[fessenheim-fr] Super-GAU schon seit 11. Maerz
klausjschramm at t-online.de
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Mi Mär 30 21:03:00 CEST 2011
Hallo Leute!
Hier ein Artikel, der ein Schlaglicht auf die bisherige
de-facto-Nachrichtensperre wirft...
Ciao
Klaus Schramm
29.03.2011
Japanischer AKW-Experte:
Reaktor I vermutlich schon am 11. März leck
Tokio (LiZ). Der japanischer AKW-Experte Mitsuhiko Tanaka, der die
Bauweise der Reaktoren im AKW Fukushima Daiichi sehr gut kennt,
erklärt öffentlich: Reaktor I wurde schon vom Erdbeben am 11. März
zerstört. Die ihm vorliegenden Daten ließen kaum einen anderen Schluß
zu. Vermutlich war daher die Radioaktivität in der Anlage sofort
lebensgefährlich.
In den vergangenen drei Wochen wurde vom AKW-Betreiber Tepco und der
japanischen Regierung ein neuartiges Spiel gespielt, das regelmäßig
darauf hinauslief, erst gewisse Informationen zu streuen und diese
kurz darauf zu widerrufen. De facto lief dies auf eine
Nachrichtensperre hinaus, ohne daß diese offiziell ausgerufen wurde.
Selbst internationale ExpertInnen, die der Nuklear-Industrie nahe
stehen, sagten mittlerweile, es sei zum Verzweifeln: Betreiber und
Regierung gäben einfach keine relevanten Daten heraus. Auch die
gestrige Meldung, wonach Plutonium in der Nähe des AKW Fukushima
Daiichi gefunden worden sei, ist hierfür symptomatisch: Es handelt
sich angeblich um eine Analyse von Bodenproben, die am 21. Und 22.
März genommen wurden.
Die Daten, auf die Mitsuhiko Tanaka seine Schlußfolgerungen stützt,
liegen sowohl der japanischen Atomaufsichtsbehörde NISA als auch der
Regierung vor. Laut Tanaka dürften sie auch über weitere Daten
verfügen, die ihm nach eigenen Angaben fehlen, um seine Behauptung
endgültig zu beweisen.
Tanaka behauptet, schon das Erdbeben habe zumindest bei Reaktor I
unmittelbar zu einem massiven Kühlmittelverlust geführt. Damit wäre
der Super-GAU bereits zu diesem Zeitpunkt eingetreten. Innerhalb von
zwölf Stunden nach dem Erdbeben sank der Druck im
Reaktordruckbehälter - so Tanaka - von den üblichen 7 Megapascal (70
bar) auf nur noch 0,8 Megapascal. Infolgedessen "sank der
Kühlwasserpegel dort rapide". Gleichzeitig sei im
Sicherheitsbehälter, der als zweite Barriere im Reaktorgebäude den
Reaktordruckbehälter umgibt, der Druck von 0,1 auf 0,8 Megapascal
gestiegen.
Tanaka: "Diese Druckveränderungen sind ein Hinweis auf ein Leck im
Kühlsystem." Es sei aufgrund dieser Daten "nahezu unbestreitbar", daß
es einen Kühlwasserverlust gegeben habe. Er vermutet einen Rohrbruch
direkt am Reaktordruckbehälter. "Viele Experten hätten das wissen
müssen oder wissen können," sagt Tanaka. "Aber sie haben
geschwiegen".
Alle Behauptungen von Betreiberseite, die von der japanischen
Regierung an die Öffentlichkeit weitergegeben wurden, der Reaktor
werde mit Meerwasser gekühlt (insbesondere wurde verbreitet, an den
Brennelementen habe sich dabei eine Salzkruste gebildet), wären auf
der Grundlage der Informationen Tanakas falsch. Von Beginn an war
zweifelhaft, ob das Meerwasser tatsächlich in den
Reaktordruckbehälter eingespeist werden konnte, was entsprechend
leistungsfähige und intakte Pumpen vorausgesetzt hätte, oder ob der
Reaktor lediglich von außen mit Meerwasser gekühlt wurde. (siehe
unsere Anmerkung im Artikel v. 13. März).
Mit dem Versagen der Notkühlung war die letzte der in der Auslegung
des Kraftwerks vorgesehenen Barrieren gegen die drohende Kernschmalze
ausgefallen. Der Reaktor war daher laut Tanaka von Beginn an außer
Kontrolle. Auf Grund der Daten, die dem Betreiber Tepco mit
Sicherheit vorliegen, ist vorhersehbar, ob sich die für die Reaktoren
I bis III mittlerweile nicht mehr geleugnete und zumindest für
Reaktor II offiziell bestätigte Kernschmelze in Richtung Grundwasser
durchfrißt, oder ob es zu weiteren Wasserstoff-Explosionen kommt, die
zu einer massiven Freisetzung des radioaktiven Inventars führen
können.
Sollten sich die Schlußfolgerungen Tanakas bestätigen, dann hat der
Betreiber die Männer der Reaktor-Reparaturtrupps in ein Umfeld
geschickt, in dem Kühlwasser freigesetzt war, das Kontakt mit den
Brennstäben hatte - und daher hoch radioaktiv belastet war.
Möglicherweise hat es sich mit dem Meerwasser, das in die Gebäude
gespritzt wurde, vermischt. Wohin dieses überaus gefährliche Wasser
in den Gebäuden gelangt ist, geht aus den offiziellen Verlautbarungen
nicht hervor. Vermutlich wurde es skrupellos ins Meer geleitet.
LINKSZEITUNG
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
Fragen zur Situation in Japan,
zur Atomenergie und zu Deutschland (25.03.11)
Gesellschaft für Strahlenschutz:
Super-GAU ist längst Realität (23.03.11)
Die Situation in den havarierten japanischen AKW
Stand: Sonntag 16 Uhr (13.03.11)
Notkühlfall in japanischem AKW
Situation in Reaktor Fukushima Daiichi I spitzt sich zu
(11.03.11)
Nach jahrelangem Stillstand
Japanischer Schneller Brüter Monju im Probebetrieb
(7.05.10)
Feuer in japanischem AKW
Ein Arbeiter verletzt (5.03.09)
Brand im weltgrößten AKW
Seit Juli wegen Erdbeben-Schäden
auf unabsehbare Zeit abgeschaltet (20.09.07)
Japanisches AKW durch Erdbeben schwerer beschädigt
als bisher bekannt
Über 50 Prozent mehr Radioaktivität ausgetreten
(18.07.07)
Erdbeben verursachte Unfall in japanischem AKW
Radioaktives Wasser trat aus (16.07.07)
Schweres Erdbeben erinnert an
AKW-Stilllegung vor einem Jahr (26.03.07)
Japan: AKW Shika abgeschaltet
Gericht erkennt auf mangelhafte Erdebebensicherheit
(25.03.06)
11 AKWs in Japan abgeschaltet
Zweiter japanischer Strom-Konzern
muß Konsequenzen ziehen (14.08.04)
Atom-Ausstieg ist möglich
in Japan 17 AKWs abgeschaltet (22.04.03)
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