[IMI-List] [0295] Studie Afghanistan / Analyse EU-Mission in Georgien
Informationsstelle Militarisierung
imi at imi-online.de
Fr Sep 19 13:01:06 CEST 2008
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Online-Zeitschrift "IMI-List"
Nummer 0295 .......... 12. Jahrgang ........ ISSN 1611-2563
Hrsg.:...... Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V.
Red.: IMI / Christoph Marischka / Jürgen Wagner
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Liebe Freundinnen und Freunde,
in dieser IMI-List finden sich
1) der Hinweis auf eine neue Studie zum Krieg in Afghanistan;
2) eine Analyse zur Entsendung einer EU-ESVP-Mission nach Georgien
1) Neue IMI-Studie zum Krieg in Afghanistan
Am morgigen Samstag werden in Stuttgart und Berlin Großdemonstrationen
gegen den NATO-Krieg in Afghanistan stattfinden. Viele Argumente gegen
den Einsatz finden sich in der aktuellen Zeitung gegen den Krieg, in der
auch zwei IMI-Beiträge veröffentlicht sind (bestellbar unter:
Zeitung-gegen-den-Krieg at gmx.de).
Hier nun die neueste IMI-Studie, die sich ausführlichen mit den
verschiedensten Aspekten des Krieges in Afghanistan beschäftigt:
IMI-Studie 2008/11
Lackmustest Afghanistan: Der Hindukusch als Experimentierfeld für
Zivil-militärische Aufstandsbekämpfung und Neoliberalen Kolonialismus
http://www.imi-online.de/download/IMI-Studie-2008-11.pdf
16.9.2008, Jürgen Wagner
INHALTSVERZEICHNIS
Einleitung: Lackmustest Afghanistan
Teil 1: Vom Stabilitätsexport zur Aufstandsbekämpfung
1.1 Phasen der ISAF-Expansion
1.2 OEF und ISAF: Zwei Truppen, derselbe Krieg
1.3 Eskalation in Afghanistan
1.4 ISAF: Robuste Einsatzregeln zur Aufstandsbekämpfung
Teil 2: Deutschland: Per Salamitaktik immer tiefer in den Krieg
2.1. Deutsche Kriegsinteressen
2.2 Die Bundeswehr im Süden Afghanistan
2.3 Schritte über den Rubikon 1: Tornado-Einsatz
2.4 Schritte über den Rubikon II: Die Quick Reaction Force
2.5 Schritte über den Rubikon III: Ausweitung des Afghanistan-Mandates
Teil 3: Kolonialismus unter dem Deckmantel von Demokratieexport und
Frauenrechten
3.1 Krieg für Frauenrechte?
3.2 Afghanistans Scheindemokratie
3.3 NATO-Kolonie Afghanistan
Teil 4: Neoliberales Nationbuilding: Afghanistan als Selbstbedienungsladen
4.1 Umgestaltende Besatzungen
4.2 Die neoliberale Zurichtung Afghanistans
4.3 Die Afghanistan Gmbh
Teil 5: Humanitäres Desaster und Guerillakrieg im Eigenbau
5.1 Humanitäre Katastrophe
5.2 Alles Taliban? Armut und Krieg als Triebfedern des Widerstands
5.3 Besatzung als Terrorbekämpfung: ein gefährlicher Irrweg
Teil 6: Zivil-Militärische Aufstandsbekämpfung in Afghanistan
6.1 Von der Verteidigungs- zur Interventions- zur Besatzungsarmee
6.2 Effektiver Kolonialismus: Die CIMIC-Logik der NATO
6.3 Afghanistan: Entwicklungshilfe im Kampfanzug
6.4 Von Helfern zu Kollaborateuren zu Anschlagszielen
7. Deutschland und die NATO: Operationsschwerpunkt Zivil-militärische
Aufstandsbekämpfung
7.1 Aufstandsbekämpfung als Dauerauftrag I: NATO
7.2 Aufstandsbekämpfung als Dauerauftrag II: Deutschland
Fazit: Die NATO raus aus Afghanistan -- sofort!
http://www.imi-online.de/download/IMI-Studie-2008-11.pdf
2) Analyse zur Entsendung einer EU-ESVP-Mission nach Georgien
Am Montag hat die Europäische Union beschlossen, eine Beobachtermission
nach Georgien zu entsenden. Wir haben deshalb die aktuelle IMI-Studie
zum Georgienkrieg aktualisiert (http://imi-online.de/2008.php3?id=1819)
und beleuchten in folgender Analyse kritisch die Hintergründe der jetzt
beschlossenen EU-Mission:
IMI-Analyse 2008/029
Die ESVP-Mission in Georgien
"Vom Wasserträger zum Führungsspieler" oder der Krieg in Georgien als
Geburtsstunde des neuen Imperiums EU?
http://www.imi-online.de/2008.php3?id=1824
http://www.imi-online.de/download/IMI-Analyse29-2008.pdf
19.9.2008, Tobias Pflüger
Am 15. September beschlossen die Außenminister der Europäischen Union
(EU) während ihres Gipfeltreffens in Brüssel, spätestens bis zum 1.
Oktober 2008 eine EU-Beobachter-Mission im Rahmen der so genannten
Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) nach Georgien
zu entsenden. Diese EU-Beobachter-Mission soll u.a. das
Waffenstillstandsabkommen im Krieg zwischen Georgien und Russland
überwachen, das auf EU-Vermittlung zustande kam.
Diese Entscheidung ist aus mehreren Gründen sehr problematisch:
1. Die Mission soll die Einhaltung eines Abkommens überwachen, von dem
es nach Angaben des französischen Außenministers Bernard Kouchner
verschiedene Fassungen gibt, somit gibt es bei der Auslegung des
Waffenstillstandsabkommens erhebliche Meinungsunterschiede zwischen der
russischen Regierung und der EU, vertreten durch die französischen
EU-Ratspräsidentschaft.
2. Die Europäische Union ist in diesem Konflikt nicht neutral, mehr und
mehr ergreift sie einseitig zugunsten Georgiens Partei und betreibt
damit de facto auch eine dezidiert anti-russische Politik. Da die zu
entsendenden Beobachter unter ausschließlicher Hoheit der Europäischen
Union agieren sollen, ist auch von ihnen kein unparteiisches Verhalten
zu erwarten.
3. Die EU will über ihre Präsenz vor Ort ihren Einfluss in der
energiereichen kaspischen Region ausdehnen und so eine Führungsrolle im
dortigen Machtpoker übernehmen, weitere Konflikte mit Russland sind
somit vorprogrammiert. Die Mission steht damit symbolhaft für den
machtpolitischen Expansionsdrang der Europäischen Union, den Beobachter
nicht von ungefähr als Anzeichen für die Herausbildung eines
Europäischen Imperiums bewerten.
Notwendig wäre stattdessen eine wirklich neutrale Beobachtermission, die
von beiden Kriegsseiten akzeptiert ist und die somit nur im Rahmen der
Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE),
versehen mit einem Mandat der Vereinten Nationen (UN) möglich ist. Sie
sollte sich aus Beobachtern zusammensetzen, deren Staaten keine eigenen
strategischen und machtpolitischen Interessen in der Region haben oder
mit dieser Beobachtermission verbinden. Alle diese Kriterien treffen auf
die geplante EU-Mission nicht zu, sie ist somit abzulehnen.
EU-Mission: "EUMM Georgia"
Schon seit Längerem bereitete man sich in Brüssel darauf vor, eine
Beobachtermission zur Überwachung des Waffenstillstandsabkommens
zwischen Russland und Georgien (6-Punkte-Plan) zu entsenden. Auf der
Ratssitzung am 15. September einigten sich die EU-Außenminister nun
darauf, dass der European Union Monitoring Mission (EUMM) genannte
ESVP-Einsatz spätestens am 1. Oktober beginnen soll.
Die EUMM soll zunächst 12 Monate dauern und insgesamt 232 EU-Beamte
(v.a. Polizisten) umfassen. Hinzu kommen noch 30 lokale Mitarbeiter. Den
Löwenanteil davon entsenden Frankreich (60 bis 76), Deutschland (40:
davon 20 Polizisten und über das Zentrum für Internationale
Friedenseinsätze (ZIF) in Berlin rekrutierte Personen), Italien (40),
Polen (30), Schweden (27) und Großbritannien (27). Kostenpunkt des
Einsatzes: 31 Mio. Euro aus Töpfen der EU (hinzu kommen noch
einzelstaatliche Ausgaben für Gehälter, etc.). Das Hauptquartier des
Einsatzes soll in Tiflis errichtet werden, wobei auch die Rede davon
ist, dass Regionalbüros in Gori, Zugdidi, Poti eingerichtet werden
sollen. Wichtig ist, dass der Einsatz, den der deutsche Hansjörg Haber
leiten wird, von der Europäischen Union in Eigenregie durchgeführt wird:
"Die EUMM wird nicht unter der Aufsicht der Vereinten Nationen (UN) oder
der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE)
durchgeführt werden. Stattdessen wird sie eine eigenständige Mission,
die von der EU im Rahmen der Europäischen Sicherheits- und
Verteidigungspolitik (ESVP) geführt wird." (Euractiv, 16.09.08)
Umstrittenes Mandat
Das EUMM-Mandat umfasst vor allem drei Aufgabenbereiche. Die Mission
soll zur Stabilisierung, Normalisierung und Vertrauensbildung im
Georgien-Konflikt und in der gesamten Region beitragen (darüber hinaus
soll sie beratend für die weitere EU-Politik in der Region tätig
werden). Ein wichtiger Streitpunkt liegt in den Passagen zur
Stabilisierung der Situation. Dem Mandat zufolge soll die EUMM "die Lage
bezüglich des Stabilisierungsprozesses überwachen, analysieren und über
sie auf Grundlage der vollen Einhaltung des 6-Punkte-Plans,
einschließlich des Truppenrückzugs, berichten..."
Über die genaue Interpretation des Abkommens bestehen aber - milde
formuliert - erhebliche Meinungsverschiedenheiten. Dies hängt ganz
wesentlich mit einer "Panne" der französischen Krisendiplomatie
zusammen, denn es gibt zwei völlig unterschiedliche Fassungen des
6-Punkte-Plans: "Der französische EU-Vorsitz musste eine
Übersetzungspanne bei dem Waffenstillstands-Abkommen für den Kaukasus
einräumen In der russischen Übersetzung lautet der Text in einem
zentralen Punkt anders als im französischen Original. Nach Darstellung
von Außenminister Kouchner ist im Original des Friedensabkommens von der
Sicherheit 'in' den abtrünnigen georgischen Provinzen Südossetien und
Abchasien die Rede. In der russischen Übersetzung geht es dagegen um die
Sicherheit 'für' die Regionen. Die Formulierung ist entscheidend, da
Russland daraus das Recht auf Pufferzonen auf georgischem Territorium
vor den jeweiligen Provinzen ableitet." (NZZ, 08.09.2008)
Zwar haben sich Russland und die Europäische Union am 8. September
tatsächlich darauf geeinigt, dass Moskau seine Truppen spätestens 10
Tage nach Entsendung der EU-Mission aus Georgien zurückzieht, wohin und
in welcher Form, bleibt allerdings umstritten. Überprüfen kann man
jedoch die jeweiligen Standpunkte nicht, denn was im 6-Punkte-Plan genau
festgelegt ist, darüber kann lediglich spekuliert werden: "Der
Originaltext des Abkommens ist öffentlich nicht zugänglich, er liegt
nicht einmal in den Außenministerien anderer EU-Staaten vor." (FAZ,
21.08.2008) Sowohl der Hohe Beauftragte der EU für Außen- und
Militärpolitik Javier Solana als auch der Europaminister der
französischen Ratspräsidentschaft Jean-Pierre Jouyet verweigerten beide
auf Nachfragen im Auswärtigen Ausschuss nach dem Wortlaut des
Originaltextes des Abkommens genauere Angaben.
Die russische Regierung scheint augenblicklich zwar nicht darauf zu
drängen, ihre Soldaten in einer Pufferzone um Abchasien und Südossetien
stationiert zu lassen, sie pocht aber darauf, in beiden abtrünnigen
Provinzen, deren staatliche Unabhängigkeit sie inzwischen anerkannt hat,
künftig mit je etwa 3800 Soldaten präsent zu bleiben, doppelt so viele
wir vor Ausbruch der Feindseligkeiten. Während Russland diesen Schritt
vom 6-Punkte-Plan gedeckt sieht, erachtet die Europäische Union dies als
eine Verletzung des Abkommens. Ganz deutlich bezieht die NATO in dieser
Frage Position: "Nato-Generalsekretärs Jaap de Hoop Scheffer sagte,
damit sei der EU-Friedensplan nicht eingehalten. Russland werde damit
erlaubt, seine militärische Präsenz in den beiden abtrünnigen Regionen
Abchasien und Südossetien zu verstärken." (Reuters, 15.09.2008)
Ein wichtiger Streitpunkt war auch, in welchem Bereich die EU-Beobachter
agieren sollen, nämlich ob die EU-Beobachter ausschließlich im Kernland
Georgiens oder auch in Abchasien und Südossetien tätig werden sollten.
Im Ratsentwurf für das EUMM-Mandat, der bislang einzigen vorliegenden
Arbeitsgrundlage, werden in Artikel 2 nicht weniger als drei
Formulierungen zum Stationierungsgebiet gewählt, die jede für sich alles
und nichts bedeuten können ("on a country-wide base", "in Georgia",
"throughout Georgia"). Aus diesem Grund fragte ich Javier Solana am 10.
September im Auswärtigen Ausschuss des Europäischen Parlamentes nach dem
konkreten Aktionsradius der EU-Beobachter, woraufhin ich folgende
Antwort erhielt: "Der Einsatz der EU-Beobachter in Südossetien und
Abchasien sei mit Russland nicht abgesprochen, räumte Solana in Brüssel
vor dem Auswärtigen Ausschuss des Europaparlaments ein. Die Beobachter
sollten aber 'in dem Geist entsandt werden, überall stationiert zu
werden.'" (AFP, 10.09.2008).
Zwar wurde noch keine endgültige Entscheidung getroffen, ob auf einer
Stationierung in den abtrünnigen Provinzen letztlich auch bestanden
werden wird, in jedem Fall widerspricht aber auch hier die Brüsseler
Interpretation der Vereinbarungen diametral derjenigen Moskaus:
"Russlands Regierungschef Wladimir Putin sagte der Pariser Zeitung Le
Figaro, dass die Abchasen und Südossetien einer Entsendung von
EU-Beobachtern zustimmen müssten. 'Südossetien und Abchasien sind jetzt
souveräne Staaten', erklärte Putin. Südossetien hatte den Einsatz
bereits abgelehnt." (Die Zeit 15.9.08)
Angesichts dieser haarsträubenden "Pannen", die der französischen
Krisendiplomatie in der letzten Zeit unterlaufen sind, fällt es einem
schwer, dabei an Zufall zu glauben. In jedem strittigen Punkt versucht
die Europäische Union, beiderseitige Vereinbarungen mit der Folge
einseitig umzuinterpretieren, dass Russland als böser Bube dasteht.
EU mischt mit im kaspischen Energie- und Machtpoker
Beim Ratstreffen am 15. September wurde nicht nur die ESVP-Mission
beschlossen, sondern mit dem französischen Diplomaten Pierre Morel auch
ein EU-Sonderbeauftragter für Georgien ernannt. Diese Entscheidung
spiegelt das wachsende Interesse Brüssels wieder, seinen Einfluss in der
Region auszudehnen. Denn Morel war zuvor EU-Botschafter in Zentralasien
und damit maßgeblich mitverantwortlich dafür, dass die Region aufgrund
ihres Energiereichtums ins geopolitische Fadenkreuz der EU gerückt
wurde. Hierzu schrieb der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier
Anfang des Jahres: "Es geht um eine Region mit gewaltigen
Energieressourcen. [...] Ich meine den Schwarzmeerraum und Zentralasien:
beides Regionen mit einem enormem Potential für die Zusammenarbeit;
beides Regionen, die wir deshalb während unserer Präsidentschaft in den
Fokus europäischer Außenpolitik gerückt haben. [...] Das macht uns zu
einem Spieler in einer Region, die nicht nur als Energie- und
Transportkorridor heftig umworben wird, sondern die auch eine wichtige
Brückenfunktion hat: in den Nahen und Mittleren Osten oder hin zum
Kaspischen Meer." (Rede von Frank-Walter Steinmeier, 04.03.2008, URL:
http://tinyurl.com/4kvsom)
Parallel zur Ernennung des EU-Sonderbeauftragten für Georgien
verabschiedete die Europäische Union ein Hilfspaket für das Land in Höhe
von 500 Mio. Euro, was allerdings keineswegs eine rein karikative
Maßnahme darstellt. Vielmehr soll mit einem Teil der Gelder ein
zentrales, gegen Russland gerichtetes Pipelineprojekt vorangetrieben
werden. Dabei handelt es sich um die Nabucco-Pipeline, mit der
zentralasiatisches Gas unter Umgehung Russlands nach Europa gebracht und
damit Moskaus bisheriges Transportmonopol gebrochen werden soll. Da die
Pipeline auch über georgisches Territorium verlaufen soll, vergrößerte
der Georgien-Krieg ohnehin vorhandene Zweifel an der Realisierbarkeit
des Projektes. Die EU beabsichtigt deshalb, "dem schwer angeschlagenen
Nabucco Pipeline Projekt einen Schub zu verschaffen." (Europolitics,
16.09.08) Darin besteht explizit eine der Hauptaufgaben des
angekündigten Hilfspaketes: "Teile dieser finanziellen Hilfe würden den
Bereichen Energie und Infrastruktur in Georgien zugute kommen, erklärte
die Kommissarin, da man befürchte, dass sich das
Pipeline-Vorzeigeprojekt der EU, Nabucco, das Gas aus anderen Ländern
als Russland nach Europa liefern soll, nach dem russischen Einmarsch in
Georgien in der Schwebe befinden könnte." (Euractiv, 16.09.2008)
Ein wichtiges Detail in diesem Zusammenhang enthüllt das
Nachrichtenmagazin Europolitics (16.09.2008): "Die russische Invasion
Georgiens hat ernsthafte Zweifel an der Durchführbarkeit von Nabucco
verursacht, nicht zuletzt da sie droht, astronomische
Versicherungskosten zu verursachen, um die Risiken eines bewaffneten
Konflikts abzudecken." Pikant ist deshalb in diesem Kontext folgender
Satz des EUMM-Mandats, der nur so zu verstehen ist, dass die
ESVP-Mission gewissermaßen als Rückversicherung in Georgien stationiert
werden soll, um die Realisierbarkeit der Nabucco-Pipeline zu
garantieren: "Die Mission wird außerdem die Sicherheit von
Transportverbindungen, Energieinfrastruktur und Einrichtungen
überwachen..." Die EUMM ist damit integraler Bestandteil der
EU-Geopolitik, mit einer neutralen Beobachtermission hat sie nichts zu
tun. Sie ist aus diesem Grund abzulehnen.
Die Stunde der Euro-Chauvinisten
Die Europäische Union hat den Krieg in Georgien erfolgreich dazu
genutzt, ihren machtpolitischen Aufstieg weiter voranzutreiben - es
schlug die Stunde der Euro-Chauvinisten. So kommentierte Jochen Bittner,
Europa- und Nato-Korrespondent der ZEIT in Brüssel, die Ereignisse in
einem Artikel mit dem bezeichnenden Titel "Imperium Europa: Die neue
Nato heißt EU. Welches Bündnis sorgt eigentlich noch für mehr Sicherheit
in Europa? Die Nato oder die EU?" mit folgenden Worten: "Das Resümee der
Georgien-Krise lautet deshalb: Das Solidaritäts- und
Sicherheitsversprechen des Westens hat sich nach Osten verschoben. Weg
von der Nato, hin zur EU. Der Westen ist nicht mehr
Washington-zentrisch, er ist Brüssel-zentrisch." (Die Zeit, 18.09.2008)
Ganz ähnlich äußert sich der CSU-Europaabgeordneten Ingo Friedrich mit
Blick auf die jüngste EU-Mission: "Wir haben es durch Lernbereitschaft
und Disziplin auf der diplomatischen Weltbühne vom Wasserträger zum
Führungsspieler geschafft." (http://www.cducsu.eu/content/view/5213/4/)
Wenn die Europäische Union nicht endlich ihre immer dezidiert
anti-russisch agierende Politik verändert - die Ersetzung der EUMM durch
eine wirklich neutrale OSZE-Beobachtermission wäre hier ein sinnvoller
erster Schritt -, dann drohen schwere Auseinandersetzungen mit Russland.
Da man hierzu aber nicht bereit ist, prognostiziert die FAZ (15.9.08)
nüchtern: "Eine sichere Lehre aus der kaukasischen Krise gibt es jedoch:
Der Westen sollte sich darauf vorbereiten, dass im Verhältnis zu Moskau
noch ganz andere Unwetter aufziehen können."