[fessenheim-fr] Greenwashing von "Rot-Grün"

klausjschramm at t-online.de klausjschramm at t-online.de
Mi Feb 10 22:18:38 CET 2010


Greenwashing von "Rot-Grün"

Hallo Leute!

Den heute hier über die Mailingliste weitergeleiteten
Text von Jochen Stay fand ich an einigen Punkten
ärgerlich - aber es ist gut, daß er hier vorliegt, damit 
so diese Punkte, die bislang nur unterschwellig immer 
wieder anklangen ("den Atom-Ausstieg verteidigen") 
einmal klar gestellt werden können.

Die Kritik, die Stay an Röttgens Aussagn vornimmt, ist - bis auf ein 
paar
Details - Konsens. Um so weniger dürfte so manchen LeserInnen
auffallen, daß nebenbei Greenwashing von "Rot-Grün" betrieben
wird.

1. Da ist zunächst einmal von atompolitischen Positionen der "Grünen"
die Rede:

"..., als habe Röttgen jetzt die atompolitische Position der Grünen 
angenommen." 

Ja was sind denn die atompolitischen Positionen der "Grünen"?
Ist eine Position das, was in einem Parteiprogramm steht, oder das,
wo diese Partei real steht. Real ist die Position der "Grünen" das
im Jahr 2000 beschlossene Gesetz, wonach mit dem Trick mit den
Reststromzeiten die Betriebsdauer der deutschen Atomkraftwerke
nach Belieben ausgedehnt werden konnte. Bisher ist weder von
Trittin noch Künast oder Kuhn irgendwelche Selbstkritik zu vernehmen.
Im Gegenteil erzählen diese Leute nach wie vor das Märchen, sie
hätten mit diesem Gesetz erreicht, daß Atomkraftwerke in
Deutschland früher als von den Betreibern gewollt abgeschaltet
werden müßten. Mit diesem Gesetz ist real eine Bestandsgarantie
für die deutschen Atomkraftwerke ausgesprochen worden. Nebenbei
war enthalten, daß an den AKW-Standorten in den vergangenen
Jahren "Zwischenlager" errichtet werden durften, die immer deutlicher
den Charakter illegaler Endlager annehmen. Die UAA Gronau durfte
ihre Kapazität verdreifachen... (Aber wer lesen kann, dürfte das
eigentlich alles wissen.)

Wenn also hier suggeriert wird, die "Grünen" stünden für den Atom-
Ausstieg,
ist das nichts anderes als Greenwashing.

2. Wieder mal ist von "Laufzeitverlängerung" die Rede.

"Acht Jahre Laufzeitverlängerung sind kein Ausstieg" (gemeint sind 
acht Jahre,
die angeblich Röttgen dranhängen will - auf dieses Detail gehe ich im 
folgenden
Punkt ein.)

In Deutschland gab es - im Gegensatz zu den meisten anderen Ländern, 
in denen Atomkraftwerke betrieben werden - nie zeitlich beschränkte
Betriebsgenehmigungen für Atomkraftwerke. Solche gab es in 
Deutschland
nicht vor dem Jahr 2000 und solche wurden entgegen der offiziellen
Desinformation auch nicht von "Rot-Grün" beschlossen. Und wo keine
Betriebszeiten begrenzt sind, können auch keine verlängert werden.

Mit dem Wort "Laufzeitverlängerungen" wird suggeriert, daß in 
Deutschland mit dem "Atom-Ausstieg" des Jahres 2000 
"Restlaufzeiten" festgelegt worden seien. Dies wurde zwar in den 
vergangenen
10 Jahren immer wieder in den Mainstream-Medien behautet - Wer sich
informiert hat, weiß allerdings, daß dies pure Propaganda war.

Diese Propaganda weiter zu verbreiten ist nichts anderes als 
Greenwashing
von "Rot-Grün".

3. Acht Jahre?
40 minus 8 = 32! Da haben wir das nächste Fake. Mit dem "Atom-
Ausstieg"
wurde verkündet, daß die "Gesamtlaufzeit" der deutschen 
Atomkraftwerke
im Durchschnitt auf 32 Jahre beschränkt würde. Eine Antwort auf die 
Frage
nach der rechnerischen Grundlage für diese Aussage blieben allerdings 

sowohl Trittin als auch Gabriel schuldig.
Selbst unter der "optimistischen" Annahme, daß Atomkraftwerke auch im 

altersschwachen Zustand ebensoviel Strom pro Jahr produzieren wie in 
den
Jahren von 2000, ergab eine einfache Dreisatzrechnung, daß die 
"Gesamtlaufzeiten"
durchschnittlich 35 Jahre betragen würde. All dies wurde bereits im 
Jahr 2000
beschrieben und ist allgemein zugänglich. Ebenso war bereits damals 
klar, daß
die "Restlaufzeiten" durch Wartungsarbeiten oder Leistungsdrosselung 
(wie
gegenwärtig in Neckarwestheim I) beliebig dehnbar sein würden...
Allen, die es wissen wollten, war bereits im Jahr 2000 klar, daß die 
Zahl von
32 Jahren pure Propaganda ist.

Diese Propaganda auch heute noch zu verbreiten ist nichts anderes als 
Greenwashing
von "Rot-Grün".

4. Stay schreibt dann allerdings auch: 
"Aber am Ende zählt dann doch einzig und alleine, ob AKW abgeschaltet 

werden oder nicht."

Unbestreitbar klar ist doch wohl, daß - wenn es nach Röttgen geht - 
bis zur 
Bundestagswahl 2013 kein AKW abgeschaltet wird.
Daraus ergibt sich allerdings der logische Schluß,
daß es sich beim "schwarz-gelben" Atom-Ausstieg um eine
ebensolche Mogelpackung handelt wie beim "rot-grünen".

Ciao
   Klaus Schramm


On 10 Feb 2010 at 18:56:

> -------- Original-Nachricht --------
> Betreff: 	[X-News] Wenn einer Laufzeitverlängerungen durchsetzen kann,
> dann Norbert Röttgen Datum: 	Wed, 10 Feb 2010 17:03:50 +0100 Von:
> 	Anti-Atom-Presseauswertung <x1000-news at listi.x1000malquer.de> Antwort an:
> 	x1000-news at listi.x1000malquer.de An: 	X1000-news at listi.x1000malquer.de
> 
> 
> 
> -------------------------------------------------------------------
> News-Mailingliste von X-tausendmal quer.
> Tagesaktuelle Presseauswertung für die Anti-Atom-Bewegung
> -------------------------------------------------------------------
> 
> http://www.ausgestrahlt.de/hintergrundinfos/politische-analyse/artikel/cc2
> 270edca/wenn-einer-laufzeitverlaengerungen-d.html
> 
> 
> Wenn einer Laufzeitverlängerungen durchsetzen kann, dann Norbert Röttgen
> 
> Eine Analyse der Debatte rund um das zSüddeutscheoe-Interview des
> Umweltministers / von Jochen Stay
> 
> 
> Kurz nach seiner Ernennung zum Bundesumweltminister gab das Handelsblatt
> eine erste Einschätzung über Norbert Röttgen ab: zDer Umweltminister
> wird dafür sorgen, dass die CDU ihre Image als Pro-Kernkraft-Partei
> verliert, obwohl sie die Laufzeiten verlängert.oe Seither arbeitet er
> intensiv daran.
> 
> Neuester Streich in dieser Sache war sein Interview mit der Süddeutschen
> Zeitung, das seit dem Wochenende für Aufregung sorgt. Es ist schon
> kurios, dass dieses Interview fast einmütig so wahrgenommen wird, als
> habe Röttgen jetzt die atompolitische Position der Grünen angenommen.
> 
> Da schreibt zSpiegel Onlineoe vom zAnti-Atom-Ministeroe, der sich
> angeblich für einen zrascheren Atomausstiegoe ausgesprochen habe. Auch
> viele andere, gerade auch diejenigen aus Union und FDP, die Röttgen
> attackieren, reden so, als wolle der nun AKW reihenweise abschalten.
> 
> 
> Acht Jahre Laufzeitverlängerung sind kein Ausstieg
> 
> Aber was hat der Minister wirklich gesagt? Zum Beispiel, dass er die
> Grenze für Laufzeitverlängerungen bei 40 Jahren sieht. Das würde also
> eine zusätzliche Betriebszeit von acht Jahren bedeuten. Das Ganze wird
> rhetorisch umwölkt von einer Menge für einen CDU-Minister durchaus
> erstaunlicher Aussagen, die aber nicht neu sind, sondern von Röttgen zum
> Teil bereits in einem Interview mit der zZeitoe im November 2009
> geäußert wurden.
> 
> 
> Einige Zitate aus dem aktuellen Interview:
> 
>     * zDer Wunsch, staatliche Einnahmen zu erzielen, kann kein tragender
> Gedanke eines energiepolitischen Konzeptes sein. Das wäre eine Form von
> Deal-Politik, die ich ablehne. Im Übrigen kann ich nicht erkennen, was
> eigentlich die verfassungsrechtlich einwandfreie Grundlage für solche
> Abschöpfungen ist.oe
>     * zDer Staat muss jeden Anschein vermeiden, er schöpfe
>     Sondergewinne
> ab und mache dafür Zugeständnisse bei der Sicherheit. Wir wollen keine
> Cashcow, sondern eine sichere, wettbewerbsfähige Energieversorgung.oe
>     * zIn dem Umfang, in dem Erneuerbare sich aufbauen, wird Kernenergie
> zurückgehen. Wir haben heute 16 Prozent Anteil erneuerbarer Energie in
> der Stromerzeugung, 23 Prozent Kernenergie. In dem Augenblick, in dem die
> Erneuerbaren 40 Prozent ausmachen, also 23 plus 16, ist die Kernenergie
> abgelöst.oe
>     * zIm Übrigen muss sich eine Partei wie die Union, die vielleicht
> einzige verbleibende Volkspartei, gut überlegen, ob sie gerade die
> Kernenergie zu einem Alleinstellungsmerkmal machen will. Es wäre besser,
> man würde uns mit der ökonomischen und ökologischen Modernisierung
> unseres Landes verbinden. Wir sollten unsere Akzeptanz in der Bevölkerung
> nicht an den störungsfreien Betrieb von Kernkraftwerken knüpfen.oe
> 
> Alles durchaus beachtlich für einen CDU-Minister " und entsprechend
> gehen die Wogen in den Koalitionsparteien seit dem Interview hoch. Aber am
> Ende zählt dann doch einzig und alleine, ob AKW abgeschaltet werden oder
> nicht. Und da könnte Röttgens Rhetorik allen aus dem atomkritischen
> Lager, die sich jetzt darüber freuen, kräftig auf die Füße fallen.
> 
> 
> Politischer Plazebo-Effekt
> 
> Röttgen hat von seinen Vorgängern gelernt. Auch die sprachen immer vom
> Atomausstieg, ohne dass er in den zwölf Jahren seit dem Antritt von
> Rot-Grün 1998 nennenswert stattgefunden hätte. Aber die
> Auseinandersetzung um die Atomkraft wurde dadurch ein Stück weit
> befriedet. Also nennt nun auch der Christdemokrat den Ausstieg als sein
> Ziel, ohne automatisch an die Stilllegung von AKW zu denken - in der
> Hoffnung, dadurch den Protest klein zu halten. Das wäre eine Art
> politischer Plazebo-Effekt.
> 
> Meine These: Die gesellschaftliche Ablehnung der Atomenergie ist
> inzwischen so groß (selbst 51 Prozent der Unions-AnhängerInnen sind für
> einen Ausstieg bis 2021), dass Laufzeitverlängerungen nur noch nach der
> Methode Röttgen durchsetzbar sind.
> 
> Würden die Atom-Hardliner aus Union und FDP die öffentliche Debatte
> bestimmen, wäre der Widerstand dagegen so gewaltig, dass der
> Weiterbetrieb der AKW daran scheitern könnte. Röttgens Aufgabe ist es
> deshalb, einen Teil des atomkritischen Lagers zu beruhigen: zIst ja
> alles gar nicht so schlimm. Der Minister versteht uns ja. Und er wird
> dafür von der Atomfreunden auch noch heftig angegriffen.oe Und am Ende
> könnten dann eben doch Laufzeitverlängerungen auf breiter Front
> herauskommen. Die acht Jahre, die Röttgen nennt, würden den
> Stromkonzernen erstmal völlig reichen. Nachlegen kann man dann später
> immer noch.
> 
> 
> Koppelung Atomenergie und Erneuerbare ist kontraproduktiv
> 
> Seine Festlegung, dass bei 40 Prozent Erneuerbaren die Atomkraft nicht
> mehr benötigt wird, lies gleich einige euphorisch vorrechnen, dass es
> dann gar keine Laufzeitverlängerungen mehr braucht. Ich bin an dieser
> Stelle skeptisch, weil es Röttgen hier m.E. vor allem darum geht, die
> Koppelung von Erneuerbaren-Ausbau und Weiterbetrieb der AKW als
> zBrückentechnologieoe in den Köpfen festzusetzen. Das ist
> gefährlich, denn natürlich ist die Stilllegung der Reaktoren nicht erst
> dann nötig, wenn die Erneuerbaren bei 40 Prozent sind. Ja der
> prognostizierte Ökostrom-Ausbau würde gefährdet, je länger die AKW am
> Netz sind.
> 
> Was ich an den Äußerungen von Röttgen trotzdem hilfreich finde: Seine
> kritische Haltung zu einem Deal von abgeschöpften Zusatzgewinnen gegen
> Zugeständnisse bei der Sicherheit lässt sich zukünftig gut ins Feld
> führen, wenn es doch anders kommen sollte.
> 
> 
> Wir müssen weiter Druck machen
> 
> Beachtlich ist am Röttgen-Interview schließlich, wie deutlich der
> gesellschaftliche Druck gegen die Atomenergie in Berlin inzwischen
> wahrgenommen wird. Die neu erwachte Anti-Atom-Bewegung ist insofern
> erfolgreich, dass sie sehr ernst genommen wird. Aber auch hier gilt: Wir
> müssen weiter Druck machen, denn erst, wenn der Weiterbetrieb der
> Reaktoren tatsächlich gestoppt ist, haben wir wirklich etwas erreicht. --





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