[Debatte-Grundeinkommen] Zu Verena Neddens Beitrag "Bewusstseinsfrage" und Bitte um Hilfe für ein Buchprojekt
unversoehnt
unversoehnt at gmx.de
Di Sep 9 19:29:35 CEST 2014
Liebe Verena, liebe Mitlesende,
ich hoffe, es ich ok für dich, wenn ich dich duze. Ich mach' das mal
einfach feist.
Ich habe bereits vor gut zwei Wochen angefangen, mich mit deiner Website
und deinem Beitrag auseinanderzusetzen. Daraus ist im ersten
Arbeitsschritt ein 40-Seiten-Textdokument plus 27 Graphik-Dateien mit
Tabellen und Diagrammen geworden und in einem zweiten Schritt das
Projekt für ein Büchlein mit derzeit 50 Seiten teils aus dem ersten
Dokument kopiertem, größerenteils aber neuem Text und weiteren 23
Dateien mit Tabellen und Diagrammen. Ich habe schon seit einer Woche
vor, dir und dem Mail-Verteiler zumindest mal bruchstückhaft darüber
Rechenschaft abzulegen. Jochens Mail animiert mich nun, das auch
tatsächlich mal zu tun.
Abgesehen von im Endeffekt vermutlich sehr ausgedehnten Betrachtungen zu
ökonomischen, juristischen, philosophischen, marxistischen und
theologisch-spirituellen Fragestellungen im Kontext der bGE-Debatten hat
sich mir die Kernidee durch die Auseinandersetzung insbesondere mit
deinem youtube-Beitrag (vgl. http://youtu.be/Wx5_oieNajE ) aufgedrängt,
den ich allerdings noch immer bloß zu etwas mehr als der Hälfte
angeschaut habe, obgleich ihn eigentlich detailliert kommentieren
wollte. Für diesen Anstoß möchte ich mich erstmal bei dir bedanken. :o)
Auch wenn ich noch immer etwas skeptisch bin, vertraue ich dir als
Fachfrau mal dahingehend, dass die Steuer- und
Sozialversicherungsbelastung oberhalb des Grundfreibetrags quasi für
alle steuerpflichtigen Personenkreise bei um die 50 % liegt. Als ich
Anfang des Jahres aus meinem eigenen und neuen Hartz4-Status heraus die
Einkommens-Verrechnungsregeln nach SGB II § 11 b, Abs. 3 halbwegs
begriffen hatte, war mir klar, dass ein Wiedereinstieg in prekäre
Beschäftigung aus monetären Gesichtspunkten null Sinn macht. Mein
persönlicher Ärger darüber hat sich durch die Beschäftigung mit deinen
Ausführungen nun zu einem politischen Ärger sublimiert, der es mir
sozusagen möglich macht, vergleichsweise ziemlich alte offene Rechnungen
wieder in Angriff zu nehmen. Machst du schon kursorisch klar, dass unter
Einbeziehung der Sozialversicherungen von einer progressiven
Einkommensbelastung nicht die Rede sein kann, sondern in Bezug auf
Lohnabhängige eher von einer degressiven Belastung sowohl im Übergang
von prekärem zu normalem als auch im Übergang von normalem zu
Spitzensegment, so scheint mir das aus agitations-taktischen Gründen für
ein bGE einer präzisen Betrachtung wert. Im ersten, etwas vage
konzipierten und auf deinen Zahlen fußenden Arbeitsschritt war das
Ergebnis etwa Folgendes: Betrachtet man Hartz4 als existenzsicherndes
Grundeinkommen, das zwar nicht bedingungslos ist, aber der allgemeinste,
weil auf die erwerbsfähige Bevölkerung ausgelegte Repräsentant des
sozialstaatlichen Netzes, in das so oder so mehr oder weniger alle im
Fall von Hilfebedürftigkeit fallen, dann kann man sich auf den
Standpunkt stellen, dass wir quasi alle Harzt4ler sind, nur nicht mit
gleichem quantitativen Anspruch. Damit ergibt sich eine überaus simple
Vergleichbarkeit zu einem bGE einerseits. Andererseits macht es dann
Sinn, die alten offenen Rechnungen, nämlich die politischen
Mainstream-Debatten um Lohnabstandsgebot und Progression, aus einer
allgemeineren Perspektive wieder aufzuwickeln. Meine Arbeitsfrage lautet
daher: In welchem mehr oder weniger allgemeinen Verhältnis steht der
ökonomische Anreizsetzer Bruttolohn (plus Arbeitgeberanteil an
Sozialversicherungen) zum tatsächlich verfügbaren Einkommen nach der
Verzerrung durch Staatsaktivitäten, als da wären: Hartz4,
Sozialversicherungen und Steuern. Ich hebe also die Frage der
Steuerprogression auf die allgemeinere Ebene der relevanten
Staatsaktivitäten insgesamt. Dabei hat sich im ersten, noch recht vage
konzipierten Anlauf herausgeschält: Diejenigen, die bei um die 2.000
Euro brutto im Monat liegen, sind gemessen an ihrer durch dieses
Einkommen bestimmten Leistungsfähigkeit deutlich die stärksten Schultern
des Gemeinwesens. Ein gerechtigkeitstheoretischer Skandal.
Anreiztheoretisch ist das gleichbedeutend mit der Feststellung: Jedes
Einkommen bis um die 2.000 Euro arbeitet im Zweifelsfall mehr für den
Staat als für sich selbst. Und zwar wegen der Hartz4-Verrechnung sogar
umso mehr für den Staat, je näher es den ungefähr 2.000 Euro kommt. Ein
anreiztheoretischer Skandal. An den im Mainstream m. W. nahezu
ausschließlich von neoliberalen Agenten thematisierten
Lohnabstandsgebot-Debatten der 90er Jahre hat mich damals schon
irrwitzig genervt, dass immer nur die Sozialhilfe zur Disposition stand,
nie aber der Niedriglohnsektor. 20 Jahre später ist es m. E. ernsthaft
Zeit, diese Debatte nochmal von unten aufzurollen. Das will ich auf
einer zwar allgemeinen, aber doch möglichst viele Einzelfälle
einfangenden und präzisen, mathematisch wie juristisch wasserdichten
Weise einerseits durchdeklinieren. Andererseits will ich mich um
didaktische Zugänglichkeit bemühen, damit es die bildungsfernen unteren
Einkommensschichten leichter begreifen. Im Effekt bin ich der Meinung,
dass man über diesen Weg mindestens für alle, die höchstens zwei- oder
dreitausend Euro Bruttolohn (oder andere Einkünfte) als Einzelperson
einfahren, ein objektives Interesse an einem bGE nachweisen kann. Ob das
dann auch zu einem subjektiven wird, bleibt freilich immer die Frage.
Grundsätzlich hätte man damit aber aufs Parlament bezogen wohl eine
Zwei-Drittelmehrheit in der Tasche und könnte sogar im GG die Weichen
für ein bGE stellen. Gut, das war jetzt eine Höhenflug-Aussage, aber dem
objektiven Gehalt nach nicht völlig falsch.
Im Moment bin ich noch dabei, die allgemeine Konstruktion erstmal aus
der Hartz4-Rechtslage in die Nettoebene hinein zu entfalten. Dabei habe
ich die letzten Tage z. B. begreifen müssen, dass ich noch eine viel zu
rosige Auslegung von SGB II § 11b, Abs. 3 hatte. Wer sich mit dem Lösen
meiner Verwirrungen diesbezüglich befassen möchte, könnte mal hier
reinschauen: http://hartz.info/index.php?topic=82838.0
Grundsätzlich haben sich bei mir schon mal folgende Detailfragen
aufgehäuft. Da ich vermute, dass es im Verteiler Personen gibt, die mir
dabei aus dem Handgelenk heraus umständliche Recherchearbeit abnehmen
können, will ich sie mal formulieren und um Hilfe bitten:
1. Gibt's so etwas vielleicht schon? Ich habe irgendwie eh ein ziemlich
gespaltenes Verhältnis zu Bibliotheken und seit Ende meines Studiums nur
noch höchstselten mal eine betreten. Und Literaturrecherche fand ich
schon immer zum Kotzen. Ich würde vermuten: Wenn es so etwas auf
wirklich gutem methodischen und didaktischen Niveau gäbe, dann wäre das
im Netz so verbreitet, das es mir begegnet wäre. Das ist aber keineswegs
sicher und angesichts der Fülle heutiger Publizistik letztlich ziemlich
spekulativ.
2. Worauf exakt basieren die Zahlen deiner Folien, liebe Verena? Anders
formuliert: Ich werde zum Übergang von der Netto- zur Brutto- und dann
zur Brutto&Lohnnebenkosten-Ebene definitiv einerseits die juristischen
Grundlagen der verschiedenen Steuer- und Sozialversicherungssätze
benötigen, andererseits auch möglichst soziologisch-empirisches Material
zu der realen Einkommensverteilung zumindest in Deutschland. Klar, das
finde ich sicherlich auch selbst halbwegs flink, aber jemand von euch
ist vermutlich dennoch wesentlich flinker.
3. Schwieriger als das Auffinden der allgemeinen Steuer- und
Sozialversicherungssätze dürfte das Einfangen der unzähligen Einzelfälle
in die allgemeine Betrachtung ausfallen. Dieser ganze Rotz von
Werbekostenpauschalen und weiß der Geier was, fand ich noch nie im Ernst
wirklich durchsichtig. Für meine Aufgabenstellung muss ich mir das wohl
oder übel durchsichtig machen. Hilfe in der Beziehung wäre daher extrem
erwünscht.
Letzteres hat übrigens einen agitatorischen Nebeneffekt: Zur
Konstruktion einer zumindest halbwegs allgemeinen Betrachtung wird die
Diskussion der unzähligen Sonderfälle quasi nebenbei klar machen, dass
das heutige System im Zweifelsfall nicht einmal von Experten verstanden
wird, während ein bGE, insbesondere wenn es dann noch mit einem
schlichten Konsumsteuermodell kombiniert wird, jedem noch so
kopfdödeligem Teil des formellen Souveräns durchsichtig machen kann, wie
das Gemeinwesen eigentlich zumindest seiner allgemeinen monetären
Gestalt nach funktioniert. Das ist mir aus der Hartz4-Perspektive schon
jetzt klar, wird sich mit dem Übergang von Netto zu Brutto aber noch
drastischer herausschälen. Ist freilich immer so die Frage, ob mir das
wirklich gut gelingt, aber die unzähligen Sonderfälle will ich dabei
nicht als Sonderfälle betrachten, sondern als spezifische Ausformungen
der allgemeinen Betrachtung. Naja, weiß nicht, ob man sich darunter
jetzt was vorstellen kann. Soll nur soviel heißen, wie: Eigentlich gehen
mir die Sonderfälle am Arsch vorbei, aber zumindest diejenigen von
hinreichender Allgemeinheit werde ich wiederum aus der Perspektive einer
allgemeinen Konstruktion einzufangen versuchen. Das wirft dann sowohl
ein Licht auf die Sonderfälle als Sonderfälle als auch auf ihre
spezifische Verzerrung des Allgemeinen und damit im Zweifelsfall auf
Gerechtigkeitsprobleme.
Ok, soviel inhaltlich dazu. Formal aber noch dies: Eigentlich sollte es
einfach nur ein Debattenbeitrag hier im Verteiler werden. Aber erstens
ist es schon jetzt mitten im Arbeitsstatus so ausgeufert, dass das kaum
noch verhältnismäßig wäre. Und zweitens meint meine Frau nicht ganz zu
Unrecht, dass ich mit der Schriftstellerei mal ernsthaft zum
Haushaltseinkommen beitragen soll bis muss und die Veröffentlichung
eines Buchs daher sinniger wäre. Angesichts dessen, dass ich eine
Reproduktionsgrundlage benötige und das Schreiben mir noch am ehesten
Berufung erscheint, macht das Sinn. Ich plane daher ein
selfpublishing-ebook mit der Teaser-Offenlegung für die
www-Öffentlichkeit von zumindest etlichen Teilen und relevanten
Ergebnissen.
Ich bin, wenn auch freundlich und lieb, ziemlich eigenwillig und
kritisch, daher auch unter Umständen anstrengend in engen
Kooperationssituationen. Grundsätzlich aber möchte ich schon dazu
einladen: Falls jemand in dem skizzierten Gesamtrahmen als Gastbeitrag
ein Kapitelchen oder ähnliches beisteuern möchte, wäre ich dafür offen.
Nachdem ich das dargestellt habe, will ich aus meiner ersten
Arbeitsdatei mal das rausfischen, was sich explizit mit deinem Beitrag
und deiner Website auseinandersetzte, liebe Verena. Vielleicht
interessiert es dich ja ... Ich habe aber wenig Lust, angefangene
Gedankenstränge jetzt formvollendet zu Ende zu führen, weil mein Fokus
sich lieber dem Buchprojekt zuwenden möchte. Ich haue insofern quasi
einfach aus dem Steinbruch meiner Arbeitsdatei die mehr oder weniger
ausformulierten Teile einfach mal hier rein und bitte um Nachsicht wegen
der teilweise vielleicht etwas kryptischen Form:
Ich fand deinen Mail-Beitrag insgesamt nett, deine Fragen gut gestellt
und bin daher ein wenig über deine Website gesurft und habe mir deine
Folien-Präsentation auf http://youtu.be/Wx5_oieNajE angeschaut. Vorher
hatte ich erstmal entschieden, das Modell der Piratenpartei rechts
liegen zu lassen, weil ich die Ableitung einer Existenzsicherung in Höhe
von Pi mal Daumen 1.000 Euro im Monat in der auf
https://www.grundeinkommen.de/die-idee/finanzierungsmodelle verlinkten
und von Ronald Blaschke verfassten Darstellung (vgl.
https://www.grundeinkommen.de/content/uploads/2013/01/2012-ansaetze_und_modelle_gs_und_ge_blaschke.pdf
<https://www.grundeinkommen.de/content/uploads/2008/11/vergleich_ge-konzepte.pdf>
, S. 119-141) ziemlich überzeugend fand, ein Konsumsteuermodell
bevorzuge und mich nichts darauf hingewiesen hat, dass in der
Piratenpartei sowohl mindestens 1.000 Euro als auch Konsumsteuer im
Gespräch sind. Zumindest hinsichtlich der Konsumsteuer hast du mich
eines Besseren belehrt. Was auch immer offizielle Parteilinie bei den
Piraten ist, habe ich mir noch immer nicht vergegenwärtigt.
1.000 Euro finde ich mit Blick auf die eher unterdurchschnittlichen
Konsumgewohnheiten meines Erwachsenenlebens "zum Leben zu wenig, zum
Sterben zu viel", also bauchmäßig eine gute Hausnummer für ein
anreizorientiertes bGE. Ist ja auch die derzeitige Hausnummer von Götz
Werner.
Das zur Kontextualisierung meines Zugangs zu deiner Präsentation.
Sie hat Fragen bei mir aufgeworfen, Anmerkungsbedarf hervorgerufen und
mich zu ausführlicheren eigenen Überlegungen angestachelt. Vielleicht
magst du dich damit ja auseinandersetzen. Da der Text ausführlicher
ausfällt, gebe ich erstmal wieder einen Überblick.
i. Zu Verena Neddens Konsumsteuer-/bGE-Modell
i.i. Steuergemäuer
i.ii. bGE-Höhe von knapp 700 Euro?
i.iii. Kriterien für Mindesthöhe eines bGE
i.iv. Allgemeine und besondere Besteuerung?
i.v. Chimäre der Steuerprogression? Steuerdegression: Hinzuverdienst bei
Hartz4-Aufstockern, Spitzeneinkommen
i.vi. Ausbeutung von Billiglohnländern
ii. Allgemeinere Überlegungen, die für mich aus der Auseinandersetzung
resultierten
ii.i. Ein wenig Gepöbel im Kontext des Ideologiebegriffs
ii.ii. Zum Neid-Begriff
******
i. Zu Verena Neddens Konsumsteuer-/bGE-Modell
*******
******
i.i. Steuergemäuer
*******
Grundsätzlich finde ich erstmal ziemlich sympathisch, dass du im Prinzip
an der Abschaffung deines Berufsstands arbeitest. Wer braucht noch
Fachanwälte für Steuerrecht, wenn das Steuerrecht plötzlich allen
transparent ist? :o)
Beim näheren Eintauchen in deine konzeptionellen Überlegungen bin ich
mir dann allerdings schon wieder nicht mehr sicher, ob das so stimmt. Da
du anscheinend im Gegensatz zum reinen Konsumsteuermodell die
Unternehmenssteuern (Körperschafts-, Kapitalertrags-, Gewerbesteuer
etc., siehe 10. Min./Folie 7 und ) belassen willst und auf deiner
Haupt-Website auch dies als änderungswürdig gegenüber deiner
Folienpräsentation angibst: "Um eine Änderung der Kaufperise zu
verhindern, gleichzeitig jedoch die bisherigen Staatseinnahmen aus
Lohnkosten über das erforderliche Grundeinkommen hinaus und auch das
netto zur Verfügung stehende Einkommen unverändert zu belassen, hat sich
nun (Stand Mai 2014) die Konzeptpion einer Lohnabgabe als notwendig
herausgestellt, welche 19% des hälftigen heutigen Arbeitgeberaufwandes
beträgt. Der allgemeine Arbeitgeber-Gesamtaufwand beträgt damit
lediglich 59,5% des heutigen Aufwandes für Arbeitnehmer"
[Nachtrag dazu:
Insgesamt hat sich mir beim derzeitigen Betrachtungsstand deiner
Ausführungen der Eindruck aufgedrängt, dass von der Konsumsteuer im
Effekt nicht viel über bleibt, das jetzige Steuersystem relativ
unberührt bleibt. Inhaltlich wollte ich das eigentlich näher verstehen.
Bislang habe ich den Eindruck, dass das arbeitnehmerunfreundlich
ausfällt, kann's aber nicht begründen.]
Dadrüber sagst du dann noch: "Die konzipierte Auslandstransfersteuer ist
ncht erforderlich. Die Ausführungen auf den weiteren Seiten beinhalten
die Auslandstransfersteuer nicht."
Wieso, weshalb, warum? Wenn ich's richtig verstanden habe, ist das
sozusagen das international solidarische Steuerkonzept in deinem Modell,
etwa analog zu der Idee im Dilthey-Modell, die Import-Export-Beziehungen
auf einen Sockel sozialstaatlicher Maßnahmen zu stellen. Das lässt du
einfach so fallen?
******
i.ii. bGE-Höhe von knapp 700 Euro?
*******
5.-9. Minute/Folien 2-6: Verstehe ich deine Ausführungen richtig, wenn
ich mutmaße, dass du für all deine Berechnungen ein bGE in Höhe von
knapp 700 Euro zugrundelegst? Du hältst das nirgends explizit fest, aber
das ist wohl der tiefere Sinn dieser Folien, oder?
******
i.iii. Kriterien für Mindesthöhe eines bGE
*******
7. Minute/Folie 4: "Wenn ich mir Grundeinkommensmodelle ansehe, dann
schaue ich erstmal, naja: Wie hoch soll denn das sein, was ausgeschüttet
wird? Liegt das unterhalb der Grundfreibeträge, dann denke ich: Naja,
das passt ja sowieso nicht, das kann ich nicht gebrauchen für ein
bedingungsloses Grundeinkommen, weil es nicht reicht." Ich möchte dich
sehr inständig darum bitten, die oben erwähnten Überlegungen von Ronald
Blaschke zur Abschätzung einer vernünftigen Höhe für ein bGE zur
Kenntnis zu nehmen (vgl.
https://www.grundeinkommen.de/content/uploads/2013/01/2012-ansaetze_und_modelle_gs_und_ge_blaschke.pdf
<https://www.grundeinkommen.de/content/uploads/2008/11/vergleich_ge-konzepte.pdf>
, S. 119-141). Insbesondere seine Betrachtungen zur
Verfassungsnonkonformität heutiger Hartz4-Sätze fand ich interessant.
Ich würde hoffen, dass diese Lektüre deine Meinung dahingehend verändern
könnte, dass du auch die heutige Existenzsicherungshöhe nicht gebrauchen
kannst "für ein bedingungsloses Grundeinkommen, weil es nicht reicht."
Ich würde zwar auch ein paar Vorzüge in einem bGE auf heutigem
Hartz4-Armutsniveau sehen (z. B. keine verdeckte Armut unterhalb des
Hartz4-Niveaus und Abschaffung der skandalösen Verrechnungsgrundlage bei
Hartz4-Aufstockern), aber nicht derartige Vorzüge, dass ich mich für so
etwas ernsthaft engagieren würde. Mit anderen Worten: Wenn du weiterhin
eine bGE-Höhe über die heutige Existenzsicherung ableiten möchtest, nur
einfach, weil sie nun einmal existiert, dann sehe ich dich eher als
Blockiererin eines Projekts, das mich vor allem deshalb interessiert,
weil es ein Potential zur Abschaffung von Armut einerseits, Abhängigkeit
von Vermögen andererseits hat, während du m. E. die Armut nur in anderer
Form verlängern möchtest, wenn du dich auf knapp 700 Euro einschießt.
Was denkst du dazu?
******
i.iv. Allgemeine und besondere Besteuerung?
*******
9. Minute/Folie 6: "Ich unterscheide zwischen allgemeiner Besteuerung
und besonderer Besteuerung." sowie 11. Minute/Folie 7: "Ich beschränke
mich auf die allgemeine Besteuerung, also das, was alle ausgeben
müssen." Wenn ich dich an diesen Stellen richtig verstehe, dann kümmerst
du dich in deiner Folienpräsentation ausschließlich um das, was du
allgemeine Besteuerung nennst, während das, was du besondere Besteuerung
nennst, wohl all die legalen und weniger legalen Steuertricks,
Branchensubventionierungen, gemeindespezifische Steuersätze und
ähnliches meint. Stimmt das so? Falls ja: Da ja von den Beführwortern
einer Konsumsteuer immer wieder stark gemacht wird, dass sie ein
gerechteres Steuermodell darstellen würde, frage ich mich insbesondere
nach deiner Darstellung, wo ja als allgemeine Besteuerungslast oberhalb
des Freibetrags quasi für alle der Steuergesetzgebung unterworfenen
Funktionsgruppen zumindest mehr oder weniger so oder so immer 50 %
herauskommt, schon recht intensiv, welchen verzerrenden Einfluss denn
diese "besondere Besteuerung" einerseits im Rahmen der gesamten
Steuererhebung (also volkswirtschaftlich), andererseits im individuellen
Extremfall hat. Könntest du mir davon eine Vorstellung geben oder mich
zumindest auf weiterführende Web-Literatur verweisen? Solange wir nicht
über ein bGE in Höhe von mindestens 1.000 Euro sprechen, sondern auf
derzeitigem Hartz4-Niveau, möchte ich wenigstens verstehen können, was
sich denn die Konsumsteueranhänger davon konkret versprechen. Dabei
geht's ja vermutlich weit weniger als mir um Armutsbekämpfung und
Aufstockerirsinnsverhinderung, vermutlich nicht einmal so sehr um das
Fehlen einer echten Steuerprogression im Allgemeinen, sondern um ein
weitläufiges Ungerechtigkeitsempfinden gegenüber dem Steuerwildwuchs in
Deutschland, oder nicht?
******
i.v. Chimäre der Steuerprogression? Steuerdegression: Hinzuverdienst bei
Hartz4-Aufstockern, Spitzeneinkommen
*******
13. Minute/Folie 9 und 15.-16. Minute/Folie 11: Hier machst du einige
interessante Nebenbemerkungen. Ich finde, dass man sich das nicht
ausführlich genug auf der Zunge zergehen lassen kann. Wenn ich dich
richtig verstehe und du recht hast, wovon ich jetzt einfach mal ausgehe,
weil du ja vom Fach bist, dann existiert die sogenannte
Steuerprogression in der Einkommensteuer de fakto überhaupt gar nicht,
wenn man die Sozialversicherungen miteinbezieht, also als Quasi-Steuern
betrachtet: Alle landen mehr oder weniger bei 50 %. Stimmt das wirklich?
Ist die Steuerprogression völlig fingiert? Auf
http://de.wikipedia.org/wiki/Einkommensteuer_(Deutschland)#Entwicklung_des_Einkommensteuertarifs_seit_1958
<http://de.wikipedia.org/wiki/Einkommensteuer_%28Deutschland%29#Entwicklung_des_Einkommensteuertarifs_seit_1958>
wird in der Tabelle für 2014 ein Eingangssteuersatz von 14 % und ein
Spitzensteuersatz von 42 % bzw. 45 % postuliert. Wenn ich dich richtig
verstehe, rechnest du aber den Grundfreibetrag als existenzsichernden
Sockel heraus und landest trotz dieser Progression von
Eingangssteuersatz zu Spitzensteuersatz für alle Einkommenshöhen unter
Einbezug der Sozialversicherungsbeiträge bei Pi mal Daumen 50 % Steuer-
und Sozialabgabenlast bei im Prinzip allen besteuerten Gruppen. Im
Gegenteil gibt es in der Einkommensspitze sogar eine Degression, nämlich
etwas weniger als 50 %: "Im Spitzensteuersatz entwickeln sich die
Einkommen über 250.000,- € wie folgt: [...] Erwerbsbelastung 47,475%"
(vgl.
http://www.konsumsteuersystem.de/wesentliches_in_kuerze/berechnungen/nachweis_der_50igen_allgemeinen_erwerbsbelastung_/50ige_erwerbsbelastung_schnelluebersicht/index.php
) Im Ernst, wirklich wahr, kann das denn stimmen?
Falls das wirklich stimmt, wäre es ein Grund, das Verfassungsgericht
anzurufen und die gesamte Steuer- und Sozialversicherungsgesetzgebung
einkassieren zu lassen, weil dieser Tatbestand ganz offensichtlich gegen
Gerechtigkeitserwägungen und das Sozialstaatsprinzip verstößt, wenn auch
seltsamerweise anscheinend nicht gegen das ziemlich seltsam bestimmte
Leistungsfähigkeitsprinzip (vgl.
http://de.wikipedia.org/wiki/Steuerprogression#Rechtfertigung ). Ich
habe da ja mehr eine Bauchgefühl-Laienvorstellung, wonach die
Progression eigentlich dafür Sorge tragen soll, dass stärkere Schultern
nicht nur absolut, sondern auch relativ stärker zum Gelingen des
Gemeinwesens beizutragen haben. Aber wenn du Recht hast, liebe Verena,
dann ist die ganze Steuerprogression eine vollkommene Augenwischerei für
die Nicht-Fachleute.
Noch absurder und skandalöser wird das Ganze im Einkommenssockel durch
die Verrechnungsregelungen bei Hartz4, worauf du ja kurz auch hinweist:
Zwischen 100 und 1.000 Euro Nettoverdienst werden 80 % der Einkünfte mit
den Hartz4-Bezügen verechnet, zwischen 1.000 Euro und 1.200 bzw. 1.500
Euro sogar 90 %. [Nachtrag: Dadrüber sogar 100 %] Als mir das vor einem
guten halben Jahr klar wurde, habe ich die ganzen FDP-Worthülsen von
"Lohnabstandsgebot" und "Leistung muss sich lohnen" in einem völlig
neuen Licht gesehen. Stelle ich mich auf den Standpunkt, dass Hartz4 ein
bGE sein sollte und ich zumindest 10 Euro netto pro Arbeitsstunde
zusätzlich verdienen möchte, dann hieße das Pi mal Daumen, dass ich
schon erstmal einen Nettolohn von knapp 50 Euro brauche (wegen des
Freibetrags von 100 Euro etwas weniger), um in den ersten 20
Arbeitsstunden auch tatsächlich einen Hinzuverdienst von 10 Euro zu
realisieren, weil ja etwa 40 Euro sofort beim Hartz4-Bezug
gegengerechnet werden. Bis zu einem Gesamtverdienst von 1.200 Euro
bräuchte ich sogar einen noch höheren Nettostundenlohn als 50 Euro, weil
von den hinzukommenden 200 Euro nur 10 % nach der Verrechnung mit Hartz4
verbleiben. Umgekehrt: Realisiere ich am Markt einen Nettostundenlohn
von 10 Euro, dann behalte ich davon die ersten 10 Stunden alles, die
nächsten 90 Stunden nur 2 Euro pro Stunde und die darauffolgenden 20
Stunden nur noch 1 Euro pro Stunde. Das rückt auch die 1-Euro-Maßnahmen
in ein ganz anderes Licht, weil ja die allermeisten Jobs kaum soviel
Stundenlohn hergeben, dass man nach der Verrechnung wesentlich mehr als
einen Euro pro Stunde wirklich behalten würde.
[Nachtrag: Hier schließen sich dann in meiner Arbeitsdatei ausgedehnte
Betrachtungen zu diesem Umstand an, die ich erstmal wegkürze, weil ich
sie oben allgemein dargestellt habe und sie nichts im eigentlichen Sinn
mit der Auseinandersetzung zu deiner Website und deinem Beitrag zu tun
haben.]
******
i.vi. Ausbeutung von Billiglohnländern
*******
33. Min, Folie 22: "Also: Keine Lohnausbeute mehr von Billiglohnländern
wäre die Konsequenz davon." Warum? "... ergibt den Bruttoproduktpreis,
der genauso hoch ist wie heute."
Das erscheint mir widersprüchlich: Entweder setzt du voraus, dass die
(Sozial-)Konsumsteuer auch voll auf Importprodukte gelegt wird. Dann
würde ich verstehen, warum das mit der Lohnausbeute aus
Billiglohnländern nicht mehr so gut funktioniert, nämlich weil
Importprodukte weniger konkurrenzfähig werden würden, aber nicht
verstehen, warum der Bruttoproduktpreis von Importen genauso hoch wie
heute wäre. Oder du setzt voraus, dass ausschließlich der inländische
Weiterverarbeitungsanteil an Importprodukten unter die Konsumsteuer
fällt. Dann könnte ich mich zumindest erstmal grundsätzlich auf die
These einlassen, dass alter Preis = neuer Preis hinhauen könnte, aber
nicht verstehen, was das an der Billiglohnland-Ausbeute verändern soll.
[Nachtrag: Weiter bin ich in der Auseinandersetzung mit deinem
youtube-Video dann nicht gekommen, weil mich selbstständige Überlegungen
in ganz andere Richtungen trieben. Bin mir auch nicht sicher, ob ich das
noch irgendwann nachholen werde. Insgesamt sehe ich zwar einerseits,
dass du engagiert und grundsätzlich mit sozialdemokratischer
Gutmenschlichkeit am bGE arbeitest. Andererseits scheinst du im Effekt
zu ziemlich reaktionären Ergebnissen vorzudringen: bGE auf
Hartz4-Armutsniveau, Ersetzung bloß eines Teils der Lohnsteuer durch
eine Konsumsteuer, keine internationale Solidarität ... Ich denke, dass
das bGE das Zeug zu einem New Deal hat und für ein Großreinemachen im
intransparenten Steuer- und Sozialversicherungs-Dschungel sorgen kann.
Zudem geht's definitv um Umverteilung von oben nach unten, sonst kann
man sich das auch gleich sparen. Das bGE als Reförmchen zu betrachten,
wird der Idee auf so vielen Ebenen nicht gerecht, dass ich bei aller
Sympathie für dein Engagement dazu gerade eher denke, dass du das Thema
weit verfehlst und auf eine technokratische Betrachtungsebene hievst,
die aus einer guten Idee bloß stinkiges Schmieröl für die Maschinerie
macht. Ist vielleicht ein etwas hartes Urteil, aber so sehe ich das
gerade. Sorry. Und nichts für ungut: Ich fand deine Ausführungen
definitiv interessant und sympathisch, nur halt nicht wirklich
zielführend aus meiner Perspektive.]
******
ii. Allgemeinere Überlegungen, die für mich aus der Auseinandersetzung
resultierten
*******
******
ii.i. Ein wenig Gepöbel im Kontext des Ideologiebegriffs
*******
Nach dieser Auseinandersetzung mit deinem Steuer- und bGE-Konzept,
möchte ich zu allgemeineren Betrachtungen übergehen. Dass sich mir bei
der Auseinandersetzung mit deinen Folien der Eindruck ergab, ich würde
Zeuge einer David-Copperfield-Vorführung sein [Nachtrag: wegen 50 %
hier, 50 % dort und siehe da: 50 % auch da], liegt vielleicht erstmal
einfach daran, dass bei mir alle theoretischen Positionen unter
Ideologieverdacht stehen, die nicht durchblicken lassen, dass sie einen
Begriff dessen haben, was Marx Fetisch nennt. Da der Ideologie-Begriff
insbesondere von vulgär-marxistischer Seite im vergangenen Jahrhundert
einerseits inflationär, andererseits völlig geistfrei denunziatorisch
für so ziemlich alles gebraucht wurde, was einem gegen den Strich ging,
möchte ich mit Bezug auf Adorno ausführen, was ich damit meine:
Ideologie ist per definitionem notwendig falsches Bewusstsein. Auf einer
formalen Ebene lässt sich das näher so bestimmen: Falsch ist das
Bewusstsein, wenn es den Ist-Zustand der eigenen Auffassungen als
Normalität begreift und somit weder als geschichtlich Gewordenes noch
als zukünftig Veränderliches noch als individualistisch gegenüber dem
Gesamtzusammenhang von Gesellschaft und Natur verzerrt. Morrissey hat
alles zum Normalitätsbegriff gesagt, was man darüber wissen muss: "there
is no such thing in life as normal" (vgl. http://youtu.be/5mXrksakDUE ).
Nachdem ich das geschrieben habe, also klar gemacht habe, dass der
Normalitätsbegriff samt und sonders in die Tonne bereits in dem lange
vergangenen Moment gehört hätte, in dem er historisch aufkam, schwarnt
mir Widerwillen. Wer mir jetzt beispielsweise mit industriellen
DIN-Normen kommen möchte, die sich mit dem Jack-Nickolson-Grinsen des
Fordismus ausfransend durch alle Dienstleistungssektoren bis hin zur
Arschputz-Taktung im Pflegesegment fressen, mit [dativisch ins n-te
Geschlecht deklinierter, fiktiv-phantamagorischer Artikel], das, der,
dem möchte ich eine ernsthafte Auseinandersetzung über die
positivistischen Ergebnisse von Chaos-Theorie (vgl.
http://de.wikipedia.org/wiki/Chaosforschung ), Heisenbergscher
Unschärferelation (vgl.
http://de.wikipedia.org/wiki/Heisenbergsche_Unschärferelation
<http://de.wikipedia.org/wiki/Heisenbergsche_Unsch%E4rferelation> ) und
Quantenphysik (vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Quantenphysik ) oder
wahlweise eine schlichte Beschau des weltgeistigen Witzes im
Luhmannschen Autopoiesis-Begriff beginnen (vgl.
http://de.wikipedia.org/wiki/Autopoiesis#Der_Autopoiesisbegriff_in_der_Soziologie_.28Niklas_Luhmann.29
). Ins Sinnliche gewendet, lässt sich letzterer so formulieren: Die
normative Kraft des Faktischen ist weit häufiger die satte
Selbstzufriedenheit von Onaninsten denn Freuds kindlich-urspüngliche
polymorph-sexuelle Freude etwa an einem Windhauch auf der Haut, denn
Marx' ewige Naturnotwendigkeit des Stoffwechsels mit der Natur und denn
Adornos Erdung der Glücksvorstellung im nichtidentisch Anderen. Ein
schlechter Witz, ja, aber so ist das System im Großen und Ganzen halt:
Es reißt bloß schlechte Witze und schneidet Konservenlachen in die
Audio-Spur. Als im brittischen und US-Exil Überlebender von Auschwitz
hält Adorno noch für marxistische Fundamentalkritker am unwahren Ganzen
fest, dass keine Onanie die Sehnsüchte der Herzen stillen kann wie
paarender Beischlaf und erst recht nicht wie die Orgie der Gattung: "Der
verstörte und beschädigte Weltlauf ist, wie bei Kafka, inkommensurabel
auch dem Sinn seiner reinen Sinnlosigkeit und Blindheit, nicht stringent
zu konstruieren nach deren Prinzip. Er widerstreitet dem Versuch
verzweifelten Bewußtseins, Verzweiflung als Absolutes zu setzen. Nicht
absolut geschlossen ist der Weltlauf, auch nicht die absolute
Verzweiflung; diese ist vielmehr seine Geschlossenheit. So hinfällig in
ihm alle Spuren des Anderen sind; so sehr alles Glück durch seine
Widerruflichkeit entstellt ist, das Seiende wird doch in den Brüchen,
welche die Identität Lügen strafen, durchsetzt von den stets wieder
gebrochenen Versprechungen jenes Anderen. Jegliches Glück ist Fragment
des ganzen Glücks, das den Menschen sich versagt und das sie sich
versagen." (Adorno, Negative Dialektik, GS6, S. 395f)
Allgemein bleibt für staatspolitische Debatten in dem Zusammenhang aus
Sicht des leidenden Philosophen nur festzuhalten: Der einzig
ernstzunehmende Begründungszusammenhang für die bürgerliche
Rechtsegalität, für die "Normalität" des abstrakten und vereinzelten
Rechtssubjekts, lässt sich ausschließlich im Differenztheoretischen
auffinden: "Wir sind alle verschieden. Das ist es, was uns gleich macht."
[Nachtrag: Die ganze vorangegangene Passage war etwas kryptisch und
vulgär formuliert. Wollte eigentlich noch weiterbearbeitet werden. Ich
setze sie trotzdem mal einfach in den Verteiler.]
Notwendig falsch ist das Bewusstsein, weil es die Komplexität weder
seines eigenen noch des gesellschaftlichen Gewordenseins jemals völlig
überblicken kann und stets zu wenig Phantasie für die Möglichkeiten
einer offenen Zukunft mitbringt. Auf einer materialeren Ebene
kapitalistischer Vergesellschaftungsformen lässt sich das so
reformulieren: Falsch ist das Bewusstsein, wenn es den
gesellschaftlichen Primärzweck der Wertverwertung (bspw. gespiegelt in
dem wirtschaftspolitischen Muss zur jährlichen BIP-Steigerung im Rahmen
ungleicher Vermögensverhältnisse) für unangreifbar, ewig oder zumindest
für die Geschäftsgrundlage, die man derzeit nicht verlassen könne, hält.
Notwendig falsch ist das Bewusstsein, weil es in vielerlei Hinsicht
konstitutiv blind dafür ist, die Geschichte der Wertverwertung für die
Gesamtgesellschaft und für die eigene Biographie zu begreifen, und weil
es so selbsverständlich an die eigene Konstitution innerhalb der
Wertverwertung gebunden bleibt, dass systematisch undenkbar bleibt, wie
ein Leben jenseits von Wertverwertung aussehen könnte.
Adorno meditiert in der Negativen Dialektik etwas ausführlicher über
diese Konstellation der "Gewalt des notwendig falschen, selbst wiederum
erst kritisch zu durchdringenden Bewußtseins, das die Gesellschaft über
die Ihren verhängt" (Adorno, Einleitung zum »Positivismusstreit in der
deutschen Soziologie«, GS8, S. 327):
"Trotz des Vorrangs des Objekts ist die Dinghaftigkeit der Welt auch
Schein. Sie verleitet die Subjekte dazu, das gesellschaftliche
Verhältnis ihrer Produktion den Dingen an sich zuzuschreiben. Das wird
im Marxischen Fetischkapitel entfaltet, wahrhaft einem Stück Erbe der
klassischen deutschen Philosophie. Sogar ihr systematisches Motiv
überlebt darin: der Fetischcharakter der Ware ist nicht
subjektiv-irrendem Bewußtsein angekreidet, sondern aus dem
gesellschaftlichen Apriori objektiv deduziert, dem Tauschvorgang. In
Marx bereits spricht die Differenz zwischen dem Vorrang des Objekts als
einem kritisch Herzustellenden und seiner Fratze im Bestehenden, seiner
Verzerrung durch den Warencharakter sich aus. Der Tausch hat als
Vorgängiges reale Objektivität und ist zugleich objektiv unwahr, vergeht
sich gegen sein Prinzip, das der Gleichheit; darum schafft er notwendig
falsches Bewußtsein, die Idole des Marktes. Nur sardonisch ist die
Naturwüchsigkeit der Tauschgesellschaft Naturgesetz; die Vormacht von
Ökonomie keine Invariante. Leicht bildet Denken tröstlich sich ein, an
der Auflösung der Verdinglichung, des Warencharakters, den Stein der
Weisen zu besitzen. Aber Verdinglichung selbst ist die Reflexionsform
der falschen Objektivität; die Theorie um sie, eine Gestalt des
Bewußtseins, zu zentrieren, macht dem herrschenden Bewußtsein und dem
kollektiven Unbewußten die kritische Theorie idealistisch akzeptabel.
Dem verdanken die frühen Schriften von Marx, im Gegensatz zum >Kapital<,
ihre gegenwärtige Beliebtheit, zumal unter Theologen. Nicht entbehrt es
der Ironie, daß die brutalen und primitiven Funktionäre, die Lukács
wegen des Verdinglichungskapitels aus dem bedeutenden Buch >Geschichte
und Klassenbewußtsein< vor mehr als vierzig Jahren verketzerten, das
Idealistische seiner Konzeption witterten. Dialektik ist so wenig auf
Verdinglichung zu bringen wie auf irgendeine andere isolierte Kategorie,
wäre sie noch so polemisch. Worunter die Menschen leiden, darüber
gleitet mittlerweile das Lamento über Verdinglichung eher hinweg, als es
zu denunzieren. Das Unheil liegt in den Verhältnissen, welche die
Menschen zur Ohnmacht und Apathie verdammen und doch von ihnen zu ändern
wären; nicht primär in den Menschen und der Weise, wie die Ver hältnisse
ihnen erscheinen. Gegenüber der Möglichkeit der totalen Katastrophe ist
Verdinglichung ein Epiphänomen; vollends die mit ihr verkoppelte
Entfremdung, der subjektive Bewußtseinsstand, der ihr entspricht. Sie
wird von Angst reproduziert; Bewußtsein, verdinglicht in der bereits
konstituierten Gesellschaft, ist nicht deren Konstituens. Wem das
Dinghafte als radikal Böses gilt; wer alles, was ist, zur reinen
Aktualität dynamisieren möchte, tendiert zur Feindschaft gegen das
Andere, Fremde, dessen Name nicht umsonst in Entfremdung anklingt; jener
Nichtidentität, zu der nicht allein das Bewußtsein sondern eine
versöhnte Menschheit zu befreien wäre. Absolute Dynamik aber wäre jene
absolute Tathandlung, die gewalttätig sich in sich befriedigt und das
Nichtidentische als ihre bloße Veranlassung mißbraucht. Ungebrochen
allmenschliche Parolen taugen dazu, erneut dem Subjekt gleichzumachen,
was nicht seinesgleichen ist. Die Dinge verhärten sich als Bruchstücke
dessen, was unterjocht ward; seine Errettung meint die Liebe zu den
Dingen. Aus der Dialektik des Bestehenden ist nicht auszuscheiden, was
das Bewußtsein als dinghaft fremd erfährt: negativ Zwang und
Heteronomie, doch auch die verunstaltete Figur dessen, was zu lieben
wäre und was zu lieben der Bann, die Endogamie des Bewußtseins nicht
gestattet. Über die Romantik hinaus, die sich als Weltschmerz, Lei den
an der Entfremdung fühlte, erhebt sich Eichendorffs Wort »Schöne
Fremde«. Der versöhnte Zustand annektierte nicht mit philosophischem
Imperialismus das Fremde, sondern hätte sein Glück daran, daß es in der
gewährten Nähe das Ferne und Verschiedene bleibt, jenseits des
Heterogenen wie des Eigenen. Die unermüdliche Anklage von Verdinglichung
sperrt sich jener Dialektik, und das verklagt die
geschichtsphilosophische Konstruktion, die jene Anklage trägt. Die
sinnerfüllten Zeiten, deren Wiederkunft der frühe Lukács ersehnte, waren
ebenso das Produkt von Verdinglichung, unmenschlicher Institution, wie
er es erst den bürgerlichen attestierte. Zeitgenössische Darstellungen
mittelalterlicher Städte pflegen auszusehen, als ob gerade zur
Volksbelustigung eine Hinrichtung stattfände. Sollte anno dazumal
Harmonie von Subjekt und Objekt gewaltet haben, so war sie gleich der
jüngsten vom Druck bewirkt und brüchig. Die Verklärung vergangener
Zustände dient später und überflüssiger Versagung, die sich als
ausweglos erfährt; erst als verlorene gewinnen sie ihren Glanz. Ihr
Kult, der vorsubjektiver Phasen, kam im Zeitalter des zerfallenden
Individuums und der regressiven Kollektive zu sich selbst im Grauen.
Verdinglichung und verdinglichtes Bewußtsein zeitigten mit der
Entbindung der Naturwissenschaften auch das Potential einer Welt ohne
Mangel; vordem schon war dinghaft Ent menschlichtes Bedingung von
Humanität13; wenigstens ging diese mit dinghaften Gestalten des
Bewußtseins zusammen, während Gleichgültigkeit für die Dinge, die als
reine Mittel eingeschätzt und aufs Subjekt reduziert werden, Humanität
abtragen half. Im Dinghaften ist beides ineinander, das Unidentische des
Objekts und die Unterwerfung der Menschen unter herrschende
Produktionsverhältnisse, ihren eigenen, ihnen unkenntlichen
Funktionszusammenhang. Der reife Marx hat in seinen kargen Äußerungen
über die Beschaffenheit einer befreiten Gesellschaft sein Verhältnis zur
Arbeitsteilung, zum Grund von Verdinglichung, geändert14. Den Stand der
Freiheit unterscheidet er von urtümlicher Unmittelbarkeit. Im Moment des
Planens, von dem er Produktion für die Lebendigen anstatt für den
Profit, in gewissem Sinn Restitution von Unmittelbarkeit sich erhoffte,
ist das dinghaft Fremde aufbewahrt; noch im Entwurf der Verwirklichung
des von der Philosophie erst nur Gedachten die Vermittlung. Daß indessen
Dialektik ohne das Moment von dinghaft Festem nicht möglich wäre und zu
einer harmlosen Doktrin von Veränderung sich glättete, ist weder
philosophischer Gewohnheit anzukreiden noch einzig dem sozialen Zwang,
der dem Bewußtsein in solcher Festigkeit sich zu erkennen gibt. An
Philosophie ist es, das vom Gedanken Verschiedene zu denken, das allein
ihn zum Gedanken macht, während sein Dämon ihm einredet, daß es nicht
sein soll." (Adorno, Negative Dialektik, GS6, S. 190ff)
Und noch ein Adorno-Exkurs, weil er sich aufdrängt: inflationärer
Gebrauch des Ideologiebegriffs ist nach meiner Bestimmung noch immer ein
deflationärer Gebrauch, siehe Begriff der immanenten Kritik ...
[Nachtrag: Bei Interesse kann ich das ein andernmal nachreichen. Oder
ich führ's in meinem Buchprojekt aus ... Gemeint war, dass Ideologie
innerhalb von Fetischvergesellschaftung universell ist und daher noch
jeder Inflationierung des Ideologievorwurfs unterm Strich zu wenig
Ideologievorwurf verbleibt. Ein arg logisches Argument. Da gibt's eine
Menge Debatten zu à la: "Wenn universeller Verblendungszusammenhang
herrscht, dann gibt's kein Wahrheitskriterien und folglich ist die
Behauptung vom universellen Verblendungszusammenhang falsch". So glaube
ich ungefähr bei Habermas und sicherlich anderen. Nach dem
Fetischbegriff halte ich den Adornoschen der immanenten Kritik für das
beste Werkzeug im Umgang mit gesellschaftspolitischen und -theoretischen
Auseinandersetzungen. Der taugt dazu, das arg logische Argument
gehaltvoller zu machen. Wollte ich eigentlich demonstrieren, hatte dann
aber anderes am Hut ...]
******
ii.ii. Zum Neid-Begriff
*******
In deinem Mail-Beitrag schriebst du: "Bei der Linken, vorwiegend auch
hier im Forum, bemerke ich verstärkt pauschalen Neid, gerade in Bezug
auf Kapitaleinkünfte."
Ich bin mir unsicher, ob das eine Reaktion auf meinen Beitrag war, habe
aber den Eindruck, liebe Verena. So oder so möchte ich ein paar
grundsätzliche Dinge zum "Neiddebatten-Vorwurf" sagen:
Weder die Abschreibe-Möglichkeiten, welche die Reproduktionskosten der
Produktionsmittel pauschal steuerbefreien, noch die Gewinnabsicht und
-realisierung der Unternehmen über entsprechende Preise noch die
unterschiedlichen Lohnhöhen für unterschiedlich qualifizierte Arbeiten
sind gesellschaftlich neutral. Man kann sich zwar auf den Standpunkt
stellen, dass unternehmerische Initiative und fachliche Qualifikation
über monetäre Mechanismen angereizt werden soll. Da habe ich prinzipiell
gar nichts gegen, sehe allerdings nicht, dass das gesellschaftlich
vernünftig geschehen würde. Warum haben etwa Börsenjunkies,
Rüstungsingenieure oder Spitzenmanager ganz andere Verdienstoptionen als
Pflegepersonal, Ärzte oder Biobauern? Weil sie eine gesellschaftlich
nützlichere Arbeit leisten? Das sehe ich nicht. Spätestens aber dann,
wenn die Gesellschaft es zulässt, dass anreizpolitisch vielleicht noch
vage zu rechtfertigende angehäufte Vermögen auf die nächste Generation
übertragbar sind, kann und muss man von Klassengesellschaft sprechen.
Denn Vermögen ist unter Marktbedingungen gleichbedeutend mit
gesellschaftlicher Gestaltungsmacht. Fällt diese in ungleichem Maße
Menschen qua Stammbuch zu, lässt sich nicht im Ernst, sondern nur
formell von demokratischen Verhältnissen sprechen und es wird auch
verständlich, warum Börsenjunkies, Rüstungsingenieure oder
Spitzenmanager so gut verdienen, nämlich als Absicherungsbüttel des
Interesses der vermögenden Klasse. Das lässt sich auch reformulieren,
wenn man von der Eigentumsfrage zu der Frage der stofflichen Form des
Eigentums übergeht: Die Fortführung großer, kapitalstarker
Unternehmungen über Generationen hinweg mag eine gewisse
gesamtgesellschaftliche Nützlichkeit haben, insofern man bestehende
Produktionskapazitäten ja nicht sinnlos zerstören und das Rad mit jeder
Generation neu erfinden möchte. Gleichwohl ist der Selbsterhaltungstrieb
großer institutioneller Unternehmungen ein Faktum, das sich nicht mit
der Vorstellung eines flexiblen, chancengleichen "freien Markts"
vereinbaren lässt. Der Kapitalismus ist zwar irrwitzig flexibel und
erlaubt in Ausnahmefällen auch mal einen Lebenslauf from dishwasher to
billionaire, aber er ist unvernünftig darin, dass er im Zweifelsfall
bestehende Produktivkapazitäten höher gewichtet als eine Ersetzung
dieser Produktivkapazitäten durch bessere Alternativen. Von
Chancengleichheit lässt sich in dem Zusammenhang schon überhaupt nicht
sprechen, weil gesettelte Unternehmungen enorme Möglichkeiten haben,
sich die Butter nicht vom Brot klauen zu lassen.
Diesen Zusammenhang mit dem Terminus "Neid-Debatte" einfach abweisen zu
wollen, empfinde ich nicht als trifftig. Es geht eher um eine
demokratietheoretische Grundsatzfrage, die die bürgerlichen
Gesellschaften sich mit dem Privateigentum gesetzt und bis heute nicht
zureichend beantwortet haben. Marx hat diese Grundsatzfrage m. E. am
eindringlichsten und rezeptionsgeschichtlich wirkungsvollsten
thematisiert. Aber sie ist älter als Marx, lässt sich für die
bürgerliche Gesellschaft philosophiegeschichtlich etwa auch bis Rousseau
(vgl. z. B. http://de.wikipedia.org/wiki/Rousseau#Politische_Philosophie
) zurückverfolgen, der einen großen Einfluss auf die Jakobiner-Fraktion
der Französischen Revolution hatte. Ich kann mir jedenfalls nicht
vorstellen, dass du als Juristin keinerlei Vorstellung davon hast, was
der demokratietheoretische Hintergrund für das ist, wofür du der
politischen Linken jegliches Bewusstsein einfach per Neid-Vorwurf
absprechen möchtest: die Irrealität einer formellen Gleichheit bei
gleichzeitiger materieller Ungleichheit. Einer meiner Hochschullehrer
kleidete das gerne in diese Worte: Es ist Millionären und Bettlern
gleichermaßen verboten, unter Brücken zu nächtigen. Anne Clark fasst es
allgemeiner: The Law is an anagram of Wealth.
Vor ein paar Monaten bin ich über ein Paper der Konferenz der Vereinten
Nationen für Handel und Entwicklung gesurft, in dem ich einen kleinen
Graphen wegen der Informationskomprimiertheit insbesondere auch im
Kontext von Debatten übers bGE von herausragender Bedeutung halte, vgl.
http://unctad.org/en/PublicationChapters/tdr2012ch3_en.pdf , rechts oben
auf S. 51 (bzw. S. 9 nach PDF-Zählung). Für die beiden Graphen der
westlichen Welt und den Graphen Ost-Europas lässt sich deutlich ablesen,
dass im Gefolge des Börsencrashs am schwarzen Freitag 1929 die
Einkommensverteilung eine Tendenz zur Angleichung zeigte (= fallender
Gini-Koeffizient). Für die USA, Australien, Neuseeland und Kanada kehrte
sich dieser Trend bereits ab etwa dem Jahr 1960 wieder um, die Einkommen
drifteten wieder zunehmend auseinander (= steigender Gini-Koeffizient).
Für West-Europa und noch deutlicher für Ost-Europa hat sich diese
Trendumkehr mit der Wende 1989 ergeben. Seitdem werden die Reichen immer
reicher und die Armen immer ärmer. Andere Statistiken könnten
untermauern, dass dieser Prozess sich seit dem Jahr 2000 fortgesetzt
hat. Wenig überraschend, aber doch bemerkenswert ist m. E., dass wohl
noch nie in der Zivilisationsgeschichte die Einkommensgleichheit so weit
fortgeschritten war wie im osteuropäischen Realsozialismus. Dies war
freilich politisches Projekt, das aber empirisch-statistisch
nachweislich offenbar auch realisiert worden war. Auf S. 66 (bzw. S. 24)
gibt es ein Balkendiagramm, das zumindest für einen historischen
Zeitpunkt um das Jahr 2000 herum klar macht, dass die
Vermögensungleichheit drastisch höher ist als die
Einkommensungleichheit, siehe insbesondere die dunkelblauen Balken und
vgl. die jeweilige quantitative Höhe der Gini-Koeffizienten beim
Einkommensverteilungsgraphen und beim Vermögensverteilungsgraphen. Es
lässt sich daher zumindest vermuten, dass die Zeitgraphen auf S. 51/9
noch deutlich stärkere Ausschläge insbesondere nach oben aufweisen
würden, wenn es in dem Graphen nicht um die Einkommens-, sondern um die
Vermögensverteilung ginge. Ich weise auf diesen ganzen Zusammenhang vor
allem deshalb hin, weil der pauschale Neid-Vorwurf an alle, die mit der
Einkommensverteilung unzufrieden sind, systematisch auf
Geschichtsvergessenheit beruht: Er tut so, als wäre das Verhältnis von
arm und reich schon immer so wie heute gewesen, als wäre es
selbstverständlich und unabänderlich, womöglich gar aus irgendwelchen
zusammengestromerten Vorstellungen heraus: leistungsgerecht. Das ist
schlicht nicht der Fall, wie die Geschichte zeigt. Zudem reichen die
beiden genannten Diagramme schon völlig aus, um zu verstehen, warum man
erstmal ein Bruttomonatseinkommen von etwa 7.000 Euro braucht, um in dem
Modell des BAG Grundeinkommen in und bei der Partei DIE LINKE zum
Nettozahler zu werden.
Ich persönlich beneide reichere Menschen nicht im Ernst, sondern glaube
daran, dass alle ihr Päckchen im falschen Ganzen tragen. Meine
Konsumbedürfnisse sind zwar nicht bescheiden und unter
Hartz4-Bedingungen ganz ernsthaft nicht zu befriedigen, aber zumindest
auch unterhalb des deutschen Durchschnitts. Mich stört abgesehen von den
vielen realen Situationen, in denen "der Mensch ein erniedrigtes, ein
geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist" (Marx, MEW1,
S. 385) vor allem die normative Kraft des Faktischen am Kapitalismus und
die allgegenwärtige Fiktion von Mangel im realen Überfluss.
[Nachtrag: Danach folgen noch eine ganze Reihe von Stichwörtern für
Sachen, die ich auch noch ausführen wollte. Die sind aber zu kryptisch
als dass sie irgendwie auf Anhieb verständlich würden. Von daher war's
das an Rausbruch von Elementen aus meiner ersten Arbeitsdatei.]
Liebe Grüße,
Bert
-------------- nächster Teil --------------
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