[IMI-List] [0359] Fact Sheets / Kooperationsabkommen / Kongresse

IMI imi at imi-online.de
Fr Okt 28 11:54:04 CEST 2011


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Online-Zeitschrift "IMI-List"

Nummer 0359 .......... 15. Jahrgang ........ ISSN 1611-2563

Hrsg.:...... Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V.

Red.: IMI / Jonna Schürkes / Jürgen Wagner

Abo (kostenlos).. https://listi.jpberlin.de/mailman/listinfo/imi-list

Archiv: ....... http://www.imi-online.de/mailingliste.php3

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Liebe Freundinnen und Freunde,

1) Drei neue Fact Sheets: Afghanistan, Umbau der Bundeswehr, Bundeswehr 
und Schule

2) Kongress Militarisierung von Forschung und Lehre und IMI-Kongress

3) Ein Text über die Kooperationsabkommen

1) Neue Fact Sheets: Afghanistan, Umbau der Bundeswehr, Bundeswehr und 
Schule

In Zusammenarbeit mit der DFG-VK haben wir soeben drei neue (bzw. 
aktualisierte) Fact Sheets veröffentlicht. In ihnen haben wir die 
jeweils wichtigsten Infos zu den Themen Afghanistan, Umbau der 
Bundeswehr und Schule und Bundeswehr zusammengetragen.

Die Fact Sheets können -- gratis (gegen Porto) bei der DFG-VK bestellt 
werden:

https://www.dfg-vk.de/shop/broschueren/

Wie immer können die Fact Sheets natürlich auch gratis heruntergeladen 
werden.

Afghanistan: http://www.imi-online.de/2011.php?id=2364

Umbau der Bundeswehr: http://www.imi-online.de/2011.php?id=2365

Bundeswehr und Schule: 
http://imi-online.de/download/factSheetSchuleBW2011_web.pdf

2) Kongresse

Für kurzentschlossene: Heute beginnt der Kongress zur "Militarisierung 
von Forschung und Lehre" in Tübingen um 15h mit einem Stadtrundgang. Um 
19h beginnt der Abendvortrag ("Zwischen Militärintervention und 
Hochschulreform: Forschung und Lehre im Kontext deutscher 
Sicherheitspolitik", Härsaal 2, Neue Aula). Weitere Infos und das 
Programm für Samdstag: 
http://zivilklauselkongress.blogsport.de/images/flyer_schwarz_weiss.pdf

Am 5./6. November findet der diesjährige IMI Kongress "Wendezeiten: 
Weltpolitische Umbrüche -- Chance oder Gefahr?"

Ort: Schlatterhaus, Österbergstr. 2, 72074 Tübingen


Alle weiteren Infos hier: http://www.imi-online.de/2011.php?id=2332

Besonders einladen möchten wir Euch zur Auftaktveranstaltung am Freitag 
den 4. November (Hausbar der Schellingstrasse 6).

Sie beginnt ab 19h30 mit Volxküche. Anschließend (ab ca. 20h30):

Barbareske Kriege: Ein historischer Ausflug zu "Piraten" und 
Schurkenstaaten".

Hierzu laden wir alle - vor allem auch die, die von weit her bereits am 
Freitag anreisen - ein.

3) Kooperationsabkommen

IMI-Standpunkt 2011/053

Intolerant gegenüber der Bundeswehr

Die Bundeswehr ist kein Gesprächspartner, auch nicht in der Schule

http://www.imi-online.de/2011.php?id=2362

22.10.2011, Christian Stache

Die Militarisierung der Schulen durch die Charmeoffensive der Bundeswehr 
an der Heimatfront dauert nun schon einige Jahre. Sie führte nicht nur 
zu einer quantitativ stärkeren Präsenz von Jugendoffizieren und 
Wehrdienstberatern in den Klassen, einer höheren Anzahl von Besuchen bei 
der Truppe und einer größeren Akzeptanz der zivilmilitärischen 
Kooperation zwischen Bundeswehr und Bildungseinrichtungen unter den 
Lehrern und Schulleitern[1], sondern auch zu 81/2 Kooperationsabkommen[2].

Auch wenn sie bislang noch schwach sind, gab und gibt es erste zaghafte 
Ansätze und Organisationsversuche, um zumindest diesem Teil der 
zivilmilitärischen Zusammenarbeit als Herzstück der "vernetzten 
Sicherheit" bzw. des "umfassenden Sicherheitsansatzes" in der 
Bundesrepublik[3] Einhalt zu gebieten: neue Kampagnen wie "Schulfrei für 
die Bundeswehr" (Baden-Württemberg)[4] oder Bündnisse wie "Bildung ohne 
Bundeswehr" (Hamburg)[5] wurden gegründet, während bereits bestehende 
das Thema aufgriffen und Aktivitäten entfalteten. Einzelne 
Schulkonferenzen erklärten, dass sie die Bundeswehr nicht zu sich an die 
Schulen einladen würden[6], während einige Landesverbände der 
Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) verhältnismäßig eindeutige 
Positionen gegen das Vordringen der Bundeswehr an die Schulen 
beschlossen.[7]

Trotz der überwiegend akzeptierten Forderung, dass die Bundeswehr aus 
den Schulen vollständig zu verschwinden habe, hält sich in einigen 
Teilen der Friedens- und Antikriegsbewegung und auch darüber hinaus 
hartnäckig die Auffassung, die Indoktrinations- und 
Rekrutierungseinsätze -- um nichts anderes geht es -- seien nicht 
grundsätzlich abzulehnen, sondern nur dann, wenn kein Vertreter der 
Friedensbewegung die "Kontroversität" des Unterrichts gewährleisten 
könne. Die GEW argumentiert auf Bundesebene so[8], Bündnis 90/Die 
Grünen[9], aber auch Gruppen und Organisationen der Friedensbewegung.[10]

Auch wenn es gut gemeint ist, zumindest ein kleines, wenn auch 
marginales Gegengewicht im Kampf um die Klassen bilden zu wollen, indem 
man die Friedensbewegung als Widerpart zu Schulbesuchen schickt, ist es 
dennoch grundsätzlich falsch. Ohne es vielleicht zu wollen, spielt man 
der Bundeswehr damit politisch sogar in die Hände.

Denn erstens ändert sich durch die Teilnahme von Friedensorganisationen 
nichts am Auftrag oder gar am politischen Zweck des Einsatzes der 
Jugendoffiziere. Ihr Ziel ist weiterhin die Indoktrination und 
Akzeptanzbeschaffung für die neoimperialistischen Kriege der 
Bundesrepublik unter Jugendlichen, die Rekrutierung von Nachwuchs für 
die Bundeswehr, ein Beitrag zur Bevölkerungskontrolle an der 
Heimatfront, die Informationsbeschaffung über die Lage daheim, die 
zivilmilitärische Zusammenarbeit zwischen militärischen und zivilen 
Strukturen usw. Die Bundeswehr bezeichnet dies selbst als die andere 
Seite des Auslandseinsatzes, es ist die "friedliche" Seite der 
Kriegsführung.[11] Wer also die Kriege der Bundesregierung ablehnt, ist 
auch gezwungen, seine Vorbereitung, Absicherung und Legitimation 
abzulehnen. Dazu zählen die Schulbesuche der Bundeswehr.

Das Handbuch der Jugendoffiziere sagt zudem eindeutig, dass die 
Jugendoffiziere die Meinung des Bundesverteidigungsministeriums und der 
Bundeswehr wiedergeben muss.[12] Das Kontroversitätsgebot des 
Beutelsbacher Konsens' wird vielleicht durch die Beteiligung von 
Vertretern der Friedensbewegung eingehalten. Die anderen Verstöße -- 
Indoktrination und Bevormundung der SchülerInnen -- können aber dadurch 
nicht ausgeglichen werden.

Zweitens kann die Friedensbewegung den strukturellen Vorteil der 
Bundeswehr schlicht nicht kompensieren -- selbst wenn sie es wollte. Die 
Einheit der Bundeswehr besteht fast seit der Wiederbewaffnung der 
Republik. Sie verfügt also über reichhaltige Erfahrungen und über eine 
professionelle Ausbildung, die von der Akademie für Information und 
Kommunikation -- früher Akademie für psychologische Verteidigung -- 
organisiert wird. Darüber hinaus werden die Jugendoffiziere vom 
Bundesverteidigungsministerium finanziell hervorragend ausgestattet. 
Zudem ist die Personaldichte und -stärke für die Friedensbewegung 
unerreichbar. Auf einen Jugendoffizier, der bei einer Diskussion mit 
Vertretern der Friedensbewegung den Kürzeren zieht, kommen etliche, 
denen ihre Arbeit vorzüglich gelingt.[13]

Drittens unterstützt man die Jugendoffiziere bei der erfolgreichen 
Umsetzung ihrer Arbeit und legitimiert den Tabubruch. Denn die 
Bundeswehr befürwortet mittlerweile sowohl die Teilnahme von Menschen 
aus der Friedensbewegung an ihren Schulbesuchen und den Abschluss von 
Kooperationsvereinbarungen mit der Friedensbewegung. Das klingt paradox, 
ist aber wahr und geht z.B. aus dem aktuellen Bericht der 
Jugendoffiziere hervor.[14]

Auf den zweiten Blick ist das auch gar keine Überraschung, sondern im 
Gegenteil innerhalb des Konzeptes, das die Bundeswehr derzeit verfolgt, 
vollkommen schlüssig. Denn ähnlich wie z.B. in Afghanistan bildet die 
"zivile Konfliktbewältigung" eine Säule in der vernetzten 
Sicherheitspolitik der Bundesrepublik -- neben der militärischen. Die 
Bundeswehr und die Bundesregierungen haben gar nichts dagegen, 
friedliche Mittel ebenfalls anzuwenden -- im Gegenteil. Aber sie sind 
der Meinung, dass diese um militärische ergänzt werden müssen. Um diesen 
komplementären Zugang auch in den Klassen glaubwürdig und informativ 
vermitteln zu können, ist es für die Jugendoffiziere sogar 
"wünschenswert", dass die Friedensbewegung mit ihnen vor Klassen 
internationale Konflikte und ihre Lösungen diskutiert. Auch gegenseitige 
Kritik wird dabei sehr wohl einkalkuliert.

Darüber hinaus werden die Schulbesuche der Jugendoffiziere implizit 
durch die Teilnahme von Personen aus der Friedensbewegung anerkannt. Die 
Aufhebung der ohnehin brüchigen Trennung von zivilem und militärischem 
Leben wird dadurch aktiv legitimiert und die zivilmilitärische 
Kooperation gefördert.

Der Gesellschafstheoretiker Herbert Marcuse hat einmal vor vielen Jahren 
geschrieben, dass Toleranz pervertiert worden ist, wenn sie "in erster 
Linie dem Schutz und der Erhaltung einer repressiven Gesellschaft dient, 
"wenn sie dazu herhält, die Opposition zu neutralisieren und die 
Menschen gegen andere und bessere Lebensformen immun zu machen". Die 
Toleranz, die "hinsichtlich der etablierten Politik zum Zwangsverhalten" 
geworden ist, ist repressiv, weil sie von uns die Duldung von Maßnahmen, 
Bedingungen und Verhaltensweisen abverlangt, "die nicht toleriert werden 
sollten, weil sie die Chancen, ein Dasein ohne Furcht und Elend 
herbeizuführen, behindern, wo nicht zerstören".[15] Die Schulbesuche der 
Bundeswehr zählen zu diesen Maßnahmen. Es ist daher an der Zeit, die 
repressive Toleranz abzulegen und die Bundeswehr nicht mehr als 
legitimen Gesprächspartner an Schulen anzuerkennen. Wir brauchen eine 
Haltung befreiender Intoleranz gegen jene, die die Kriege des neuen 
Imperialismus fördern.

Anmerkungen:

[1] Im bislang einzigen öffentlich zugänglichen Bericht der 
Jugendoffiziere aus einem Bundesland (NRW 2009) heißt es: "Die 
Unterzeichnung der Kooperationsvereinbarung zwischen dem Ministerium für 
Schule und Weiterbildung und der Bundeswehr hat sich bei der Arbeit der 
Jugendoffiziere als positiv erwiesen. Im Bereich der Akquise in den 
Schulen war es hilfreich, auf diese Vereinbarung hinzuweisen. Vor allem 
den Schulleitern nahm diese offizielle Billigung der Zusammenarbeit mit 
der Bundeswehr einige anfängliche Bedenken." 
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/015/1701511.pdf S. 36

[2] Es handelt sich um 81/2 Abkommen, weil acht Abkommen offiziell 
abgeschlossen wurden, während die Landesregierung in Schleswig-Holstein 
ein solches Abkommen nicht abschließen musste. Denn die "Bundeswehr ist 
bereits in die Aus- und Fortbildung eingebunden. Die Zielsetzung des 
Bundesministeriums der Verteidigung ist in Schleswig-Holstein gängige 
Praxis." 
http://www.landtag.ltsh.de/infothek/wahl17/drucks/0200/drucksache-17-0283.pdf

[3] Dass dies keineswegs ein Argument ist, das der Phantasie einiger 
friedensbewegter Ideologen entspringt, sondern sehr wohl den Tatsachen 
entspricht, dokumentiert ein fraktionsübergreifender Brief (mit Ausnahme 
der LINKEN) des Unterausschusses für zivile Krisenprävention und 
vernetzte Sicherheit -- namentlich Edelgard Buhlmann (SPD), Kerstin 
Müller (Bündnis 90/Die Grünen), Roderich Kiesewetter (CDU/CSU) und 
Joachim Spatz (FDP) -- an den Präsidenten der Kultusministerkonferenz, 
Bernd Althusmann, in dem die Bundestagsabgeordneten ausdrücklich 
erklären, dass die von den Jugendoffizieren der Bundeswehr geleisteten 
"Bildungsarbeit an den Schulen eine besondere Bedeutung" bei der 
Vermittlung der vernetzten Sicherheit und der zivilmilitärischen 
Zusammenarbeit zukomme.

[4] http://www.schulfrei-für-die-bundeswehr.de/

[5] http://bildungohnebundeswehr.blogsport.de/

[6] Die bekanntesten Beispiele sind das Robert-Blum-Gymnasium in Berlin 
(http://www.robert-blum-schule.de/2011/04/schule-ohne-militaer/) und die 
Käthe-Kollwitz-Schulen in Offenbach 
(http://www.ag-friedensforschung.de/themen/Schule/gew-off.html ).

[7] Der Landesverband Mecklenburg-Vorpommern z.B. hat seine Position in 
einem Brief an die Landesbildungsminister klar formuliert: 
http://www.gew.de/Binaries/Binary78507/BM+Tesch+offener+Brief+4.5.20111.pdf

[8] 
http://www.gew.de/Binaries/Binary59569/Zur%20Rolle%20der%20Bundeswehr%20an%20Schulen_DS%20384-09+DS-099-10%20%281%29.pdf

[9] In NRW z.B. lehnten die Grünen die Rücknahme der 
Kooperationsvereinbarung ab: 
http://jasperprigge.posterous.com/bundeswehr-hat-in-schulen-uberhaupt-nichts-zu

[10] Auf die Spitze wurde diese Position getrieben, als sich in 
Rheinland-Pfalz jüngst sogar einige Friedensgruppen in die Falle tappten 
und sich auf ein Kooperationsabkommen mit dem Landesbildungsministerium 
einließen, das der Vereinbarung mit der Bundeswehr ähnelt. Vgl.: 
http://imi-online.de/2011.php?id=2344

[11] www.streitkraeftebasis.de/.../BasisInfo_ZMZ_I.pdf

[12] http://www.dfg-vk.de/dateien/Handbuch_Jugendoffz_1-1.pdf

[13] http://www.imi-online.de/2011.php?id=2232

[14] 
http://www.bundeswehr-monitoring.de/fileadmin/user_upload/media/Jugendoffiziere-Bericht-2010.pdf 
S. 16

[15] Alle Zitate aus: Herbert Marcuse: Repressive Toleranz. In: ders.: 
Schriften. Band 8. Springe 2004. S. 136-166

-- 
Informationsstelle Militarisierung (IMI) e. V.
Hechingerstrasse 203
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