[Gen-Info] Baby-Patent

Klaus Schramm 078222664-0001 at t-online.de
Mo Apr 19 17:17:14 CEST 2004


6.04.2004 

"Baby-Patent" beim Europäischen Patentamt in München 

Durch eine Aktion von Greenpeace wurde gestern bekannt, daß das
Europäische Patentamt in München bereits im November 2003 in einer
bisher einzigartigen Entscheidung werdendes menschliches Leben
patentiert hat. Mit Eisblöcken mauerten Greenpeace-AktivistInnen die
Türen des Europäischen Patentamtes in München zu. In jeden der
Eisblöcke war eine Babypuppe eingefroren. 

Das erteilte Patent (EP 1121015) umfaßt menschliche Eizellen, Sperma
und Embryonen, die nach einem bestimmten Verfahren tiefgekühlt und
im Rahmen der künstlichen Befruchtung verwendet werden. Auch
Embryonen, die in die Gebärmutter eingepflanzt werden sollen,
unterliegen dem damit realisierten Patentschutz. 

Das Europäische Patentamt hat so einen bisher einzigartigen
Präzedenzfall geschaffen. Werdendes menschliches Leben wurde
erstmals patentiert. Nach Ansicht von Greenpeace wird damit der Weg
hin zur Industrieproduktion von Menschen beschritten. "Dieser Skandal
übertrifft alle bisherigen Fälle. Werdendes menschliches Leben wird zu
einem industriellen Produkt", kommentierte Christoph Then,
Patentexperte von Greenpeace. Das Patent umfaßt Embryonen jeglicher
Spezies unter ausdrücklicher Nennung des Menschen. 

Experimente unter anderem mit Embryonen von Hamstern, Rindern,
Mäusen und Menschen liegen den patentierten Verfahren zu Grunde.
Patentiert wurden nicht nur die technischen Verfahren, sondern die
Embryonen selbst. Menschliche Embryonen werden im Text des
Patentes ausdrücklich mit denen von Rindern und Nagetieren
gleichgesetzt. "Unfaßbar, wie das Patentamt hier die Grauzonen der
Patentgesetze und die Untätigkeit der Politik gezielt ausnutzt. Auch die
letzten Tabus werden jetzt gebrochen", so Christoph Then. Gegen das
Patent könne zwar noch Einspruch erhoben werden. Das eigentliche
Problem liege allerdings in den vielen Gesetzeslücken, die ähnliche
Patente auch in Zukunft möglich machen. 

Die EU-Richtlinie 98/44, auf die sich das Patentamt bei der Vergabe
derartiger Patent beruft, enthält zwar zahlreiche Verbote, die Patente auf
Pflanzen und Tiere sowie den Menschen betreffen. Die vielen
Patentskandale (1), die Greenpeace in den letzten Jahren aufgedeckt hat,
zeigen aber, daß diese Verbote rechtlich nicht ausreichend wirksam
sind. Ein deutliches Signal, daß sogar Patente auf menschliches Leben
kein Problem sind, bekam das Patentamt von Bundesjustizministerin
Zypries, die bereits mehrfach klar gestellt hat, daß sie gegen derartige
Fälle nicht vorzugehen gedenkt. 

Greenpeace fordert, Patente auf Gene und Lebewesen komplett zu
verbieten. Die Justizministerin will dagegen die äußerst mangelhafte
und umstrittene EU-Richtlinie ohne wesentliche Änderungen in
deutsches Recht umsetzen. Noch vor der Sommerpause 2004 will
"Rot-Grün" das entsprechende Gesetz durch den Bundestag
schleusen. 

Klaus Schramm 

Anmerkung: 
1 Siehe auch unseren Artikel 
    'Biopiraterie in Komplizenschaft 
     mit Europäischem Patentamt' v. 11.03.04 




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