[FoME] Dissertation Medienförderung in Bosnien-Herzegowina und Kosovo
Christoph Dietz
christoph.dietz at CAMECO.ORG
Fr Jul 21 17:48:55 CEST 2006
Liebe Liste,
vielleicht interessiert den einen oder anderen meine (fast) fertige
Doktorarbeit zur
Medienhilfe in Bosnien-Herzegowina und Kosovo. Motive, Ziele und
Implementierungswege internationaler Akteure.
Die Konflikte auf dem Balkan hatten für ein bislang ungeahntes
Engagement internationaler Organisationen in der Medienförderung
gesorgt. Seit 1996 flossen geschätzte EUR 100 Mio. in den Aufbau von
Sendenetzen, die Ausstattung von Studios und Redaktionen, in
Journalisten-Trainings, Rechtshilfe und in den Aufbau von
Berufsverbänden.
Was aber waren die Motive für dieses Engagement? Die Medienhilfe
richtete sich vor allem gegen den Zugriff der nationalistischen Parteien
auf die von politischen Parteien kontrollierten großen Fernseh- und
Radiosender. Eine breite Palette neuer Anbieter sollte den Medienmarkt
pluralisieren und die Macht der nationalistischen Monopole brechen.
Gleichzeitig ging es den internationalen Akteuren um die Sicherung der
eigenen Informationspolitik und die Verteidigung der
Interims-Administrationen gegen kritische Propaganda.
Die konkreten medienpolitischen Ziele blieben insbesondere in Bosnien
unklar. Was die internationalen Akteure konkret aufbauen wollten, wurde
kaum kommuniziert und die von den meisten Akteuren angegebene offizielle
Zielsetzung, der Aufbau eines *freien" oder *demokratischen"
Mediensystems, ist als Vorgabe für eine operative Umsetzung nicht
eindeutig: Jede Demokratie allein in Westeuropa hat unterschiedlich
organisierte Mediensysteme und jedes System entspricht der Anforderung,
*frei" oder *demokratisch" zu sein. Die unterschiedlichen
Auffassungen, die eigentlich die logische Folge von zwei
unterschiedlichen Liberalisierungskonzepten waren, gipfelten in dem
schon von vielen Praktikern erwähnten zwei Lagern, den ein kommerzielles
Mediensystem favorisierenden *Amerikanern" und den ein Duales System
unterstützenden *Europäern".
Die unterschiedlichen Konzepte führten zu Konflikten zwischen den
internationalen Akteuren, die wichtige Initiativen zur Medienentwicklung
verzögerten und sogar verhinderten. Teilweise hatten die
Medienhilfe-Projekte nicht das erwünschte Ergebnis, teilweise zielten
die Medienhilfe-Projekte am Bedarf vorbei. Teilweise, wie etwa bei
Journalisten-Trainings, waren die Erwartungen unangemessen.
Insgesamt hat die Medienhilfe in Bosnien-Herzegowina und im Kosovo
Früchte getragen. Fraglich ist jedoch, ob das Ergebnis den Aufwand
rechtfertigt, bzw. inwiefern die Ressourcen zielführender hätten
eingesetzt werden können. Möglicherweise sind bestimmte Probleme der
Durchsetzungsfähigkeit, der Koordination und Zusammenarbeit oder der
Präzision der Projekte ein systemimmanenter Teil von externem
Engagement und von Hilfsorganisationen. Auch diese Faktoren sollten bei
der Planung von Medienhilfe-Maßnahmen berücksichtigt werden.
Über die einzelnen Punkte der Arbeit, in deren ersten Teil die
Medienhilfe als politisches Instrument definiert und verortet wird,
mögliche Ziele und Motive aus der Theorie und aus den Diskussionen in
der Praxis hergeleitet und analysiert werden, die politischen,
ökonomischen und kulturellen Rahmenbedingungen für Medienhilfe
angesprochen werden und auf das Spektrum der Medienhilfe-Akteure
eingegangen wird und in deren zweiten Teil am Beispiel der Medienhilfe
in Bosnien und im Kosovo die Thesen überprüft und eine detaillierte
Untersuchung der Implementierungswege unternommen wird, gebe ich gerne
weiter Auskunft.
Die Arbeit wird in Kürze beendet sein und vermutlich publiziert werden.
Über Anregungen, Hinweise und weitere Betätigungsfelder freut sich:
Friederike Gräper, fgraeper at gmx.de, 069-65602195.
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