[Debatte-Grundeinkommen] Zur Sache, Schätzchen! - sowie Dank für und kurze Reaktion auf Joachims Zusammenstellung

Karin Teetzen karin at inkat.de
Sa Dez 31 01:07:57 CET 2016


Hallo Bert,

> Allerdings sind die Dokumente schon wieder fast fünf Jahre 
> alt und die bGE-Szene ja vielfältig quirlig. Ich bezweifle, 
> dass die Tabelle alles abdeckt, was so diskutiert wird. 

Ich glaube, dass so ziemlich jeder, der sich mit dem BGE auseinandersetzt
nach und nach seine eigenen Vorstellungen entwickelt und es deshalb am Ende
bestimmt so'n paar Millionen verschiedener Konzepte gibt. ;-)

IMO ist es aber auch gar nicht so wichtig, wie das fertige BGE am Ende
aussieht. Es wird sowieso immer wieder mal an die Umstände angepasst werden
müssen. 

Wichtig ist, das es die Umverteilung von Arm zu Reich umkehrt und der
Wirtschaft ein Weiterbestehen ermöglicht. Alles andere ist dann zweitrangig.


Ich könnte auch damit leben, dass die Reichen noch ein paar Jahrzehnte
(Jahrhunderte) Reich blieben, vorausgesetzt, sie würden, nach und nach,
relativ gesehen immer weniger Reich sein. 

Die Tabelle gibt immerhin eine guten Überblick über die Reichhaltigkeit der
Ideen zum BGE. ;-)

>  >>bei möglichst sekundengenauer Bindung der Höhe des bedingungslosen
>  >>Grundeinkommens an einen möglichst komplexen Warenkorb.
> 
> >Dann müsstest du das BGE ja auch Sekundengenau auszahlen?! Ist das 
> >nicht ein bisschen kompliziert? Das BGE soll doch gerade 
> >unser System vereinfachen.
 
> Finanzierung über Geldmengenerhöhung hieße, dass die EZB das 
> ausschütten müsste. Pragmatisch würde ich denken, dass es 
> sinnig wäre, jedem Individuum ein bGE-Konto bei der EZB 
> zuzuweisen

Bin zwar immer noch der Meinung, dass eine 'sekundengenaue' Abrechnung
übertrieben wäre, aber das mit dem Konto bei der EZB finde ich gut!. 

> Du betonst ja selbst die 'Volatilität der Märkte'. 

IMO müssten die Finanzmärkte stark beschnitten werden. Den gesamten
Finanzmarkt mit den Aktien, (Staats-)Anleihen, Derivaten usw. brauchen wir
doch gar nicht. Wenn eine Firma Geld braucht, reicht auch ein 'normaler'
Kredit. Dann hätten wir auch nicht mehr das Problem der Rückschläge vom
Finanzhandel auf den 'normalen' Handel. 

Und (in meiner Utopie) das Endziel des Geldmarktes wäre sowieso eine einzige
Weltwährung (Geldmenge = BGE + Löhne) mit evtl. vielen kleinen zusätzlichen
Regionalwährungen. 

> Es ist völlig klar, dass mein 
> Vorschlag, der diese Summe einfach als zusätzliche Geldmenge 
> über alle Individuen Jahr für Jahr ins Gesamtsystem 
> einspeisen will, zu Inflationseffekten führen würde, gerade 
> in der Einführungszeit vermutlich zu sehr turbulenten. 

Wenn gleichzeitig zur Einführung des BGE die Steuern erhöht würden, würde
dem Gesamtmarkt das übers BGE ausgezahlte Geld auch wieder entnommen werden.


Dann bräuchtest du gar nicht so kompliziert denken wie mit Inflation und
'sekundengenauer' Abrechnung. ;-)

> Exponentialfunktionen würden 
> wohl eine bedeutsamere Rolle in der Schuldidaktik bekommen, 

:-)

> Da wir ja ohnehin eine 
> Zweidrittelmehrheit für meinen Vorschlag bräuchten (und 
> letztlich noch viel mehr, wenn wir das in Euro und nicht in 
> Neumark durchziehen wollen: einen Konsens innerhalb der EU), 

Bei der Tagesschau gibt es gerade ein #kurzerklärt zum BGE
http://www.tagesschau.de/multimedia/video/video-227265.html. 

Ich weiß zwar nicht, woher die ihre Zahlen haben, aber dort sagen sie, das
64% der Bevölkerung einem BGE zustimmen würden. :-)

> Für viele Leute 
> ist ja heute nicht einzusehen, warum ein bGE auch Leuten 
> ausgezahlt werden soll, die z. B. eine gute Rente/Pension, 
> einen guten Lohn oder hohe regelmäßige Einnahmen aus Vermögen 
> haben. Eine strukturelle Inflation würde diese 
> Einnahmequellen teilweise sicher, teilweise wahrscheinlich 
> sukzessive entwerten - ohne wiederum in irgendeiner Weise in 
> geltende Rechtsansprüche einzugreifen. 

Nun, gegen eine Inflation hätten die Leute bestimmt genauso viele
Vorbehalte, wie gegenüber einem BGE. Immerhin gab's so was schon zweimal bei
uns. 

> Eine Steuerreform durchzubekommen, 
> die die Steuerlast annähernd verdoppelt, dürfte weitaus 
> schwieriger und komplizierter sein - scheint mir zumindest. 
> Andererseits ist das derzeitige Steuer-Sozialstaatssystem 
> ohnehin in sich ein Skandal und es bedürfte eigentlich auch 
> ganz unabhängig von bGE-Diskussionen einer radikalen Reform.

Ja eben, zwei Fliegen mit einer Klappe. ;-) 

Und mit steigenden Steuern kennen die Leute sich ja aus. ;-)
 
> Ansonsten: Touristen mit in die Gruppe der 
> Anspruchsberechtigten für ein bGE zu nehmen, geht selbst mir 
> zu weit. 

Ich wollte betonen, dass ich wirklich JEDEM ein BGE auszahlen möchte! 

Das wird wohl schon an der Bürokratie (Meldepflicht, Konto einrichten)
scheitern, aber sinnvoll wäre es. Wenn das BGE z.B. über eine erhöhte MwSt.
finanziert würde, müssten die Touristen diese ja schließlich auch zahlen,
wenn sie bei uns wären. 

Das BGE müsste die erhöhten Steuern (bei den Armen weniger, bei den Reichen
mehr), die es zur Finanzierung benötigt ja auch erst einmal ausgleichen. Und
diese Funktion des BGE sollte IMO eben auch bei Besuchern (Touristen) der
Fall sein. 

> Grundsätzlich würde ich mir wünschen, dass wir ein 
> bGE auf globaler Ebene installiert bekommen

:-)

> Wenn wir uns vergegenwärtigen, wie massive 
> Widerstände es insbesondere in D-Land auch nur dagegen gibt, 
> ein einheitliches Sozialsystem innerhalb der EU zu 
> etablieren, und wie scharf die rechtspopulistischen Angriffe 
> gegen Armutszuwanderung sind, dann dürfte relativ klar sein, 
> dass die Bereitstellung eines bGE für Touristen derzeit wohl 
> nur damit erkauft werden könnte, dass wir sehr strenge 
> Auflagen für ausländische Urlauber etablieren. 

Im Moment können wir froh sein, wenn die Populisten es nicht schaffen, die
Grenzen ganz dicht zu machen und überhaupt keinen (auch keine Touristen)
rüberkommen zu lassen. :-(

> Das halte ich 
> nicht für wünschenswert, weshalb ich Touristen zumindest 
> vorerst aus der Gruppe der Anspruchsberechtigten ausschließen 
> wollen würde. Sehr eng damit zusammenhängend fürchte ich z. 
> B. auch, dass es politisch alles andere als einfach sein 
> wird, das bGE auch Menschen zur Verfügung zu stellen, die 
> sich illegal hier aufhalten. Ich fänd's einen Skandal, das 
> nicht zu tun, nämlich die Zementierung einer Sklavenkaste - 
> sehr viele Leute aber dürften das exakt umgekehrt empfinden.

Den Rechten nach sind das doch sowieso keine Menschen, also haben die auch
keine Menschenrechte! :-( 

Du sprichst hier aber ein heikles Thema an. Was ist mit den Menschen, die
sich nicht anmelden (können/dürfen)? Also auch kein Konto bekommen können. 

Wie wär's mit einer Institution, die quasi als Sammelstelle das BGE Geld für
viele (Obdachlose/Illegale) einsammelt und dann intern verteilt. Ist nur
eine Frage, wie solch eine Institution wiederum kontrolliert werden kann
(Stichwort: Doppelt abkassieren/Korruption).
 
Liebe Grüße,
Karin




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