Bundeswehr / Ukraine
IMI
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Mi Feb 26 12:26:51 CET 2014
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Online-Zeitschrift "IMI-List"
Nummer 0416 .......... 17. Jahrgang ........ ISSN 1611-2563
Hrsg.:...... Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V.
Red.: IMI / Thomas Mickan/ Jürgen Wagner
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Archiv: ....... http://www.imi-online.de/mailingliste.php3
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Liebe Freundinnen und Freunde,
in dieser IMI-List findet sich:
1.) Neue Artikel zum Bundeswehr-Einsatz in der Zentralafrikanischen
Republik und den zunehmenden amerikanisch-deutschen Konflikten um
Einfluss in der Ukraine;
2.) Der Hinweis auf eine neue Internetseite und einen Apell zu DGB und
Bundeswehr sowie neue Infos zum Thema;
3.) Ein Artikel zum anstehenden Bundeswehr-Einsatz im Mittelmeer.
1.) Neue IMI-Artikel zum Einsatz in Zentralafrika und zur Ukraine
IMI-Analyse 2014/08
Zentralafrika: “Machtvakuum” oder Arena der Mächte
http://www.imi-online.de/2014/02/19/zentralafrika-machtvakuum-oder-arena-der-maechte/
Christoph Marischka (19. Februar 2014)
IMI-Standpunkt 2014/012
Ukraine: Innerimperialistische Reibereien
http://www.imi-online.de/2014/02/26/ukraine-innerimperialistische-reibereien/
Jürgen Wagner (26. Februar 2014)
2.) DGB und Bundeswehr: Aufruf, Webseite und neue Infos
Seit einiger Zeit kursiert der Aufruf „Wir wiedersprechen!“ gegen den
Annäherungskurs von DGB und Bundeswehr. Inzwischen wurde hierfür die
Internetseite http://www.wir-widersprechen.de/ eingerichtet, auf der
sich neben dem Apell auch zusätzliche Information finden. Darüber hinaus
will der DGB augenscheinlich inzwischen nichts mehr von der Zusage
wissen, einen Workshop unter Beteiligung der Friedensbewegung
abzuhalten. Umso wichtiger ist es, im Vorfeld des DGB-Bundeskongress im
Mai 2014 ein klares Zeichen gegen die Politik der Gewerkschaftsspitze zu
setzen. Bitte helft deshalb dabei, die Webseite
http://www.wir-widersprechen.de/ publik zu machen.
Der folgende Artikel gibt einen Überblick über die jüngsten Ereignisse:
IMI-Standpunkt 2014/011
Wir Widersprechen!
Aufruf und Internetseite gegen den Schulterschluss von Gewerkschaften
und Bundeswehr
http://www.imi-online.de/2014/02/26/wir-widersprechen/
Jürgen Wagner (26. Februar 2014)
3.) Debatte um anstehenden Bundeswehr-Einsatz im Mittelmeer
IMI-Standpunkt 2014/010
Über „Augsburg“ zur Weltmacht – Vernichtung syrischer Chemiewaffen oder
militärische Machtprojektion?
http://www.imi-online.de/2014/02/24/ueber-augsburg-zur-weltmacht-vernichtung-syrischer-chemiewaffen-oder-militaerische-machtprojektion/
Christin Bernhold und Christian Stache (24. Februar 2014)
Die große Koalition beweist wo sie nur kann, dass sie zukünftig
außenpolitisch „neue Verantwortung“ (ein Euphemismus für die Ausdehnung
des deutschen Imperialismus) übernehmen will. Nach der Ausweitung des
Engagements in Mali und Planungen für ein Engagement in der
Zentralafrikanischen Republik wird ein weiterer Einsatz der Bundeswehr
debattiert, genauer der Marine-Fregatte „Augsburg“. Es gehe um die
„Unterstützung von Schiffen, die im Mittelmeer syrische Chemiewaffen
vernichten sollen“, berichtete die Tagesschau. Die Bundeswehr könne „die
Sicherung der Amerikaner übernehmen“[1], deren Spezialschiff MV „Cape
Ray“ aus dem US-Bundesstaat Virginia bereits gen Mittelmeer aufgebrochen
ist[2]. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) setzt sich für ein
„robustes Mandat“ ein, d.h. es handelt sich zumindest formal um einen
Kampfeinsatz, bei dem die Anwendung von Gewalt durch deutsche Soldaten
nicht ausgeschlossen wäre. Die deutsche Marine soll durch den Beschluss
des Bundestags offiziell den Auftrag erhalten, den Frachter MV „Cape
Ray“, auf dem die syrischen Chemiewaffen unschädlich gemacht werden, zu
„schützen“. Ein klares Mandat für eine solche Gewaltanwendung durch die
Vereinten Nationen liegt nicht vor.[3]
In wenigen Wochen solle die „Cape Ray“ zu einer „historischen Mission“
im Mittelmeer eintreffen und dort zur Sicherheit der Welt beitragen, so
US-Verteidigungsminister Chuck Hagel.[4] Sowohl Russland als auch die
NATO haben ihre Unterstützung für den Einsatz zugesagt – laut Spiegel
Online sind gar gemeinsame Eskorten beim Waffenabtransport im
Gespräch.[5] Sobald der Russland-NATO-Kooperationsrat offiziell
Planungsdokumente vorgelegt hat, ist ein Beteiligungsgesuch an die
Bundesregierung zu erwarten. Die Statements Steinmeiers legen nahe, dass
eine Bereitschaft zur Beteiligung deutscher Truppen bereits offiziell
signalisiert wurde – auch ohne vorherige Abstimmung im Bundestag.
Die Fraktion der Partei DIE LINKE, bislang stets gegen Auslandseinsätze
der Bundeswehr, stehe nun vor dem Dilemma, sich für- oder gegen die
Unterstützung des Mandats entscheiden zu müssen, berichtete die
Tageszeitung Neues Deutschland[6]. „Der mögliche Bundeswehreinsatz im
Mittelmeer ist einer der Fälle, bei denen wir, ohne Programme oder
Beschlüsse zu verletzen, uns den Einzelfall ganz genau anschauen und
abwägen müssen“ zitiert die Zeitung den LINKEN Obmann im Auswärtigen
Ausschuss, Stefan Liebich.[7]
Nur Chemiewaffen vernichten?
Die Fregatte „Augsburg“ soll dem Bundesverteidigungsministerium zufolge
den Transport und die Vernichtung der Chemiewaffen schützen. Doch „der
Einsatz deutscher Marineeinheiten ist in den mit der UNO besprochenen
Planungen gar nicht vorgesehen“[8]. Verteidigungsministerin Ursula von
der Leyen (CDU) hat zudem selbst von einer „niedrigen Bedrohungslage“
gesprochen[9]. Es stellt sich also die Frage, worin aus Sicht der
Bundesregierung die Gründe für die neue Mission der deutschen Marine
liegen. Vielleicht hat Bundespräsident Joachim Gauck in seiner Rede auf
der 50. NATO-Sicherheitskonferenz in München Anfang Februar, in der er
ein stärkeres militärisches Auftreten Deutschlands in der EU sowie in
der NATO forderte, die beste Antwort darauf bereits im Vorfeld gegeben.
„Die Bundesrepublik sollte sich als guter Partner früher, entschiedener
und substanzieller einbringen.“[10] Jedenfalls haben der
sozialdemokratische Außenminister Steinmeier und Verteidigungsministerin
von der Leyen postwendend in dasselbe Horn geblasen. Wer wie Gauck,
Steinmeier und von der Leyen vollmundig die Militarisierung der
deutschen Außenpolitik ankündigt, muss seinen Worten Taten folgen lassen.
Es liegt also nahe, dass die neue Marschrichtung gen Mittelmeer nicht
durch das Anliegen vorgegeben wird, eine sichere Vernichtung von Waffen
zu gewährleisten, sondern vom „Kurs auf die Welt“[11], auf dem man sich
auch dann militärisch bewegen will, wenn es nicht nur um die direkten
eigenen Interessen geht.
Erstens wäre eine Vernichtung der Chemiewaffen auch ohne die
Unterstützung der Bundeswehr gewährleistet. Die Sicherheit bereits jetzt
in syrischen Hoheitsgewässern stationierter Transportschiffe für
Chemiewaffen, der norwegischen „Taiko“ und des dänischen Frachters „Ark
Fatura“, werden „durch einen russisch-chinesischen Verband garantiert.
Außerhalb dieses Bereichs kommen je eine britische und eine norwegische
Fregatte sowie ein dänisches Mehrzweckschiff hinzu“[12]. Im östlichen
Mittelmeer, also genau dort, wo die syrischen Chemiewaffen vernichtet
werden sollen, liegen zudem bereits Schiffe der NATO-Operation „Active
Endeavour“ (OAE), welche mit Beginn des „Kampfes gegen den Terrorismus“
ins Leben gerufen wurde und der Kontrolle des Mittelmeers einerseits und
der Bekämpfung unerwünschter Migration andererseits dient. Deutschland
beteiligt sich bereits an dieser Mission bei einer Mandatsobergrenze von
500 Soldaten gegenwärtig mit 78 Marinekräften und dem Flottenversorger
„Rhein“. Ihre Aufgabe umfasst explizit die Seeraumüberwachung und die
Terrorismusabwehr[13] und damit genau das, was im Zuge des neuen,
zusätzlichen Mandates angeblich ermöglicht werden soll. Auch die 6.
US-Flotte und die „Standing-Maritime-Naval-Group 2 (SMNG2)“, die unter
anderem auch an der OAE mitwirken, operieren im Mittelmeer. Unter diesen
Gegebenheiten kann von der Gefährdung der Sicherheit eines
US-amerikanischen Schiffes keine Rede sein. Ein Einsatz der Fregatte
„Augsburg“ ist daher unbedeutend für die unbehinderte Vernichtung der
sysrischen Chemiewaffen. Für die Bundesregierung ist es schon eher von
Bedeutung, bei der Militarisierung des Mittelmeerraumes an der Südgrenze
der Europäischen Union (EU) zu einem größeren Faktor zu werden. Bislang
nimmt die deutsche Marine an zwei Einsätzen in diesen Gewässern teil.[14]
Zweitens geht es im Mittelmeerraum momentan um mehr als nur um die
Vernichtung von Chemiewaffen. Aus dem US-Außenministerium wird nach wie
vor die Drohung einer Militärintervention gegen Syrien aufrechterhalten,
die durch das Sammeln militärischer Kräfte an Nachdruck gewinnt.
US-Außenminister John Kerry wurde nun noch deutlicher. In Anbetracht
der, wie Washington und seine Verbünden Saudi Arabien, Katar, Türkei,
Großbritannien, Frankreich und die Vereinigten Arabischen Emirate
meinen, gescheiterten Verhandlungen zwischen dem Assad-Regime und den
bewaffneten Gruppen, erwägen diese „Freunde Syriens“ nicht nur die
Ausweitung der militärischen Ausbildung, der Finanzierung und Aufrüstung
einzelner Rebellenverbände. Kerry spricht sich auch für die Einrichtung
„humanitärer Korridore“ aus, die durch „Flugverbotszonen“ hergestellt
werden sollen. Ein ranghoher Militärvertreter sagte dem Wall Street
Journal: „Wir haben Truppen in der Region. Wir haben Schiffe im
Mittelmeer. Alles was wir für die militärische Option brauchen, ist
dort.“[15]
Vor dem Hintergrund solcher Äußerungen gewinnen die deutschen
„Patriot“-Raketen an der türkischen Grenze zu Syrien sowie die
Stationierung deutscher Kampfschiffe eine ganz andere Bedeutung. Dabei
müssen die deutschen Verbände gar nicht unbedingt direkt an einer
militärischen Eskalation teilnehmen. Sie könnten auch Aufgaben
übernehmen, die bis dato von anderen ausgeführt worden sind. Es wäre
nicht das erste Mal, dass die Bundeswehr anderen Staaten durch
Kompensationsleistungen die Kriegsführung ermöglicht. Deutschland
beteiligte sich auch an der Machtprojektion des Bündnisses zwischen dem
Westen und den Golfmonarchien mittels eigener Kriegsschiffe – etwa durch
das Truppendienstboot „Oker“, das für „strategische Aufklärung“ im
Zusammenhang mit dem Syrien-Konflikt zuständig ist.
Drittens kommt ein politisches Moment hinzu: Die Bundesregierung muss
ihren zunehmenden Interventionismus gegenüber der eigenen, gegenüber
Auslandseinsätzen mehrheitlich skeptischen Bevölkerung legitimieren. Wie
könnte sie für eine offensiv-militärische Außenpolitik bis hinein in die
Linke besser werben, als mit einem Abrüstungseinsatz? Es ist gemeinhin
bekannt, dass es z.B. den Befürwortern von Bundeswehreinsätzen im
Inneren am besten mit dem Verweis auf Sandsack schleppende Soldaten bei
Hochwassern gelingt, Menschen von der Notwendigkeit der Militarisierung
im Inneren zu überzeugen. Über Aufstandsbekämpfung, Überwachung und
dergleichen redet man bevorzugt nicht in der Öffentlichkeit.
Kein Einzelfall
Die Linksfraktion darf aus dem Antrag der Bundesregierung, die Fregatte
„Augsburg“ ins Mittelmeer zu entsenden, keinen Einzel- und damit
Präzedenzfall für ein „Ja“ zu einem Auslandseinsatz der Bundeswehr
machen. Mit einer Zustimmung reihte sie sich in den Kanon aus
Doppelmoral und humanitärer Phraseologie ein, durch den die Analyse von
Fakten zwecks Legitimierung militärischer Außenpolitik zunehmend ersetzt
wird.
Als einzige parlamentarische Opposition gegen die militärische
Verteidigung von wirtschaftlichen und machtpolitischen Interessen muss
sie stattdessen zur Aufklärung über die Gründe beitragen, aus denen die
Bundesregierung die Entsendung ihrer Marine forciert. Die BRD, die sich
an der Zerstörung der syrischen Chemiewaffen bereits in einer
Entsorgungsanlage in Munster beteiligt, geht es mit dem Marineeinsatz
symbolisch darum, „Verantwortung“ zu zeigen, also zu demonstrieren, dass
Deutschland auch in militärischen Fragen zunehmend zu einem „global
player“ wird. Sollte es der Regierung wirklich um ein Stück mehr
Sicherheit in der Welt gehen, müsste die Große Koalition umgehend
jeglichen Rüstungsexport sowie die Ausfuhr chemiewaffentauglicher
Substanzen stoppen. Ein klares „Nein“ zum geplanten Bundeswehrmandat
steht nicht im Widerspruch zum politischen Willen, die Chemiewaffen
vernichten zu lassen.
Anmerkungen
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[1] Tagesschau.de: Pläne für Mission im Mittelmeer. Bundeswehr vor neuem
Auslandseinsatz. http://www.tagesschau.de/inland/auslandseinsatz102.html
[2] Spiegel Online: Brisanter Auftrag: US-Spezialschiff soll syrische
Chemiewaffen vernichten.
http://www.spiegel.de/politik/ausland/syrien-us-spezialschiff-vernichtet-chemiewaffen-auf-dem-meer-a-945977.html
[3] In der entsprechenden Resolutionen des UN-Sicherheitsrats werden die
„interessierten Mitgliedsstaaten mit den entsprechenden Kapazitäten“
lediglich aufgefordert, „Vorkehrungen für die Sicherheit der
Überwachungs- und Vernichtungsmission zu treffen“ (vgl. S/RES/2118
(2013)). Es wird aber keine Aussage darüber getroffen, wie die
„Sicherheit“ gewährleistet werden darf. Womöglich gingen die Parteien in
der Diskussion der Resolution nicht davon aus, dass überhaupt
militärisch „Sicherheit“ hergestellt werden muss. Oder dies ist bewusst
offen gehalten worden.
[4] Spiegel Online: Brisanter Auftrag: US-Spezialschiff soll syrische
Chemiewaffen vernichten.
http://www.spiegel.de/politik/ausland/syrien-us-spezialschiff-vernichtet-chemiewaffen-auf-dem-meer-a-945977.html
[5] Ebd.
[6] Neues Deutschland: Das Dilemma der LINKEN.
http://www.neues-deutschland.de/artikel/924595.das-dilemma-der-linken.html
[7] Ebd.
[8] Ebd.
[9] Reuters: Marine prüft Einsatz zum Schutz von Zerstörung syrischer
C-Waffen. http://de.reuters.com/article/topNews/idDEBEEA1B03O20140212
[10] Zitiert nach Wagner, Jürgen: Münchner Sicherheitskonferenz:
Generalangriff der Kriegstreiber. IMI-Analyse 2014/004.
[11] Zeit Online: Kurs auf die Welt.
http://www.zeit.de/2014/07/deutsche-aussenpolitik-sicherheitskonferenz/seite-1
[12] Neues Deutschland: Das Dilemma der LINKEN.
http://www.neues-deutschland.de/artikel/924595.das-dilemma-der-linken.html
[13] Bundestags-Drucksache 18/263.
[14]
http://www.bundeswehr.de/portal/a/bwde/!ut/p/c4/04_SB8K8xLLM9MSSzPy8xBz9CP3I5EyrpHK9pPKUVL3UzLzixNSSqlS93MziYqCK1Dwgq6QkNSc3NbVIvyDbUREApOSQ1A!!/
[15] Zitiert nach Spiegel Online: US-Außenminister: Kerry erwägt
Flugverbotszone über Syrien.
http://www.spiegel.de/politik/ausland/buergerkrieg-in-syrien-usa-pruefen-mehr-militaerhilfe-gegen-assad-regime-a-954179.html;
vgl. The Wall Street Journal: U.S. Revisits Options on Syria as Talks
Stall.
http://online.wsj.com/news/articles/SB10001424052702304675504579389872740714470?mg=reno64-wsj&url=http%3A%2F%2Fonline.wsj.com%2Farticle%2FSB10001424052702304675504579389872740714470.html
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