[Gen-Info] Genraps-Affaere weitet sich aus
Klaus Schramm
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Sa Dez 9 19:10:52 CET 2006
Hallo Leute!
Im Gegensatz zum bisher nur gerüchteweise behaupteten Gen-Mais-Anbau
in Baden-Württemberg (angeblich im Zeitraum 2001 bis 2004) ist der
Anbau von Gen-Raps in NRW bestätigt. Es ist auch wenig glaubwürdig,
wenn die damalige Landwirtschafts- und Umwelt-Ministerin Höhn ("Grüne")
behauptet, davon nichts gewußt zu haben. Eine drollige Wendung nimmt
die Story in Baden-Württemberg: Die zeitweilige schwarze" Landwirtschafts-
ministerin Staiblin hatte dem BUND 2001 zugesichert, daß keine weiteren
Gen-Mais-Versuchsanpflanzungen in Baden-Württemberg erfolgen würden.
Auf Nachfrage teilte sie inzwischen mit, daß für eventuellen Anbau nach
2001 die geade neu ins Amt gekommene Bundesministerin Künast verantwortlich
gewesen sei...
Aussaat auf vielen Feldern
Gen-Raps-Affäre zieht Kreise
Die Affäre um den Anbau von gentechnisch verändertem Raps, der ohne Wissen von
benachbarten Bauern ausgesät wurde, weitet sich aus: Der Samen war an mindestens
15 Orten in Deutschland ausgebracht worden. Zwei davon in Hessen.
Frankfurt a. M. - Das Bundessortenamt bestätigte FR-Informationen, denen zufolge
sich der Raps-Anbau im Rahmen von Wertungsprüfungen für die Sortenzulassung
nicht allein auf zwei Orte in Nordrhein-Westfalen beschränkte. Nach einer der FR
vorliegenden Liste, die sich allein auf das Raps-Konstrukt MS1xRF1 bezieht, gab
es Freiland-Wertprüfungen an 15 Orten in Nordrhein-Westfalen,
Schleswig-Holstein, Bayern sowie im hessischen Echzell. In einem Schreiben, das
dem Bioland-Anbauverband vorliegt, ist zudem von Adelshausen bei Melsungen die
Rede. In einem dritten Fall bei Riedstadt handelte es sich um eine
wissenschaftlich begleitete, mit besonderen Schutzvorkehrungen versehene
Freisetzung.
Nach Angaben des Sortenamtes wurden auch an anderen Orten weitere
Gen-Raps-Konstrukte im Rahmen der Sortenzulassung angesät. Unklar ist, auf wie
vielen Feldern der Gen-Raps zur Wertprüfung verwendet wurde, ohne dass
benachbarte Bauern, die zur gleichen Zeit oder in späteren Jahren
konventionellen Raps anbauten, informiert wurden. Es seien jedoch abschirmende
Mantelsaaten und Mindestabstände zu benachbarten Rapsfeldern eingehalten worden,
so das Sortenamt. Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer hat wegen des
problematischen Ausbreitungsverhaltens der Ölsaat den regulären Anbau von
Gen-Raps ausgeschlossen.
Stephan Börnecke
Frankfurter Rundschau vom 04. Dezember 2006
http://www.fr-aktuell.de/in_und_ausland/wirtschaft/aktuell/?sid=15b7ce9681d110b9
36b87bbaeca24939&em_cnt=1022375
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Genmais bleibt geheim
In Nordrhein-Westfalen gibt es 22 geheime Gentechnik-Felder.
CDU-Verbraucherschutzminister Uhlenberg erklärt sich für nicht zuständig.
Naturschützer befürchten Wildwuchs von Genpflanzen
VON DIRK ECKERT UND MORITZ SCHRÖDER
Ob auf Nachbars Feld Genmais wächst, wissen viele Menschen im Land immer noch
nicht. Der Grund: Landesumweltminister Eckhard Uhlenberg (CDU) hat nicht
hartnäckig genug beim Bundessortenamt nachgefragt, kritisieren Umweltverbände
und die Opposition im Landtag. In 22 Fällen, unter anderem in Biemsen, Borken,
Gelder, Greven und Paderborn, wird immer noch geheim gehalten, wo genau die
veränderten Samen ausgestreut wurden - mit ungeklärten Folgen für Landwirtschaft
und Bevölkerung.
Wo genmanipulierte Pflanzen angebaut werden, ist seit 2005
veröffentlichungspflichtig. Die Standorte sind beim Bundesamt für
Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit einsehbar. Unklar ist hingegen, wo
vor 2004 genmanipulierte Samen gesät wurden. Die Landeregierung nannte im
Oktober auf Anfrage der Grünen 42 Kreise und Gemeinden - unter Berufung auf das
Bundessortenamt.
Die genauen Ortsangaben fehlen allerdings in 22 Fällen. So wurde zum Beispiel im
Kreis Paderborn 1999 genveränderter Raps geerntet. Wo genau, verrät das
Bundessortenamt nicht. "Raps kann sehr leicht auskreuzen, der Samen ist sehr
lange keimfähig", warnt Ralf Bilke vom BUND. Seine Befürchtung: Der gentechnisch
veränderte Mais ist möglicherweise noch immer im Boden und wächst sogar irgendwo
im 1.245,35 Quadratkilometer großen Kreis Paderborn. Da die ehemalige
Anbaufläche nicht bekannt ist, kann das nicht überprüft werden.
Das Umweltministerium sieht dennoch keinen weiteren Handlungsbedarf. Minister
Uhlenberg habe das zuständige Bundessortenamt gefragt, sagt sein Sprecher Markus
Fliege. "Was wir mitgeteilt bekommen haben, haben wir veröffentlicht", betont
Fliege. "Wir müssen mit dem leben, was man uns mitteilt." Schließlich unterstehe
das Bundesamt nicht Uhlenberg, sondern Bundeslandwirtschaftsminister Horst
Seehofer (CSU).
Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) fordert jetzt vom Bundessortenamt
genaue Angaben dazu, wo die 22 bislang unbekannten Gentechnikfelder liegen. "Es
wird immer nur das zugegeben, was nicht mehr zu verheimlichen ist", ärgert sich
Bilke.
Bärbel Höhn, ehemalige NRW-Umweltministerin, warnt vor einer Verunsicherung der
VerbraucherInnen: "Man muss sich nicht wundern, dass die Leute bei Gentechnik
immer skeptischer werden, wenn ihnen Informationen vorenthalten werden." Höhn
will erst nach ihrer Amtszeit, die 2005 endete, von den nicht registrierten
Genfeldern erfahren haben. Johannes Remmel, umweltpolitischer Sprecher der
Grünen im Landtag, wirft Uhlenberg vor, Geheimniskrämerei zu betreiben: "Das
Land zieht keine Konsequenzen aus den bisherigen Informationslücken."
Auch Svenja Schulze, Umweltpolitikerin der SPD im Landtag, findet: "Uhlenberg
hätte mehr informieren müssen", gerade weil er sich für mehr Genanbauflächen in
NRW einsetze. Bilke vom BUND kritisiert einen intransparenten Politikstil: "Das
Bundessortenamt hat eine eigene Politik gemacht und die Interessen des
Saatgutherstellers Monsanto bedient."
In Zukunft könnte es sogar wieder schwieriger werden, Felder mit genveränderten
Pflanzen aufzuspüren, warnt Bilke. Denn mit dem neuen Gentechnikgesetz, das
gerade in Berlin entworfen wird, werde die Transparenz wieder eingeschränkt. Der
jüngste Entwurf aus dem Hause Seehofer sei ein "Angriff auf die gentechnikfreie
Landwirtschaft".
taz NRW vom 2.12.2006, S. 1
http://www.taz.de/pt/2006/12/02/a0005.1/text
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