[IMI-List] [0395] Neue Texte auf der Homepage/ Geopolitik Großbritanniens

IMI imi at imi-online.de
Do Mai 16 10:07:59 CEST 2013


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Online-Zeitschrift "IMI-List"
Nummer 0395 .......... 16. Jahrgang ........ ISSN 1611-2563
Hrsg.:...... Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V.
Red.: IMI / Thomas Mickan/ Jonna Schürkes
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Archiv: ....... http://www.imi-online.de/mailingliste.php3
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Liebe Freundinnen und Freunde,

in dieser IMI-List finden sich:

1. eine Zusammenstellung der neuesten Artikel auf der Homepage

2. ein Artikel zur geopolitischen Schwerpunktverschiebung Großbritanniens



1. Neue Texte auf der Homepage

IMI-Studie 2013/06 - in: Wissenschaft & Frieden 2013-2 (Dossier Nr. 73)
China: bedenklich sicher
Zum Zusammenhang von Dissens, Innerer Sicherheit und Außenpolitik in der 
VR China
http://www.imi-online.de/2013/05/15/china-bedenklich-sicher/
Andreas Seifert

IMI-Standpunkt 2013/020 - in: Graswurzelrevolution Nr. 369/Mai 2013
“Nach vorn!” – “einsatzbereit – jederzeit – weltweit”!
Deutsche Spezialkräfte im Umbruch
http://www.imi-online.de/2013/05/13/nach-vorn-einsatzbereit-jederzeit-weltweit/
Jürgen Wagner

IMI-Analyse 2013/16
Empire Redux?
Großbritannien will erneut die imperiale Bürde „östlich von Suez“ schultern
http://www.imi-online.de/2013/05/08/empire-redux/
Jürgen Wagner

IMI-Standpunkt 2013/019
Drohnen: Wie Meinungen mit kreativen Befragungen manipuliert werden
http://www.imi-online.de/2013/05/08/drohnen-wie-meinungen-mit-kreativen-befragungen-manipuliert-werden/
Jürgen Wagner

IMI-Standpunkt 2013/018
Syrien: Auftritt der Kriegstreiber
http://www.imi-online.de/2013/04/30/syrien-auftritt-der-kriegstreiber/
Jürgen Wagner

IMI-Standpunkt 2013/017
Militärkonzert abblasen!
Gegen das Benefizkonzert des Bundeswehr-Musikkorps am 23. Mai 2013 im 
Hessischen Rundfunk in Frankfurt
http://www.imi-online.de/2013/04/30/militarkonzert-abblasen/
Jürgen Wagner

IMI-Analyse 2013/15 - in: junge Welt, 27.04.2013
EU-Rüstungsexporte: Unerwünschte Debatte
http://www.imi-online.de/2013/04/29/eu-rustungsexporte-unerwunschte-debatte/
Jürgen Wagner

Dokumentation
Strafanzeige: Menschenrechtsverletzungen im Kongo
http://www.imi-online.de/2013/04/25/strafanzeige-menschenrechtsverletzungen-im-kongo/
IMI


2. ein Artikel zur geopolitischen Schwerpunktverschiebung Großbritanniens

IMI-Analyse 2013/16
Empire Redux?
Großbritannien will erneut die imperiale Bürde „östlich von Suez“ schultern
http://www.imi-online.de/2013/05/08/empire-redux/
Jürgen Wagner

Ship me somewheres east of Suez, where the best is like the worst,
Where there aren't no Ten Commandments an' a man can raise a thirst;
(Mandalay von Rudyard Kipling)

Der Untergang des britischen Imperiums – bzw. die geordnete Übergabe an 
den US-Nachfolger – war spätestens Ende des Zweiten Weltkriegs 
besiegelt.[1] Dennoch gilt die 1968 beschlossene und 1971 vollendete 
Schließung einer Reihe von Militärbasen im Mittleren Osten bis heute als 
eigentliches Symbol für das Ende des British Empire. Seither galt in 
Großbritannien offiziell das Credo, „östlich von Suez“ ende das 
unmittelbare Interessensgebiet, weshalb man dort auch keine Truppen 
dauerhaft stationieren wollte. Natürlich ist diese Sichtweise ein wenig 
zurechtgebürstet, selbstverständlich unterhielten die Briten auch nach 
1971 noch Truppenbasen sowie kleine Verbände im Mittleren Osten – 
allerdings auf einem eher niedrigschwelligen Niveau.

Insofern verwundert es nicht, dass es einigen Wirbel verursachte, als 
eine kürzlich vom „Royal United Services Institute“ (RUSI), einer 
armeenahen Denkfabrik, veröffentlichtes Papier voraussagte, 
Großbritannien plane erneut eine verstärkte Präsenz „östlich von 
Suez“.[2] Die Studie namens “A Return to East of Suez? UK Military 
Deployment to the Gulf” ist nicht nur deshalb interessant, weil eine mit 
besten Kontakten ins Militär ausgestattete Denkfabrik die Abkehr von 
einer seit vierzig Jahren praktizierten Stationierungspolitik für 
beschlossene Sache hält. Was sie darüber hinaus bemerkenswert macht ist, 
dass sie die Denkfiguren hinter dieser Entscheidung relativ offen 
darlegt.[3] Dabei stechen zwei ambitionierte Motive heraus: Einmal das 
Bestreben, angesichts zunehmender Konflikte die Kontrolle über die 
Gesamtregion sicherzustellen; und zum zweiten das Vorhaben, die USA als 
führende Macht am Persischen Golf abzulösen.
Kontinuität oder Wandel?

Zu Recht weist die RUSI-Studie darauf hin, dass die britische Präsenz in 
der Region keineswegs 1971 endete – jeglicher Ausbau sei also mehr 
„evolutionärer als revolutionärer“ Natur. (Return to Suez: 4) Zudem 
seien bereits in den 1990ern Überlegungen angestellt worden, den 
britischen „Fußabdruck“ in der Region wieder zu vergrößern, ohne dass 
diese aber in die Praxis umgesetzt worden wären (ebd.: 2). Dennoch sei 
das „Ausmaß der militärischen Stationierungen, das gerade diskutiert 
wird, signifikant.“ (ebd.: 4)
Die neue Strategie sei zwar noch nicht beschlossen, ihre Umsetzung deute 
sich aber bereits jetzt an und sei insgesamt sehr wahrscheinlich: 
„Hierbei mag es sich noch nicht um eine erklärte Regierungspolitik 
handeln; tatsächlich könnte die Regierung es bevorzugen, sich auf keine 
öffentliche Debatte darüber einzulassen. Aber Großbritannien scheint 
sich einem Entscheidungszeitpunkt zu nähern, an dem eine strategische 
Neuorientierung seiner Verteidigungs- und Sicherheitspolitik auf den 
Golf ebenso plausibel wie logisch ist.“ (ebd.: 1)

Ganz wesentlich sei hier eine Rede von Generalstabschef David Richards 
im Dezember 2012 gewesen. „In seiner Rede formulierte [er] eine 
Zukunftsvision, die Zuversicht, Optimismus und vor allem anderen, 
Wagemut versprühte, als er über die Joint Expeditionary Force (JEF), die 
maritimen und amphibischen Komponenten der Royal Navy sowie die Zukunft 
der Armeebrigaden diskutierte. Ein Teil seiner Rede war besonders 
eindrücklich: ‚Die britischen JEFs werden in der Lage sein, global Macht 
und Einfluss zu projizieren. Das ist uns nirgendwo so wichtig wie 
bezüglich unserer Freunde im Mittleren Osten und am Golf und […] wir 
gehen davon aus, dass JEF-Elemente mehr Zeit zur Beruhigung und 
Abschreckung in der Region verbringen werden.“ (ebd.: 7)

Es sei diese Rede gewesen, die Spekulationen über ein Ende der 
bisherigen Politik “östlich von Suez“ befeuert hätten.[4] Konkret gehe 
es aber nicht unbedingt darum, mit vielen tausend Truppen in die Region 
zurückzukehren, sondern auf viele verschiedene Arten die Präsenz zu 
vergrößern: „Das Militär beabsichtigt, eine starke Schattenpräsenz 
(shadow presence) um den Golf herum aufzubauen; kein Fußabdruck der 
eindeutig imperialen Art, sondern eine kluge Präsenz mit Anlagen, 
Verteidigungsabkommen, Rotationstrainings (rotation of training), 
Transit- und Startpunkten für unsere Truppen, die darauf abzielen, 
anpassungsfähiger und agiler zu werden, nun da sie vor den 
post-Afghanistan Jahren nach 2014 stehen. Die Minihad Luftwaffenbasis in 
Dubai in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) hat sich als 
Schlüsselelement für diese kluge Präsenz herausgestellt, über die man in 
der nahen Zukunft noch mehr hören wird.“ (ebd.: 1)

In seiner bereits angesprochenen Rede präzisierte Generalstabschef David 
Richards: „Ich stelle mir zwei oder mehr anpassungsfähige Brigaden vor, 
die enge Beziehungen auf taktischer Ebene mit bestimmten Ländern am Golf 
und mit Jordanien eingehen, was es zum Beispiel erlaubt, mit ihren 
Streitkräften besser zusammenzuarbeiten. Sollte die Notwendigkeit für 
eine weitere libyenähnliche Operation entstehen, werden wir vorbereitet 
sein. Hierdurch würde unsere Fähigkeit, unsere Verbündeten zu 
unterstützen, erheblich verbessert.“ (ebd.: 8) Darüber hinaus wird in 
der RUSI-Studie angedeutet, sowohl bislang in Deutschland stationierte 
britische Soldaten, die spätestens 2020 das Land verlassen, als auch 
solche, die bis 2014 aus Afghanistan abziehen, könnten zumindest in 
Teilen im Oman stationiert werden. (ebd.: 9) Von dort aus sieht man sich 
augenscheinlich auch strategisch „bestens“ positioniert, um Einfluss auf 
eine ganze Reihe von Konflikten nehmen zu können: „Dies [eine stärkere 
Präsenz am Golf] ermöglicht es dem Vereinigten Königreich, eine 
substantiellere Rolle in Indien und Pakistan zu spielen und 
möglicherweise auch in der aktuellen Situation in Syrien, in einer Krise 
in Afghanistan nach 2014 oder selbst im Irak zu intervenieren.“ (ebd.: 11)

Angesichts einer solch ambitionierten Agenda stellen die RUSI-Autoren 
berechtigterweise fest, solche Pläne könnten „in Zeiten wirtschaftlichen 
Abschwungs“ manchen „seltsam“ erscheinen. Aus ihrer Sicht sprechen aber 
„für Großbritannien überzeugende Gründe dafür, seine Beziehungen zur 
Golfregion weitaus ernster als bisher zu nehmen.“ (ebd.: 1)
Kontrolle der Region

In der Region des Persischen Golfes lagern knapp 50% der 
Weltölvorkommen: Aus westlicher Sicht geht es deshalb nicht nur darum zu 
verhindern, dass irgendeine regionale oder außenstehende Macht diese 
Vorkommen dominiert und so den für jede Industrienation 
überlebenswichtigen Energiezufluss gefährden könnte. Denn im 
„Optimalfall“ möchte man darüber hinaus auch in der Lage sein, 
potenziellen Rivalen im Konfliktfall selbst damit drohen zu können, 
ihnen die Ölzufuhr abzudrehen.

Die Kontrolle der Golfregion stellt deshalb schon lange ein wesentliches 
westliches Interesse dar, wofür stets eine Mischung aus direkter 
Militärpräsenz und der Stärkung „befreundeter“ lokaler Regime gewählt 
wurde.[5] Während hierfür lange vorrangig die Vereinigten Staaten 
zuständig waren, würden nun aus Sicht der RUSI-Autoren sowohl veränderte 
internationale Rahmenbedingungen (siehe unten) als auch die heikler 
werdende lokale Konfliktkonstellation ein größeres britisches Engagement 
verlangen.

Die „befreundeten“ Regime in der Region wurden von Generalstabschef 
Richards in seiner Rede konkret aufgezählt: Neben den VAE und Oman sind 
dies auch Bahrain, Katar, Kuwait und Saudi Arabien. (ebd.: 8) Im 
Umkehrschluss wird daraus auch ersichtlich, wer die Feinde sind – im 
Wesentlichen wohl alle anderen Länder der Region, die nicht aufgeführt 
wurden.

Zuvorderst betrifft dies den Iran, der auch explizit in der RUSI-Studie 
benannt wird. Ein Ausbau der Präsenz würde „dem Iran und anderen eine 
Botschaft der Entschlossenheit senden.“ (ebd.: 2) Viele der derzeitigen 
Handlungen seien Signale für “Großbritanniens militärische Absicht, mehr 
in der Region zu unternehmen, mit dem Ziel, ein breites internationales 
Engagement hinsichtlich der vorrangigsten Sicherheitsaufgabe 
aufrechtzuerhalten – namentlich die Abschreckung des Iran.“ (ebd.: 11) 
Doch die Studie spricht auch offen an, dass die Auseinandersetzungen mit 
Teheran in einem breiteren regionalen Kontext verstanden werden müssen, 
wenn es heißt, „Iran und Saudi Arabien fechten etwas aus, was ein 
konfessioneller Kalter Krieg ist, der aber sehr schnell heiß werden 
könnte.“ (ebd.: 5)

Diese Konflikte beschränken sich jedoch keineswegs auf Saudi Arabien und 
den Iran. In den letzten Jahren wurden zahlreiche Artikel über einen 
neuen „Arabischen Kalten Krieg“ verfasst, der – grob zusammengefasst – 
entlang zweier Blöcke zwischen Ländern mit schiitischen und sunnitischen 
Machthabern verläuft.[6] Die sog. schiitische Achse besteht dabei aus 
Syrien, der Hisbollah im Libanon, dem Iran und mittlerweile zunehmend 
auch dem Irak, die mit den restlichen sunnitisch bzw. wahabitisch 
dominierten und von Saudi Arabien und Katar angeführten Golfländern 
zunehmend in Konflikt geraten. Die Pläne zur verstärkten Präsenz in der 
Region deuten dabei klar auf die britische Absicht hin, in diesen 
Auseinandersetzungen eine gewichtige Rolle spielen zu wollen, wie die 
RUSI-Studie untermauert: „Großbritannien wird sich damit auch mitten an 
der Bruchlinie zwischen der sunnitischen und der schiitischen Welt 
wiederfinden, die zunehmend die geopolitische Landschaft der Golfregion 
und die Sicherheit des Mittleren Ostens bestimmt.“ (ebd.: 4)

Mit den gewählten Kooperationsländern positioniert sich Großbritannien 
in diesen Auseinandersetzungen fest an der Seite der sunnitischen Achse 
– und stärkt damit bewusst Länder, die extrem autoritär regiert werden 
und die Menschenrechte häufig mit Füßen treten: „Deshalb ist das 
Schmieden engerer politischer und militärischer Beziehungen mit 
bestimmten Golfstaaten zweifellos kontrovers. Indem die Position am Golf 
ausgebaut wird, wird Großbritannien ein eindeutiges Signal senden, dass 
es zumindest was die arabischen Küstenstaaten betrifft, den Erhalt der 
monarchistischen (und aus westlicher Sicht undemokratischen) Regime in 
einer Zeit unterstützt, in der sich revolutionäre islamische Kräfte über 
den ganzen Mittleren Osten und die muslimische Welt ausbreiten.“ (ebd.: 12)

Die Kritik, Großbritannien würde mit seiner Positionierung die „‘Kräfte 
des Konservatismus‘“ stärken, sei jedoch vereinfachend und „naiv“. 
Schließlich hätten die Revolutionen zum Sieg konservativer Kräfte 
geführt, was von den sunnitischen Golfmonarchien in den letzten Jahren 
teils massiv unterstützt worden sei. (ebd.: 12) Dies trifft zwar zu, 
bedarf aber der Ergänzung, dass von sunnitischer Seite (und umgekehrt) 
nur in den Ländern Bewegungen unterstützt wurden, wo es darum ging, der 
eigenen Seite zum Sieg zu verhelfen: „Die Golfstaaten […] haben 
scheinbar widersprüchliche Positionen gegenüber den arabischen 
Erhebungen eingenommen, […] indem die schiitische Revolte in Bahrain 
abgelehnt, aber die islamischen Revolutionen in Tunesien, Libyen, 
Ägypten und Syrien unterstützt werden.“ (ebd.: 4)

Es geht dabei aber augenscheinlich nicht nur um die Stabilität der 
Region – sprich die Stärkung der „befreundeten“ Golfmonarchien in ihrer 
Auseinandersetzung mit der vom Iran angeführten „Achse“. Mindestens 
ebenso scheint es darum zu gehen, die Kooperationspartner gegen teils 
heftige Proteste im Inland abzusichern. „Von großer Besorgnis für die – 
sunnitischen – Erbmonarchien, Scheichtümer, Emirate und Königreiche des 
arabischen Golfes ist die politische Mobilisierung arabisch-schiitischer 
Gemeinschaften in diesen Staaten.“ (ebd.: 12)

Gerade Bahrain ist ein schockierendes Beispiel für die herrschende 
Doppelmoral seitens der westlichen Staaten: Während die Revolutionen in 
anderen Ländern begrüßt wurden, wurde über die unter anderem mithilfe 
saudischer Truppen erfolgte brutale Unterdrückung der Proteste der 
schiitischen Bevölkerungsmehrheit kein Wort verloren. Im Gegenteil, das 
dortige Regime wurde für sein Vorgehen auch noch belohnt – und zwar 
lange nachdem die Proteste ausgebrochen waren: „Im Oktober 2012 
unterzeichnete [Verteidigungsminister Philip] Hammond eine Vereinbarung 
zur Verteidigungskooperation mit Bahrain, das laut dem Minister für 
Internationale Sicherheitsstrategie, Dr Andrew Murrison, ‚einen Rahmen 
für das aktuelle und künftige Verteidigungsengagement liefert, 
einschließlich Training und Kapazitätsaufbau, um die Stabilität der 
gesamten Region zu verbessern.“ (ebd.: 8) Letztlich gibt man hierdurch 
nicht nur das Plazet, mittels brutaler Repressionsmaßnahmen die Proteste 
zu unterdrücken, sondern „ertüchtigt“ das Land sogar noch hierzu.
US-„Rückzug“ und neue Ordnungsmacht?

Bis vor nicht allzu langer Zeit hatten die USA gegenüber den EU-Ländern 
unmissverständlich die Führungsrolle in allen militärisch-strategischen 
Fragen von beiderseitigem Interesse für sich reklamiert – was von Zeit 
zu Zeit vor allem mit Frankreich für Ärger sorgte. Dies betraf auch und 
vor allem den Anspruch als Hegemonialmacht in der Golfregion, den sich 
Washington unter keinen Umständen streitig machen lassen wollte – auch 
nicht von einem EU-Verbündeten.

Vor diesem Hintergrund begründet die RUSI-Studie den Ausbau der Präsenz 
in der Golfregion als direktes Resultat aus der neuen 
US-Militärstrategie, die im Januar 2012 veröffentlicht wurde. In ihr 
kündigten die USA eine massive Schwerpunktverlagerung („pivot“) ihrer 
Kräfte nach Ostasien an, um hierdurch den machtpolitischen Aufstieg 
Chinas einzudämmen. “Die Alarmglocken klingeln in den europäischen 
Staatskanzleien hinsichtlich der erklärten US-Absicht, die Bedeutung des 
Golfs abzuwerten und den Schwerpunkt auf den Pazifik zu verlagern. 
Einfach gesagt, […] steht der Mittlere Osten nicht an der Spitze der 
außenpolitischen Agenda von Obama; stattdessen liegen die US-Prioritäten 
nun in Asien (speziell dem Fernen Osten) und den pazifischen 
Randgebieten.“ (ebd.: 10) Notgedrungen - aber auch begierig – werde 
Großbritannien deshalb, den Stab als Ordnungsmacht in der Region von 
Washington (wieder) übernehmen müssen: „Jedenfalls scheint es, dass 
Großbritannien diese Bürde, die Sicherheit am Golf zu gewährleisten, 
sowohl aus Notwendigkeit wie auch aus eigenem Verlangen übernimmt.“ 
(ebd.: 10)

Hier scheint jedoch viel Wunschdenken dabei zu sein, denn in der neuen 
US-Strategie ist zwar die Rede davon etwa die Militärpräsenz in Europa 
zu verringern, über den Mittleren Osten lässt sich jedoch nichts 
derartiges finden. Auch die RUSI-Studie räumt ein: „Das Ausmaß des 
Rückzugs der Obama-Administration aus dem Golf ist von einigen 
übertrieben worden.“ (ebd.: 10) Die USA haben also überhaupt nicht die 
Absicht, den Stab an Großbritannien zu übergeben. Aus diesem Grund wird 
auch versichert, es gehe primär darum, die USA zu unterstützen und sich 
so unentbehrlich zu machen, nicht darum, in Konkurrenz zu ihnen die 
Präsenz in einer der wichtigsten Weltregionen auszubauen: „Kurz gesagt, 
wird der Golfregion stärkere Aufmerksamkeit gezollt, um die besondere 
Beziehung mit den USA zu erhalten und nicht, weil diese besondere 
Beziehung beendet ist.“ (ebd.: 11)

Zweifellos ist es ein wenig von beidem: Die USA suchen derzeit nach 
Unterstützung für ihre kostspielige Hegemonialpolitik und dürften es 
durchaus schätzen, wenn sich London hier stärker engagiert. Allerdings 
dürften sie wenig gewillt sein, die Führungsrolle in der Region 
abzugeben – sollte dies der britische Anspruch sein, dürfte dies zu 
heftigen Konflikten führen. Trotz ihrer Treueschwüre zu den USA betonen 
die RUSI-Autoren jedenfalls, dass es klare Vorteile bietet, der 
wichtigste Akteur in der Region zu sein und sind sogar der Auffassung, 
Großbritannien habe diese Rolle inzwischen übernommen: „In jedem Fall 
profitiert das Vereinigte Königreich erheblich davon, der führende 
europäische – und faktisch westliche – Akteur am Golf zu sein.“ (ebd.: 
10) Als Beleg für die angesprochenen Vorteile führen die Autoren etwa 
das Handelsvolumen mit den VAE an, das sich 2011 auf beträchtliche 14 
Mrd. Pfund belief. Die VAE habe in diesem Jahr über 8 Mrd. in britische 
Projekte investiert, Katar plane derzeit Investitionen von 20 Mrd., 
möglicherweise sogar 30 bis 35 Mrd. Pfund. Weiter stehe man kurz davor, 
insgesamt 100 Kampfflugzeuge vom Typ Typhoon an Saudi Arabien, Oman und 
die VAE zu verkaufen – Gesamtvolumen 6 Mrd. – die VAE, mit denen man die 
engsten Militärbeziehungen pflegt, hätten allein Interesse an Flugzeugen 
im Wert von 3 Mrd. Pfund bekundet. (ebd.: 3)

Die Bereitschaft, die imperiale „Bürde“ am Persischen Golf zunehmend von 
den USA zu übernehmen, scheint sich bereits jetzt auszuzahlen – nicht 
umsonst geht der Begriff „östlich von Suez“ auf ein Gedicht von Rudyard 
Kipling zurück.

Anmerkungen

[1] Die USA waren hieran alles andere als unschuldig, sondern strikten 
eifrig daran mit. Siehe dazu Hudson, Michael: Super Imperialism. The 
Economic Strategy of American Empire London 2003 (2nd edition), S. 108-118.
[2] Siehe u.a. Gardner, Frank: 'East of Suez': Are UK forces returning? 
BBC, 29.04.2013; Blair, David: Britain may reverse East of Suez policy 
with return to military bases in Gulf, The Telegraph, 29.04.2013.
[3] Stansfield, Gareth/Kelly, Saul: A Return to East of Suez? UK 
Military Deployment to the Gulf
UK Military Deployment to the Gulf, RUSI Briefing Paper, April 2013 
(zit. als Return to Suez).
[4] Gareth und Kelly verweisen hier etwa auf folgenden Artikel: Richard 
Norton-Taylor and Nick Hopkins, ‘Defence Chief Signals Major UK Military 
Presence in Gulf’, Guardian Defence and Security Blog, 18 December 2012.
[5] Es existieren unzählige Publikationen über die westlichen und vor 
allem US-amerikanischen Ambitionen zur Kontrolle der Golfregion und die 
dazugehörigen Strategien. Lesenswert ist bspw. Klare, Michael: Resource 
Wars, New York 2002.
[6] Siehe etwa Valbjorn, Morten/Bank,Andre: Signs of a New Arab Cold 
War, Middle East Report, Spring 2007. In einer IMI-Studie wurde sich 
zudem kritisch mit der Konfessionalisierung dieser Konflikte 
beschäftigt. Siehe Engerer, Julian: Weltpolitik und Waffenexporte. 
Deutsche Machtpolitik und die Konfessionalisierung von Konflikten am 
Persischen Golf, IMI-Studie 2012/17.




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