<html>
<head>
<meta http-equiv="content-type" content="text/html; charset=ISO-8859-15">
</head>
<body text="#000000" bgcolor="#FFFFFF">
Liebe Verena, <span style="background: transparent"></span><span
style="background: transparent">liebe Mitlesende,<br>
<br>
ich
hoffe, es ich ok für dich, wenn ich dich duze. Ich mach' das mal
einfach feist.</span><br>
<br>
Ich habe bereits vor gut zwei Wochen angefangen, mich mit deiner
Website und deinem Beitrag auseinanderzusetzen. Daraus ist im ersten
Arbeitsschritt ein 40-Seiten-Textdokument plus 27 Graphik-Dateien
mit Tabellen und Diagrammen geworden und in einem zweiten Schritt
das Projekt für ein Büchlein mit derzeit 50 Seiten teils aus dem
ersten Dokument kopiertem, größerenteils aber neuem Text und
weiteren 23 Dateien mit Tabellen und Diagrammen. Ich habe schon seit
einer Woche vor, dir und dem Mail-Verteiler zumindest mal
bruchstückhaft darüber Rechenschaft abzulegen. Jochens Mail animiert
mich nun, das auch tatsächlich mal zu tun.<br>
<br>
Abgesehen von im Endeffekt vermutlich sehr ausgedehnten
Betrachtungen zu ökonomischen, juristischen, philosophischen,
marxistischen und theologisch-spirituellen Fragestellungen im
Kontext der bGE-Debatten hat sich mir die Kernidee durch die
Auseinandersetzung insbesondere mit deinem youtube-Beitrag (vgl. <span
style="background: transparent"><a
href="http://youtu.be/Wx5_oieNajE">http://youtu.be/Wx5_oieNajE</a>
) aufgedrängt, den ich allerdings noch immer bloß zu etwas mehr
als der Hälfte angeschaut habe, obgleich ihn eigentlich
detailliert kommentieren wollte. Für diesen Anstoß möchte ich mich
erstmal bei dir bedanken. :o)<br>
<br>
Auch wenn ich noch immer etwas skeptisch bin, vertraue ich dir als
Fachfrau mal dahingehend, dass die Steuer- und
Sozialversicherungsbelastung oberhalb des Grundfreibetrags quasi
für alle steuerpflichtigen Personenkreise bei um die 50 % liegt.
Als ich Anfang des Jahres aus meinem eigenen und neuen
Hartz4-Status heraus die Einkommens-Verrechnungsregeln nach SGB II
§ 11 b, Abs. 3 halbwegs begriffen hatte, war mir klar, dass ein
Wiedereinstieg in prekäre Beschäftigung aus monetären
Gesichtspunkten null Sinn macht. Mein persönlicher Ärger darüber
hat sich durch die Beschäftigung mit deinen Ausführungen nun zu
einem politischen Ärger sublimiert, der es mir sozusagen möglich
macht, vergleichsweise ziemlich alte offene Rechnungen wieder in
Angriff zu nehmen. Machst du schon kursorisch klar, dass unter
Einbeziehung der Sozialversicherungen von einer progressiven
Einkommensbelastung nicht die Rede sein kann, sondern in Bezug auf
Lohnabhängige eher von einer degressiven Belastung sowohl im
Übergang von prekärem zu normalem als auch im Übergang von
normalem zu Spitzensegment, so scheint mir das aus
agitations-taktischen Gründen für ein bGE einer präzisen
Betrachtung wert. Im ersten, etwas vage konzipierten und auf
deinen Zahlen fußenden Arbeitsschritt war das Ergebnis etwa
Folgendes: Betrachtet man Hartz4 als existenzsicherndes
Grundeinkommen, das zwar nicht bedingungslos ist, aber der
allgemeinste, weil auf die erwerbsfähige Bevölkerung ausgelegte
Repräsentant des sozialstaatlichen Netzes, in das so oder so mehr
oder weniger alle im Fall von Hilfebedürftigkeit fallen, dann kann
man sich auf den Standpunkt stellen, dass wir quasi alle Harzt4ler
sind, nur nicht mit gleichem quantitativen Anspruch. Damit ergibt
sich eine überaus simple Vergleichbarkeit zu einem bGE einerseits.
Andererseits macht es dann Sinn, die alten offenen Rechnungen,
nämlich die politischen Mainstream-Debatten um Lohnabstandsgebot
und Progression, aus einer allgemeineren Perspektive wieder
aufzuwickeln. Meine Arbeitsfrage lautet daher: In welchem mehr
oder weniger allgemeinen Verhältnis steht der ökonomische
Anreizsetzer Bruttolohn (plus Arbeitgeberanteil an
Sozialversicherungen) zum tatsächlich verfügbaren Einkommen nach
der Verzerrung durch Staatsaktivitäten, als da wären: Hartz4,
Sozialversicherungen und Steuern. Ich hebe also die Frage der
Steuerprogression auf die allgemeinere Ebene der relevanten
Staatsaktivitäten insgesamt. Dabei hat sich im ersten, noch recht
vage konzipierten Anlauf herausgeschält: Diejenigen, die bei um
die 2.000 Euro brutto im Monat liegen, sind gemessen an ihrer
durch dieses Einkommen bestimmten Leistungsfähigkeit deutlich die
stärksten Schultern des Gemeinwesens. Ein
gerechtigkeitstheoretischer Skandal. Anreiztheoretisch ist das
gleichbedeutend mit der Feststellung: Jedes Einkommen bis um die
2.000 Euro arbeitet im Zweifelsfall mehr für den Staat als für
sich selbst. Und zwar wegen der Hartz4-Verrechnung sogar umso mehr
für den Staat, je näher es den ungefähr 2.000 Euro kommt. Ein
anreiztheoretischer Skandal. An den im Mainstream m. W. nahezu
ausschließlich von neoliberalen Agenten thematisierten
Lohnabstandsgebot-Debatten der 90er Jahre hat mich damals schon
irrwitzig genervt, dass immer nur die Sozialhilfe zur Disposition
stand, nie aber der Niedriglohnsektor. 20 Jahre später ist es m.
E. ernsthaft Zeit, diese Debatte nochmal von unten aufzurollen.
Das will ich auf einer zwar allgemeinen, aber doch möglichst viele
Einzelfälle einfangenden und präzisen, mathematisch wie juristisch
wasserdichten Weise einerseits durchdeklinieren. Andererseits will
ich mich um didaktische Zugänglichkeit bemühen, damit es die
bildungsfernen unteren Einkommensschichten leichter begreifen. Im
Effekt bin ich der Meinung, dass man über diesen Weg mindestens
für alle, die höchstens zwei- oder dreitausend Euro Bruttolohn
(oder andere Einkünfte) als Einzelperson einfahren, ein objektives
Interesse an einem bGE nachweisen kann. Ob das dann auch zu einem
subjektiven wird, bleibt freilich immer die Frage. Grundsätzlich
hätte man damit aber aufs Parlament bezogen wohl eine
Zwei-Drittelmehrheit in der Tasche und könnte sogar im GG die
Weichen für ein bGE stellen. Gut, das war jetzt eine
Höhenflug-Aussage, aber dem objektiven Gehalt nach nicht völlig
falsch. <br>
<br>
Im Moment bin ich noch dabei, die allgemeine Konstruktion erstmal
aus der Hartz4-Rechtslage in die Nettoebene hinein zu entfalten.
Dabei habe ich die letzten Tage z. B. begreifen müssen, dass ich
noch eine viel zu rosige Auslegung von SGB II § 11b, Abs. 3 hatte.
Wer sich mit dem Lösen meiner Verwirrungen diesbezüglich befassen
möchte, könnte mal hier reinschauen:
<a class="moz-txt-link-freetext" href="http://hartz.info/index.php?topic=82838.0">http://hartz.info/index.php?topic=82838.0</a><br>
<br>
Grundsätzlich haben sich bei mir schon mal folgende Detailfragen
aufgehäuft. Da ich vermute, dass es im Verteiler Personen gibt,
die mir dabei aus dem Handgelenk heraus umständliche
Recherchearbeit abnehmen können, will ich sie mal formulieren und
um Hilfe bitten:<br>
<br>
1. Gibt's so etwas vielleicht schon? Ich habe irgendwie eh ein
ziemlich gespaltenes Verhältnis zu Bibliotheken und seit Ende
meines Studiums nur noch höchstselten mal eine betreten. Und
Literaturrecherche fand ich schon immer zum Kotzen. Ich würde
vermuten: Wenn es so etwas auf wirklich gutem methodischen und
didaktischen Niveau gäbe, dann wäre das im Netz so verbreitet, das
es mir begegnet wäre. Das ist aber keineswegs sicher und
angesichts der Fülle heutiger Publizistik letztlich ziemlich
spekulativ.<br>
<br>
2. Worauf exakt basieren die Zahlen deiner Folien, liebe Verena?
Anders formuliert: Ich werde zum Übergang von der Netto- zur
Brutto- und dann zur Brutto&Lohnnebenkosten-Ebene definitiv
einerseits die juristischen Grundlagen der verschiedenen Steuer-
und Sozialversicherungssätze benötigen, andererseits auch
möglichst soziologisch-empirisches Material zu der realen
Einkommensverteilung zumindest in Deutschland. Klar, das finde ich
sicherlich auch selbst halbwegs flink, aber jemand von euch ist
vermutlich dennoch wesentlich flinker.<br>
<br>
3. Schwieriger als das Auffinden der allgemeinen Steuer- und
Sozialversicherungssätze dürfte das Einfangen der unzähligen
Einzelfälle in die allgemeine Betrachtung ausfallen. Dieser ganze
Rotz von Werbekostenpauschalen und weiß der Geier was, fand ich
noch nie im Ernst wirklich durchsichtig. Für meine
Aufgabenstellung muss ich mir das wohl oder übel durchsichtig
machen. Hilfe in der Beziehung wäre daher extrem erwünscht. <br>
<br>
Letzteres hat übrigens einen agitatorischen Nebeneffekt: Zur
Konstruktion einer zumindest halbwegs allgemeinen Betrachtung wird
die Diskussion der unzähligen Sonderfälle quasi nebenbei klar
machen, dass das heutige System im Zweifelsfall nicht einmal von
Experten verstanden wird, während ein bGE, insbesondere wenn es
dann noch mit einem schlichten Konsumsteuermodell kombiniert wird,
jedem noch so kopfdödeligem Teil des formellen Souveräns
durchsichtig machen kann, wie das Gemeinwesen eigentlich zumindest
seiner allgemeinen monetären Gestalt nach funktioniert. Das ist
mir aus der Hartz4-Perspektive schon jetzt klar, wird sich mit dem
Übergang von Netto zu Brutto aber noch drastischer herausschälen.
Ist freilich immer so die Frage, ob mir das wirklich gut gelingt,
aber die unzähligen Sonderfälle will ich dabei nicht als
Sonderfälle betrachten, sondern als spezifische Ausformungen der
allgemeinen Betrachtung. Naja, weiß nicht, ob man sich darunter
jetzt was vorstellen kann. Soll nur soviel heißen, wie: Eigentlich
gehen mir die Sonderfälle am Arsch vorbei, aber zumindest
diejenigen von hinreichender Allgemeinheit werde ich wiederum aus
der Perspektive einer allgemeinen Konstruktion einzufangen
versuchen. Das wirft dann sowohl ein Licht auf die Sonderfälle als
Sonderfälle als auch auf ihre spezifische Verzerrung des
Allgemeinen und damit im Zweifelsfall auf Gerechtigkeitsprobleme.<br>
<br>
Ok, soviel inhaltlich dazu. Formal aber noch dies: Eigentlich
sollte es einfach nur ein Debattenbeitrag hier im Verteiler
werden. Aber erstens ist es schon jetzt mitten im Arbeitsstatus so
ausgeufert, dass das kaum noch verhältnismäßig wäre. Und zweitens
meint meine Frau nicht ganz zu Unrecht, dass ich mit der
Schriftstellerei mal ernsthaft zum Haushaltseinkommen beitragen
soll bis muss und die Veröffentlichung eines Buchs daher sinniger
wäre. Angesichts dessen, dass ich eine Reproduktionsgrundlage
benötige und das Schreiben mir noch am ehesten Berufung erscheint,
macht das Sinn. Ich plane daher ein selfpublishing-ebook mit der
Teaser-Offenlegung für die www-Öffentlichkeit von zumindest
etlichen Teilen und relevanten Ergebnissen. <br>
<br>
Ich bin, wenn auch freundlich und lieb, ziemlich eigenwillig und
kritisch, daher auch unter Umständen anstrengend in engen
Kooperationssituationen. Grundsätzlich aber möchte ich schon dazu
einladen: Falls jemand in dem skizzierten Gesamtrahmen als
Gastbeitrag ein Kapitelchen oder ähnliches beisteuern möchte, wäre
ich dafür offen.<br>
<br>
<br>
<br>
Nachdem ich das dargestellt habe, will ich aus meiner ersten
Arbeitsdatei mal das rausfischen, was sich explizit mit deinem
Beitrag und deiner Website auseinandersetzte, liebe Verena.
Vielleicht interessiert es dich ja ... Ich habe aber wenig Lust,
angefangene Gedankenstränge jetzt formvollendet zu Ende zu führen,
weil mein Fokus sich lieber dem Buchprojekt zuwenden möchte. Ich
haue insofern quasi einfach aus dem Steinbruch meiner Arbeitsdatei
die mehr oder weniger ausformulierten Teile einfach mal hier rein
und bitte um Nachsicht wegen der teilweise vielleicht etwas
kryptischen Form:<br>
<br>
</span><br>
<p style="margin-bottom: 0cm"><span style="background: transparent">Ich
fand
deinen Mail-Beitrag insgesamt nett, deine Fragen gut gestellt
und bin daher ein wenig über deine Website gesurft und habe mir
deine Folien-Präsentation auf <a
href="http://youtu.be/Wx5_oieNajE">http://youtu.be/Wx5_oieNajE</a>
angeschaut. Vorher hatte ich erstmal entschieden, das Modell der
Piratenpartei rechts liegen zu lassen, weil ich die Ableitung
einer
Existenzsicherung in Höhe von Pi mal Daumen 1.000 Euro im Monat
in
der auf <a
href="https://www.grundeinkommen.de/die-idee/finanzierungsmodelle">https://www.grundeinkommen.de/die-idee/finanzierungsmodelle</a>
verlinkten und von Ronald Blaschke verfassten Darstellung (vgl.
<a
href="https://www.grundeinkommen.de/content/uploads/2008/11/vergleich_ge-konzepte.pdf">https://www.grundeinkommen.de/content/uploads/2013/01/2012-ansaetze_und_modelle_gs_und_ge_blaschke.pdf</a>
, S. 119-141) ziemlich überzeugend fand, ein Konsumsteuermodell
bevorzuge und mich nichts darauf hingewiesen hat, dass in der
Piratenpartei sowohl mindestens 1.000 Euro als auch Konsumsteuer
im
Gespräch sind. Zumindest hinsichtlich der Konsumsteuer hast du
mich
eines Besseren belehrt. Was auch immer offizielle Parteilinie
bei den
Piraten ist, habe ich mir noch immer nicht vergegenwärtigt.<br>
1.000
Euro finde ich mit Blick auf die eher unterdurchschnittlichen
Konsumgewohnheiten meines Erwachsenenlebens „zum Leben zu wenig,
zum Sterben zu viel“, also bauchmäßig eine gute Hausnummer für
ein anreizorientiertes bGE. Ist ja auch die derzeitige
Hausnummer von
Götz Werner.<br>
Das
zur Kontextualisierung meines Zugangs zu deiner Präsentation.</span></p>
<p style="margin-bottom: 0cm"><span style="background: transparent">Sie
hat
Fragen bei mir aufgeworfen, Anmerkungsbedarf hervorgerufen und
mich zu ausführlicheren eigenen Überlegungen angestachelt.
Vielleicht magst du dich damit ja auseinandersetzen. Da der Text
ausführlicher ausfällt, gebe ich erstmal wieder einen Überblick.</span></p>
<p style="margin-bottom: 0cm"><br>
</p>
<p style="margin-bottom: 0cm"><span style="background: transparent">i.
Zu
Verena Neddens Konsumsteuer-/bGE-Modell</span></p>
<span style="background: transparent">i.i.
Steuergemäuer</span><span style="background: transparent"><br>
i.ii.
bGE-Höhe von knapp 700 Euro?</span><span style="background:
transparent"></span><span style="background: transparent"><br>
i.iii.
Kriterien für Mindesthöhe eines bGE</span><span style="background:
transparent"><br>
i.iv.
Allgemeine und besondere Besteuerung?</span><span
style="background: transparent"></span><span style="background:
transparent"><br>
i.v.
Chimäre der Steuerprogression? Steuerdegression: Hinzuverdienst
bei
Hartz4-Aufstockern, Spitzeneinkommen</span><br>
<span style="background: transparent">i.vi. Ausbeutung von
Billiglohnländern</span><span style="background: transparent"><br>
ii. Allgemeinere Überlegungen, die für mich aus der
Auseinandersetzung resultierten</span><span style="background:
transparent"><br>
ii.i. Ein wenig Gepöbel im Kontext des Ideologiebegriffs</span><span
style="background: transparent"></span><br>
<span style="background: transparent">ii.ii. Zum Neid-Begriff</span><br>
<br>
<p style="margin-bottom: 0cm"><span style="background: transparent">******</span></p>
<p style="margin-bottom: 0cm"><span style="background: transparent">i.
Zu
Verena Neddens Konsumsteuer-/bGE-Modell</span></p>
<p style="margin-bottom: 0cm"><span style="background: transparent">*******</span></p>
<p style="margin-bottom: 0cm"><span style="background: transparent">******</span></p>
<p style="margin-bottom: 0cm"><span style="background: transparent">i.i.
Steuergemäuer</span></p>
<p style="margin-bottom: 0cm"><span style="background: transparent">*******</span></p>
<p style="margin-bottom: 0cm"><span style="background: transparent">Grundsätzlich
finde
ich erstmal ziemlich sympathisch, dass du im Prinzip an der
Abschaffung deines Berufsstands arbeitest. Wer braucht noch
Fachanwälte für Steuerrecht, wenn das Steuerrecht plötzlich
allen
transparent ist? :o)</span></p>
<p style="margin-bottom: 0cm"><span style="background: transparent">Beim
näheren
Eintauchen in deine konzeptionellen Überlegungen bin ich
mir dann allerdings schon wieder nicht mehr sicher, ob das so
stimmt.
Da du anscheinend im Gegensatz zum reinen Konsumsteuermodell die
Unternehmenssteuern (Körperschafts-, Kapitalertrags-,
Gewerbesteuer
etc., siehe 10. Min./Folie 7 und ) belassen willst und auf
deiner
Haupt-Website auch dies als änderungswürdig gegenüber deiner
Folienpräsentation angibst: „Um eine Änderung der Kaufperise zu
verhindern, gleichzeitig jedoch die bisherigen Staatseinnahmen
aus
Lohnkosten über das erforderliche Grundeinkommen hinaus und auch
das
netto zur Verfügung stehende Einkommen unverändert zu belassen,
hat
sich nun (Stand Mai 2014) die Konzeptpion einer Lohnabgabe als
notwendig herausgestellt, welche 19% des hälftigen heutigen
Arbeitgeberaufwandes beträgt. Der allgemeine
Arbeitgeber-Gesamtaufwand beträgt damit lediglich 59,5% des
heutigen
Aufwandes für Arbeitnehmer“<br>
</span></p>
<p style="margin-bottom: 0cm"><span style="background: transparent"><span
style="background: transparent">[Nachtrag dazu:<br>
</span>Insgesamt hat sich mir beim derzeitigen Betrachtungsstand
deiner Ausführungen der Eindruck aufgedrängt, dass von der
Konsumsteuer im Effekt nicht viel über bleibt, das jetzige
Steuersystem relativ unberührt bleibt. Inhaltlich wollte ich das
eigentlich näher verstehen. Bislang habe ich den Eindruck, dass
das arbeitnehmerunfreundlich ausfällt, kann's aber nicht
begründen.]<br>
</span></p>
<p style="margin-bottom: 0cm"><span style="background: transparent">Dadrüber
sagst du dann noch:
„Die konzipierte Auslandstransfersteuer ist ncht erforderlich.
Die
Ausführungen auf den weiteren Seiten beinhalten die
Auslandstransfersteuer nicht.“<br>
</span></p>
<p style="margin-bottom: 0cm"><span style="background: transparent">Wieso,
weshalb, warum? Wenn ich's richtig verstanden habe, ist das
sozusagen das international solidarische Steuerkonzept in deinem
Modell, etwa analog zu der Idee im Dilthey-Modell, die
Import-Export-Beziehungen auf einen Sockel sozialstaatlicher
Maßnahmen zu stellen. Das lässt du einfach so fallen?<br>
</span></p>
<p style="margin-bottom: 0cm"><span style="background: transparent">******</span></p>
<p style="margin-bottom: 0cm"><span style="background: transparent">i.ii.
bGE-Höhe
von knapp 700 Euro?</span></p>
<p style="margin-bottom: 0cm"><span style="background: transparent">*******</span></p>
<p style="margin-bottom: 0cm"><span style="background: transparent">5.-9.
Minute/Folien
2-6: Verstehe ich deine Ausführungen richtig, wenn ich
mutmaße, dass du für all deine Berechnungen ein bGE in Höhe von
knapp 700 Euro zugrundelegst? Du hältst das nirgends explizit
fest,
aber das ist wohl der tiefere Sinn dieser Folien, oder?</span></p>
<p style="margin-bottom: 0cm"><span style="background: transparent">******</span></p>
<p style="margin-bottom: 0cm"><span style="background: transparent">i.iii.
Kriterien
für Mindesthöhe eines bGE</span></p>
<p style="margin-bottom: 0cm"><span style="background: transparent">*******</span></p>
<p style="margin-bottom: 0cm"><span style="background: transparent">7.
Minute/Folie
4: „Wenn ich mir Grundeinkommensmodelle ansehe, dann
schaue ich erstmal, naja: Wie hoch soll denn das sein, was
ausgeschüttet wird? Liegt das unterhalb der Grundfreibeträge,
dann
denke ich: Naja, das passt ja sowieso nicht, das kann ich nicht
gebrauchen für ein bedingungsloses Grundeinkommen, weil es nicht
reicht.“ Ich möchte dich sehr inständig darum bitten, die oben
erwähnten Überlegungen von Ronald Blaschke zur Abschätzung einer
vernünftigen Höhe für ein bGE zur Kenntnis zu nehmen (vgl.
<a
href="https://www.grundeinkommen.de/content/uploads/2008/11/vergleich_ge-konzepte.pdf">https://www.grundeinkommen.de/content/uploads/2013/01/2012-ansaetze_und_modelle_gs_und_ge_blaschke.pdf</a>
, S. 119-141). Insbesondere seine Betrachtungen zur
Verfassungsnonkonformität heutiger Hartz4-Sätze fand ich
interessant. Ich würde hoffen, dass diese Lektüre deine Meinung
dahingehend verändern könnte, dass du auch die heutige
Existenzsicherungshöhe nicht gebrauchen kannst „für ein
bedingungsloses Grundeinkommen, weil es nicht reicht.“ Ich würde
zwar auch ein paar Vorzüge in einem bGE auf heutigem
Hartz4-Armutsniveau sehen (z. B. keine verdeckte Armut unterhalb
des
Hartz4-Niveaus und Abschaffung der skandalösen
Verrechnungsgrundlage
bei Hartz4-Aufstockern), aber nicht derartige Vorzüge, dass ich
mich
für so etwas ernsthaft engagieren würde. Mit anderen Worten:
Wenn
du weiterhin eine bGE-Höhe über die heutige Existenzsicherung
ableiten möchtest, nur einfach, weil sie nun einmal existiert,
dann
sehe ich dich eher als Blockiererin eines Projekts, das mich vor
allem deshalb interessiert, weil es ein Potential zur
Abschaffung von
Armut einerseits, Abhängigkeit von Vermögen andererseits hat,
während du m. E. die Armut nur in anderer Form verlängern
möchtest,
wenn du dich auf knapp 700 Euro einschießt. Was denkst du dazu?</span></p>
<p style="margin-bottom: 0cm"><span style="background: transparent">******</span></p>
<p style="margin-bottom: 0cm"><span style="background: transparent">i.iv.
Allgemeine
und besondere Besteuerung?</span></p>
<p style="margin-bottom: 0cm"><span style="background: transparent">*******</span></p>
<p style="margin-bottom: 0cm"><span style="background: transparent">9.
Minute/Folie
6: „Ich unterscheide zwischen allgemeiner Besteuerung
und besonderer Besteuerung.“ sowie 11. Minute/Folie 7: „Ich
beschränke mich auf die allgemeine Besteuerung, also das, was
alle
ausgeben müssen.“ Wenn ich dich an diesen Stellen richtig
verstehe, dann kümmerst du dich in deiner Folienpräsentation
ausschließlich um das, was du allgemeine Besteuerung nennst,
während
das, was du besondere Besteuerung nennst, wohl all die legalen
und
weniger legalen Steuertricks, Branchensubventionierungen,
gemeindespezifische Steuersätze und ähnliches meint. Stimmt das
so?
Falls ja: Da ja von den Beführwortern einer Konsumsteuer immer
wieder stark gemacht wird, dass sie ein gerechteres Steuermodell
darstellen würde, frage ich mich insbesondere nach deiner
Darstellung, wo ja als allgemeine Besteuerungslast oberhalb des
Freibetrags quasi für alle der Steuergesetzgebung unterworfenen
Funktionsgruppen zumindest mehr oder weniger so oder so immer 50
%
herauskommt, schon recht intensiv, welchen verzerrenden Einfluss
denn
diese „besondere Besteuerung“ einerseits im Rahmen der gesamten
Steuererhebung (also volkswirtschaftlich), andererseits im
individuellen Extremfall hat. Könntest du mir davon eine
Vorstellung
geben oder mich zumindest auf weiterführende Web-Literatur
verweisen? Solange wir nicht über ein bGE in Höhe von mindestens
1.000 Euro sprechen, sondern auf derzeitigem Hartz4-Niveau,
möchte
ich wenigstens verstehen können, was sich denn die
Konsumsteueranhänger davon konkret versprechen. Dabei geht’s ja
vermutlich weit weniger als mir um Armutsbekämpfung und
Aufstockerirsinnsverhinderung, vermutlich nicht einmal so sehr
um das
Fehlen einer echten Steuerprogression im Allgemeinen, sondern um
ein
weitläufiges Ungerechtigkeitsempfinden gegenüber dem
Steuerwildwuchs in Deutschland, oder nicht?</span></p>
<p style="margin-bottom: 0cm"><span style="background: transparent">******</span></p>
<p style="margin-bottom: 0cm"><span style="background: transparent">i.v.
Chimäre
der Steuerprogression? Steuerdegression: Hinzuverdienst bei
Hartz4-Aufstockern, Spitzeneinkommen</span></p>
<p style="margin-bottom: 0cm"><span style="background: transparent">*******</span></p>
<p style="margin-bottom: 0cm"><span style="background: transparent">13.
Minute/Folie
9 und 15.-16. Minute/Folie 11: Hier machst du einige
interessante Nebenbemerkungen. Ich finde, dass man sich das
nicht
ausführlich genug auf der Zunge zergehen lassen kann. Wenn ich
dich
richtig verstehe und du recht hast, wovon ich jetzt einfach mal
ausgehe, weil du ja vom Fach bist, dann existiert die sogenannte
Steuerprogression in der Einkommensteuer de fakto überhaupt gar
nicht, wenn man die Sozialversicherungen miteinbezieht, also als
Quasi-Steuern betrachtet: Alle landen mehr oder weniger bei 50
%.
Stimmt das wirklich? Ist die Steuerprogression völlig fingiert?
Auf <a
href="http://de.wikipedia.org/wiki/Einkommensteuer_%28Deutschland%29#Entwicklung_des_Einkommensteuertarifs_seit_1958">http://de.wikipedia.org/wiki/Einkommensteuer_(Deutschland)#Entwicklung_des_Einkommensteuertarifs_seit_1958</a>
wird in der Tabelle für 2014 ein Eingangssteuersatz von 14 % und
ein
Spitzensteuersatz von 42 % bzw. 45 % postuliert. Wenn ich dich
richtig verstehe, rechnest du aber den Grundfreibetrag als
existenzsichernden Sockel heraus und landest trotz dieser
Progression
von Eingangssteuersatz zu Spitzensteuersatz für alle
Einkommenshöhen
unter Einbezug der Sozialversicherungsbeiträge bei Pi mal Daumen
50
% Steuer- und Sozialabgabenlast bei im Prinzip allen besteuerten
Gruppen. Im Gegenteil gibt es in der Einkommensspitze sogar eine
Degression, nämlich etwas weniger als 50 %: „Im
Spitzensteuersatz
entwickeln sich die Einkommen über 250.000,- ¤ wie folgt: […]
Erwerbsbelastung 47,475%“ (vgl.
<a
href="http://www.konsumsteuersystem.de/wesentliches_in_kuerze/berechnungen/nachweis_der_50igen_allgemeinen_erwerbsbelastung_/50ige_erwerbsbelastung_schnelluebersicht/index.php">http://www.konsumsteuersystem.de/wesentliches_in_kuerze/berechnungen/nachweis_der_50igen_allgemeinen_erwerbsbelastung_/50ige_erwerbsbelastung_schnelluebersicht/index.php</a>
) Im Ernst, wirklich wahr, kann das denn stimmen?</span></p>
<p style="margin-bottom: 0cm"><span style="background: transparent">Falls
das
wirklich stimmt, wäre es ein Grund, das Verfassungsgericht
anzurufen und die gesamte Steuer- und
Sozialversicherungsgesetzgebung einkassieren zu
lassen, weil dieser Tatbestand ganz offensichtlich gegen
Gerechtigkeitserwägungen und das Sozialstaatsprinzip verstößt,
wenn auch seltsamerweise anscheinend nicht gegen das ziemlich
seltsam
bestimmte Leistungsfähigkeitsprinzip (vgl.
<a
href="http://de.wikipedia.org/wiki/Steuerprogression#Rechtfertigung">http://de.wikipedia.org/wiki/Steuerprogression#Rechtfertigung</a>
). Ich habe da ja mehr eine Bauchgefühl-Laienvorstellung, wonach
die
Progression eigentlich dafür Sorge tragen soll, dass stärkere
Schultern nicht nur absolut, sondern auch relativ stärker zum
Gelingen des Gemeinwesens beizutragen haben. Aber wenn du Recht
hast,
liebe Verena, dann ist die ganze Steuerprogression eine
vollkommene
Augenwischerei für die Nicht-Fachleute.</span></p>
<p style="margin-bottom: 0cm"><span style="background: transparent">Noch
absurder
und skandalöser wird das Ganze im Einkommenssockel durch
die Verrechnungsregelungen bei Hartz4, worauf du ja kurz auch
hinweist: Zwischen 100 und 1.000 Euro Nettoverdienst werden 80 %
der
Einkünfte mit den Hartz4-Bezügen verechnet, zwischen 1.000 Euro
und
1.200 bzw. 1.500 Euro sogar 90 %. [Nachtrag: Dadrüber sogar 100
%] Als mir das vor einem guten halben Jahr klar
wurde, habe ich die ganzen FDP-Worthülsen von
„Lohnabstandsgebot“
und „Leistung muss sich lohnen“ in einem völlig neuen Licht
gesehen. Stelle ich mich auf den Standpunkt, dass Hartz4 ein bGE
sein
sollte und ich zumindest 10 Euro netto pro Arbeitsstunde
zusätzlich
verdienen möchte, dann hieße das Pi mal Daumen, dass ich schon
erstmal einen Nettolohn von knapp 50 Euro brauche (wegen des
Freibetrags von 100 Euro etwas weniger), um in den ersten 20
Arbeitsstunden auch tatsächlich einen Hinzuverdienst von 10 Euro
zu
realisieren, weil ja etwa 40 Euro sofort beim Hartz4-Bezug
gegengerechnet werden. Bis zu einem Gesamtverdienst von 1.200
Euro
bräuchte ich sogar einen noch höheren Nettostundenlohn als 50
Euro,
weil von den hinzukommenden 200 Euro nur 10 % nach der
Verrechnung
mit Hartz4 verbleiben. Umgekehrt: Realisiere ich am Markt einen
Nettostundenlohn von 10 Euro, dann behalte ich davon die ersten
10
Stunden alles, die nächsten 90 Stunden nur 2 Euro pro Stunde und
die
darauffolgenden 20 Stunden nur noch 1 Euro pro Stunde. Das rückt
auch die 1-Euro-Maßnahmen in ein ganz anderes Licht, weil ja die
allermeisten Jobs kaum soviel Stundenlohn hergeben, dass man
nach der
Verrechnung wesentlich mehr als einen Euro pro Stunde wirklich
behalten würde. </span>
</p>
<p style="margin-bottom: 0cm">[Nachtrag: Hier schließen sich dann in
meiner Arbeitsdatei ausgedehnte Betrachtungen zu diesem Umstand
an, die ich erstmal wegkürze, weil ich sie oben allgemein
dargestellt habe und sie nichts im eigentlichen Sinn mit der
Auseinandersetzung zu deiner Website und deinem Beitrag zu tun
haben.]<br>
</p>
<br>
<p style="margin-bottom: 0cm"><span style="background: transparent">******</span></p>
<p style="margin-bottom: 0cm"><span style="background: transparent">i.vi.
Ausbeutung von Billiglohnländern<br>
</span></p>
<p style="margin-bottom: 0cm"><span style="background: transparent">*******</span></p>
<br>
<p style="margin-bottom: 0cm"><span style="background: transparent">33.
Min,
Folie 22: „Also: Keine Lohnausbeute mehr von Billiglohnländern
wäre die Konsequenz davon.“ Warum? „... ergibt den
Bruttoproduktpreis, der genauso hoch ist wie heute.“</span></p>
<p style="margin-bottom: 0cm"><span style="background: transparent">Das
erscheint
mir widersprüchlich: Entweder setzt du voraus, dass die
(Sozial-)Konsumsteuer auch voll auf Importprodukte gelegt wird.
Dann
würde ich verstehen, warum das mit der Lohnausbeute aus
Billiglohnländern nicht mehr so gut funktioniert, nämlich weil
Importprodukte weniger konkurrenzfähig werden würden, aber nicht
verstehen, warum der Bruttoproduktpreis von Importen genauso
hoch wie
heute wäre. Oder du setzt voraus, dass ausschließlich der
inländische Weiterverarbeitungsanteil an Importprodukten unter
die
Konsumsteuer fällt. Dann könnte ich mich zumindest erstmal
grundsätzlich auf die These einlassen, dass alter Preis = neuer
Preis hinhauen könnte, aber nicht verstehen, was das an der
Billiglohnland-Ausbeute verändern soll.<br>
</span></p>
<p style="margin-bottom: 0cm"><span style="background: transparent">[Nachtrag:
Weiter bin ich in der Auseinandersetzung mit deinem
youtube-Video dann nicht gekommen, weil mich selbstständige
Überlegungen in ganz andere Richtungen trieben. Bin mir auch
nicht sicher, ob ich das noch irgendwann nachholen werde.
Insgesamt sehe ich zwar einerseits, dass du engagiert und
grundsätzlich mit sozialdemokratischer Gutmenschlichkeit am bGE
arbeitest. Andererseits scheinst du im Effekt zu ziemlich
reaktionären Ergebnissen vorzudringen: bGE auf
Hartz4-Armutsniveau, Ersetzung bloß eines Teils der Lohnsteuer
durch eine Konsumsteuer, keine internationale Solidarität ...
Ich denke, dass das bGE das Zeug zu einem New Deal hat und für
ein Großreinemachen im intransparenten Steuer- und
Sozialversicherungs-Dschungel sorgen kann. Zudem geht's definitv
um Umverteilung von oben nach unten, sonst kann man sich das
auch gleich sparen. Das bGE als Reförmchen zu betrachten, wird
der Idee auf so vielen Ebenen nicht gerecht, dass ich bei aller
Sympathie für dein Engagement dazu gerade eher denke, dass du
das Thema weit verfehlst und auf eine technokratische
Betrachtungsebene hievst, die aus einer guten Idee bloß
stinkiges Schmieröl für die Maschinerie macht. Ist vielleicht
ein etwas hartes Urteil, aber so sehe ich das gerade. Sorry. Und
nichts für ungut: Ich fand deine Ausführungen definitiv
interessant und sympathisch, nur halt nicht wirklich zielführend
aus meiner Perspektive.] <br>
</span></p>
<p style="margin-bottom: 0cm"><span style="background: transparent">******</span></p>
<p style="margin-bottom: 0cm"><span style="background: transparent">ii.
Allgemeinere Überlegungen, die für mich aus der
Auseinandersetzung resultierten<br>
</span></p>
<p style="margin-bottom: 0cm"><span style="background: transparent">*******</span></p>
<p style="margin-bottom: 0cm">
</p>
<p style="margin-bottom: 0cm"><span style="background: transparent">******</span></p>
<p style="margin-bottom: 0cm"><span style="background: transparent">ii.i.
Ein wenig Gepöbel im Kontext des Ideologiebegriffs<br>
</span></p>
<p style="margin-bottom: 0cm"><span style="background: transparent">*******</span></p>
<p style="margin-bottom: 0cm"><span style="background: transparent">Nach
dieser
Auseinandersetzung mit deinem Steuer- und
bGE-Konzept, möchte ich zu allgemeineren Betrachtungen
übergehen.
Dass sich mir bei der Auseinandersetzung mit deinen Folien der
Eindruck ergab, ich würde Zeuge einer
David-Copperfield-Vorführung
sein [Nachtrag: wegen 50 % hier, 50 % dort und siehe da: 50 %
auch da], liegt vielleicht erstmal einfach daran, dass bei mir
alle
theoretischen Positionen unter Ideologieverdacht stehen, die
nicht
durchblicken lassen, dass sie einen Begriff dessen haben, was
Marx
Fetisch nennt. Da der Ideologie-Begriff insbesondere von
vulgär-marxistischer Seite im vergangenen Jahrhundert einerseits
inflationär, andererseits völlig geistfrei denunziatorisch für
so
ziemlich alles gebraucht wurde, was einem gegen den Strich ging,
möchte ich mit Bezug auf Adorno ausführen, was ich damit meine:
Ideologie ist per definitionem notwendig falsches Bewusstsein.
Auf
einer formalen Ebene lässt sich das näher so bestimmen: Falsch
ist
das Bewusstsein, wenn es den Ist-Zustand der eigenen
Auffassungen als
Normalität begreift und somit weder als geschichtlich Gewordenes
noch als zukünftig Veränderliches noch als individualistisch
gegenüber dem Gesamtzusammenhang von Gesellschaft und Natur
verzerrt. Morrissey hat alles zum Normalitätsbegriff gesagt, was
man
darüber wissen muss: „there is no such thing in life as normal“
(vgl. <a href="http://youtu.be/5mXrksakDUE">http://youtu.be/5mXrksakDUE</a>
). Nachdem ich das geschrieben habe, also klar gemacht habe,
dass der
Normalitätsbegriff samt und sonders in die Tonne bereits in dem
lange vergangenen Moment gehört hätte, in dem er historisch
aufkam,
schwarnt mir Widerwillen. Wer mir jetzt beispielsweise mit
industriellen DIN-Normen kommen möchte, die sich mit dem
Jack-Nickolson-Grinsen des Fordismus ausfransend durch alle
Dienstleistungssektoren bis hin zur Arschputz-Taktung im
Pflegesegment fressen, mit [dativisch ins n-te Geschlecht
deklinierter, fiktiv-phantamagorischer Artikel], das, der, dem
möchte
ich eine ernsthafte Auseinandersetzung über die positivistischen
Ergebnisse von Chaos-Theorie (vgl.
<a href="http://de.wikipedia.org/wiki/Chaosforschung">http://de.wikipedia.org/wiki/Chaosforschung</a>
), Heisenbergscher Unschärferelation (vgl.
<a
href="http://de.wikipedia.org/wiki/Heisenbergsche_Unsch%E4rferelation">http://de.wikipedia.org/wiki/Heisenbergsche_Unschärferelation</a>
) und Quantenphysik (vgl. <a
href="http://de.wikipedia.org/wiki/Quantenphysik">http://de.wikipedia.org/wiki/Quantenphysik</a>
) oder wahlweise eine schlichte Beschau des weltgeistigen Witzes
im
Luhmannschen Autopoiesis-Begriff beginnen (vgl.
<a
href="http://de.wikipedia.org/wiki/Autopoiesis#Der_Autopoiesisbegriff_in_der_Soziologie_.28Niklas_Luhmann.29">http://de.wikipedia.org/wiki/Autopoiesis#Der_Autopoiesisbegriff_in_der_Soziologie_.28Niklas_Luhmann.29</a>
). Ins Sinnliche gewendet, lässt sich letzterer so formulieren:
Die
normative Kraft des Faktischen ist weit häufiger die satte
Selbstzufriedenheit von Onaninsten denn Freuds
kindlich-urspüngliche
polymorph-sexuelle Freude etwa an einem Windhauch auf der Haut,
denn
Marx' ewige Naturnotwendigkeit des Stoffwechsels mit der Natur
und
denn Adornos Erdung der Glücksvorstellung im nichtidentisch
Anderen.
Ein schlechter Witz, ja, aber so ist das System im Großen und
Ganzen
halt: Es reißt bloß schlechte Witze und schneidet
Konservenlachen
in die Audio-Spur. Als im brittischen und US-Exil Überlebender
von
Auschwitz hält Adorno noch für marxistische Fundamentalkritker
am
unwahren Ganzen fest, dass keine Onanie die Sehnsüchte der
Herzen
stillen kann wie paarender Beischlaf und erst recht nicht wie
die
Orgie der Gattung: „Der verstörte und beschädigte Weltlauf ist,
wie bei Kafka, inkommensurabel auch dem Sinn seiner reinen
Sinnlosigkeit und Blindheit, nicht stringent zu konstruieren
nach
deren Prinzip. Er widerstreitet dem Versuch verzweifelten
Bewußtseins, Verzweiflung als Absolutes zu setzen. Nicht absolut
geschlossen ist der Weltlauf, auch nicht die absolute
Verzweiflung;
diese ist vielmehr seine Geschlossenheit. So hinfällig in ihm
alle
Spuren des Anderen sind; so sehr alles Glück durch seine
Widerruflichkeit entstellt ist, das Seiende wird doch in den
Brüchen,
welche die Identität Lügen strafen, durchsetzt von den stets
wieder
gebrochenen Versprechungen jenes Anderen. Jegliches Glück ist
Fragment des ganzen Glücks, das den Menschen sich versagt und
das
sie sich versagen.“ (Adorno, Negative Dialektik, GS6, S. 395f)</span></p>
<p style="margin-bottom: 0cm"><span style="background: transparent">Allgemein
bleibt
für staatspolitische Debatten in dem Zusammenhang aus Sicht
des leidenden Philosophen nur festzuhalten: Der einzig
ernstzunehmende Begründungszusammenhang für die bürgerliche
Rechtsegalität, für die „Normalität“ des abstrakten und
vereinzelten Rechtssubjekts, lässt sich ausschließlich im
Differenztheoretischen auffinden: „Wir sind alle verschieden.
Das
ist es, was uns gleich macht.“<br>
</span></p>
<p style="margin-bottom: 0cm"><span style="background: transparent">[Nachtrag:
Die ganze vorangegangene Passage war etwas kryptisch und vulgär
formuliert. Wollte eigentlich noch weiterbearbeitet werden. Ich
setze sie trotzdem mal einfach in den Verteiler.]<br>
</span>
</p>
<p style="margin-bottom: 0cm"><span style="background: transparent">Notwendig
falsch
ist das Bewusstsein, weil es die Komplexität weder seines
eigenen noch des gesellschaftlichen Gewordenseins jemals völlig
überblicken kann und stets zu wenig Phantasie für die
Möglichkeiten
einer offenen Zukunft mitbringt. Auf einer materialeren Ebene
kapitalistischer Vergesellschaftungsformen lässt sich das so
reformulieren: Falsch ist das Bewusstsein, wenn es den
gesellschaftlichen Primärzweck der Wertverwertung (bspw.
gespiegelt
in dem wirtschaftspolitischen Muss zur jährlichen BIP-Steigerung
im
Rahmen ungleicher Vermögensverhältnisse) für unangreifbar, ewig
oder zumindest für die Geschäftsgrundlage, die man derzeit nicht
verlassen könne, hält. Notwendig falsch ist das Bewusstsein,
weil
es in vielerlei Hinsicht konstitutiv blind dafür ist, die
Geschichte
der Wertverwertung für die Gesamtgesellschaft und für die eigene
Biographie zu begreifen, und weil es so selbsverständlich an die
eigene Konstitution innerhalb der Wertverwertung gebunden
bleibt,
dass systematisch undenkbar bleibt, wie ein Leben jenseits von
Wertverwertung aussehen könnte.</span></p>
<p style="margin-bottom: 0cm"><span style="background: transparent">Adorno
meditiert
in der Negativen Dialektik etwas ausführlicher über diese
Konstellation der „Gewalt des notwendig falschen, selbst
wiederum
erst kritisch zu durchdringenden Bewußtseins, das die
Gesellschaft
über die Ihren verhängt“ (Adorno, Einleitung zum
»Positivismusstreit in der deutschen Soziologie«, GS8, S. 327):</span></p>
<p style="margin-bottom: 0cm"><span style="background: transparent">„Trotz
des
Vorrangs des Objekts ist die Dinghaftigkeit der Welt auch
Schein.
Sie verleitet die Subjekte dazu, das gesellschaftliche
Verhältnis
ihrer Produktion den Dingen an sich zuzuschreiben. Das wird im
Marxischen Fetischkapitel entfaltet, wahrhaft einem Stück Erbe
der
klassischen deutschen Philosophie. Sogar ihr systematisches
Motiv
überlebt darin: der Fetischcharakter der Ware ist nicht
subjektiv-irrendem Bewußtsein angekreidet, sondern aus dem
gesellschaftlichen Apriori objektiv deduziert, dem
Tauschvorgang. In
Marx bereits spricht die Differenz zwischen dem Vorrang des
Objekts
als einem kritisch Herzustellenden und seiner Fratze im
Bestehenden,
seiner Verzerrung durch den Warencharakter sich aus. Der Tausch
hat
als Vorgängiges reale Objektivität und ist zugleich objektiv
unwahr, vergeht sich gegen sein Prinzip, das der Gleichheit;
darum
schafft er notwendig falsches Bewußtsein, die Idole des Marktes.
Nur sardonisch ist die Naturwüchsigkeit der Tauschgesellschaft
Naturgesetz; die Vormacht von Ökonomie keine Invariante. Leicht
bildet Denken tröstlich sich ein, an der Auflösung der
Verdinglichung, des Warencharakters, den Stein der Weisen zu
besitzen. Aber Verdinglichung selbst ist die Reflexionsform der
falschen Objektivität; die Theorie um sie, eine Gestalt des
Bewußtseins, zu zentrieren, macht dem herrschenden Bewußtsein
und
dem kollektiven Unbewußten die kritische Theorie idealistisch
akzeptabel. Dem verdanken die frühen Schriften von Marx, im
Gegensatz zum ›Kapital‹, ihre gegenwärtige Beliebtheit, zumal
unter Theologen. Nicht entbehrt es der Ironie, daß die brutalen
und
primitiven Funktionäre, die Lukács wegen des
Verdinglichungskapitels aus dem bedeutenden Buch ›Geschichte und
Klassenbewußtsein‹ vor mehr als vierzig Jahren verketzerten, das
Idealistische seiner Konzeption witterten. Dialektik ist so
wenig auf
Verdinglichung zu bringen wie auf irgendeine andere isolierte
Kategorie, wäre sie noch so polemisch. Worunter die Menschen
leiden,
darüber gleitet mittlerweile das Lamento über Verdinglichung
eher
hinweg, als es zu denunzieren. Das Unheil liegt in den
Verhältnissen,
welche die Menschen zur Ohnmacht und Apathie verdammen und doch
von
ihnen zu ändern wären; nicht primär in den Menschen und der
Weise,
wie die Ver hältnisse ihnen erscheinen. Gegenüber der
Möglichkeit
der totalen Katastrophe ist Verdinglichung ein Epiphänomen;
vollends
die mit ihr verkoppelte Entfremdung, der subjektive
Bewußtseinsstand,
der ihr entspricht. Sie wird von Angst reproduziert; Bewußtsein,
verdinglicht in der bereits konstituierten Gesellschaft, ist
nicht
deren Konstituens. Wem das Dinghafte als radikal Böses gilt; wer
alles, was ist, zur reinen Aktualität dynamisieren möchte,
tendiert
zur Feindschaft gegen das Andere, Fremde, dessen Name nicht
umsonst
in Entfremdung anklingt; jener Nichtidentität, zu der nicht
allein
das Bewußtsein sondern eine versöhnte Menschheit zu befreien
wäre.
Absolute Dynamik aber wäre jene absolute Tathandlung, die
gewalttätig sich in sich befriedigt und das Nichtidentische als
ihre
bloße Veranlassung mißbraucht. Ungebrochen allmenschliche
Parolen
taugen dazu, erneut dem Subjekt gleichzumachen, was nicht
seinesgleichen ist. Die Dinge verhärten sich als Bruchstücke
dessen, was unterjocht ward; seine Errettung meint die Liebe zu
den
Dingen. Aus der Dialektik des Bestehenden ist nicht
auszuscheiden,
was das Bewußtsein als dinghaft fremd erfährt: negativ Zwang und
Heteronomie, doch auch die verunstaltete Figur dessen, was zu
lieben
wäre und was zu lieben der Bann, die Endogamie des Bewußtseins
nicht gestattet. Über die Romantik hinaus, die sich als
Weltschmerz,
Lei den an der Entfremdung fühlte, erhebt sich Eichendorffs Wort
»Schöne Fremde«. Der versöhnte Zustand annektierte nicht mit
philosophischem Imperialismus das Fremde, sondern hätte sein
Glück
daran, daß es in der gewährten Nähe das Ferne und Verschiedene
bleibt, jenseits des Heterogenen wie des Eigenen. Die
unermüdliche
Anklage von Verdinglichung sperrt sich jener Dialektik, und das
verklagt die geschichtsphilosophische Konstruktion, die jene
Anklage
trägt. Die sinnerfüllten Zeiten, deren Wiederkunft der frühe
Lukács ersehnte, waren ebenso das Produkt von Verdinglichung,
unmenschlicher Institution, wie er es erst den bürgerlichen
attestierte. Zeitgenössische Darstellungen mittelalterlicher
Städte
pflegen auszusehen, als ob gerade zur Volksbelustigung eine
Hinrichtung stattfände. Sollte anno dazumal Harmonie von Subjekt
und
Objekt gewaltet haben, so war sie gleich der jüngsten vom Druck
bewirkt und brüchig. Die Verklärung vergangener Zustände dient
später und überflüssiger Versagung, die sich als ausweglos
erfährt; erst als verlorene gewinnen sie ihren Glanz. Ihr Kult,
der
vorsubjektiver Phasen, kam im Zeitalter des zerfallenden
Individuums
und der regressiven Kollektive zu sich selbst im Grauen.
Verdinglichung und verdinglichtes Bewußtsein zeitigten mit der
Entbindung der Naturwissenschaften auch das Potential einer Welt
ohne
Mangel; vordem schon war dinghaft Ent menschlichtes Bedingung
von
Humanität13; wenigstens ging diese mit dinghaften Gestalten des
Bewußtseins zusammen, während Gleichgültigkeit für die Dinge,
die
als reine Mittel eingeschätzt und aufs Subjekt reduziert werden,
Humanität abtragen half. Im Dinghaften ist beides ineinander,
das
Unidentische des Objekts und die Unterwerfung der Menschen unter
herrschende Produktionsverhältnisse, ihren eigenen, ihnen
unkenntlichen Funktionszusammenhang. Der reife Marx hat in
seinen
kargen Äußerungen über die Beschaffenheit einer befreiten
Gesellschaft sein Verhältnis zur Arbeitsteilung, zum Grund von
Verdinglichung, geändert14. Den Stand der Freiheit unterscheidet
er
von urtümlicher Unmittelbarkeit. Im Moment des Planens, von dem
er
Produktion für die Lebendigen anstatt für den Profit, in
gewissem
Sinn Restitution von Unmittelbarkeit sich erhoffte, ist das
dinghaft
Fremde aufbewahrt; noch im Entwurf der Verwirklichung des von
der
Philosophie erst nur Gedachten die Vermittlung. Daß indessen
Dialektik ohne das Moment von dinghaft Festem nicht möglich wäre
und zu einer harmlosen Doktrin von Veränderung sich glättete,
ist
weder philosophischer Gewohnheit anzukreiden noch einzig dem
sozialen
Zwang, der dem Bewußtsein in solcher Festigkeit sich zu erkennen
gibt. An Philosophie ist es, das vom Gedanken Verschiedene zu
denken,
das allein ihn zum Gedanken macht, während sein Dämon ihm
einredet,
daß es nicht sein soll.“ (Adorno, Negative Dialektik, GS6, S.
190ff)</span></p>
<p style="margin-bottom: 0cm"><span style="background: transparent"><br>
Und
noch ein Adorno-Exkurs, weil er sich aufdrängt: inflationärer
Gebrauch des Ideologiebegriffs ist nach meiner Bestimmung noch
immer
ein deflationärer Gebrauch, siehe Begriff der immanenten Kritik
…</span></p>
<p style="margin-bottom: 0cm">[Nachtrag: Bei Interesse kann ich das
ein andernmal nachreichen. Oder ich führ's in meinem Buchprojekt
aus ... Gemeint war, dass Ideologie innerhalb von
Fetischvergesellschaftung universell ist und daher noch jeder
Inflationierung des Ideologievorwurfs unterm Strich zu wenig
Ideologievorwurf verbleibt. Ein arg logisches Argument. Da gibt's
eine Menge Debatten zu à la: "Wenn universeller
Verblendungszusammenhang herrscht, dann gibt's kein
Wahrheitskriterien und folglich ist die Behauptung vom
universellen Verblendungszusammenhang falsch". So glaube ich
ungefähr bei Habermas und sicherlich anderen. Nach dem
Fetischbegriff halte ich den Adornoschen der immanenten Kritik für
das beste Werkzeug im Umgang mit gesellschaftspolitischen und
-theoretischen Auseinandersetzungen. Der taugt dazu, das arg
logische Argument gehaltvoller zu machen. Wollte ich eigentlich
demonstrieren, hatte dann aber anderes am Hut ...]<br>
</p>
<p style="margin-bottom: 0cm"><span style="background: transparent">******</span></p>
<p style="margin-bottom: 0cm"><span style="background: transparent">ii.ii.
Zum Neid-Begriff<br>
</span></p>
<p style="margin-bottom: 0cm"><span style="background: transparent">*******</span></p>
<p style="margin-bottom: 0cm">
</p>
<span style="background: transparent">In
deinem Mail-Beitrag schriebst du: „Bei der Linken, vorwiegend auch
hier im Forum, bemerke ich verstärkt pauschalen Neid, gerade in
Bezug auf Kapitaleinkünfte.“</span>
<p style="margin-bottom: 0cm"><span style="background: transparent">Ich
bin
mir unsicher, ob das eine Reaktion auf meinen Beitrag war, habe
aber den Eindruck, liebe Verena. So oder so möchte ich ein paar
grundsätzliche Dinge zum „Neiddebatten-Vorwurf“ sagen:</span></p>
<p style="margin-bottom: 0cm"><span style="background: transparent">Weder
die
Abschreibe-Möglichkeiten, welche die Reproduktionskosten der
Produktionsmittel pauschal steuerbefreien, noch die
Gewinnabsicht und
-realisierung der Unternehmen über entsprechende Preise noch die
unterschiedlichen Lohnhöhen für unterschiedlich qualifizierte
Arbeiten sind gesellschaftlich neutral. Man kann sich zwar auf
den
Standpunkt stellen, dass unternehmerische Initiative und
fachliche
Qualifikation über monetäre Mechanismen angereizt werden soll.
Da
habe ich prinzipiell gar nichts gegen, sehe allerdings nicht,
dass
das gesellschaftlich vernünftig geschehen würde. Warum haben
etwa
Börsenjunkies, Rüstungsingenieure oder Spitzenmanager ganz
andere
Verdienstoptionen als Pflegepersonal, Ärzte oder Biobauern? Weil
sie
eine gesellschaftlich nützlichere Arbeit leisten? Das sehe ich
nicht. Spätestens aber dann, wenn die Gesellschaft es zulässt,
dass
anreizpolitisch vielleicht noch vage zu rechtfertigende
angehäufte
Vermögen auf die nächste Generation übertragbar sind, kann und
muss man von Klassengesellschaft sprechen. Denn Vermögen ist
unter
Marktbedingungen gleichbedeutend mit gesellschaftlicher
Gestaltungsmacht. Fällt diese in ungleichem Maße Menschen qua
Stammbuch zu, lässt sich nicht im Ernst, sondern nur formell von
demokratischen Verhältnissen sprechen und es wird auch
verständlich,
warum Börsenjunkies, Rüstungsingenieure oder Spitzenmanager so
gut
verdienen, nämlich als Absicherungsbüttel des Interesses der
vermögenden Klasse. Das lässt sich auch reformulieren, wenn man
von
der Eigentumsfrage zu der Frage der stofflichen Form des
Eigentums
übergeht: Die Fortführung großer, kapitalstarker Unternehmungen
über Generationen hinweg mag eine gewisse
gesamtgesellschaftliche
Nützlichkeit haben, insofern man bestehende
Produktionskapazitäten
ja nicht sinnlos zerstören und das Rad mit jeder Generation neu
erfinden möchte. Gleichwohl ist der Selbsterhaltungstrieb großer
institutioneller Unternehmungen ein Faktum, das sich nicht mit
der
Vorstellung eines flexiblen, chancengleichen „freien Markts“
vereinbaren lässt. Der Kapitalismus ist zwar irrwitzig flexibel
und
erlaubt in Ausnahmefällen auch mal einen Lebenslauf from
dishwasher
to billionaire, aber er ist unvernünftig darin, dass er im
Zweifelsfall bestehende Produktivkapazitäten höher gewichtet als
eine Ersetzung dieser Produktivkapazitäten durch bessere
Alternativen. Von Chancengleichheit lässt sich in dem
Zusammenhang
schon überhaupt nicht sprechen, weil gesettelte Unternehmungen
enorme Möglichkeiten haben, sich die Butter nicht vom Brot
klauen zu
lassen.</span></p>
<p style="margin-bottom: 0cm"><span style="background: transparent">Diesen
Zusammenhang
mit dem Terminus „Neid-Debatte“ einfach abweisen zu
wollen, empfinde ich nicht als trifftig. Es geht eher um eine
demokratietheoretische Grundsatzfrage, die die bürgerlichen
Gesellschaften sich mit dem Privateigentum gesetzt und bis heute
nicht zureichend beantwortet haben. Marx hat diese
Grundsatzfrage m.
E. am eindringlichsten und rezeptionsgeschichtlich
wirkungsvollsten
thematisiert. Aber sie ist älter als Marx, lässt sich für die
bürgerliche Gesellschaft philosophiegeschichtlich etwa auch bis
Rousseau (vgl. z. B.
<a
href="http://de.wikipedia.org/wiki/Rousseau#Politische_Philosophie">http://de.wikipedia.org/wiki/Rousseau#Politische_Philosophie</a>
) zurückverfolgen, der einen großen Einfluss auf die
Jakobiner-Fraktion der Französischen Revolution hatte. Ich kann
mir
jedenfalls nicht vorstellen, dass du als Juristin keinerlei
Vorstellung davon hast, was der demokratietheoretische
Hintergrund
für das ist, wofür du der politischen Linken jegliches
Bewusstsein
einfach per Neid-Vorwurf absprechen möchtest: die Irrealität
einer
formellen Gleichheit bei gleichzeitiger materieller
Ungleichheit.
Einer meiner Hochschullehrer kleidete das gerne in diese Worte:
Es
ist Millionären und Bettlern gleichermaßen verboten, unter
Brücken
zu nächtigen. Anne Clark fasst es allgemeiner: The Law is an
anagram
of Wealth.</span></p>
<p style="margin-bottom: 0cm"><span style="background: transparent">Vor
ein
paar Monaten bin ich über ein Paper der Konferenz der Vereinten
Nationen für Handel und Entwicklung gesurft, in dem ich einen
kleinen Graphen wegen der Informationskomprimiertheit
insbesondere
auch im Kontext von Debatten übers bGE von herausragender
Bedeutung
halte, vgl.
<a
href="http://unctad.org/en/PublicationChapters/tdr2012ch3_en.pdf">http://unctad.org/en/PublicationChapters/tdr2012ch3_en.pdf</a>
, rechts oben auf S. 51 (bzw. S. 9 nach PDF-Zählung). Für die
beiden Graphen der westlichen Welt und den Graphen Ost-Europas
lässt
sich deutlich ablesen, dass im Gefolge des Börsencrashs am
schwarzen
Freitag 1929 die Einkommensverteilung eine Tendenz zur
Angleichung
zeigte (= fallender Gini-Koeffizient). Für die USA, Australien,
Neuseeland und Kanada kehrte sich dieser Trend bereits ab etwa
dem
Jahr 1960 wieder um, die Einkommen drifteten wieder zunehmend
auseinander (= steigender Gini-Koeffizient). Für West-Europa und
noch deutlicher für Ost-Europa hat sich diese Trendumkehr mit
der
Wende 1989 ergeben. Seitdem werden die Reichen immer reicher und
die
Armen immer ärmer. Andere Statistiken könnten untermauern, dass
dieser Prozess sich seit dem Jahr 2000 fortgesetzt hat. Wenig
überraschend, aber doch bemerkenswert ist m. E., dass wohl noch
nie
in der Zivilisationsgeschichte die Einkommensgleichheit so weit
fortgeschritten war wie im osteuropäischen Realsozialismus. Dies
war
freilich politisches Projekt, das aber empirisch-statistisch
nachweislich offenbar auch realisiert worden war. Auf S. 66
(bzw. S.
24) gibt es ein Balkendiagramm, das zumindest für einen
historischen
Zeitpunkt um das Jahr 2000 herum klar macht, dass die
Vermögensungleichheit drastisch höher ist als die
Einkommensungleichheit, siehe insbesondere die dunkelblauen
Balken
und vgl. die jeweilige quantitative Höhe der Gini-Koeffizienten
beim
Einkommensverteilungsgraphen und beim
Vermögensverteilungsgraphen.
Es lässt sich daher zumindest vermuten, dass die Zeitgraphen auf
S.
51/9 noch deutlich stärkere Ausschläge insbesondere nach oben
aufweisen würden, wenn es in dem Graphen nicht um die
Einkommens-,
sondern um die Vermögensverteilung ginge. Ich weise auf diesen
ganzen Zusammenhang vor allem deshalb hin, weil der pauschale
Neid-Vorwurf an alle, die mit der Einkommensverteilung
unzufrieden
sind, systematisch auf Geschichtsvergessenheit beruht: Er tut
so, als
wäre das Verhältnis von arm und reich schon immer so wie heute
gewesen, als wäre es selbstverständlich und unabänderlich,
womöglich gar aus irgendwelchen zusammengestromerten
Vorstellungen heraus: leistungsgerecht. Das ist
schlicht nicht der Fall, wie die Geschichte zeigt. Zudem reichen
die
beiden genannten Diagramme schon völlig aus, um zu verstehen,
warum
man erstmal ein Bruttomonatseinkommen von etwa 7.000 Euro
braucht, um
in dem Modell des BAG Grundeinkommen in und bei der Partei DIE
LINKE
zum Nettozahler zu werden.</span></p>
<p style="margin-bottom: 0cm"><span style="background: transparent">Ich
persönlich
beneide reichere Menschen nicht im Ernst, sondern glaube
daran, dass alle ihr Päckchen im falschen Ganzen tragen. Meine
Konsumbedürfnisse sind zwar nicht bescheiden und unter
Hartz4-Bedingungen ganz ernsthaft nicht zu befriedigen, aber
zumindest auch unterhalb des deutschen Durchschnitts. Mich stört
abgesehen von den vielen realen Situationen, in denen „der
Mensch
ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein
verächtliches Wesen ist“ (Marx, MEW1, S. 385) vor allem die
normative Kraft des Faktischen am Kapitalismus und die
allgegenwärtige Fiktion von Mangel im realen Überfluss.</span></p>
<p style="margin-bottom: 0cm">[Nachtrag: Danach folgen noch eine
ganze Reihe von Stichwörtern für Sachen, die ich auch noch
ausführen wollte. Die sind aber zu kryptisch als dass sie
irgendwie auf Anhieb verständlich würden. Von daher war's das an
Rausbruch von Elementen aus meiner ersten Arbeitsdatei.] <br>
</p>
<br>
<p style="margin-bottom: 0cm">Liebe Grüße,<br>
</p>
<p style="margin-bottom: 0cm">Bert<br>
</p>
<p style="margin-bottom: 0cm"><br>
</p>
<title></title>
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