[Gen-Info] Fw: [ZNet] Gen-Pflanzen: Wenn's nicht funktioniert, wird gefaket / von Devinder Sharma

DNR Redaktionsbüro Info-Service info-berlin at dnr.de
Do Mär 18 14:42:47 CET 2004


Weitergeleitet durch DNR Redaktionsbüro Info-Service ++ Bitte im Verband etc. weiterleiten ++ Weitere Rubriken bestellen/Abbestellen/Information: www.dnr.de/publikationen/infoservice oder info-berlin at dnr.de
--
 
GV-Feldfrüchte: Wenn's nicht funktioniert, wird gefaket
von Devinder Sharma
ZNet Kommentar 05.03.2004



ZNet > Globalisierung / Nord-Süd Konflikt > Genmanipulierte Nahrung 

Jahrelang hat man uns weisgemacht, genetisch veränderte (= GV-)Feldfrüchte trügen zur reduzierten Anwendung von Pestiziden bei und leisteten so einen Beitrag zum Umweltschutz. Jahrelang tat man alles, die steigenden öffentlichen Investitionen in die riskante Technologie zu rechtfertigen - das wissenschaftliche Datenmaterial wurde entsprechend manipuliert. In den letzten Jahren gelang es ihnen, die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit von so drängenden Problemen wie Hunger und Unterernährung abzulenken - im Interesse des privaten Profits. Aber die Zitadelle des Forschungsbetrugs - sie zeigt erste Risse. In den USA gibt es erste Berichte, dass GV-Feldfrüchte die Pestizidanwendung vervielfachen, aber das eigentlich vernichtende Urteil über die fehlerhafte Technologie fällt auf den Feldern Afrikas. Versuche, eine virusresistente Süßkartoffel zu entwickeln, wie sie in Kenia 2001 vom US-Sondergesandten Dr. Andrew Young initiiert wurden, sie sind gescheitert. Die massiv hochgehypte GVO-Technologie - man behauptete, sie läute die grüne Revolution in Afrika ein -, im Endeffekt hat sie sich als wissenschaftlicher Unfug herausgestellt. Die angeblich virusresistente Süßkartoffel - ein Geschenk Monsatos an das ,Kenianische Institut für Landwirtschaftliche Forschung' (KARI) - erwies sich sehr wohl als anfällig für Virusattacken. Es war diese Süßkartoffel, die eine schwarze Frau aus Afrika - im bunten traditionellen Kleid - zum Objekt ihrer globalen Non-Stop-Predigt über Hungerbekämpfung in Afrika machte: Dr. Florence Wambugu von KARI hatte - gesponsert durch die ,US Agency for International Development' (USAID) und Monsato - einen Trip rund um die Welt gemacht und verkündet, die transgene Kartoffel könne zu einer Ertragssteigerung von (bisher) 4 Tonnen per Hektar auf 10 Tonnen führen. Sie wurde zum Mediendarling. Im Grunde beten die Medien jede(n) an, der oder die sich für GV-Feldfrüchte einsetzt, hängt doch die Zukunft der Welt allein davon ab, dass Konzerne Profite einfahren - wovon wiederum die Medien profitieren. Ganz gleich, ob New York Times, Washington Post, CNN oder das anrüchige Fox TV, alle machten viel Wind um Frau Wambugu. Das Magazin Forbes verstieg sich gar dazu, sie zu den weltweit 15 Menschen zu rechnen, die "die Zukunft neu erfinden". Neue Berichte zeigen jedoch, die transgene Süßkartoffel ist weniger ergiebig als traditionelle Sorten. Oder anders gesagt, Dr. Florence Wambugu wusste, dass die transgene Süßkartoffel nicht funktioniert und hat die ganze Sache eben gefaket.

Zuvor hatte Aaron deGrassi vom ,Institute of Development Studies' in Sussek, England, Lücken in Dr. Florence Wambugus Behauptungen gefunden. In einem sehr detailierten Report über GV-Feldfrüchte in Afrika schreibt deGrassi: "In Berichten über die transgene Süßkartoffel wurden für Kenia geringere normale Ernteerträge zugrundegelegt, um so ein Bild der Stagnation zu erzeugen. In einem früheren Bericht wurden 6 Tonnen per Hektar zugrundegelegt - ohne Angabe einer Datenquelle - und diese Angabe wurde in nachfolgende Analysen übernommen. Demgegenüber gehen FAO*-Statistiken aber von 9,7 Tonnen und offizielle Statistiken von 10,4 aus". Anders gesagt: die transgene Süßkartoffel, die man uns als afrikanische Antwort zur Nahrungssicherung aufdrängte, besitzt gar keine Vorzüge. Aber die Warnung deGrassis verhallt ungehört. Weltbank, Monsato und USAID fahren fort, Wambugus Forschungsprojekt, das jetzt schon über 12 Jahre läuft zu sponsern. 19 Wissenschaftler sind daran beteiligt -16 davon mit Doktortitel, was ungewöhnlich für Afrika ist. Hätte man die $6 Millionen statt in dieses Forschungsprojekt in den Kampf gegen den Hunger investiert, das Geld hätte genügt, über 6 Millionen verarmte Afrikaner 6 Jahre lang ausreichend zu ernähren. Aber niemand scheint wirklich ernsthaft an der Beseitigung des Hungers interessiert. Nicht nur Weltbank, USAID und Privatunternehmen, sondern auch die Forscher, die im agrikulturellen Bereich arbeiten, lassen keine Gelegenheit aus, Hunger und Unterernährung zu fördern.

Das Süßkartoffel-Debakel ist lediglich der jüngste in einer ganzen Serie von Flops aus den Laboratorien der GV-Industrie - denn auch andere Organismen wurden zur besseren Bekämpfung des Hungers erzeugt, zur Schaffung von Nahrungssicherheit. Aber angefangen damals bei der Flavr-Savr-Tomate - die ,magic bullets' der Technologie haben die Konsumenten bislang ebensowenig begeistern können wie die Bauern. Ob in Indien der ,goldene Reis' oder die Protein-Kartoffel - ,Protrato - oder jetzt in Afrika die gescheiterte transgene Süßkartoffel, sie alle sind klassische Beispiele für öffentlichen Betrug in großem Stil. Gleichzeitig steckt die GV-Industrie massiv in der Zwickmühle - gibt es doch Berichte, dass der Anbau transgener Feldfrüchte in den USA zur Pestizidsteigerung - bei Anwendung und Verbrauch - beitrug. Dies würde die Industrie auch noch den letzten rettenden Trumpf kosten, den sie bislang erfolgreich einsetzen konnte: GV-Feldfrüchte führten zu einer Reduktion bei den Pestiziden, und das sei nicht nur ein Beitrag für nachhaltiges Landwirtschaften sondern schütze auch die Umwelt. Charles Benbrook vom ,Northwest Science and Environment Policy Centre' in Idaho, USA, stützt sich auf offizielles Datenmaterial des US-Landwirtschaftsministeriums, wenn er zu dem Schluss kommt, der Anbau von genverändertem (GE) Mais, genveränderten Sojabohnen und genveränderter Baumwolle auf einer Fläche von rund 22 Millionen Hektar (55 Millionen Acre) habe in den USA zur zusätzlichen Ausbringung von rund 50 Millionen Pound Pestiziden geführt - seit 1996. Hauptverantwortlich für die vermehrte Pestizidanwendung bei GV-Feldfrüchten - verglichen mit Feldern, auf denen konventionelle Pflanzensorten wachsen -, sei die massiv verstärkte Ausbringung von Herbiziden auf "herbizidtolerante" Feldfrüchte, insbesondere Sojabohnen gewesen. "Herbizidtolerant" - das bedeutet, die Pflanze ist genetisch so präpariert, dass dem Anbauer gar nichts anderes übrigbleibt, als bei der gleichen Firma die entsprechenden Herbizide zu kaufen und einzusetzen. Für die Agrobusiness-Firmen sind "herbizidtolerante" Früchte somit der sicherste Weg zum garantierten Profit. Ganz offensichtlich scheinen die amerikanischen Farmer sich der Profitmotivation der Unternehmen zu beugen. Benbrook, sagt, viele Farmer hätten immer mehr Herbizid auf ihre GV-Pflanzen sprühen müssen, um so mit den Veränderungen beim Unkraut Schritt zu halten. Bei diesem sei ein Trend zu ,Tougher-to-control'-Varianten zu erkennen - kombiniert mit dem Auftreten genetischer Resistenzen bei bestimmten Unkraut-Arten. Für die sich entwickelnden Länder ist die Bedeutung dieser Studie enorm - die Folgen wären natürlich schwerwiegend. Die Unternehmen des Agrobusiness werden die kleinen Farmer ausbeuten und sie mehr und mehr in die Schuldenfalle treiben, gleichzeitig richten die Unternehmen weitere Umweltschäden an und zerstören die Feldpflanzen-Nachhaltigkeit.

Ganz gleich, ob chemische Pestizide eingesetzt werden oder schädlingsresistente GV-Feldfrüchte, der Effekt im Hinblick auf den Ziel- Schädling wird immer nur wenige Jahre anhalten. Nehmen wir als Beispiel die Baumwolle. Die Agrobusiness- Industrie will die Bauern dazu bringen, Bt-Baumwolle einzuführen - eine Baumwollart mit der eingebauten Eigenschaft, ein Gift zu produzieren, das den roten Baumwollkapselbohrer tötet. Im ersten Jahr, in dem die Pflanze in Indien kommerziell angebaut wurde, verlangte Mahyco-Monsato für den Samen den vierfach überhöhten Preis. So wurde der volle Profit schon im allerersten Jahr erzielt. Zudem hat man das Bt-Gen an ein halbes Dutzend Unternehmen weiterlizensiert. Diese mussten eine stattliche Lizenzgebühr entrichten. In weiten Teilen Indiens erwies sich die Bt-Baumwolle allerdings schon nach dem ersten Anbaujahr als Flop. Die Bauern litten, das Unternehmen jedoch, das den Samen verkaufte, kam ungeschoren davon. Wird den Bauern irgendwann bewusst, welchen Schaden die Bt- Pflanze anrichtet - unter wirtschaftlichen wie Umweltgesichtspunkten - warten die Samen-Firmen schon mit der nächsten Generation transgener Organismen auf. Nichts anderes hat die Agrobusiness-Industrie ja die ganzen letzten fünf Jahrzehnte getan, indem sie immer neue und stärkere Chemikalien bereitstellte - sobald die Insekten gegen ein Pestizid resistent wurden. Zudem hat die Zahl der Problem-Insektenarten, die den Baumwollbauern zu schaffen machen, inzwischen massiv zugenommen - auf 70 Arten. In den 60gern mussten sich die Bauern nur mit 7 Pflanzenschädlingen herumplagen. Die Problem-Schädlinge haben sich also in nur drei Jahrzehnten verzehnfacht. Weltweit büßt die Bt-Baumwolle inzwischen ihre Resistenz gegenüber Schädlingen ein. Als Folge steigt der Pestizid-Verbrauch wieder an. In China beispielsweise wird auf über 7 Millionen Hektar Bt-Baumwolle angebaut. Inzwischen ist dort der Pestizid-Verbrauch schon fast wieder auf dem alten Stand wie vor der kommerziellen Einführung (der Bt-Baumwolle) 1999. Aus diesem Grund schrecken die Wissenschaftler davor zurück - nach vier Jahren - Studien über Pestizid-Einsparungen durchzuführen, wohlwissend, wie vernichtend eine entsprechende Analyse für die Industrie wäre.

Anmerkung d. Übersetzerin

*FAO = ,Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen'





  
[ Übersetzt von: Andrea Noll | Orginalartikel: "Gm Crops: If It Can't Work, Fake It" ]
[ mehr Artikel von Devinder Sharma | diesen Artikel im Forum kommentieren ]
[ druckversion | diesen Artikel an Freunde verschicken ]
-------------- nächster Teil --------------
Ein Dateianhang mit HTML-Daten wurde abgetrennt...
URL: <https://listi.jpberlin.de/pipermail/gen-info/attachments/20040318/948a0738/attachment.html>
-------------- nächster Teil --------------
Ein Dateianhang mit Binärdaten wurde abgetrennt...
Dateiname   : hr.gif
Dateityp    : image/gif
Dateigröße  : 917 bytes
Beschreibung: nicht verfügbar
URL         : <https://listi.jpberlin.de/pipermail/gen-info/attachments/20040318/948a0738/attachment.gif>
-------------- nächster Teil --------------
Ein Dateianhang mit Binärdaten wurde abgetrennt...
Dateiname   : pfeil_l.gif
Dateityp    : image/gif
Dateigröße  : 62 bytes
Beschreibung: nicht verfügbar
URL         : <https://listi.jpberlin.de/pipermail/gen-info/attachments/20040318/948a0738/attachment-0001.gif>
-------------- nächster Teil --------------
Ein Dateianhang mit Binärdaten wurde abgetrennt...
Dateiname   : pfeil_o.gif
Dateityp    : image/gif
Dateigröße  : 64 bytes
Beschreibung: nicht verfügbar
URL         : <https://listi.jpberlin.de/pipermail/gen-info/attachments/20040318/948a0738/attachment-0002.gif>


Mehr Informationen über die Mailingliste Gen-Info