[Debatte-Grundeinkommen] Eine Partei nur für Grundeinkommen zersplittert unsere Kraft in den Parteien.

Arfst Wagner arfst_wagner at web.de
Mi Nov 23 22:01:22 CET 2016


Lieber Thorsten
ich danke Dir für Deinen Beitrag.
Ich bin für das bGE seit etwa 15 Jahren öffentlich unterwegs, also schon 
seit vor Einführung der Agenda 2010.
Ich bin auch nahezu für jede phantasievolle Aktion für das bGE zu haben.
Und ich bin zwar Landesvorsitzender der Grünen in Schleswig-Holstein, 
schreibe hier aber nicht als solcher, sondern als bGE-Aktivist.

Ich unterstütze die bge-Partei nicht. Und zwar nicht, weil ich bei den 
Grünen bin, sondern weil ich eine monothematische Partei für gefährlich 
halte. Das Ziel der Partei ist tatsächlich ein Einzug in den Bundestag. 
Das wäre anders ja auch blödsinnig. Wenn Du aber Leute in den Bundestag 
wählst und sie nur aufgrund eines einzigen Themas dort sitzen, dann ist 
das ein Anachronismus. Sollen die möglicherweise Gewählten dann zu allen 
anderen Themen schweigen? Das würde bedeuten, dass sie in den 5 Jahren 
Legislatur vielleicht im besten Fall 10 Tage was sagen werden. Und die 
Frage ist, was für Leute die Partei dann in den Bundestag entsenden 
würde, was sich herausstellt, wenn sie sich tatsächlich auch zu andern 
Themen äußern? Da wird man sicherlich so manche Überraschung erleben, 
denn in der bGE-Szene tummeln sich auch extrem viele Rechtslastige und 
Verschwörungstheoretiker. Mir wird bei dem Gedanken echt ganz anders. 
Schweigen solche Leute dann bei der Fluchtthematik, bei Kriegseinsätzen 
usw?

Dazu kommt, da es sich ja vorwiegend um eine Zweitstimmenkampagne 
handeln wird, das bedeutet, dass vermutlich fast alle Stimmen für die 
Partei den Grünen und der Linken weggenommen werden, was diese beiden 
Parteien, die am nächsten drann sind am bGE, schwächen wird und nicht 
die anderen. CDU, AfD, SPD und FDP werden so gestärkt.

Im Nachhinein ärgere ich mich immer, wenn ich das Motto "Grundeinkommen 
in den Bundestag" lese, dass ich in meiner Zeit als MdB praktisch 
keinerlei Unterstützung aus der Szene bekam, obwohl ich das erste 
Fraktions-übergreifende Treffen zum bGE im Bundestag organisiert habe 
(Linke, Grüne, CDU und SPD waren dabei) und besonders, als der Tag der 
Abstimmung der Wiest-Petition kam. Da war von den 70 000, die die 
Unterschrift abgegeben hatten, nichts zu sehen und zu hören, obwohl Büro 
Kipping und Büro Wagner alles für die Mobilisierung getan haben was in 
unseren Möglichkeiten lag. Sehr desillusionierend alles.Und ich füchte, 
die Parteigründung ist eine völlig naive Geschichte, die der CDU, SPD, 
FDO und AfD in concreto hilft, das bGE aus dem Bundestag rauszuhalten, 
weil vielleicht wie beim letzten Mal der Linken und den Grünen die 
Prozente fehlen werden und damit die bGE-Befürworter beider Parteien, 
die meist noch in der zweiten Reihe es wieder nicht schaffen werden, in 
den Bundestag zu kommen. Ich schreibe das aus echter Sorge und nicht aus 
Eigeninteresse, weil ich gar nicht vorhabe, wieder aussichtsreich für 
den Bundestag zu kandidieren.

Ich selbst würde zum Beispiel raten, mit der Idee des bGE in bestehende 
Parteien zu gehen, wobei ich ausdrücklich sagen möchte, dass es nicht 
die Grünen sein müssen, obwohl auch da Unterstützung nicht schaden 
könnte. Ich habe sogarin der CDU eine ganze Reihe Leute kennen gelernt, 
die dem bGE positiv gegenüberstehen.

Was ist denn das Parteiziel der bGE-Partei? Die Einführung des bGE? Dann 
bleiben meine Bedenken bzgl. monthematischer Partei bestehen: die der 
Unterwanderungsgefahr von Rechts und die des "Rumsitzens und 
Verbrauchens von Steuergeldern" weil man sich ja zu anderen Themen nicht 
äußern kann. Mit der Unterwanderung habe ich hier in SH ja eindeutige 
Erfahrungen gemacht. Und ich habe auch weiter recherchiert, zum Beispiel 
an der Schnittstelle zwischen bGE und Regiogeld. Und auch dort bin ich 
relativ fündig geworden, nicht nur bzgl. Reichsbürgern. Ich habe 
jahrelang vor den Reichsbürgern gewarnt und wurde selten Ernst genommen. 
Ich wünsche der bGE-Partei, dass ihr das nicht passiert. Ich würde aber 
allen Kandidaten einem echten Politikcheck unterziehen. Sollten sich da 
Leute von Rechts einschleusen, schadet das der bGE-Bewegung.

Und Sabine, wenn Du schreibst: bei Linken und Grünen bewegt sich bzgl. 
Grundeinkommen nicht, dann empfinde ich das als echten Schlag ins 
Gesicht. Ich glaube, Du MÖCHTEST das vielleicht so sehen und falls das 
so ist, dass Du das MÖCHTEST, dann frage ich mich natürlich auch, warum?
Gerade vor 10 Tagen haben sich die Grünen auf dem Bundesparteitag in 
Münster pro bGE und gegen die Hartz IV-Sanktionen ausgesprochen. Sicher, 
das hat dem größten Teil der Grünen Parteispitze wenig gefallen, aber 
sollte man nicht gerade dann in einem solchen Fall den Schwung, der sich 
gerade bei den Grünen zeigt, unterstützen? Und auch die 
bGE-AktivistInnen der Linkspartei könnten Unterstützung mit Sicherheit 
ziemlich gut gebrauchen.

Wenn Du schreibst: da bewegt sich nichts, dann ist das rein faktisch 
einfach falsch und ist auch noch dazu gemein denen gegenüber, die sich 
in den sicherlich schwierigen Überzeugungskämpfen innerhalb der Parteien 
den Hintern aufreißen.

Aber okay, wenn Ihr so eine monothematische Partei gründen wollt, dann 
macht das. Aber ich finde, man sollte das in einer Zeit, in der die 
Demokratien Auflösungserscheinungen zeigen, nicht aus Naivität tun. Denn 
es könnte tatsächlich das geschehen, was Thorsten schreibt: es könnte 
die bGE-Bewegung weiter zerspalten. Und auch aus anderen Gründen der 
UIdee des bGE schaden.
ich finde es zum Beispiel außerordentlich seltsam, dass sich die 
Zurückhaltung von bGE-Befürwortern gegenüber Parteien auch auf das 
Netzwerk Grundeinkommen bezieht. Da könnte man sich doch zumindest 
engagieren und dafür sorgen, dass dieses Netzwerk nicht 4000, sondern 40 
000 Mitglieder hat und dann auch in der Lage wäre, Druck auf die 
Parteien bzgl. bGE auszuüben. Auch hier stellt sich also die Frage: 
warum eine weitere bGE-Gruppe?

Oder möchte man lieber mit Gleichgesinnten den Tag verbringen und sich 
nicht in den Schlamm von Debatten werfen, die manchmal richtig ahn die 
Nieren gehen? Davor wird man auch in einer neuen Partei mit Sicherheit 
nicht davonlaufen können.

Das alles schreibe ich nicht, weil ich irgendwas blockieren will. Weil 
ich hier verdeckten Wahlkampf für die Grünen machejn möchte oder so, 
sondern weil es mir echt um das bGE geht, das ich in meinem Leben noch 
er-leben möchte.

Viele Grüße!
Arfst Wagner

Am 22.11.2016 um 16:59 schrieb Thorsten Bloch -von der Haar via 
Debatte-Grundeinkommen:
> Liebe Sabin, sowohl bei den Grünen als auch bei den Linken und auch 
> der SPD ist das Grundeinkommen Thema. Nur weil gerade die Debatte um 
> ein Grundeinkommen nicht in die Gewünschte Richtung läuft, muss man 
> nicht aus den internen Parteidiskussionen ausscheren und bei Null 
> beginnen. Man muss lauter die Bewegung in alle bestehenden Parteien 
> bringen. Selbst in führende Wirtschaftskreisen wird das Grundeinkommen 
> bereits als Notwendiges Instrument, für eine Wirtschaft 4.0 
> besprochen, da nicht jeder Arbeitsplatz auf Level4.0 bezahlbar ist! 
> (lest bitte was Siemens-Chef Joe Kaeser dazu sagt:SZ-Wirtschaftsgipfel 
> am 20.11) Eine Partei mit dem Thema Grundsicherung mit der 
> unzufriedenen Partei AFD zu vergleichen halte ich für gewagt. Der 
> Vergleich mit den Piraten ist zutreffender und beschreibt was ich 
> meine. Die Piraten haben sich aus den von mir genannten Gründen 
> schnell zerlegt. Ämtervergabe, Lobbyisten, Rechtspopulisten und 
> Themenzwist. Die Tíerschutzpartei kommt immer auf ein Prozent mit 
> ihrem Thema, das ungehört den Grünen fehlt. Wo eure Partei ankommen 
> wird, ist auf EU Ebene. Wir müssen das Grundeinkommen Groß denken. Die 
> Wirtschaft ist vernetzt und eine EU-Grundeinkommens und 
> Sozialsichungspartei würde einen Europäischen Gegenpol zur 
> Wirtschaftswelt darstellen. In Deutschland würde diese Partei nur eine 
> Zersplitterung und Kraftverlust bedeuten.
> Wie gewmünscht Antwort auf Zitat:
> Sabine
> schrieb am 18.11.16 um 00:30 Uhr( Permalink 
> <https://www.grundeinkommen.de/22/09/2016/eine-partei-nur-fuer-grundeinkommen.html#comment-58095> 
> ):
> @Thorsten
> Grüne und Linke arbeiten mit diesem Thema nicht wirklich, da bewegt 
> sich nichts. Außerdem gibt es mit der AfD bereits eine Partei als 
> Beispiel dafür, wie man mit nur einem Thema (denn das ist es klar 
> gesehen), der Fremdenfeindlichkeit, zu Wahlergebnissen über 5 % 
> gelangt. Daher finde ich die Idee der Parteigründung BGE nicht dumm. 
> Die Idee des Grundeinkommens bedingt außerdem die Beschäftigung mit 
> vielen gesellschaftlichen Themen, und alles andere ergibt sich wie bei 
> jeder anderen Partei auch. Jeder hat mal klein angefangen, wie man an 
> den Grünen sieht. Auch wenn die Grünen heute bei vielen Leuten Zweifel 
> aufwerfen, aber wo ständen wir umweltpolitisch ohne diese Bewegung? 
> Verseuchte Erden, verkohlte und verpestete Luft und stinkende tote 
> Flüsse kenne ich noch aus meiner Kindheit (West!). Wir können nicht 
> für 20 Jahre im Voraus denken, aber wir können jetzt handeln. Wenn man 
> mit Nichts anfängt, gibts auch Nichts zu verlieren.
> Thorsten
> schrieb am 07.11.16 um 12:45 Uhr( Permalink 
> <https://www.grundeinkommen.de/22/09/2016/eine-partei-nur-fuer-grundeinkommen.html#comment-58057> 
> ):
> Blöde Idee!
> Noch eine Partei, die die Befürworter eines Grundeinkommens bei den 
> Grünen und Linken absaugen wird, um sie dann unter der 5%-Hürde 
> verschwinden zu lassen, stärkt die Parteien dort wo entschieden wird, 
> die das Grundeinkommen nicht wollen. Ihr müsst auf alle Parteien 
> einwirken, dass es dort einen breiten Konsens gibt. Volksentscheide 
> und Unterschriftenlisten, aber auch Parteiarbeit! Politik in den 
> Parteien machen die, die hingehen! Die Partei, die ihr da plant, hätte 
> keine Chance. Ein-Themen-Parteien haben keine Chance. Die Debatte der 
> Vor- und Nachteile eines Grundeinkommens, die bei Grünen und 
> Linkspartei schon fortgeschritten geführt wird, würde bei Null 
> anfangen und sich um Jahre verschieben!
>
> 1.
>     Thorsten
>     schrieb am 07.11.16 um 13:10 Uhr( Permalink
>     <https://www.grundeinkommen.de/22/09/2016/eine-partei-nur-fuer-grundeinkommen.html#comment-58058>
>     ):
>     Und wenn diese Einthemenpartei dann da ist und sich doch von ihren
>     Mittgliedern gezwungen sieht, mehr Themen anzufassen, passiert das
>     was überall passiert. Erst kommen die Pöstchenabgreifer, die mit
>     ihrer ganzen Erfahrung prahlen und dann dieselben Fehler machen,
>     für die sie bei ihren Exparteien nicht mehr gewählt wurden. Es ist
>     ja nicht so, das man mit einer Partei kein Geld machen kann. Und
>     dann dürft ihr euch noch mit den ganzen Rechtsradikalen und
>     Kommunisten, die sich überall reinhängen, rum ärgern. Seht euch
>     doch die Lucke-AfD und die Piraten an. Durch rechte Populisten
>     sehr viel Arbeit kaputt gemacht. Wenn ihr Parteien schon als
>     uncool bezeichnet, solltet ihr keine gründen! Da müsst ihr ganz
>     viel Zeit, Arbeit und auch eigenes Geld reinstecken. Die Zeit
>     fehlt euch für euer eigentliches Thema.
>
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