[Gen-Streitfall] Max-Planck-Forum brachte Gentech-Gegner und Befürworter zusammen

Sabine altmann.tent at t-online.de
So Jun 6 08:09:02 CEST 2004


http://www.nd-online.de/artikel.asp?AID=53922&IDC=9 
Max-Planck-Forum brachte Gentech-Gegner und Befürworter zusammen 
 
Von Steffen Schmidt 
 
Mit der endlich EU-weit geregelten Kennzeichnungspflicht für
Nahrungsmittel mit gentechnisch veränderten Bestandteilen könnten
demnächst Gentech-Cornflakes auf dem Frühstückstisch liegen. In T-Shirts
findet sich Gentech-Baumwolle, was dem Verbraucher allerdings verborgen
bleiben dürfte. Anlass für das jüngste Max-Planck-Forum in Berlin, den
aktuellen Stand der »Grünen Gentechnik« zu diskutieren.

... Gegenargumente der Befürworter. Deren Sprecher auf dem Podium im
Wissenschaftsforum Berlin war der Direktor am Max-Planck-Institut für
Züchtungsforschung in Köln. Er vertraut auf die Kraft wohlsortierter
Fakten: So schrumpfe die landwirtschaftliche Nutzfläche weltweit
jährlich um 7,1 Millionen Hektar - diese entsprechen 60 Prozent der
deutschen Äcker. Zudem ginge ein Drittel der Ernten durch Schädlinge,
Krankheiten und mangelhafte Logistik in den armen Ländern verloren.
Gleichzeitig änderten sich die Ernährungsgewohnheiten etwa in China
dramatisch, so dass die globalen Weizenvorräte um ein Drittel
zurückgegangen sind. Während vor 50 Jahren pro Kopf noch ein halber
Hektar Ackerfläche zur Verfügung stand, ist es heute nur mehr die Hälfte
dessen. Ohne intensivere Landwirtschaft könne die wachsende Menschheit
also nicht ernährt werden. Die Gefahr einer unkontrollierten Ausbreitung
hält der Biologe in den meisten Fällen für relativ gering. Schließlich
würden Nutzpflanzen seit Jahrtausenden darauf optimiert, ihre Samen
nicht in alle Welt zu verstreuen, sondern für die einfache Ernte schön
zusammenzuhalten. Daher seien die meisten Kulturpflanzen nur noch zur
lokalen Selbstvermehrung fähig. Hier zu Lande gebe es allenfalls ein
Ausbreitungsrisiko bei Raps, Zuckerrübe und Hafer, die kreuzungsfähige
Verwandte in den umgebenden Biotopen haben. 

...Trotz aller Reden über den Hunger in der Dritten Welt waren sich Höhn
und Saedler sowie Klaus-Dieter Jany von der Bundesforschungsanstalt für
Ernährung und Lebensmittel in Karlsruhe einig, dass man aufhören müsse,
die Landwirtschaft dieser Länder mit subventioniertem Billiggetreide aus
den Industrieländern zu ruinieren. Die Menschen in den armen Ländern
müssten die Chance bekommen, aus eigener Kraft ökonomisch auf die Beine
zu kommen. Über das Wie gingen die Ansichten dann schon wieder weit
auseinander. ...

Wenig Einigkeit gab es auch über die Risiken. Ernährungsexperte Jany
lobte den Umstand, dass mit der Gentechnik erstmals in der
Menschheitsgeschichte neue Lebensmittel auf ihre Verträglichkeit geprüft
werden, bevor sie verkauft würden. Deshalb sieht er bislang auch keine
Gesundheitsrisiken durch die zugelassenen Nutzpflanzen. Auch für die
Versicherungswirtschaft spielen diese Risiken bislang keine Rolle,
erklärte Manuela Zweimüller vom Versicherungskonzern Münchener Rück.
Wesentlich ernster nimmt man dort Schadenersatzforderungen, die infolge
der anhaltend geringen Akzeptanz entstehen könnten, wenn sich
vermeintlich gentechnikfreie Produkte bei Tests als »kontaminiert«
erweisen sollten. 

Problematischer könnte es werden, wenn Arzneimittel in veränderten
Kulturpflanzen produziert würden, fanden sogar die Gentechnikbefürworter
Saedler und Jany. Solche Pflanzungen müssten extrem gut gesichert
werden. Besser noch wäre es, hier gängige Nahrungspflanzen nicht zu
nutzen. Insofern dürfte die Debatte in 15 Jahren wohl doch nicht mehr
dieselbe sein. Denn die Forschung bleibe ganz sicher nicht stehen. ...

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