[IMI-List] [0350] Bundeswehr-Umbau / Reader Zivilkausel

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Do Jul 7 15:39:43 CEST 2011


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Online-Zeitschrift "IMI-List"
Nummer 0350 .......... 15. Jahrgang ........ ISSN 1611-2563
Hrsg.:...... Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V.
Red.: IMI / Jonna Schürkes / Jürgen Wagner
Abo (kostenlos) https://listi.jpberlin.de/mailman/listinfo/imi-list
Archiv: ....... http://www.imi-online.de/mailingliste.php3
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Liebe Freundinnen und Freunde,

in dieser IMI-List findet sich

1) ein Reader zur Zivilklausel in Tübingen;

2) Ein Artikel zur Feinausplanung des Bundeswehr-Umbaus und ein Beitrag 
darüber, wie der mit Sparzwängen begründete Prozess über Buchungstricks 
zu einer Erhöhung des Militärhaushaltes führen dürfte.


1) Reader: Zivilklausel in Tübingen

Mittlerweile gibt es zahlreiche Aktivitäten, Aktionen und 
Auseinandersetzungen rund um die Zivilklausel in Tübingen (und 
anderswo). Aus diesem Grund haben wir einen Reader erstellt, in dem wir 
das wichtigste Material zusammengetragen haben und der hier 
heruntergeladen werden kann: 
http://imi-online.de/download/Reader-Zivilklausel.pdf


2) Zwei Texte zum Umbau der Bundeswehr

IMI-Standpunkt 2011/033
Realsatire Bundeswehr-Umbau: Sparzwang entpuppt sich als Erhöhung des 
Militärhaushalts
http://www.imi-online.de/2011.php?id=2320
7.7.2011, Jürgen Wagner

Angeblich erfolge der gegenwärtig in der Feinausplanung befindliche 
Generealumbau der Bundeswehr vor allem aus einem Grund: um Kosten 
einzusparen und den Rüstungshaushalt dauerhaft massiv abzusenken – so 
hieß es jedenfalls von offizieller Seite stets. Tatsächlich geht es bei 
der ganzen Übung vor allem darum, die Bundeswehr effizienter, also 
kriegsfähiger zu machen, weshalb man von Kosteneinsparungen immer 
weniger wissen will (siehe auch IMI-Analyse 2011/027). Schon kurz nach 
Veröffentlichung der „Eckpunkten für die Neuausrichtung der Bundeswehr“ 
sickerte durch, Verteidigungsminister Thomas de Maiziere und 
Finanzminister Wolfgang Schäuble hätten sich bezüglich der Sparvorgaben 
auf eine aus Sicht der Bundeswehr akzeptable Lösung verständigt. Am 6. 
Juli veröffentlichte der Tagesspiegel nähere Details, die zeigen, dass 
von Sparen nun wirklich keine Rede mehr sein kann.

Zur Erinnerung: zu den 81,6 Milliarden Euro, die die Bundesregierung bis 
2014 einsparen will, sollte die Bundeswehr laut Beschluss vom Juni 2010 
eigentlich 8,3 Milliarden beitragen. Ein erstes Präsent wurde der Truppe 
noch unter Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg 
überreicht, indem ihr eine „Fristverlängerung“ bis 2015 genehmigt wurde. 
„Das klingt nach wenig, führt aber dazu, dass der Verteidigungshaushalt 
von heute nominal 31,5 Milliarden Euro bis 2015 nur auf 30,4 Milliarden 
sinkt – die alte Zielmarke 2014 hätte zu nominal 27,6 Milliarden Euro 
geführt“, so der Tagesspiegel. Damit wird der Etat jedoch um 2,6 
Milliarden über dem Haushalt von 2006 liegen. Hier von drastischen 
Einsparungen zu reden, ist, vorsichtig formuliert, gewagt.

Doch es kommt noch besser: Kostenreduzierungen sollen vor allem im 
Personalbereich erzielt werden, denn die Ausgaben für die Beschaffung 
neuer Rüstungsgüter will man auf keinen Fall reduzieren. Da man diese 
Mitarbeiter aber nicht einfach feuern kann, entstehen hier weiter 
Kosten, die aber nun nicht dem Militärbudget, sondern dem Bundeshaushalt 
angelastet werden sollen, wie der Tagesspiegel weiter berichtet: 
„[Schäuble] überweist de Maizière bis 2015 jährlich eine Milliarde. Die 
Summe schrumpft mit jedem Zivilen, der einen Job im öffentlichen Dienst 
außerhalb der Bundeswehr findet. Schäuble hat deshalb im Kabinett eine 
Regelung durchgesetzt, nach der jedes Bundesressort, das eine neue 
Stelle schafft, erst einmal im Bundeswehr-"Überhang" nach einem 
geeigneten Kandidaten suchen muss.“

Wer sich jetzt noch nicht vom Spareifer der Bundeswehr veräppelt fühlt, 
für den gibt es abschließend noch ein besonderes Schmankerl. Die 
„Eckpunkte“ legen eine Bundeswehr-Zielgröße der von 170.000 Zeit- und 
Berufssoldaten plus – je nach Erfolg der Rekrutierungsanstrengungen – 
5.000 bis 15.000 Freiwillige. Nach Angaben des Tagesspiegel soll der 
Bundeshaushalt augenscheinlich sogar für die Gehälter aller angeworbenen 
Freiwilligen aufkommen, die über der Untergrenze liegen: „Diesen 
Überfluss zahlt ebenfalls Schäuble aus dem allgemeinen Haushalt – rund 
2500 Euro im Monat pro Mann oder Frau.“ Eine kurze Nebenrechnung 
(10.000*2500*12) ergibt für dieses Geschenk jährliche Kosten von noch 
einmal 300 Mio. Euro, sollte es der Bundeswehr gelingen, die Maximalzahl 
an Freiwilligen zu werben. Je erfolgreicher die Bundeswehr demzufolge 
rekrutiert und dabei größer wird, desto stärker entlastet sie ihren 
Haushalt, absurder geht es wohl kaum mehr.

Abschließend das Spardrama in Zahlen: Der Etat der Bundeswehr, der 
angeblich ein finanzieller Kahlschlag ungeahnten Ausmaßes verordnet 
wurde, wird sich im Jahr 2015 im Extremfall real auf 31,7 Milliarden 
Euro belaufen, mehr als heute und fast vier Milliarden über dem Haushalt 
des Jahres 2006!



IMI-Analyse 2011/027
Die Bundeswehrreform in der Feinplanung
Die nächsten Schritte zur Steigerung der deutschen Kriegsfähigkeit
http://www.imi-online.de/2011.php?id=2319
7.7.2011, Christian Stache

Bundesverteidigungsminister und Clausewitz-Anhänger Thomas de Maizière 
treibt die Neuausrichtung der Bundeswehr voran. Nachdem am 18. Mai 2011 
mit den Verteidigungspolitischen Richtlinien die politisch-militärische 
Richtung und mit den „Eckpunkten für die Neuausrichtung der Bundeswehr“ 
der administrative Rahmen vorgegeben worden ist, forcieren die 
Chefplaner der Hardthöhe jetzt die Ausplanung der Reformen in elf 
Einzelprojekten. Die Imagekampagne und Rekrutierungsbemühungen der 
Bundeswehr gehen unvermindert weiter. Das Nachwuchsproblem der Truppe 
ist trotz verbesserter Rekrutierungszahlen jedoch noch nicht gelöst. Die 
Europäische Verteidigungsagentur (EDA) stimmt unterdessen in den Chor 
der Reformunterstützer ein und fordert von der Bundesregierung „mehr 
Effizienz“ und mehr Soldaten für den Kriegseinsatz – und bestätigt damit 
das primäre Ziel der Umbaupläne.

Am 1. Juli 2011 wurde die Wehrpflicht nach 55 Jahren zwar nicht 
abgeschafft, aber vorübergehend ausgesetzt. Eine wesentliche Maßnahme 
der sogenannten Neuausrichtung der Bundeswehr ist damit bereits 
umgesetzt worden. Die nächsten Schritte folgen auf dem Fuße. Am 10. Juni 
hat der Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière in der Berliner 
Julius-Leber-Kaserne in einer feierlichen Zeremonie die zuvor 
entworfenen Aufträge für die anstehenden elf Projekte zur Feinausplanung 
der „Eckpunkte“ bekannt gegeben.[1] Den Projektleitern – und 
wahrscheinlich späteren Leitern der von 17 auf neun reduzierten 
Abteilungen im Bundesverteidigungsministerium (BMVg) – wurden 
Steckbriefe überreicht, mit denen die Ausgangslage, Zielsetzung, 
Schnittstellen, der Zeitplan, die Aufwandsabschätzung, ein möglicher 
externer Beratungsbedarf sowie die Verantwortlichen und Teammitglieder 
der jeweiligen Projekte definiert worden sind. Wie die konkreten 
Aufgaben erledigt werden, entscheidet der Projektleiter weitgehend 
unabhängig und nur in Abstimmung mit den anderen Abteilungschefs, dem 
Arbeitsstab Strukturreform (ASR) und dem sogenannten Lenkungsausschuss.


Lenkungsausschuss, ASR und die elf Projektgruppen

Der Lenkungsausschuss ist das höchste verantwortliche Gremium für die 
Bundeswehrreform und trägt die Verantwortung für die Gesamtstrategie, 
entscheidet über Zwischenschritte und bereitet Entscheidungen des 
Ministers vor. Unter der Leitung des Bundesverteidigungsministers trifft 
er die zentralen Entscheidungen bei der Umsetzung der Reform. Ihm 
gehören Thomas de Maizères enger Vertrauter, Staatssekretär Stéphane 
Beemelmans, der zweite Staatssekretär Rüdiger Wolf und der oberste 
Soldat im deutschen Staate und baldige Oberkommandierende der 
Bundeswehr, Generalinspekteur Volker Wieker, an.

Der Arbeitsstab Strukturreform untersteht dem Lenkungsausschuss und wird 
von Vizeadmiral Manfred Nielson und Ministerialdirigent Christoph 
Reifferscheid (Stellvertreter) geleitet. Er soll die bisherigen 
Planungen zu den wesentlichen Aspekten der Strukturreform in einem 
integrativen bundeswehrgemeinsamen Gesamtkonzept zusammenführen.[2]

Beide Kommissionen haben den Zweck, den Reformprozess zu koordinieren 
und die Projektleiter bzw. -gruppen in ihrer Arbeit zu unterstützen. 
Dazu werden dem ASR und dem Lenkungsausschuss regelmäßig Berichte über 
den Fortgang der Projekte vorgelegt.

Die elf Projektgruppen befassen sich mit folgenden Themen: Neuordnung 
der Streitkräfte, Stationierungskonzept, Organisation des BMVg, 
Personalmanagement/Nachwuchsgewinnung, Reformbegleitprogramm, Bildungs- 
und Qualifizierungslandschaft, Rüstung Nutzung IT, Infrastruktur und 
Dienstleistungen, Überprüfung Rüstungs- und Beschaffungsvorhaben, 
Reservistenkonzeption sowie Steuerung und Controlling. Eine hausinterne 
Klausurbesprechung am 31. August soll die Umsetzung der Projekte zum 
Herbst sicherstellen.


Planungsprioritäten: Bundeswehrkonzeption, Neuorganisation des BMVg und 
Stationierungskonzept

Bei einer Personalversammlung im BMVg Ende Juni wiederholte Thomas de 
Maizière seine Position, dass die Feinausplanung der Konzeption der 
Bundeswehr, die Struktur des Verteidigungsministeriums und das 
Stationierungskonzept jetzt oberste Priorität besäßen. Erst dann könne 
über konkrete Personalmaßnahmen gesprochen werden.

Die Neuordnung der Bundeswehr sieht eine Reduktion des Gesamtumfangs der 
Bundeswehr auf maximal 185.000 Mann (von derzeit 220.000), weiterhin 
fünf Teilstreitkräfte mit jeweils einem Führungskommando unter Wegfall 
einer Führungsebene, Einsparungen von Hierarchieebenen inklusive 
Reduzierung von Generals-/Admiralsdienstposten sowie deutliche Kürzungen 
des Zivilpersonals von derzeit 76.000 auf 55.000 vor. Zudem sollen die 
neuen Aufgaben und Verantwortlichkeiten der Befehlshaber (ehemals 
Inspekteure) neu definiert und die Einsatzführung und nationale 
Operationsführung für alle Einsatzarten sowie die dazugehörigen 
Kommandobehörden verbessert werden.

Laut SPIEGEL hat Generalinspekteur Wieker in seinem jüngsten Entwurf, 
der „Weisung zur Ausplanung der Streitkräfte“, für das Heer 55.850 
(derzeit 79.300), für die Luftwaffe 21.800 (derzeit 37.660), für die 
Marine 12.500 (derzeit 16.600), für die Streitkräftebasis 37.300 
(derzeit 69.639) und für den Sanitätsdienst 13.750 (derzeit 23.465) 
eingeplant. Zudem verstärken noch 2.500 Reservisten die Bundeswehr, die 
de Maizière ursprünglich in die Gesamtstärke der Truppe von 170.000 Mann 
(plus 5-15.000 Freiwilligendienstleistende) einrechnen ließ.[3]

Das Stationierungskonzept, das aufgrund eingeplanter Schließungen von 60 
Standorten in der Koalition besonders sensibel gehandhabt wird, soll 
nach einer Leitungsklausur im BMVg in der letzten Septemberwoche bekannt 
gegeben werden. Bislang hat das Ministerium verlautbaren lassen, dass 
nicht nur militärisch-operative und ökonomische Kriterien über Erhalt 
oder Schließung entscheiden sollen, sondern auch die Attraktivität der 
Bundeswehr als Arbeitgeber und ihre Präsenz in der Fläche. Bereits in 
die Standortauswahl fließen offensichtlich Überlegungen zur 
Nachwuchsgewinnung und Attraktivitätssteigerung ein, wie auch 
Generalinspekteur Volker Wieker im Interview mit dem Deutschlandradio 
bestätigte.[4]

Außerdem setze de Maizière bei der Umsetzung des Stationierungskonzepts 
laut SPIEGEL auf Ausgleichslösungen für die betroffenen Gemeinden, etwa 
auf gemeinsame Forschungsprojekte mit der Luft- und Raumfahrtindustrie. 
Besonders gebeutelte Kommunen sollten auf diese Weise geschont 
werden.[5] Die „Kommunikation“ des neuen Stationierungskonzepts – d.h. 
die öffentlichkeitswirksame Vermittlung von Entlassungen und 
Standortschließungen – zählt daher neben dessen Erarbeitung und 
Billigung zu den zentralen Aufgaben der Projektgruppe 
„Stationierungskonzept“, die von Generalleutnant Norbert Finster ebenso 
geleitet wird wie das Projekt „Neuordnung der Bundeswehr“.

Die Neuorganisation des BMVg wird federführend von Ministerialdirigent 
Christoph Reifferscheid ausgeplant. Neben der Überarbeitung und neuen 
Definition überwiegend administrativer Zuständigkeiten werden von den 
derzeit 3.200 Dienstposten beim BMVg 1.200 gekürzt. Bis zum 1. Oktober 
dieses Jahres sollen die organisatorischen Grundlagen für die zukünftige 
Struktur des Ministeriums vorliegen. Die Durchführung ist dann bis März 
2012 geplant. Dabei sollen Parallelstrukturen von alt und neu vermieden 
werden.


Nachwuchsgewinnung, Attraktivitätssteigerung und Imagekampagnen

Mit der Aussetzung der Wehrpflicht entfällt das bis dato zentrale 
Rekrutierungsinstrument der Bundeswehr. Aus diesem und einigen anderen 
Gründen, wie der zunehmenden Konkurrenz der Bundeswehr mit „normalen“ 
Unternehmen um junge Arbeitskräfte oder dem demographischen Wandel, 
werden die Gewinnung neuer sowie die Bindung bereits dienender Soldaten 
ein Schwerpunkt der Bundeswehrreform.

Deshalb befassen sich zwei der weiteren acht Projektgruppen unter der 
Leitung von Generalleutnant Wolfgang Born mit verschiedenen Aspekten der 
Nachwuchsgewinnung, des „Personalmanagements“ und der 
Attraktivitätssteigerung der Bundeswehr für Bundeswehrangehörige und 
potentielle Rekruten.

Mit dem Projekt Personalmanagement/Nachwuchsgewinnung soll ein eigener 
Organisationsbereich „Personal“ kreiert werden. Ziel sei die „Schaffung 
einer den Erfordernissen der Bundeswehr angepassten 
bundeswehrgemeinsamen Personalgewinnungsorganisation.“[6] Dabei geht es 
um die Bündelung von fachlicher und organisatorischer Verantwortung, die 
konsequente Verschränkung des militärischen und zivilen 
Personalmanagements, die Einrichtung eines bundeswehrgemeinsamen 
Personalamts sowie die Integration und Konzentration der 
Abrechnungsarten in Servicezentren (Besoldung, Entgelt, Beihilfe, 
unentgeltliche truppenärztliche Versorgung, Beschädigtenversorgung, 
Dienstzeitversorgung, Familienkasse, einigungsbedingte Sonderaufgaben). 
Bislang wird die Nachwuchsgewinnung von den vier Zentren für 
Nachwuchsgewinnung in Berlin (Ost), Hannover (Nord), München (Süd) und 
Düsseldorf (West) sowie dem Zentrum für Nachwuchsgewinnung für die 
Marine in Wilhelmshaven organisiert, die alle dem Personalamt der 
Bundeswehr unterstehen. Die Personalverwaltung wird derzeit z.T. 
ebenfalls vom Personalamt geleistet, ist aber zusätzlich auf 
verschiedene andere Teilorganisationen der Bundeswehr und 
Bundeswehrverwaltung verteilt.

Das zweite Projekt, das für neue Rekruten und eine gesteigerte 
Attraktivität der Bundeswehr von Bedeutung ist, trägt den Titel 
„Bildungs-und Qualifizierungslandschaft“. „Vom Hauptschüler bis zum 
Uniabsolventen“ soll das (Aus)Bildungs- und Weiterbildungsangebot 
kompakt und einheitlich Menschen mit allen Qualifikationen ansprechen 
und fortbilden können. Welche Rolle z.B. die Bundeswehrhochschulen für 
die Bundeswehrwerbung und die Anziehungskraft der Bundeswehr auf junge 
Menschen als „Spitzensegment der Bildung und der 
Nachwuchswerbung/-gewinnung“ spielt, erörterte der 
Bundesverteidigungsminister kurz in einer Rede an der Universität der 
Bundeswehr in Hamburg am 30. Juni: „Die Qualität unserer Universitäten 
strahlt weit über die Bundeswehr hinaus. Die Helmut-Schmidt-Universität, 
hier in Hamburg ebenso wie die Schwester-Universität in München, bieten 
Rahmenbedingungen, um die Sie viele Studenten in unserem Land beneiden. 
Unsere Bundeswehr-Universitäten sind attraktiv. So attraktiv, dass 
manche hier studieren wollen, obwohl sie vorerst nicht das Ziel haben, 
Soldat zu werden.“[7] Außerdem, so schlussfolgerte de Maizière, stärke 
akademische Bildung den militärischen Führer.

Allerdings dient die Bildungsreform der Bundeswehr nicht nur 
Werbezwecken. Die Schwerpunkte des Projekts – bundeswehrgemeinsame 
Führungskräfteentwicklung, Potenzialausschöpfung in einem ungeteilten 
Personalkörper, Verbesserung der Wiedereingliederung von Zeitsoldaten 
(u.a. durch allgemein anerkannte Qualifikationen), erweiterte 
Durchlässigkeit der Laufbahnen – sollen auch der Ausbildung und der 
schnellen flexiblen sowie zuverlässigen Versorgung mit eigenen 
Arbeitskräften sicherstellen, die die Bundeswehr in Konkurrenz mit 
Unternehmen nicht für sich gewinnen kann.


Unklare Rekrutierungslage

Die Personalsituation der Bundeswehr ist momentan umstritten. Während 
Generalinspekteur Volker Wieker im Deutschlandradio mit der 
Bewerberentwicklung sowohl bei den Freiwilligendienstleistenden als auch 
bei den Zeit- und Berufssoldaten nach „entmutigenden“ Zahlen im ersten 
Halbjahr 2011 jetzt „sehr zufrieden“ ist[8], äußerte sich z.B. der 
Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages, Hellmut Königshaus (FDP), im 
Cicero besorgt über die Personalentwicklung: „Fakt ist: Die Zahlen sind 
bisher bei weitem nicht ausreichend. Und ich sehe auch nicht, wie diese 
Situation in nächster Zeit geändert werden könnte.“[9]

Zahlen zur aktuellen Personalentwicklung schießen derzeit wie Unkraut 
aus dem Boden ebenso wie die daran anknüpfenden Problemdiagnosen und 
Maßnahmenkataloge. Der Stern berichtete z.B., dass sich zum 1. Juli 
bereits über 10.000 Jugendliche freiwillig verpflichtet hätten, darunter 
allerdings mehr als 4.000 ehemalige Wehrdienstleistende.[10] Hellmut 
Königshaus will BMVg-Informationen zufolge von lediglich 1.800 
Freiwilligendienstleistenden wissen.[11] Die Bundeswehr publizierte 
hingegen am 4. Juli auf ihrer Internetseite eine Gesamtzahl von 3.419 
Freiwilligen, die zum 1. Juli ihren Dienst angetreten hätten[12], und 
beziffert die Gesamtzahl aller Freiwilligendienstleistenden auf 13.916, 
darunter 5.700 ehemalige Wehrdienstleistende.[13] „Die Personalgewinnung 
der Zeitsoldaten ist auch im Jahr 2011 zufriedenstellend“, so die 
Bundeswehr weiter.[14] Die Militärs gehen laut Oberst Ulrich Hirsch, dem 
Bundesvorsitzenden des Deutschen Bundeswehrverbands, von jährlich 60.000 
benötigten Bewerbern bei zwischen 15.000 und 20.000 benötigten neuen 
Soldaten (Regenerationsbedarf ohne zivile Mitarbeiter) – 
Freiwilligendienstleistende plus Zeit- und Berufssoldaten – aus.[15]

Insgesamt scheint sich die Personalsituation im Vergleich zum Frühjahr, 
als politische und militärische Vertreter der Aussetzung der Wehrpflicht 
und der unsicheren Personalsituation mit Schrecken begegneten, ein wenig 
entspannt zu haben. Dies geht nicht nur auf den von Thomas de Maizière 
im Vergleich zu Karl-Theodor zu Guttenbergs Planungen reduzierten Bedarf 
und auf die mittlerweile festgelegten aufgebesserten Konditionen für die 
Freiwilligendienstleistenden bei der Bundeswehr zurück. Vielmehr dürften 
auch die Millionen schwere Werbe- und Imageoffensive sowie die Maßnahmen 
zur Steigerung der Attraktivität des Dienstes bei der Bundeswehr zu 
Beginn des Jahres eine wesentliche Rolle gespielt haben.[16] Sowohl der 
neue[17] als auch der alte Wehrbeauftragte Reinhold Robbe (SPD), fordern 
dennoch mehr Geld für Werbung und „lukrative Angebote“[18] für 
Jugendliche. Armin Trost, Experte für Employer Branding und Professor 
für Human Ressource Management an der Hochschule Furtwangen, 
bescheinigte der Bundeswehr im Handelsblatt außerdem, dass sie „Probleme 
bekommen werde“[19], weil der Aufbau des Images als Arbeitgeber bislang 
nicht ausreiche angesichts des großen Umbruchs bei der Armee. Ob das 
Anfang Juli veröffentlichte neue Selbstverständnis der Bundeswehr 
„Wir.Dienen.Deutschland.“[20] ausreicht, um das Image der Militärs 
aufzupolieren und Jugendliche zu gewinnen, wollte Trost gar nicht erst 
beurteilen. Den Militärs ist aber offensichtlich an einer ideologischen 
Ergänzung der materiellen Angebote durch einen modernen Patriotismus 
gelegen, um Akzeptanz und Rückhalt für die Truppe an der Heimatfront zu 
schaffen.


Schützenhilfe durch die Europäische Verteidigungsagentur

Die Bundeswehrreformer bekamen am 3. Juli unerwartet ideologischen 
Flankenschutz von der Europäischen Verteidigungsagentur. Wie die 
Wirtschaftswoche berichtete, sei die Bundeswehr im innereuropäischen 
Vergleich, z.B. mit Frankreich oder Großbritannien, ineffizient und 
teuer.[21] Der Studie zufolge sind in der Bundesrepublik 7.000 Soldaten 
gleichzeitig einsatzfähig, während es in Großbritannien 22.000 und in 
Frankreich 30.000 Soldaten sind. Zudem sei für einen Bundeswehrsoldat im 
Krieg die Arbeit von 35 weiteren Soldaten und 15 zivilen Mitarbeitern 
erforderlich. In Frankreich seien es nur acht und zwei, in 
Großbritannien neun und vier. Dabei gäbe die Bundesregierung derzeit nur 
1,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für den Unterhalt der Armee 
aus, während Frankreich 2 und Großbritannien 2,5 Prozent des BIP in den 
bewaffneten Arm ihrer Politik investierten.

Zwar zweifelte vor allem der Verteidigungsexperte der 
SPD-Bundestagsfraktion, Rainer Arnold, die Ergebnisse einer komparativen 
EDA-Studie an.[22] Allerdings stützen die zeitlich geschickt 
publizierten Resultate das Vorgehen und die Argumentation der 
Bundesregierung. Auch Generalleutnant a.D. Hans-Heinrich Dieter, ehemals 
u.a. Kommandeur des Kommando Spezialkräfte (KSK), nahm die EDA-Studie 
zum Anlass, in die Vollen zu gehen: „Die Freiwilligenstreitkräfte 
Bundeswehr sollen durch diese Reform nun wirklich effizienter und 
einsatztauglicher werden. Jammern über die Zahlen hilft jetzt genauso 
wenig wie das Rechten über die Parameter der EU-Studie. Gefragt ist eine 
große politische und militärische Kraftanstrengung, die auch Geld 
kostet.“[23] Mindestens drei grundlegenden Zielen der Bundeswehrreform 
wird mit den Zahlen der EDA somit Nachdruck verliehen: der Steigerung 
der Zahl einsatzfähiger Soldaten (auf 10.000), der Konzentration der 
Fähigkeiten in wenigen Händen und der gesteigerten Effizienz im Einsatz 
der finanziellen und personellen Mittel. Von den Einsparungen im 
Militäretat, die ursprünglich einmal als Anlass für die Reform angeführt 
wurde, spricht mittlerweile niemand mehr.


Anmerkungen

[1] http://tinyurl.com/3sdcd75

[2] http://tinyurl.com/3aoqks2

[3] http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-78832417.html

[4] http://www.dradio.de/dlf/sendungen/idw_dlf/1495657/

[5] http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-78954498.html

[6] http://tinyurl.com/3rvxe6x

[7] http://tinyurl.com/449cafr

[8] http://www.dradio.de/dlf/sendungen/idw_dlf/1495657/

[9] 
http://www.cicero.de/%E2%80%9Edie-armee-ist-eine-chance-f%C3%BCr-migranten%E2%80%9C/42195?item=6310 


[10] 
http://www.stern.de/politik/deutschland/de-maiziere-zur-aussetzung-der-wehrpflicht-notwending-aber-nicht-frohstimmend-1701958.html 


[11] 
http://www.cicero.de/%E2%80%9Edie-armee-ist-eine-chance-f%C3%BCr-migranten%E2%80%9C/42195?item=6310 


[12] http://tinyurl.com/3oh4lzq

[13] http://tinyurl.com/3ohj8xa

[14] a.a.O.

[15] http://www.dradio.de/dlf/sendungen/interview_dlf/1496301/

[16] Vgl. http://imi-online.de/2011.php?id=2257 und 
http://www.imi-online.de/2011.php?id=2259

[17] 
http://www.cicero.de/%E2%80%9Edie-armee-ist-eine-chance-f%C3%BCr-migranten%E2%80%9C/42195?item=6310 


[18] http://www.tagesschau.de/inland/robbebundeswehr100.html

[19] 
http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/die-bundeswehr-wird-probleme-bekommen/4338560.html 


[20] http://tinyurl.com/3hc9cdf

[21] 
http://www.wiwo.de/politik-weltwirtschaft/bundeswehr-ist-ineffizienteste-nato-armee-471756/ 


[22] 
http://www.google.com/hostednews/afp/article/ALeqM5gKJsKQ5DgHvFLvyKvoH61yo2zXHA?docId=CNG.447e6dd19aca24c22cd9979a8116ba55.381 


[23] http://www.hansheinrichdieter.de/html/teurebundeswehr.html

-- 
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