[Debatte-Grundeinkommen] Monothematische Partei vs Vollpartei

Karin Teetzen karin at inkat.de
Mi Dez 21 05:09:22 CET 2016


Lieber Arfst, 

> Liebe Karikn, ich hatte ja auch geschrieben dass das gehalt 
> kein grund zum Jammern ist. Ich meine nur, dass es auch kein 
> grund ist zu behaupten, dass jemand wegen dieses Geldes MdB 
> wird. Man muss ja sehen dass jemand, der aus einem normalen 
> beruf rausgeht und in den Bundestag kommt und dan dann z. B. 
> 4.8 Jahre sitzt, oft nicht einfach so wieder in seinen alten 
> beruf rein kann.

Dieses Argument habe ich schon mehrfach gehört und ich halte es für stark
übertrieben. 

Abgeordnete haben meist eine sehr gute Bildung, häufig sind es Akademiker,
haben einen Beruf wie Lehrer, Jurist etc., und deshalb eine viel höhere
Chance auf dem Arbeitsmarkt. Außerdem haben sie gerade durch ihre
Abgeordnetentätigkeit Netzwerke aufgebaut und Kontakte geknüpft. Wenn sie
nicht aus Ideologischen Gründen auf das "Vitamin B" verzichten, haben sie
quasi die perfekten Voraussetzungen um in dieser Gesellschaft einen guten
Job zu bekommen. 

Sie sind Leistungsfähig, Kontaktfreudig, Teamplayer. Alles "social skills"
die auf dem Arbeitsmarkt sehr gefragt sind! 

Sie müssen vielleicht kurzfristig auf etwas Gehalt verzichten, haben
vielleicht auch mal einen Karriereknick, aber die Gefahr, in die
Arbeitslosigkeit hineinzurutschen, sogar in die Langzeitarbeitslosigkeit,
ist doch wohl ziemlich gering.

> Heute hat sich die Sache insofern verschärft, als das viele, 
> die wenig haben, gar nicht mehr so viel haben wollen, wie 
> die, die mehr haben, sondern sie wollen, dass die, die mehr 
> haben, auch so wenig haben, wie sie.
> Das fordert eine Entwicklung nach unten, die durch zunehmende 
> gesellschaftliche Angst zusammengehalten wird. Wenn das so 
> weitergeht, dann ist das nicht mehr die Gesellschaft, in der 
> ich leben möchte.
> Ich will damit nicht sagen, dass ich bei DIR Neid erlebe. Das 
> nur, damit Du mich nicht missverstehst.

Du hast Recht, ich bin nicht neidisch auf dein Gehalt. Ich könnte damit
sogar gut leben, wenn am Ende wirklich eine "soziale Gesellschaft" dabei
herauskommt, unsere Politiker also ihre Arbeit machen würden! 

Auch wenn ich wenig habe, so habe ich dennoch ein ausgefülltes, zufriedenes
Leben. Mit mehr Geld würde ich mir kaum ein besseres leisten können (klar
habe ich ein paar Konsumwünsche, aber die würden mich nicht zwangsläufig
glücklicher machen).

Meine Kritik an einem hohem Gehalt ist mehr von einem Aspekt der
Umweltthematik her zu sehen. Mehr Geld führt einfach zu einem höherem Konsum
und damit mehr Umweltverschmutzung. Wir haben unseren Planeten sowieso schon
ziemlich kaputt gemacht und wenn jetzt ALLE VIEL verdienen würden, wäre es
in sehr kurzer Zeit mit uns allen zu Ende (zumindest wenn nicht noch viele
weitere Massnahmen flankierend eingreifen).

Das ist dasselbe Argument, mit dem die Industriestaaten immer die ganzen
dritte Welt Länder klein zu halten versuchen. Wenn diese nämlich einfach auf
unser Niveau angehoben würden, wurde z.B. der Öl- und Kohleverbrauch und
damit die CO2 - Belastung unserer Atmosphäre, stark ansteigen. 

Wir haben als Bürger in einem Industriestaat einen viel zu hohen Lebensstil.
Ich habe in dem Text auf meiner Homepage (lies in ruhig mal durch ;-)) auch
dafür eine Lösung skizziert. Aber mit unserer jetzigen Konsumwelt ist ein
hohes Gehalt nicht zu vereinbaren. Gerade du als Grüner müsstest dies
eigentlich auch gut nachvollziehen können. 

Es können also nicht einfach ALLE auf ein höheres Niveau angehoben werden,
sondern wir müssen uns ein niedrigeres, der Umwelt angepasstes Niveau
suchen, bei dem dann ALLE ungefähr gleich zufrieden sind und unser Planet
und die Menschheit doch noch überleben.

Ich glaube, dass viele Menschen dies auch unbewusst schon begriffen haben
und daher rührt wohl auch ein Teil der Angst vor der Zukunft, die viele
Menschen haben. Denn als einzelner Konsumverzicht zu üben und zu hoffen,
damit die Welt zu retten, halte ich für nicht möglich. Alles was der
Einzelne einspart wird quasi automatisch ein Anderer wieder mehr ausgeben,
denn die Menschheit geht immer bis an die Grenze dessen, was möglich ist.
Wenn es also heißt: Wir dürfen nicht soviel Konsumieren, wir müssen die
Umwelt schützen, dann steckt dahinter: Der untere Teil der Gesellschaft muss
noch etwas mehr verzichten, damit der obere wieder etwas mehr verbrauchen
kann. Und deshalb funktionieren auch die Appelle an unser Umweltbewusstsein
nicht, weil die Menschen dies eben (unbewußt) schon begriffen haben. 

> Aber Bundestagsabgeordnete wegen dieses Gehalts zu bashen 
> finde ich nicht angemessen, besonders wenn man das mit den 
> Gehältern in der Wirtschaft, im Sport, in der Pop-Szene  usw. 
> vergleicht. Das nimmt die Gesellschaft immer noch relativ 
> gelassen hin und das verstehe ich nun wiederum nicht.

Ich "bashe" nicht nur unsere Abgeordneten für ihr hohes Gehalt sondern
explizit ALLE anderen auch. ;-)
 
> Und manchmal denke ich, dass heute erst dann alle glücklich 
> sind, wenn alle unglücklich sind.
> Das ist eine Neid-Spirale nach unten. Das darf nicht wahr sein.

Wenn "die Reichen" nicht auf einen Teil ihres Gehalts und Vermögens
verzichten, haben ALLE anderen darunter zu leiden. 

Ohne Reich kein Arm und umgedreht! 

> Genau dagegen steht ja das bGE, es will allen von unten nach 
> oben mehr geben. Deshalb wird es Zeit, dass es kommt und wenn 
> es nicht bald kommt, wird es krachen. Ich bin der 
> Überzeugung, dass es bald kommt. Das Problem sehe ich, ich 
> schrieb es bereits, in der Frage, in welcher Form es kommt.

Ein BGE alleine wird unsere Gesellschaft nicht viel besser machen. Ein BGE
reicht gerade mal dazu die Auswirkungen der Industrie 4.0 und deren
Rationalisierungsmöglichkeiten auszugleichen. 

Am grundsätzlichen Konflikt zwischen Reich und Arm, der Umweltproblematik,
der hierarchischen Gesellschaft, dem Industriestaaten - Dritte Welt -
Konflikt, unserem egoistischen Verhalten, dem Leistungsprinzip usw. ändert
das gar nichts! 

Einer wirklich Utopische Welt, von der ich Träume (lies ruhig mal meinen
Text ;-)), kommen wir selbst mit einem BGE kaum näher. 

Und ich will dir nicht die Illusionen rauben, aber selbst ein BGE-Light sehe
ich noch lange nicht. Eher wird bald die AFD hier regieren und eine neue
Diktatur aufbauen. :-(

Es klingt jetzt unheimlich Arrogant, aber ich bin hochintelligent (in der
Schule hatte ich mal einen IQ-Test mit 169 Punkten) und ich weiß das ein
System, wie ich es in meinem Text auf der Homepage beschrieben habe,
funktionieren würde. 

Aber ich habe keine Ahnung, wie es unserer Gesellschaft gelingen kann solch
einen Wandel durchzumachen. Eine Revolution halte ich noch die
wahrscheinlichste Möglichkeit, aber eine Revolution hat immer Anführer und
die werden danach kaum auf ihre Macht verzichten wollen (der Kommunismus
lässt grüßen). Ein ganz langsames durchsickern der Idee einer gleichen
Gesellschaft, ein langsames verbreiten in der Öffentlichkeit bis eine
kritische Masse erreicht ist dauert einfach zu lange (bis dahin ist der
Planet kaputt) und würde sowieso durch die herrschende Elite (die meisten
Medien sind in den Händen von Reichen Oligarchen) verhindert werden. 

Wie ich schon schrieb, ich bin ziemlich pessimistisch. :-( 

Liebe Grüße
Karin




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