[fessenheim-fr] [Fwd: [X-News] Wenn einer Laufzeitverlängerungen durchsetzen kann, dann Norbert Röttgen]

"Amish D. Leßmann" bodhi-amish at sonnenkinder.org
Mi Feb 10 18:56:55 CET 2010


Hallo zusammen,

hier noch ein weiterer kritischer Kommentar zu Röttgens nebulösen 
Äußerungen.

Viele Grüße
Euer
Amish


-------- Original-Nachricht --------
Betreff: 	[X-News] Wenn einer Laufzeitverlängerungen durchsetzen kann, 
dann Norbert Röttgen
Datum: 	Wed, 10 Feb 2010 17:03:50 +0100
Von: 	Anti-Atom-Presseauswertung <x1000-news at listi.x1000malquer.de>
Antwort an: 	x1000-news at listi.x1000malquer.de
An: 	X1000-news at listi.x1000malquer.de



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http://www.ausgestrahlt.de/hintergrundinfos/politische-analyse/artikel/cc2270edca/wenn-einer-laufzeitverlaengerungen-d.html


Wenn einer Laufzeitverlängerungen durchsetzen kann, dann Norbert Röttgen

Eine Analyse der Debatte rund um das „Süddeutsche“-Interview des
Umweltministers / von Jochen Stay


Kurz nach seiner Ernennung zum Bundesumweltminister gab das Handelsblatt
eine erste Einschätzung über Norbert Röttgen ab: „Der Umweltminister
wird dafür sorgen, dass die CDU ihre Image als Pro-Kernkraft-Partei
verliert, obwohl sie die Laufzeiten verlängert.“ Seither arbeitet er
intensiv daran.

Neuester Streich in dieser Sache war sein Interview mit der Süddeutschen
Zeitung, das seit dem Wochenende für Aufregung sorgt. Es ist schon
kurios, dass dieses Interview fast einmütig so wahrgenommen wird, als
habe Röttgen jetzt die atompolitische Position der Grünen angenommen.

Da schreibt „Spiegel Online“ vom „Anti-Atom-Minister“, der sich
angeblich für einen „rascheren Atomausstieg“ ausgesprochen habe. Auch
viele andere, gerade auch diejenigen aus Union und FDP, die Röttgen
attackieren, reden so, als wolle der nun AKW reihenweise abschalten.


Acht Jahre Laufzeitverlängerung sind kein Ausstieg

Aber was hat der Minister wirklich gesagt? Zum Beispiel, dass er die
Grenze für Laufzeitverlängerungen bei 40 Jahren sieht. Das würde also
eine zusätzliche Betriebszeit von acht Jahren bedeuten. Das Ganze wird
rhetorisch umwölkt von einer Menge für einen CDU-Minister durchaus
erstaunlicher Aussagen, die aber nicht neu sind, sondern von Röttgen zum
Teil bereits in einem Interview mit der „Zeit“ im November 2009 geäußert
wurden.


Einige Zitate aus dem aktuellen Interview:

    * „Der Wunsch, staatliche Einnahmen zu erzielen, kann kein tragender
Gedanke eines energiepolitischen Konzeptes sein. Das wäre eine Form von
Deal-Politik, die ich ablehne. Im Übrigen kann ich nicht erkennen, was
eigentlich die verfassungsrechtlich einwandfreie Grundlage für solche
Abschöpfungen ist.“
    * „Der Staat muss jeden Anschein vermeiden, er schöpfe Sondergewinne
ab und mache dafür Zugeständnisse bei der Sicherheit. Wir wollen keine
Cashcow, sondern eine sichere, wettbewerbsfähige Energieversorgung.“
    * „In dem Umfang, in dem Erneuerbare sich aufbauen, wird Kernenergie
zurückgehen. Wir haben heute 16 Prozent Anteil erneuerbarer Energie in
der Stromerzeugung, 23 Prozent Kernenergie. In dem Augenblick, in dem
die Erneuerbaren 40 Prozent ausmachen, also 23 plus 16, ist die
Kernenergie abgelöst.“
    * „Im Übrigen muss sich eine Partei wie die Union, die vielleicht
einzige verbleibende Volkspartei, gut überlegen, ob sie gerade die
Kernenergie zu einem Alleinstellungsmerkmal machen will. Es wäre besser,
man würde uns mit der ökonomischen und ökologischen Modernisierung
unseres Landes verbinden. Wir sollten unsere Akzeptanz in der
Bevölkerung nicht an den störungsfreien Betrieb von Kernkraftwerken
knüpfen.“

Alles durchaus beachtlich für einen CDU-Minister – und entsprechend
gehen die Wogen in den Koalitionsparteien seit dem Interview hoch. Aber
am Ende zählt dann doch einzig und alleine, ob AKW abgeschaltet werden
oder nicht. Und da könnte Röttgens Rhetorik allen aus dem atomkritischen
Lager, die sich jetzt darüber freuen, kräftig auf die Füße fallen.


Politischer Plazebo-Effekt

Röttgen hat von seinen Vorgängern gelernt. Auch die sprachen immer vom
Atomausstieg, ohne dass er in den zwölf Jahren seit dem Antritt von
Rot-Grün 1998 nennenswert stattgefunden hätte. Aber die
Auseinandersetzung um die Atomkraft wurde dadurch ein Stück weit
befriedet. Also nennt nun auch der Christdemokrat den Ausstieg als sein
Ziel, ohne automatisch an die Stilllegung von AKW zu denken - in der
Hoffnung, dadurch den Protest klein zu halten. Das wäre eine Art
politischer Plazebo-Effekt.

Meine These: Die gesellschaftliche Ablehnung der Atomenergie ist
inzwischen so groß (selbst 51 Prozent der Unions-AnhängerInnen sind für
einen Ausstieg bis 2021), dass Laufzeitverlängerungen nur noch nach der
Methode Röttgen durchsetzbar sind.

Würden die Atom-Hardliner aus Union und FDP die öffentliche Debatte
bestimmen, wäre der Widerstand dagegen so gewaltig, dass der
Weiterbetrieb der AKW daran scheitern könnte. Röttgens Aufgabe ist es
deshalb, einen Teil des atomkritischen Lagers zu beruhigen: „Ist ja
alles gar nicht so schlimm. Der Minister versteht uns ja. Und er wird
dafür von der Atomfreunden auch noch heftig angegriffen.“ Und am Ende
könnten dann eben doch Laufzeitverlängerungen auf breiter Front
herauskommen. Die acht Jahre, die Röttgen nennt, würden den
Stromkonzernen erstmal völlig reichen. Nachlegen kann man dann später
immer noch.


Koppelung Atomenergie und Erneuerbare ist kontraproduktiv

Seine Festlegung, dass bei 40 Prozent Erneuerbaren die Atomkraft nicht
mehr benötigt wird, lies gleich einige euphorisch vorrechnen, dass es
dann gar keine Laufzeitverlängerungen mehr braucht. Ich bin an dieser
Stelle skeptisch, weil es Röttgen hier m.E. vor allem darum geht, die
Koppelung von Erneuerbaren-Ausbau und Weiterbetrieb der AKW als
„Brückentechnologie“ in den Köpfen festzusetzen. Das ist gefährlich,
denn natürlich ist die Stilllegung der Reaktoren nicht erst dann nötig,
wenn die Erneuerbaren bei 40 Prozent sind. Ja der prognostizierte
Ökostrom-Ausbau würde gefährdet, je länger die AKW am Netz sind.

Was ich an den Äußerungen von Röttgen trotzdem hilfreich finde: Seine
kritische Haltung zu einem Deal von abgeschöpften Zusatzgewinnen gegen
Zugeständnisse bei der Sicherheit lässt sich zukünftig gut ins Feld
führen, wenn es doch anders kommen sollte.


Wir müssen weiter Druck machen

Beachtlich ist am Röttgen-Interview schließlich, wie deutlich der
gesellschaftliche Druck gegen die Atomenergie in Berlin inzwischen
wahrgenommen wird. Die neu erwachte Anti-Atom-Bewegung ist insofern
erfolgreich, dass sie sehr ernst genommen wird. Aber auch hier gilt: Wir
müssen weiter Druck machen, denn erst, wenn der Weiterbetrieb der
Reaktoren tatsächlich gestoppt ist, haben wir wirklich etwas erreicht.
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