[IMI-List] [0303] NATO-Broschüre / Analyse Münchner Sicherheitskonferenz

Informationsstelle Militarisierung imi at imi-online.de
Mo Feb 9 15:32:52 CET 2009


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Online-Zeitschrift "IMI-List"
Nummer 0303 .......... 13. Jahrgang ........ ISSN 1611-2563
Hrsg.:...... Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V.
Red.: IMI / Christoph Marischka / Jürgen Wagner
Abo (kostenlos)........ IMI-List-subscribe at yahoogroups.com
Archiv: ....... http://www.imi-online.de/mailingliste.php3
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Liebe Freundinnen und Freunde,

in dieser IMI-List finden sich:

1) Mobilisierungsbroschüre zum NATO-Gipfel: "Kein Frieden mit der NATO"

2) IMI-Analyse zur Münchner Sicherheitskonferenz am vergangenen Wochenende



1) Broschüre: "Kein Frieden mit der NATO - Die NATO als Waffe des Westens"

Anlässlich des NATO-Jubiläumsgipfels im April 2009 in Baden-Baden, Kehl 
und Straßburg hat die Informationsstelle Militarisierung in 
Zusammenarbeit mit der DFG-VK eine ausführliche Broschüre erstellt, die 
im Rahmen der Mobilisierung gegen den NATO-Geburtstag und darüber hinaus 
ein hilfreiches Werkzeug für diejenigen darstellen soll, die Kritik an 
dem Bündnis üben wollen. Denn die NATO bedeutet Krieg und deshalb gehört 
sie aufgelöst!

Die Broschüre umfasst 72 Seiten (A4) und kostet 2,- Euro (zzgl. Porto). 
Sie kann (gerne auch in großer Stückzahl) bei der Informationsstelle 
Militarisierung bestellt werden: imi at imi-online.de

Wie alle IMI-Publikationen steht sie auch kostenlos für den Download zur 
Verfügung:
http://imi-online.de/download/webversion-imi-nato.pdf


Aus dem Inhalt:

I. GRUNDLAGEN UND STRATEGIEN

-- Tobias Pflüger:
Die Waffe des Westens: Strukturen und Strategien der NATO in einer 
brüchig werdenden Weltordnung

-- Claudia Haydt:
Kanonenboote und Piraten: NATO, EU und die Kontrolle der Meere

-- Joachim Guilliard:
Die NATO 1949-91: Kurze Bilanz einer kriegerischen Geschichte

-- Christoph Marischka:
Weltherrschaft durch die Kontrolle von Strömen - Die Rolle der NATO bei 
der Militarisierung der Migration

-- Arno Neuber:
Schild und Schwert - Aggressive Atompolitik und Raketenabwehr der NATO

-- Jürgen Wagner:
Globale NATO - Ersatz UNO mit der Lizenz zum Töten

-- Christoph Marischka:
Wie Ban Ki-moon die UN der NATO unterwarf:


II. DIE NATO ALS GLOBALER KRIEGSAKTEUR

-- Jürgen Wagner:
Der NATO-Krieg in Afghanistan - Prototyp für Neoliberales Nation 
Building und zivil-militärische Aufstandsbekämpfung

-- Joachim Guilliard:
Die NATO im Irak

-- Christoph Marischka:
Die Erneuerung der NATO auf dem Balkan

-- Thomas Mitsch:
Die NATO in Afrika

-- Martin Hantke:
Imperiale Geopolitik - Ukraine, Georgien und der Neue Kalte Krieg 
zwischen der NATO und Russland


III. LOKALE EINRICHTUNGEN FÜR GLOBALE KRIEGE

-- Jürgen Wagner:
Das EUCOM in Stuttgart-Vaihingen - Multifunktionaler Kriegsstützpunkt

-- Franz Iberl:
Marshall-Center & NATO-Schule - Die NATO in den bayerischen Bergen

-- Tobias Pflüger:
Die Deutsch-französische Brigade in Müllheim

-- Michael Schulze von Glaßer:
Münster - Kriegsführung aus der Provinz

-- Jens Rüggeberg:
NATO-Pipeline ... in Bodelshausen und anderswo

-- Tobias Pflüger:
Geilenkirchen - Mit AWACS gegen das Grundgesetz

-- Christoph Marischka:
Das Militärdrehkreuz Halle/Leipzig



2.) IMI-Analyse zur Münchner Sicherheitskonferenz

Am vergangenen Wochenende fand einmal mehr die Münchner 
Sicherheitskonferenz statt. IMI war mit verschiedenen Leuten vor Ort, 
u.a. hielt IMI-Vorstand Tobias Pflüger eine Rede bei der 
Abschlusskundgebung. Erfreulicherweise waren die Proteste sehr gut 
besucht, die Abschlusserklärung des Aktionsbündnisses findet sich hier: 
http://www.imi-online.de/2009.php3?id=1885

Soeben haben wir auch eine ausführliche inhaltliche Analyse der Beiträge 
auf der Sicherheitskonferenz fertig gestellt:


IMI-Analyse 2009/006
Transatlantischer New Deal:
Das US-Angebot auf der Münchner Sicherheitskonferenz - mehr mitkämpfen 
und mehr mitbestimmen
http://www.imi-online.de/2009.php3?id=1888
http://www.imi-online.de/download/IMI-Analyse2009-006.pdf
9.2.2009, Jürgen Wagner

Die Runderneuerung der transatlantischen Beziehungen mitsamt einer 
Stärkung der NATO, der Krieg in Afghanistan und das Verhältnis zu 
Russland, diese eng miteinander zusammenhängenden Themen bestimmten die 
Agenda der Münchner Sicherheitskonferenz am 7./8. Februar. Schon im 
Vorfeld des alljährlichen Treffens der außen- und sicherheitspolitischen 
Eliten hatte die neue US-Regierung unter Präsident Barack Obama 
angekündigt, ihr erster "außenpolitischer Aufschlag" werde in München 
erfolgen. Und in der Tat schlug Vizepräsident Joseph Biden in seiner 
Grundsatzrede nicht weniger als einen "Transatlantischen New Deal" vor.

Hinter der demonstrativ zur Schau gestellten Charmeoffensive verbirgt 
sich jedoch knallharte Interessenspolitik. Denn die nun von Biden den 
europäischen NATO-Verbündeten angebotene "neue Ära der Zusammenarbeit" 
erfolgt vor dem Hintergrund des politischen, wirtschaftlichen und 
militärischen Desasters, das die Bush-Administration durch ihren Versuch 
hinterlassen hat, die alleinige US-Vormachtstellung sowohl gegenüber 
Russland und China als auch der Europäischen Union durchzusetzen. Im 
Ergebnis sind die Vereinigten Staaten gegenwärtig erheblich geschwächt, 
neue Akteure (oder: "Rivalen") verzeichnen deutliche Positionsgewinne, 
während die USA gleichzeitig nicht mehr in der Lage sind, die 
(militärische) Aufrechterhaltung der Weltordnung im Alleingang zu 
gewährleisten.

Aus diesem Grund will die Obama-Administration die Kosten der 
Weltordnungskriege deutlich stärker auf die EU-Staaten verlagern – ja 
sie sind angesichts der Rahmenbedingungen regelrecht hierzu gezwungen. 
Im Austausch hierfür bieten sie an, künftig EU-Interessen in deutlichem 
größerem Umfang als in den Jahren unter George W. Bush zu 
berücksichtigen. Im Kern lautet der Transatlantische New Deal also 
folgendermaßen: Wenn die Europäer künftig adäquat mitkämpfen, dürfen sie 
auch substanziell mitreden. Ihren institutionellen Niederschlag soll 
diese Neue Transatlantische Partnerschaft in einer gestärkten NATO 
finden. Es geht also darum, angesichts der erodierenden westlichen 
Vorherrschaft die transatlantischen Reihen zu schließen und künftig 
wieder stärker gemeinsam die Aufrechterhaltung der Hierarchie- und 
Ausbeutungsverhältnisse des kapitalistischen Systems buchstäblich in 
Angriff zu nehmen. Der britische Außenminister David Miliband brachte 
das Ganze in seiner Rede auf der Sicherheitskonferenz auf den Punkt: 
"Europas und Nordamerikas Interessen - politische, wirtschaftliche und 
militärische - liegen sehr nahe beieinander. [...] Jetzt ist für uns der 
Zeitpunkt gekommen, das Bündnis zu erneuern. Weil wir einander mehr als 
zuvor brauchen, da globale Macht sich heute auf immer mehr Akteure 
verteilt. Und weil Präsident Obama signalisiert hat, dass er unsere 
Partnerschaft intensivieren will."[1]


Zwei-Bahn-Straße NATO: Mitkämpfen und mitreden!

Die finanzielle Lage der Vereinigten Staaten ist nicht erst seit der 
jüngsten Finanzkrise bedrohlich. So belief sich das 
US-Handelsbilanzdefizit 2007 auf gigantische $700 Mrd. und die 
offizielle Staatsverschuldung stieg 2008 erstmals auf über $10 Billionen 
(rechnet man die Deckungslücke der sozialen Sicherungssysteme hinzu, so 
beläuft sich diese Zahl nach Angaben des US-Finanzministeriums auf über 
$50 Billionen). Der machtpolitische Abstieg der USA scheint somit 
vorprogrammiert, wie ein Dokument der US-Geheimdienste bereits Ende 
letzten Jahres feststellte: "Der wirtschaftliche und politische Einfluss 
der USA wird in den kommenden zwei Jahrzehnten sinken. Es wird mehr 
Unruhen auf der Welt geben, Nahrungsmittel und Wasser werden knapper, 
Waffen immer zahlreicher. Das prophezeit die Studie 'Global Trends 
2025', veröffentlicht vom 'National Intelligence Council', dem Zentrum 
der US-Geheimdienste für mittel- und langfristige strategische 
Prognosen."[2] Gleichzeitig verzeichnen Russland und China erhebliche 
machtpolitische Zugewinne, weshalb eine Zunahme der Konflikte erwartet 
wird. So liefert die Army Modernization Strategy Juni 2008, ein 
wichtiges Pentagon-Planungsdokument, folgende Lageeinschätzung: "Uns 
droht eine mögliche Rückkehr zu traditionellen Sicherheitsbedrohungen 
durch neu auftretende, fast ebenbürtige Mächte, und zwar jetzt, wo wir 
im weltweiten Wettstreit um knapper werdende Rohstoffe und Überseemärkte 
stehen."[3] Dies ist das Setting, vor dessen Hintergrund die neue 
US-Administration auf der Münchner Sicherheitskonferenz ihren Vorschlag 
für einen Transatlantischen New Deal unterbreitete.

Mit blumigen Worten reichte Joseph Biden den EU-Verbündeten die Hand. 
Die neue US-Regierung stehe für ein "neues Zeitalter", sie sei 
"entschlossen, einen neuen Ton einzuschlagen." Dass es sich hierbei 
jedoch keineswegs um ein reines Wohlfühlprogramm handelt, sondern um 
eine angesichts der beschriebenen Rahmenbedingungen zwingende Anpassung 
der US-Politik, deutete der Vizepräsident ebenfalls an: "Dieser neue Ton 
ist kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit." Anschließend konkretisierte 
Biden die Bedingungen den Transatlantischen New Deal: "Die USA werden 
mehr tun, aber die USA werden auch mehr von ihren Partnern verlangen."

Eine deutliche Kritik an die Adresse der EU-Staaten richtete 
NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer, indem auch er eine größere 
Lastenteilung im Bündnis einforderte. Mehr Mitsprache und mehr 
Beteiligung in der Allianz "gehen Hand in Hand": Wenn die USA einerseits 
ihren Beitrag in Afghanistan erhöhen wollten, europäische Nato-Partner 
hierzu im Gegenzug aber nicht bereit seien, "macht das die Aufforderung, 
dass die Europäer mehr gehört werden wollen in Washington, doch etwas 
hohl." Wer mehr mitreden will, der muss auch mitkämpfen, so die alles 
dominierende Grundaussage auf der Sicherheitskonferenz, schließlich sei 
die NATO eine "Zwei-Bahn-Straße", so der NATO-Generalsekretär.

Joseph Biden präzisierte in seiner Rede deutlich, was Sinn und Zweck der 
ganzen Übung ist, nämlich auch künftig sicherstellen zu können, dass 
sich andere Länder an die kapitalistischen Spielregeln halten – mit 
Gewalt falls erforderlich: "Aber wir sagen zu unseren Freunden, dass die 
Bündnisse, Verträge und Internationalen Organisationen, die wir 
schaffen, glaubwürdig und effektiv sein müssen. Das erfordert eine 
gemeinsame Verpflichtung, sich nicht nur selbst an die Regeln zu halten, 
sondern ihre Einhaltung auch zu erzwingen. [Hervorhebung im 
Redemanuskript] Während die Vereinigten Staaten die Bedeutung von 
Diplomatie, Entwicklung, Demokratie und dem Erhalt unseres Planeten zu 
erhöhen, bitten wir unsere Verbündeten, ihre eigenen Ansätze zu 
überdenken – einschließlich ihrer Bereitschaft, Gewalt anzuwenden, wenn 
alles andere fehlschlägt."

Die US-Botschaft ist angekommen und wurde wohlwollen aufgegriffen, wie 
die Beiträge von Angela Merkel und Nicolas Sarkozy auf der 
Sicherheitskonferenz bestätigen. Gleichzeitig machten beide aber auch 
keinen Hehl daraus, dass es bestimmte Bedingungen gibt, die an eine 
transatlantische Annäherung geknüpft sind – allen voran die 
machtpolitische Aufwertung der EU.


EU: Bedingungen für den Transatlantischen New Deal

Für die EU-Staaten ist eine Erneuerung des Bündnisses mit den USA kaum 
weniger zwingend als für Washington. Denn auch ihre Machtposition ist in 
den letzten Jahren erheblich erodiert. In einer im September 2008 
veröffentlichten Studie schlug der einflussreiche European Council on 
Foreign Relations (ECFR) unmissverständlich Alarm. Der Bericht 
konstatiert, die EU verfüge über eine "schwindende Fähigkeit, die 
Spielregeln zu bestimmen." Der Einfluss der EU (aber auch der USA) in 
der UN-Generalversammlung nehme ebenso rapide ab, wie der von Russland 
und China ansteige.[4]

Somit ist der Boden für eine transatlantische Aussöhnung bereitet, die 
auf realistischen machtpolitischen Erwägungen beruht. Der einflussreiche 
Publizist Robert Kagan beschreibt das Kalkül Frankreichs und 
Deutschlands folgendermaßen: "Auch in Europa besteht ein unverkennbarer 
Trend zu engeren strategischen Beziehungen mit den USA. [...] Dies 
geschieht allerdings nicht aus neu erwachter Zuneigung zu den 
Vereinigten Staaten, sondern wegen der sich ändernden internationalen 
Lage und der Lehren aus der Vergangenheit. Die amerikafreundlichere 
Außenpolitik von Nicolas Sarkozy und Angela Merkel hat nicht nur mit 
ihren jeweiligen Persönlichkeiten zu tun, sondern verdankt sich einer 
Neubewertung der französischen, deutschen und europäischen Interessen. 
Enge [...] Beziehungen zu den USA, so ihrer beider Überzeugung, 
verleihen der Macht und dem weltweiten Einfluss Europas einen Auftrieb, 
den Europa aus eigener Kraft nicht zustande brächte."[5] Ganz in diesem 
Sinne argumentierten Merkel und Sarkozy in einem gemeinsamen Artikel 
kurz vor der Sicherheitskonferenz: "Angesichts der Herausforderungen 
braucht Europa die Vereinigten Staaten von Amerika, und die USA brauchen 
einen starken europäischen Partner."[6]

Was man dabei vor allem im Auge hat, ist ein Ausbau der 
EU-Militärkapazitäten, der wiederum zu einer Stärkung der NATO beitragen 
soll. Bei ihrer Rede in München zeigte sich Angela Merkel begeistert, 
von der "rasanten Entwicklung" der EU-Militarisierung, mahnte zugleich 
aber deren weitere Forcierung an – unter anderem durch eine 
Verabschiedung des Lissabonner Vertrages. In diesem Zusammenhang wird 
von Washington klar und deutlich erwartet, seine bisherige 
Blockadehaltung gegenüber eigenen EU-Militärkapazitäten zu beenden – 
auch das ist Teil des neuen Handels. Schon unter Clinton und noch mehr 
unter Bush wurde die EU-Armee als Bedrohung empfunden und nach Kräften 
torpediert. Nun aber kündigte Joseph Biden bei seiner Rede an, der EU 
künftig eine größere Rolle einräumen zu wollen und begrüßte sogar 
explizit den Ausbau der EU-Militärkapazitäten: "Wir unterstützen 
ebenfalls die Stärkung der europäischen Verteidigungskapazitäten, eine 
größere Rolle der Europäischen Union hinsichtlich dem Erhalt von Frieden 
und Sicherheit [sowie] eine substanziell stärkere 
NATO-EU-Partnerschaft."[7]

Ein wesentlicher Teil des neuen transatlantischen Schulterschlusses ist 
darüber hinaus die angekündigte Rückkehr Frankreichs in die 
NATO-Militärstrukturen. Nach mehr als 40jähriger Abwesenheit 
symbolisiert kaum etwas deutlicher, dass man gewillt ist – sicher 
vorhandene – Meinungsverschiedenheiten zugunsten einer gemeinsamen 
Interessensdurchsetzung einstweilen zurückzustellen – Pack schlägt sich, 
Pack verträgt sich: "Dass Frankreich nun rechtzeitig vor dem 
historischen Gipfel im April in die Nato-Strukturen zurückkehrt, ist ein 
Beleg dafür, dass der Westen sich zusammenreißen will. Die 
französisch-amerikanischen Eifersüchteleien kann er sich angesichts der 
weltweiten Herausforderungen ebenso wenig leisten wie das ewige Hickhack 
zwischen der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik und der 
Nato."[8]

Umgekehrt scheint Washington nun bereit zu sein, diesen Schritt 
angemessen zu honorieren und Einfluss im Bündnis zugunsten Frankreichs 
abzugeben. So wurde kurz vor der Sicherheitskonferenz berichtet, 
Frankreich werde voraussichtlich das "Allied Command Transformation" 
(ACT) in Norfolk übernehmen, eines der beiden strategischen 
NATO-Oberkommandos, das bislang stets von einem US-Amerikaner geleitet 
wurde.[9] Eine solche Abgabe von Macht seitens der Vereinigten Staaten 
wäre bis vor kurzem noch undenkbar gewesen – nun ist sie Bestandteil des 
Verhandlungspakets.

Auch Kanzlerin Merkel formulierte auf der Sicherheitskonferenz ihre 
Bedingung für eine transatlantische Aussöhnung: "Konflikte sind von 
keinem Land mehr allein zu lösen, sondern wir brauchen einander [...] 
Das heißt, der kooperative Ansatz muss die Grundlage unseres Handelns 
sein." Mit anderen Worten, Washington hat künftig sein Handeln mit der 
EU abzustimmen und auf deren Interessen Rücksicht zu nehmen. In klares 
Deutsch übersetzte Spiegel Online Merkels Botschaft mit folgenden 
Worten: "Die Kanzlerin fordert von Washington, künftig nie mehr 
Alleingänge bei internationalen Konflikten zu unternehmen - die Nato sei 
dafür das zentrale Instrument."[10] Soviel zum allgemeinen Rahmen, der 
wirkliche Test, ob sich dieses Konstrukt als tragfähig erweisen wird, 
dürfte aber der NATO-Krieg in Afghanistan sein.


Afghanistan: "Mehr Soldaten, mehr von allem"

Schon bei seiner Rede in Berlin im Sommer 2008 hatte Barack Obama eine 
massive Aufstockung der US-Truppen angekündigt – nach gegenwärtigen 
Planungen sollen zusätzlich zu den knapp 70.000 Soldaten weitere 
20-30.000 entsendet werden. Gleichzeitig kündigte er in der Rede an, er 
wolle "diese Verpflichtung dazu nutzen, um von den NATO-Verbündeten 
größere Beiträge – mit weniger Einschränkungen – einzufordern."[11]

Im Wesentlichen wurde diese Forderung von den US-Vertretern auf der 
Sicherheitskonferenz wiederholt. "Es wird weder einfach noch billig, ein 
langer Kampf steht bevor", gab David Petraeus in München zum Besten. Der 
US-Kommandeur für den Nahen und Mittleren Osten forderte jedes Land dazu 
auf, zu überprüfen, ob sein Einsatz für Afghanistan groß genug sei. 
"Mehr Logistik, mehr Aufklärung, mehr Flugzeuge, mehr 
Informationseinheiten. Das ist von essentieller Bedeutung." Es sei sehr 
wichtig, dass nun große finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt 
würden, so Petraeus: "die Länder müssen ihren Verpflichtungen 
nachkommen." Obwohl der Krieg in Afghanistan trotz – oder besser wegen – 
den immer größeren Truppenentsendungen weiter eskaliert, wird unbeirrt 
am bisherigen Kurs weitestgehend festgehalten: "Mit nur einem Satz lässt 
sich die neue Strategie der Amerikaner in Afghanistan zusammenfassen, 
die David Petraeus in München vorstellte. Der General, der schon für die 
Wende im Irak sorgte: Mehr von allem wollen die Amerikaner. Mehr 
Soldaten, mehr Investitionen in zivile Projekte."[12]

Frankreich und Deutschland haben die Zeichen der Zeit erkannt und ihre 
Kontingente bereits deutlich erhöht. Obwohl die Bundesregierung 
eigentlich – nicht zuletzt angesichts der Ablehnung in der deutschen 
Bevölkerung – der Meinung ist, schon mehr als genug in diesem Krieg zu 
leisten, stellte Verteidigungsminister Franz-Josef Jung Berichten 
zufolge am Rande der Konferenz in Aussicht, Deutschland werde darüber 
hinaus noch mehr Soldaten für die Schnelle Eingreiftruppe (Quick 
Reaction Force) bereitstellen, die im Norden Afghanistans für die 
Aufstandsbekämpfung zuständig ist.[13] Auf keinen Fall scheint man die 
Neue Transatlantische Partnerschaft mit den USA an einem mangelnden 
Kriegswillen in Afghanistan scheitern lassen zu wollen, dafür ist die 
Angelegenheit zu wichtig, wie der European Council on Foreign Relations 
betont: "Die Frage wird wohl in Washington als Lackmustest angesehen 
werden, ob die Europäer als strategische Partner ernst genommen werden 
sollten. Somit dürfte die europäische Reaktion die transatlantischen 
Sicherheitsbeziehungen auf lange Sicht, also die nächsten vier oder acht 
Jahre beeinflussen."[14] Doch Afghanistan ist nur der erste Schritt auf 
dem Weg zu einer Runderneuerung der NATO.


Pro-aktive NATO und das Neue Strategische Konzept

Beim NATO-Führjahrsgipfel am 3./4. April soll die Erarbeitung eines 
Neuen Strategischen Konzeptes in Auftrag gegeben werden. Allein schon 
dass Barack Obama mit James Jones einen ehemaligen 
NATO-Oberkommandierenden als Nationalen Sicherheitsberater ernannt hat, 
ist ein Zeichen für dessen Bereitschaft, das Bündnis zu stärken. In 
einem Interview am Rande der Sicherheitskonferenz plädierte Jones dann 
auch für eine "bewegliche Allianz", die auf die neuen Bedrohungen in der 
Welt "proaktiv" reagieren müsse, "um Konflikte vor ihrer Entstehung zu 
stoppen."[15] Damit hat Jones, wie Presseberichte schreiben, nicht 
weniger als den – in den letzten Jahren eher schleppend verlaufenen - 
"Umbau der NATO vom Verteidigungsbündnis zum Sicherheitsbündnis 
vorgeschlagen."[16]

Darüber hinaus kristallisiert sich ein Konsens heraus, auf welche Weise 
die bündnisinternen Strukturen und Entscheidungsprozesse "reformiert" 
werden sollen. Sowohl ein einflussreiches Papier fünf ehemaliger 
NATO-Generäle als auch Aussagen von James Jones und eine gemeinsame 
Studie von vier der wichtigsten amerikanischen Denkfabriken, die kurz 
vor der Sicherheitskonferenz Anfang Februar veröffentlicht wurde, nennen 
unisono folgende Punkte: Abschaffung des Konsensprinzips (zumindest auf 
allen Ebenen unterhalb des NATO-Rats); Keine Mitspracherechte an 
NATO-Kriegen für die Mitgliedsländer, die sich nicht beteiligen; 
Übernahme der Einsatzkosten durch sämtliche NATO-Staaten und nicht nur 
diejenigen, die sich an einem Krieg beteiligen; Aufwertung ziviler 
Kapazitäten in NATO-Stabilisierungseinsätzen.[17]

Gerade den letzten Aspekt griff auch Bundeskanzlerin Merkel in ihrer 
Rede in München auf: "Ich möchte hier deutlich machen, was ich glaube, 
was dieses neue strategische Konzept leisten muss. [...] Wir haben in 
den letzten Jahren sehr viel an der Frage gearbeitet: Welches Konzept 
der Sicherheit haben wir eigentlich? Wir sind zu der Überzeugung 
gelangt, dass das Konzept der Vernetzten Sicherheit die richtige Antwort 
auf die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts ist. Das heißt, 
Krisenbewältigung und Krisenprävention müssen durch ein Miteinander von 
politischen, entwicklungspolitischen, polizeilichen, zum Teil 
kulturpolitischen und, wo nötig, natürlich auch militärischen Maßnahmen 
erfolgen. Die NATO ist ein militärisches Bündnis. Das heißt, wir müssen 
Wege finden – das muss Teil dieses neuen strategischen Konzeptes sein –, 
wie wir die militärischen Fähigkeiten der NATO mit dem Konzept der 
Vernetzten Sicherheit verbinden und daraus die notwendigen Kooperationen 
erwachsen lassen."

Seit Langem steht diese "Vernetzte Sicherheit" oder "Zivil-militärische 
Zusammenarbeit" im Zentrum der Diskussionen um eine Anpassung der 
westlichen Militärstrategie. Kurz gesagt ist man zu dem Schluss gelangt, 
dass "Stabilisierungseinsätze", also quasi-koloniale Besatzungen wie in 
Afghanistan, um effektiv zu sein, auf eine Integration ziviler Mittel 
angewiesen sind. Hierdurch sollen zivile Kräfte für das reibungslose 
Funktionieren militärischer Besatzungen regelrecht zweckentfremdet 
werden. Zivil-militärisches Nation Building soll künftig zur Kernaufgabe 
der NATO werden, wofür nun die erforderlichen Kapazitäten aufgebaut 
werden sollen.[18] Im Ergebnis hat dies jedoch zur Folge, dass zivile 
Akteure ihre politische Neutralität verlieren und ihre Arbeit dadurch 
erheblich erschwert, teils gar unmöglich gemacht wird. Dies zeigt sich 
nicht zuletzt in Afghanistan, wo dieser Ansatz erstmals in großem Stil 
erprobt wird. Dass der Verband Entwicklungspolitik Deutscher 
Entwicklungsorganisationen (VENRO) in einem im Januar 2009 
veröffentlichten Papier eine vernichtende Kritik an der 
Zivil-militärischen Zusammenarbeit veröffentlichte, scheint jedoch weder 
die Kanzlerin, noch die NATO als Ganzes zu stören. Mehr noch: Die 
Aussagen Merkels bestätigen die Befürchtungen von VENRO, dass die 
Zivil-militärische Zusammenarbeit künftig von Afghanistan "auf andere 
Konflikt- beziehungsweise Post-Konfliktszenarien übertragen wird."[19]


Russland: Trotz Lippenbekenntnissen keine Entspannung

Die offensichtlich wachsenden Konflikte zwischen der NATO und Russland, 
stellten einen weiteren Schwerpunkt der Beiträge auf der 
Sicherheitskonferenz dar. Die Debatte um das künftige Verhältnis mit 
Russland (und China) findet vor dem Hintergrund einer von vielen 
Beobachtern prognostizierten neuen Blockkonfrontation statt, die von 
Robert Kagan mit folgenden Worten beschrieben wird: "Die alte Rivalität 
zwischen Liberalismus und Autokratie ist neu entflammt, und die 
Großmächte der Welt beziehen entsprechend ihrer Regierungsform Position. 
[...] Die Geschichte ist zurückgekehrt, und die Demokratien müssen sich 
zusammentun, um sie zu gestalten – sonst werden andere dies für sie 
tun."[20] Nicht nur Kagan, der außenpolitischer Berater des 
Präsidentschaftskandidaten John McCain war, plädiert auf Grundlage 
dieser Analyse für einen Ausbau der NATO zu einer "Allianz der 
Demokratien", um sie gegen Russland (und China) in Stellung zu bringen. 
Auch Barack Obama hat mit Anne-Marie Slaughter (Leiterin der 
Politikplanungsabteilung im Außenministerium) und Ivo Daalder 
(wahrscheinlich der nächste US-NATO-Botschafter) zwei führende Vertreter 
dieses Konzeptes in wichtige Posten berufen.[21]

Der Politikwissenschaftler Christian Hacke, der auf Phönix die 
Berichterstattung über die Sicherheitskonferenz mit seinen zumeist 
sinnfreien Kommentaren bereichert, sieht ebenfalls bereits einen neuen 
"Systemwettbewerb" mit den aufstrebenden "autoritären" Mächten 
heraufziehen. "Sollten die Vereinigten Staaten über eine neue russische 
Bedrohung besorgt sein? Ja!", warnte Michael McFaul, dem kürzlich von 
Obama die Zuständigkeit für alle Russlandfragen im Nationalen 
Sicherheitsrat übertragen wurde. "Die Integration in den Westen ist 
nicht mehr länger das Ziel der russischen Außenpolitik. Stattdessen 
versucht Putin, seine und die Macht anderer Länder als Gegengewicht 
gegen den Westen und die USA im Besonderen zu verwenden."[22] Obama 
selbst warnte in einem Grundlagenartikel: "Die Bedrohungen dieses 
Jahrhunderts [...] gehen von mit Terroristen verbündeten Schurkenstaaten 
und von aufstrebenden Mächten aus, die sowohl Amerika als auch die 
internationalen Grundlagen der liberalen Demokratie herausfordern 
könnten."[23]

Vor dem Hintergrund der sich zuspitzenden Konflikte sieht Moskau die 
Planungen für den Aufbau von Teilen des US-Raketenabwehrschildes in 
Polen und der Tschechischen Republik mit größter Besorgnis. Der 
stellvertretende russische Ministerpräsident Sergei Lawrow beschrieb die 
Haltung seiner Regierung in dieser Frage auf der Sicherheitskonferenz 
folgendermaßen: "Beim Potenzial von US-amerikanischen 
Raketenabwehranlagen in Europa geht es nicht nur um einige Dutzend 
Abfangraketen und einen Radar. Sie sind Teil einer US-amerikanischen 
Infrastruktur, die darauf abzielen, das russische nukleare 
Raketenpotenzial abzuschrecken." Joseph Bidens diesbezüglichen 
Ausführungen auf der Konferenz dürften wenig dazu beigetragen haben, die 
russischen Bedenken zu zerstreuen: "Wir werden damit fortfahren, 
Raketenabwehrschilde gegen die wachsenden iranischen Kapazitäten zu 
entwickeln, vorausgesetzt, die Technologie erweist sich als 
funktionsfähig und kosteneffektiv." Weder glaubt man in Russland, der 
Schild richte sich gegen den Iran – jeder Anpassungsvorschlag, der eine 
Nutzung gegen Russland verhindern würde, wurde bislang ignoriert – noch 
kann die Einschränkung, der Schild müsse vor der Errichtung technisch 
funktionieren, Moskau zufrieden stellen. Hierbei handelt es sich 
lediglich um das Eingeständnis, dass die Raketenabwehr im Augenblick 
schlicht und ergreifend noch nicht effektiv einsatzbereit ist.

Noch schärfer fällt der russische Widerstand bei der Frage der von 
Moskau mehrfach als "rote Linie" bezeichneten Aufnahme der Ukraine und 
Georgiens in die NATO aus. Dennoch betonten nahezu alle Redebeiträge der 
westlichen Vertreter auf der Sicherheitskonferenz, an der auf dem 
NATO-Gipfel im April 2008 erstmals gemachten Zusage, beide Länder in die 
Allianz aufzunehmen – wenn auch bislang ohne konkretes Datum – 
festhalten zu wollen. Am brüskesten äußerte sich diesbezüglich 
Bundeskanzlerin Merkel: "Die NATO hat eine wesentliche Erweiterungsrunde 
hinter sich, aber wir sind noch nicht am Ende. Wir haben in Bukarest 
gesagt: Auch die Ukraine und auch Georgien werden Mitglieder der NATO 
sein. Die NATO wird darauf bestehen, dass es kein Recht Dritter gibt, 
darüber zu entscheiden, wer Mitglied der NATO wird und wer nicht."

Ein letzter wichtiger Streitpunkt zwischen der NATO und Russland 
betrifft die Frage der staatlichen Souveränität. Während einerseits 
scharfe Kritik an der russischen Anerkennung Südossetiens und Abchasiens 
geäußert wurde, wird geflissentlich verschwiegen, dass die meisten 
NATO-Staaten mit der zuvor erfolgten Anerkennung des Kosovo erst die 
Büchse der Pandora geöffnet und sich hierdurch ebenfalls eines 
eklatanten Bruch des Völkerrechts schuldig gemacht haben. Geradezu 
kaltschnäuzig ist diesbezüglich der gemeinsame Artikel von Merkel und 
Sarkozy: "Für uns wie für Russland gelten dieselben Regeln, die 
gemeinsam erarbeitet wurden: die Schlussakte von Helsinki 1975, die 
Charta von Paris 1990, Prinzipien wie territoriale Integrität, 
Unverletzlichkeit von Grenzen, gegenseitiger Respekt im euroatlantischen 
Raum."[24] Hierbei handelt es sich um ein Paradebeispiel doppelter 
Standards, mit dem die beiden Staatschefs Russland im Klartext Folgendes 
sagen: Wenn wir die territoriale Integrität eines Landes verletzen und 
Grenzen in unserem Sinne zurechtrücken, dann ist das OK – dasselbe gilt 
aber nicht für Euch.

Vor diesem Hintergrund ist es nicht weiter verwunderlich, dass – allen 
Lippenbekenntnissen zum Trotz – von einem Neuanfang der 
NATO-Russland-Beziehungen keine Rede sein kann. Weshalb die westlichen 
Vertreter unisono in München Unverständnis für Moskaus Vorbehalte 
gegenüber einer weiteren Stärkung der NATO äußerten, wenn selbst der 
EU-Außenbeauftragte Javier Solana das zunehmend von "Misstrauen" 
geprägte Klima beklagte, ist geradezu surreal: "Die Vereinigten Staaten 
lehnen den Gedanken ab, dass ein Gewinn für die NATO ein Verlust für 
Russland sei", so Joseph Biden. "Für uns ist die Idee, dass Russland 
sich bedroht fühlt, absurd", sekundierte NATO-Generalsekretär Jaap de 
Hoop Scheffer. So absurd ist dies allerdings keineswegs, wenn man die 
Rede von Nicolas Sarkozy angehört hat: "Sagen wir es frei heraus: es 
gibt mehr und mehr Misstrauen zwischen der Europäischen Union und 
Russland." Angesichts vieler Stimmen, die für eine weitere Eskalation 
der NATO-Russland-Beziehungen plädieren, sah sich Sarkozy sogar 
gezwungen klarzustellen: "Ich glaube aber nicht, dass das heutige 
Russland eine militärische Bedrohung für die EU darstellt"

Kein Wunder also, dass der Versuch, das Verhältnis in München zu kitten, 
grandios in die Binsen ging: "Zwar trafen NATO-Generalsekretär Jaap de 
Hoop Scheffer und der russische Vize-Ministerpräsident Sergej Iwanow am 
Rande der Münchner Sicherheitskonferenz zu einem Gespräch zusammen. 
Besonders erfolgreich war das Treffen aber nicht: 'Wir haben unsere 
Uneinigkeit festgestellt', sagte ein NATO-Sprecher nach der 
zweistündigen Zusammenkunft."[25] Doch der nächste Ärger steht dabei 
bereits ins Haus: Russland scheint einen Ausbau seiner 
Truppenstationierungen in den abtrünnigen georgischen Provinzen und vor 
allem die Errichtung einer Militärbasis in Abchasien zu planen, was von 
der Europäischen Union einen Tag vor Beginn der Sicherheitskonferenz 
scharf kritisiert wurde.[26] Auch die Auseinandersetzung um einen 
US-Luftwaffenstützpunkt in Kirgisistan birgt erheblichen Sprengstoff. Er 
ist von zentraler Bedeutung für den Krieg in Afghanistan und soll nun 
auf massiven Druck Russlands hin geschlossen werden.

So betrachtet kann kaum davon gesprochen werden, dass einem weiteren 
Abgleiten in einen Neuen Kalten Krieg auf der Sicherheitskonferenz 
Einhalt geboten wurde. Kleine Lichtblicke waren allenfalls die Debatte 
um eine Fortsetzung der nuklearen Abrüstung und zarte Forderungen, etwa 
von Nicolas Sarkozy, über den Vorschlag Dmitri Medwedews, ein 
pan-europäisches Sicherheitssystem unter Einbeziehung Russlands zu 
schaffen, wenigstens zu diskutieren.


Kriegsverbrecher unter sich – aber nicht ungestört!

Alles in allem ist die Bilanz der Sicherheitskonferenz ernüchternd: Zwar 
hat sich mit der neuen US-Administration einiges verändert, beileibe 
aber nicht alles zum Besseren. Darüber hinaus ist das, was beim Alten 
geblieben ist, so schlecht wie eh und je. Dazu gehört auch der 
alljährliche Witz, der aus der Verleihung einer Friedensmedaille – jetzt 
Ewald-von-Kleist-Preis genannt – besteht. Dass damit heuer ausgerechnet 
der Kriegsverbrecher Henry Kissinger ausgezeichnet wurde, sagt 
eigentlich schon alles.

Umso erfreulicher ist es, dass auch dieses Jahr eine große 
Gegendemonstration mit etwa 6.000 Teilnehmern stattfand. Die Proteste 
gegen die Sicherheitskonferenz bildeten damit gleichzeitig den 
erfolgreichen Auftakt zur Mobilisierung gegen den NATO-Gipfel am 3./4. 
April in Straßburg, Kehl und Baden-Baden.


Anmerkungen:

[1] Alle Reden der 45. Münchner Sicherheitskonferenz finden sich unter 
http://tinyurl.com/dxpjqy
[2] Geheimdienste prophezeien Niedergang der USA, Spiegel Online, 
20.11.2008.
[3] America's Army: The Strength of the Nation, The Army Modernization 
Strategy 2008, S. 5f.
[4] Gowan, Richard/Brantner, Franziska: A Global Force for Human 
Rights?, ECFR, September 2008, S. 5.
[5] Kagan, Robert: Die Demokratie und ihre Feinde, Bonn 2008, S. 96f.
[6] Merkel, Angela/Sarkozy, Nicolas: "Wir Europäer müssen mit einer 
Stimme sprechen", Süddeutscher Zeitung, 03.02.2009.
[7] Tatsächlich wurde schon auf dem NATO-Gipfel in Bukarest im April 
2008 erstmals positiv auf die EU-Militärkomponente Bezug genommen.
[8] Wergin, Clemens/Stürmer, Michael: Washington verlangt mehr als gute 
Worte, Die Welt Online, 08.02.2008.
[9] France may take NATO command post in U.S., AP, 05.02.2009.
[10] Kanzlerin fordert Ende der US-Alleingänge, Spiegel Online, 07.02.2008.
[11] Obama’s Remarks on Iraq and Afghanistan, New York Times, 15.07.2008.
[12] Mehr Soldaten, mehr von allem, Focus Online, 08.02.2009.
[13] Fehler in Afghanistan eingeräumt, mdr.de, 08.02.2009.
[14] Korski, Daniel: Enhancing the EU's role in Afghanistan, ECFR, 
05.11.2008.
[15] NATO-Chef lockt und warnt Russland, Zeit Online, 07.02.2009.
[16] US-Sicherheitsberater Jones für NATO-Reform, AP, 08.02.2009.
[17] Vgl. The Washington NATO Project: Alliance Reborn: An Atlantic 
Compact for the 21st Century, Februar 2009; Naumann, 
Klaus/Shalikashvili, John/Lord Inge/Lanxade, Jacques/Breemen, Henk van 
den: Towards a Grand Strategy for an Uncertain World: Renewing 
Transatlantic Partnership, URL: http://tinyurl.com/5bujl9; An interview 
with General James L. Jones, NATO Defense College, Research Paper, 
Januar 2008.
[18] Vgl. Dobbins, James: Die Rolle der NATO beim Aufbau von 
Staatswesen, in: NATO Review (Sommer 2005); Bertram, Christoph: Abschied 
vom Krieg, in: NATO Review (Frühjahr 2006); Milkoreit, Manjana: Die 
zivile Dimension der Sicherheit ernst nehmen: die NATO als die 
Organisation für den Wiederaufbau nach einem Konflikt, in: NATO Review 
(Herbst 2007).
[19] Fünf Jahre deutsche PRTs in Afghanistan, VENRO-Positionspapier 
1/2009, S. 2.
[20] Kagan 2008, S. 7f.
[21] Wagner, Jürgen: Globale NATO: Alternativ-UNO mit der Lizenz zum 
Töten, in: IMI/DFG-VK (Hg.): Kein Frieden mit der NATO, Tübingen 2009, 
S. 27-29.
[22] McFaul, Michael: New Russia, new threat, Los Angeles Times, 
02.09.2007.
[23] Obama, Barack: Renewing American Leadership, in: Foreign Affairs, 
Vol. 86, Nr. 4 (2007).
[24] Merkel/Sarkozy 2009.
[25] Neue Töne aus Washington, Deutsche Welle, 07.02.2008.
[26] Declaration by the Presidency on behalf of the European Union on 
Russian plans to build up its military presence in Abkhazia and South 
Ossetia, Brüssel, 06.02.2009, 6165/1/09 REV 1 (Presse 34)P 16.


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