[Gen-Streitfall] KOMMENTAR: Gentechnik am Ende? Genügend Anhaltspunkte gibt es
Sabine
altmann.tent at t-online.de
Sa Jun 5 21:41:24 CEST 2004
http://www.netzwerk-regenbogen.de/genrundb040524.html
24.05.2004
Ist die Gentechnik am Ende?
Eine ganze Reihe von Erfolgen deutet darauf hin, daß es nach einem
langen Sturm endlich aufklart. Der Agro-Konzern Bayer gab den Anbau von
Gen-Mais in Großbritannien auf[1], nur wenige Wochen nachdem die
Regierung noch nach langem Hin und Her die Freigabe erteilt hatte und
nachdem Pro-Gentech-WissenschaftlerInnen schamlos Wissenschaft und
wissenschaftliche Beweisführung umgebogen hatten. Bayer bezeichnete
nunmehr die von der britischen Umweltministerin Margaret Beckett
angeordneten Auflagen als Ursache dafür, daß der Anbau des Gen-Mais
"ökonomisch nicht lebensfähig" sei.
'Bayer' ist nicht allein. Auch 'Novartis' hat der britischen Regierung
erklärt, dieses Jahr kein Gen-Getreide anbauen zu wollen. Tatsächlich
sind alle bis auf ein einziges Gen-Versuchsfeld aufgegeben worden. Auf
diesem Versuchsfeld bei John Innes Center, Norwich, wird eine
genmanipulierte Erbsensorte in Hinblick auf Dürrefestigkeit getestet.
Dies spiegelt eine Situation wieder, die von beschleunigten Abnahme der
Zahl der Gentech-Versuche geprägt ist: Nach einem Maximum von 159
Versuchsfeldern im Jahr 2001, 140 im Jahr 2002 und 42 im Jahr 2003.
Andernorts war die Entwicklung ähnlich dramatisch. Gerade erst Ende März
haben vier australische Bundesstaaten den großflächigen Anbau von
Gen-Getreide gesetzlich verboten: West-Australien, der größte
Getreideproduzent der Nation, machte den Anfang, indem er in
uneingeschränktes Gen-Moratorium verkündete.[2] Am darauffolgenden Tag
stimmte auch Tasmanien für ein Gen-Moratorium. Und Victoria,
Südost-Australien, folgte zwei Tage später, indem es sein Gen-Moratorium
um vier Jahre verlängerte. New South Wales verbot einige Tage später
den auf 3.000 Hektar vorgesehenen Anbau von genmanipuliertem
Ölsaat-Raps. Und Süd-Australien erließ ein Gesetz, das den Anbau von
Gen-Getreide für die nächsten drei Jahre - mit Ausnahme unter strengen
Bedingungen - verbietet. Damit sind die australischen Pläne zum Anbau
von Gen-Getreide effektiv "auf unbestimmte Dauer" verschoben.
Gleichzeitig hat eine Basisbewegung in den USA Auftrieb erhalten, dem
weltführenden Anbauer und Exporteur von Gen-Getreide. Im März wurde in
Mendocino County in Kalifornien ein Gen-Moratorium verabschiedet. Einen
Monat später stoppte das kalifornische Landesamt für Ernährung und
Landwirtschaft den Anbau einer genmanipulierten Reis-Sorte, die
gefährliche Pharmazeutika produziert. Dann schrieb Vermont Geschichte,
indem es der erste Staat der USA wurde, der die Kennzeichnung von
Gen-Saatgut anordnete. Und Nord-Dakota startete eine Volksabstimmung,
mit der Gen-Getreide von Monsanto blockiert werden soll.
Am 21. April verkündete der venezolanische Präsident Chavez[3] ein
Moratorium gegen das Gen-Soja des Monsanto-Konzerns zugunsten des
einheimischen Yucca. Dem folgte auf den Fersen die Zurückweisung von
US-Hilfslieferungen durch Angola, da diese aus Gen-Mais bestanden.
Angola verbündete sich mit vier weiteren afrikanischen Ländern -
Sambia, Zimbabwe, Mozambique und Malawi - , die bereits den Import von
Gen-Maiskörnern verboten haben. Sambia hatte vor zwei Jahren
Schlagzeilen in aller Welt gemacht, als es US-amerikanische
Gen-Mais-Lieferungen auch angesichts eines prognostizierten Hungers
zurückgewiesen hatte. Es entschied sich dafür, statt dessen
Nahrungsmittelüberschüsse aus den Nachbarländern zu kaufen. Sambia hat
sich inzwischen so gut erholt, daß es Maisüberschüsse nach Angola
exportieren kann.
Dies sind überwältigende Erfolge für Demokratie und Wissenschaft.
Mitglieder der US-amerikanischen Vereinigung unabhängiger
Wissenschaftler (ISP, Independant Science Panel) haben unermüdlich
korrupte Wissenschaftler aufgedeckt, die die Gentechnik-Blase gefördert
hatten und finanziellen und ökologischen Ruin über Familienfarmen in
Nordamerika, Argentinien und anderen Ländern gebracht haben. Der Kampf
gegen Gentechnik ist noch keinesfalls beendet. Immer mehr Gen-Getreide
wird in Indien zum Anbau zugelassen, obwohl niederschmetternde
Gegenbeweise vorliegen. Die Philippinen, Indonesien, Kenia und andere
afrikanische Länder stehen noch unter hohem Druck. Die USA brachten
eine Anklage gegen die EU vor der Welthandelsorganisation WTO vor. Sie
verlangen, daß die EU das bestehende Gen-Moratorium aufhebt und
mindestens 1,6 Milliarden US-Dollar als Entschädigung für entgangene
Exporte während den vergangenen sechs Jahren bezahlt.
Weitere Hinweise auf mögliche Gesundheitsrisiken durch genmanipulierte
Pflanzen sind in Dörfern auf den Philippinen zu Tage gekommen, wo
DorfbewohnerInnen Immunkörper gegen Pollen von Gen-Pflanzen bildeten,
die in der Nähe während der letzten Wachstumsperiode angebaut wurden.
Die französische Tageszeitung 'Le Monde' hatte Einblick in geheime
Dokumente, die gesundheitliche Auswirkungen der Gen-Maissorte Mon 863
von 'Monsanto' aufzeigen. Dabei hatte Mon 863 eben erst eine positive
Bescheinigung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit
erhalten. In diesem Geheimdokument waren Mißbildungen der Niere und
Zunahme weißer Blutzellen bei männlichen Ratten, Erhöhung der
Blutzuckerwerte und Abnahme von Retikulo-Zellen (unreifen roten
Blutkörperchen) bei weiblichen Ratten festgestellt worden.
Der frühere britische Umweltminister Michael Meacher nahm Kontakt mit
dem ISP auf, da es dringend nötig sei, eine vergleichende Studie über
die Sicherheit von Gen-Food in Auftrag zu geben. Es müsse endlich
Schluß damit sein, daß WissenschaftlerInnen erheblichen Nachteilen
ausgesetzt sind, wenn ihre wissenschaftlichen Ergebnisse der Industrie
nicht "passend" erscheinen.
Christian Semmler
Anmerkungen:
1 http://www.netzwerk-regenbogen.de/genmonsan040510.html
2 http://www.netzwerk-regenbogen.de/genaust040325.html
3 http://www.netzwerk-regenbogen.de/genvenez040512.html
Hinweis:
Seit 1998 besteht ein Gen-Moratorium in Europa, das aber - insbesondere
durch den Druck der US-Regierung - in Frage gestellt ist und bereits
2003 hätte fallen sollen. In der Schweiz wurden bis Mitte 2003 über
110.000 Unterschriften für den Erhalt des dortigen Gen-Moratoriums
gesammelt. Damit ist der Weg in der Schweiz für einen Volksentscheid
beschritten. Bei der Unterschriften-Aktion zum Erhalt des
Gen-Moratoriums in Deutschland kamen bisher über 180.000 Unterschriften
zusammen. Das hat bereits einige Beachtung gefunden. Um den Druck zu
erhöhen, muß die Beteiligung noch erheblich gesteigert werden -
Vordrucke für Unterschriften-Listen können von der Internet-Seite
www.gen-moratorium.de heruntergeladen werden.
[mit Material aus GMWATCH und von www.indsp.org (Independant Science
Panel) und www.ususa.org (Union of Concerned Scientists)]
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