[fessenheim-fr] Artikel zu Festival in Bure

Klaus Schramm 078222664-0001 at t-online.de
Di Aug 1 17:45:58 CEST 2006


Hallo Leute!

Hier mein Artikel zum Festival in Bure, der bereits in der gestrigen
Ausgabe der 'Jungen Welt' abgedruckt war.

Ciao
   Klaus Schramm
   klaus.schramm at bund.net


Festival der Endlager-GegnerInnen in Bure

Ins lothringischen Bure kamen an diesem Wochenende Endlager-GegnerInnen aus ganz 
Europa, um die französische Anti-Atom-Bewegung zu unterstützen. Über 500 
Menschen trafen sich zum Festival auf einem Acker bei dem kleinen abgelegenen 
Bure, wo über drei Tage hin eine Stimmung zwischen Woodstock und Wendland zu 
spüren war. In zwei Zirkus-Zelten und auf mehreren Bühnen war Musik und Kultur, 
Diskussion und Anti-Atom-Information geboten.

Die französische Regierung versucht im Auftrag des Strommonopolisten EdF seit 
Jahren in der dünn besiedelten lothringischen Grenzregion für das weltweit 
bisher ungelöste Problem der Atommüll-Endlagerung einen Ausweg zu finden. Wie im 
wendländischen Gorleben oder im schweizerischen Benken soll der Nachlaß des 
kurzen nuklearen Zeitalters unter der Erdoberfläche verschwinden. Doch obwohl in 
Bure eine Ton-Schicht in 500 Metern Tiefe erst wissenschaftlich untersucht 
werden soll, ist über den Endlager-Standort offenbar bereits eine politische 
Vorentscheidung getroffen worden. Nirgendwo sonst in Frankreich werden noch 
alternativ Untersuchungen durchgeführt. 

Für die Endlager-GegnerInnen, ob aus Goleben oder Benken, ob aus der 
italienischen Region Basilicata[1] oder aus Lothringen ist klar, daß überall 
nicht etwa die wisschenschaftliche Untersuchung, sondern allein die Tatsache, 
daß es sich um abgelegene, dünn besiedelte Regionen handelt, die Standortwahl 
bestimmte. Und ebenso wie bereits seit über 20 Jahren im Wendland, wird von der 
staatlichen Agentur für radioaktive Abfälle (ANDRA) mit Millionenbeträgen 
versucht, sich in der Region um Bure beliebt zu machen. Und diese Versuchung ist 
um so verlockender, je höher die Arbeitslosenquote in einer strukturschwachen 
Region liegt.

Allein in das festungsartig ausgebaute "Endlager-Labor" bei Bure flossen bislang 
jährlich rund 8 Millionen Euro. Die französische Regierung steht unter selbst 
verordnetem Zeitdruck, denn laut Gesetz muß noch in diesem Jahr das 
Endlager-Problem "gelöst" sein. Doch in dieser Materie sind unerwartete 
Wendungen nicht selten. Bis vor kurzem noch wollte US-Präsident Bush mit aller 
Kraft ein US-amerikanisches Atommüll-Endlager in den Yucca Mountains[2] 
durchsetzen. Wie am Rande des kürzlich in St. Petersburg stattgefundenen 
G-8-Gipfels zu erfahren war, soll nun mit Putin um einen Endlager-Standort in 
Sibirien verhandelt werden. Dort sollen dann nicht nur die radioaktiven Abfälle 
aus US-amerikanischen AKWs sondern darüber hinaus die Abfälle aus allen von 
US-Firmen gebauten AKWs eingelagert werden.

Diese aktuelle Entwicklung war unter anderem Thema bei einer Podiumsdiskussion 
am Sonntag Nachmittag. VertreterInnen von Bürgerinitiativen aus Frankreich, der 
Schweiz, Deutschland und Spanien bekundeten solidarisch, daß es ohne einen 
Atomausstieg keinen Kompromiss in der Frage eines Endlager-Standortes geben 
könne. Auf einhellige Zustimmung stieß die Feststellung der Vertreterin der 
deutschen BI gegen das geplante Atommüll-Endlager für schwach- und 
mittelradioaktive Abfälle in Schacht Konrad bei Salzgitter, Ursula Schönberger: 
"Sobald die internationale Atom-Lobby ein einziges Endlager vorweisen kann, wird 
ein Ausstieg aus der Atomenergie weiter und weiter verzögert."

Der inter-europäische Informationsaustausch stellte sich als außerordentlich 
fruchtbar heraus. Auf großes Echo stießen die Erfahrungen der auch in 
Deutschland nur wenig bekannten Schacht-Konrad-BI. Noch vor 15 Jahren hätten die 
Betreiber das Bergwerk als "absolut sicher" gelobt. Inzwischen müßten sie selbst 
eingestehen, daß sie angesichts eindringender Wassermassen "hilflos" seien, so 
Ursula Schönberger, die sich von der unvermuteten Offenheit der Betreiber 
"völlig überrascht" zeigte. In einer Diskussionsrunde wurde mehrfach betont, wie 
wichtig Informationsaustausch und Vernetzung innerhalb der europäischen 
Anti-Atom-Bewegund seien.

Klaus Schramm

[1]
ItalienerInnen erfolgreich - 
kein Endlager weltweit
www.netzwerk-regenbogen.de/akwit031202.html

[2]
Atomares Endlager Yucca Mountain gestoppt
www.netzwerk-regenbogen.de/endlyucca040722.html





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