[Debatte-Grundeinkommen] Götz Werners Unternimm die Zukunft als Agentur der Steuerfreiheit fürs Kapital?; älteres Mail-Relikt zum Arbeitsfetischismus von Paulus

Debattenliste des Netzwerks Grundeinkommen debatte-grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de
Mi Okt 29 12:52:43 CET 2014


Hallo Sven,

Götz Werner ist zwar Unternehmer und hatte die DM-Kette gegründet und aufgebaut.
Er ist auch bekennender Anthroposoph.
Von daher ist diese Bemerkung falsch und überflüssig. 

Mit freundlichen Grüßen
Dietmar Fröhlich


_

Dietmar Fröhlich,  39112 Magdeburg








Am 29.10.2014 um 11:09 schrieb Debattenliste des Netzwerks Grundeinkommen:

> Hallo Bert,
> 
> ich denke in Bezug auf Götz Werner’s Motive genauso wie du.
> Aus meiner Sicht hat er die Rolle des kapitalistischen Maulwurfs inne, um die gute Idee des BGE mit genügend Geld in das Gegenteil zu verwandeln.
> 
> Gruß Sven.
> 
>> Hallo Arfst, hallo liebe Mitlesende,
>> 
>> [Editorische Notiz: Reimund hat mir ein Rudiment dieser Mail als unveröffentlichbar zurückgesendet, weil in meiner ursprünglichen Mail ein kleiner Absatz zu einer Debatte enthalten war, die sich als Abspaltungsprodukt dieses Verteilers als bloßes Bruchstück der Öffentlichkeit des Gesamtverteilers ergeben hat. Diese behandelt thematisch das Für und Wider von Zensur im Verteiler hinsichtlich der Anwendung des Parasiten-Begriffs auf Menschen. Ich habe die von Reimund rückgeschickte Mail daher nochmal gelesen, Ergänzungsbedürfnisse verspürt und sie daher erweitert. Abgesehen von der Kürzung um den Abspaltungs-Absatz zum Parasiten-Begriff und kleineren Eingriffen in den verbliebenen Text der ursprünglichen Mail, markiere ich mal die nachträglichen inhaltlichen Hinzufügungen mit geschwungener Klammer auf { und zu}. Dies hat eigentlich nur die Motivation, dass ich einerseits in diesem Kalenderjahr über editorische Fragen dann und wann etwas intensiver meditiere und andererseits an so etwas wie den Zeitkern von Wahrheit im panta rhei glaube.]
>> ich hatte nie persönlichen Kontakt zu Götz Werner oder irgendeiner Person, die vage mit der Initiative Unternimm die Zukunft verbunden ist (zumindest nicht, soweit ich weiß). Ich habe mich auch nicht mit allen Papers befasst, die von diesen Menschen veröffentlicht worden sind. Ich schließe also aufgrund der beschränkten Infos, die ich habe.
>> 
>> Du, lieber Arfst, schriebst:
>> 
>> "Aber meine Frage, weshalb ich mich hier einmische ist nochmal: What Götz Werner gesagt oder geschrieben, er sei für Steuerfreiheit für alle Kapitalanlagen?
>> Er hat als IDEE vorgeschlagen, überhaupt nur noch eine einzige Steuer, nämlich die Konsumsteuer einzuführen. Daraus könnte man das natürlich konstruieren. Das wäre allerdings eine ziemlich platte Vereinfachung. Denn eine Konsumsteuer würde natürlich auch bei Erwerb von Kapital anfallen, was weit über die jetzige popelige Finanztransaktionssteuer hinausgehen würde."
>> 1. Götz Werner und die Initiative Unternimm die Zukunft betonen m. W., dass sie eine Idee vorschlagen, kein fertiges Konzept für die Schubladen politischer Parteien formulieren, kein vollständig ausfbuchstabiertes Modell. Daher ist es in gewisser Weise immer spekulativ, etwas Bestimmtes in dieses Modell hineinzuinterpretieren, wenn es nicht klar irgendwo formuliert worden ist. Und selbst dann würde ich jeder/m stets zugestehen, die Meinung auch nochmal wieder ändern zu dürfen. Von daher steht für mich nichts gänzlich klar fest. Daraus ziehe ich für mich persönlich übrigens Hoffnung. Ich formuliere nur das, was mir am plausibelsten erscheint.
>> 2. In meinem ersten Beitrag in diesem Verteiler (vgl. https://listi.jpberlin.de/pipermail/debatte-grundeinkommen/2014-August/003932.html ) hatte ich im zweiten Punkt einen Aspekt aus André Presses Dissertation diskutiert. Diese Dissertation ist m. W. mehr oder weniger der ausführlichste und inhaltlich engagierteste Text auf der Website der Initiative Unternimm die Zukunft, nimmt also einen besonderen Rang ein. Durch meine Formulierung "Ich unterstelle mal keine ideologische Absicht, sondern eher Betriebsblindheit bei André Presse an dieser Stelle.", hatte ich zum Ausdruck gebracht, dass ich es bereits da für mindestens möglich gehalten habe, ideologische Absicht zu unterstellen. Das inhaltliche Problem ist einfach Folgendes: Wenn Einkünfte, die nicht in Konsum fließen, sondern in Investitionen (sprich: Wertverwertung), völlig unbesteuert bleiben, wird die Finanzierung des Staats (sprich gutmenschelnd: des Gemeinwesens) drastisch zuungunsten der mittleren und unteren Einkommensschichten verschoben. Nötig ist aber genau die umgekehrte Richtung. Und mit nötig meine ich: armuts-, kriegs-, krisen-, menschenvernichtungs-abwendend und demokratie-erhaltend. Mit Leuten zu diskutieren, die diesen Begriff von nötig nicht teilen, finde ich mindestens schwierig.
>> Man könnte sich zwar Mühe geben, auch in eine Konsumsteuer à la Werners Initiative eine Kapitalsteuer hineinzuinterpretieren. Aber dafür muss man sich echt sehr kreative interpretative Mühe geben, die ich bei Herrn Werner und seiner Initiative so erstmal gar nicht sehen kann: a) Jegliche Abschreibemöglichkeiten müssten verboten werden, b) ebenso der Vorsteuerabzug, c) irgendwie müsste man die Rendite gegen Null tendieren lassen und bloß noch einen halbwegs angemessenen Unternehmerlohn gelten lassen. {Auch wenn (a) und (b) durch eine Konsumsteuer ziemlich vollautomatisch erfüllt wären, ist an (c) mit dem bGE-Modell à la Initiative Unternimm die Zukunft gar nicht gedacht, also selbst im Vergleich zu heute noch weniger, weil es dann nämlich nicht mal mehr ein steuerpolitisches Instrumentarium in diese Richtung gäbe, das es heute durchaus gibt. Alle nicht perfekt freien Märkte (also bekanntlicher Weise: einfach alle Märkte) würden das Ungleichgewicht noch weiter Richtung Verkäufermärkte in Sachen Waren und Dienstleistungen bzw. noch weiter Richtung Käufermärkte in Sachen Ware Arbeitskraft verschieben. Das erscheint mir nur logisch unter den Prämissen, mit denen Herr Presse arbeitet.
>> 
>> Unmittelbar stört in Herrn Presses Dissertation erstmal die wissenschaftliche Unwahrheit, dass Einkommen = Ausgaben für Konsum seien, wo er eine Steuerprogression aus Konsumsteuer plus bGE fälschlich abzuleiten gedenkt. Wäre ich sein Doktorvater gewesen, hätte ich seine Arbeit wegen dieser Unwahrheit nicht als Dissertation durchgehen lassen.
>> Politisch scheint das aber gegenüber heute unerheblich zu sein. Ich hab's nicht eigenständig denkerisch überprüft und noch so meine leichten Zweifel, aber grundsätzlich scheint mir Verena Neddens Herleitung plausibel, dass es auch heute eher Steuerdegression als -progression gibt. Von daher ist der ganze argumentative Aufwand bei Herrn Presse auch im Vergleich zu heute eigentlich völlig für die Katz. Wichtiger aber: Er ist falsch. Einkommen können auch für Investitionen verwendet werden und fallen dann einfach überhaupt nicht unter irgendeine Steuer in seiner für die Zukunft ausklamüsierten Vorstellung. Steuerfreiheit für unternehmerische Initiative? Hm, bei absolut gleichen Vermögensverhältnissen der Gesellschaftsmitglieder fände ich das vielleicht mal eine fünfjährige Experimentalphase lang zu sozialwissenschaftlichen Forschungszwecken in Ordnung. Angesichts der extrem ungleichen Vermögensverteilung in den realen Gesellschaften heute wäre das ein so radikales neoliberales Projekt, dass ich mich nicht entsinnen kann, mal von einem radikaleren gehört zu haben.}
>> 3. Ich hatte mir zwar eigentlich vorgenommen, Herrn Hardorps Beiträge zur Konsumsteuer zur Kenntnis zu nehmen, bin davon aber irgendwie abgekommen und auch nicht im Ernst interessiert. Ich habe den Eindruck, dass das bGE aus Herrn Werners Sicht eigentlich nur ein Korrektiv darstellt. Primärzweck scheint eher Hardorps Umstellung auf Konsumsteuer zu sein, die fürs Kapital echt lecker und sexy wäre. Korrektiv wäre dann das bGE, um's dem Pöbel irgendwie schmackhaft zu machen, Bürokratiekosten des Staats einzusparen und vielleicht auch das eigene soziale Gewissen zu beruhigen. Das scheint mir im Angesicht meines zugegebenermaßen nur eingeschränkten Sichtfelds auf diesen Teil der Debatte zumindest des Pudels ökonomischer Kern zu sein. Inwiefern da gutmenschelnde anthroposophische Überbau-Ideen bei Herrn Werner und seiner Initiative eine wirklich echte Rolle in ihren Herzen spielen mögen, kann ich nicht beurteilen. Die argumentative Kraft der gutmenschelnden Reflexionen zum Miteinander füreinander bei Herrn Werner und seiner Initiative finde ich wie gesagt mit das Beste, was die Debatte hergibt. Nur ist das halt alles komplett pillepalle, wenn's politökonomisch in Richtung hardcore-kapitalistischer Volksgemeinschaft geht. Und so sieht's halt für mich derzeit aus.
>> 4. Unstrittig schien hier in der Debatte für einige Aktive im Verteiler zu sein, dass Werners Vorstellungen exportimperialistisch sind. Ich erinnere mich gerade nicht mehr daran, wie sich das genau für mich klargestellt hat. Gibt da so einige Indizien für. Vermutlich einfach dadurch, dass Exportgüter komplett steuerfrei wären. Konsumsteuer fällt halt innerhalb der Grenzen an, nicht außerhalb. Steuerfreier Export? Dafür mag doch jede Kapitalisten-Charaktermaske noch das eine oder andere Himmelreich derer geben, die ihr per Arbeitsvertrag die eigene Lebenszeit verticken. Der Exportweltmeister würde in seinem Hase-Igel-Lauf als ewiger Hase noch ein paar Nasenlängen weiter nach vorne rennen - auf Kosten von Mittel- und Unterschichten bzw. sozialstaatlichem Halt in Krisen- und Risikolebenslagen bzw. auf Kosten ausländischer Menschen, denn: auf wessen Kosten sonst? Finde ich scheiße. Wäre ich in Willis Position und deutscher Rentner in Lateinamerika, könnte ich dem Exportimperialismus Deutschlands vielleicht zumindest einen persönlichen Vorteil abgewinnen: Wechselkursvorteile. So aber finde ich das einfach nur widerwärtig und brutal, obszön und menschenschindend. Die Rolle Deutschlands für die Krisen in Südeuropa ist ja aber auch durch die Ideologiemaschinerie verschleiert. Mag also sein, dass du mich da nicht verstehst. Dann versuch's bitte zu recherchieren. Innerhalb des kapital-nationalistischen Unfugs würde ich politisch allemal fordern wollen: Ausgeglichene Handelsbilanzen mindestens mittelfristig, ansonsten Exportstopp (bzw. bspw. aus US-Sicht: Importstopp) oder alternativ: Wirtschaftshilfe aus rein humanistischen Gründen bzw. deren Annahme.
>> 
>> 5. Ein Milliardär tingelt jahrelang durch Talkshows für ein politisches Projekt, zieht eine Initiative auf, die offenbar Personal beschäfftigt und Kohle für Dissertationen raushaut. Er hat Sendungsbewusstsein, will wirken und Leute überzeugen. Und diese Initiative ist nicht in der Lage, mir auf meine einigermaßen engagierte Mail innerhalb von gut zwei Monaten wenigstens eine Höflichkeitsantwort zu schicken? Das halte ich nicht für wahrscheinlich. Für wahrscheinlicher halte ich die Einschätzung bei denen, dass ich das angesprochen habe, was die als ihre Achillesferse zu Recht betrachten können. Wozu jemandem antworten, der klar hat, was die ideologisch verschleiern wollen? Was kann man als Ideologe gewinnen, wenn man die eigenen ideologischen Lügen zu debattieren anfängt? Nichts. Verlieren aber eine Menge. Also lässt man's lieber, spart sich den Aufwand und nutzt stattdessen Kanäle, die dem eigenen Interesse gerechter zu werden scheinen.
>> Klar, das ist nur eine Interpretation von mir, aber zumindest eine, die mir sehr plausibel erscheint.
>> 6. Eckhard hat klar gesagt, dass Herr Werner giftig wurde, als das Problem offenbar in einer öffentlichen Diskussion live und mit echten Personen angesprochen wurde. Aus den obigen Gründen 2 bis 5 folgt für mich unmittelbar, dass ich Eckhards Aussage sehr glaubwürdig finde. Macht alles einfach Sinn, passt zusammen, ist stimmig.
>> Nun mal umgekehrt: Was lässt dich, lieber Arfst, glauben, dass Herr Werner und seine Initiative innerhalb der bGE-Idee 1a) eine Umverteilung von oben nach unten organisieren möchte, 1b) womöglich gar ein liebevolles Miteinander füreinander mit gleichen Einfluss- und Schutzmöglichkeiten für jedes Individuum anstrebt, 2a) ein faireres Verhältnis der reicheren zu den ärmeren Gesellschaften erreichen möchte, 2b) womöglich gar kosmopolitisch tätige Nächstenliebe jedes Menschen für jeden anderen Menschen als handlungsleitende Utopie in den Herzen trägt? Überzeuge mich doch bitte. Vielleicht am besten mit einer klaren, als Quelle nachweisbaren Aussage von Herrn Werner à la "Nein, wir wollen Wohlfahrtswirtschaften und sehen daher überhaupt kein Problem in einer Steuer auf Investitionen. Das ist ja völlig selbstverständlich. Schließlich müssen wir den Reichtum so umverteilen, dass wir uns wirklich im Miteinander füreinander glaubwürdig beieinander fühlen können. Ich weiß wirklich nicht, wie irgendjemand glauben konnte, dass ich eine Konsumsteuer ohne Steuer auf Investitionen und Exporte überhaupt nur für denkbar gefunden hätte. Diese Vorstellung ekelt mich ganz ehrlich einfach nur an."
>> Fände ich schön. Ich würde weit lieber glauben, dass die Anthroposophen und insbesondere Götz Werner und die Leute in seinem Umkreis wirklich Gutes im Schilde führen, als das zu glauben, was ich gerade glaube. Nämlich, dass die ein mir unverständliches Dämonen-Spiel spielen wollen, bei dem ich nicht erkennen kann, was dabei für irgendwen wirklich gewonnen werden könnte. Außer halt Kohle und Macht bei denen, die schon jetzt davon mehr haben als irgendjemandem guttun würde, jene Leute eingeschlossen.
>> Ich bin übrigens ein paar Wochen in ländlichen und leiblich-tätigeren Emanationen unterwegs. Hab zwar Internet, aber hier noch weniger Lust, Mails zu verfassen. Wollte mich ja eh rausziehen. Aber diese Mail musste wohl an Klarstellung sein, nachdem ich immerhin mal eben nebenbei den Godfather des deutschen bGE vatermordernd meuchelte. Ach, ey, igittigitt, wie mich dieser ganze Junk anekelt. Bitte mal ein bisschen nicht so gänzlich völlig falsches Leben im ganzen Unwahren hier und dort, bitte. Wenigstens ein Schlückchen davon, wenigstens a bissl, please, please, please. Z. B. vielleicht von der Buddhisten-Fraktion eine große Portion Kurt Cobain-Mucke mit Lyric&Translations-Handbuch für den Herrn Werner. So drei bis 72 Stunden am Stück bei mindestens 133 Dezibel im familieneigenen Hobbykeller? Liest vielleicht eines seiner enterbten Kinder mit und kann meinen kleinen Horror-Traum wahrmachen? Na, nee, lass mal lieber, falls. Als wenn je aus Gewalt irgendetwas wirklich Gutes erwachsen wäre. Die Vorstellung reicht mir schon völlig. ;o)
>> 
>> {Dabei fällt mir ein: Ich habe in meinem Entwürfe-Ordner etwa ein halbes Dutzend angefangener Mail-Schnipsel für diesen Verteiler, die ich irgendwie verworfen und nicht weiter bearbeitet hatte. Aus einem dieser Schnipsel, der in meinem Entwürfe-Ordner vom 15.09. datiert, ist ein kleiner Schnipsel der folgende. Der sich ins Nirvana fokussierende Gedanke möchte mindestens in mir wohl vertieft werden, weil die Keller-Idee oben offenbar nur eine Variation von ihm darstellt. Und über das "Buddha bei die Fische" hatte ich mich damals schon ein paar Tage lang noch hin und wieder wirklich beömmelt. Scheint mir ein ziemlich gelungenes Mathematiker-Witzchen zu sein. :o) Google-Recherche ergibt allerdings, dass ich nun wirklich nicht der erste bin, der auf dieses Wortspielchen verfallen ist. Also, Zitat aus Entwurfs-Mail vom 15.09.:
>> 
>> "Mal in dem nicht-essen-Zusammenhang eine Frage an die Buddhisten hier im Verteiler: Mir reicht ja schon Curt Kobains Lebenswerk und meine Sehnsucht nach Ich-Auflösung und All-Einem, um das Nirvana als d'accord durchzuwinken. Wozu sich noch inhaltlich damit befassen? Ist ja eh schon wieder und wieder und wieder und ... verweht. Aber die Neugier packt mich dann ja doch, weil kein Buddha einsam bis in alle Ewigkeit ausharrend im Nirvana auf den Rest des All-Einen warten mag, sondern immer mal wieder Buddha bei die Fische geben möchte: Meint ihr angesichts der Wohlbeleibtheit der klassischen Budda-Statuen, dass die Hungerstreiktaktiken Mahatma Gandhis dann doch noch zu verhaftet in realgeschichtlichen Freiheitskämpfen geblieben sind, um ihm den Überfluss des Verwehens im scheinbar Unverwehten ausreichend schmackhaft zu machen? Könnte als Witz verstanden werden. Ist aber eine ernste Frage in aller Heiterkeit."
>> 
>> Ok, der "nicht-essen-Zusammenhang" im ersten Satz des Zitats ist kontextfrei, daher unten einfach nochmal die gesamte Mail aus meinem Entwürfe-Ordner bis zur eben zitierten Stelle. Ich erkenne Prekarien, Prekarisierungen, Prekarisierende und Prekatisierte, halt das ganze Spektrum des Prekären nicht nur als Realität, insbesondere in Darwins survival of the fittest und Marx' ewiger Naturnotwendikgeit, als Wirklichkeit, etwa in gewichtigen Dynamiken auf dem Arbeitsmarkt, als Möglichkeit, etwa in den Herausforderungen an eine dereinst vielleicht befreite Menschheit, einen in potentiellen Vorstellungs-Energien irgendwann freien Verein von Menschen, sondern auch als Aufgabe an: Mein Mut zur Brüchigkeit erscheint mir kleinmütig, nämlich als Gewissheit von etwas Nichtidentischem in meinem Seelen- oder meinetwegen auch behavioristisch konditioniertem Triebhaushalt, das sich als reiner logischer Repräsentant anfühlt wie Sokrates' je sais que je ne sais rien, wie Adornos Begriff vom Leiden als eines Flows, der sein Verwehen schillernd schön und erfüllend finden wird wie ein potenziertes Nachlassen des Schmerzes beim Aua in der Daumen-Hammer-Newbie-Konstellation oder als so etwas mir höchst Vages, wie sich mit meinen tippenden Fingern in spirituellen Mustern ausdrücken möchte durch: "Verbindung mit höheren Energien", "Kontakt zu dem Meer des whatever: subquantisch aktiven Gestrüpps heiligen und sich in unheilig-emanierend Teilendem verspiegelnden Geistes", "in den trocknenden Böden des Weinens ein Wasser des Lebens zum Trinken angeboten findendes broken aleludja" (vgl. bspw. http://youtu.be/0cg9d1D8afE , http://youtu.be/LTx8IGPwrIk sowie http://youtu.be/2FpwjQLZTTs ) oder schlicht Lennard Cohen zum trinitären Zitate-Dropen noch einaml doppelt zitierend mit "crack in everyting - that's how the light gets in" (vgl. http://youtu.be/_e39UmEnqY8 ) und "but he does say what I tell him - even though it isn’t welcome ..." (vgl. http://youtu.be/qKrbOYa2NQA ). Auch wenn's in Bert so einige Persönlichkeitsfragmentchen gibt, die "he just doesn't have the freedom to refuse" als Zumutung, zumindest als schmerzlich vehementes auf-die-Probe-Stellen seiner Geduld und als Qual falscher Zustände zu empfinden manchmal sich so müde fühlen wie die uralte Morla in ihren Sümpfen der unendlichen Geschichten.
>> Soll inhaltlich nur soviel heißen wie: Ich stelle das Mailfragment vom 19.09. ein, ohne mich der Mühe auf Vollendung jenes alten Flows zu unterwerfen.
>> 
>> Anmerken möchte ich aber zumindest, dass ich's damals schade fand, dass meine Diskussion der arbeitsfetischistischen Bibel-Passage in einer damals intendierten Anwort an Jochen irgendwie einfach auf Ewigkeit im Entwürfe-Order verloren gegangen zu sein schien. Ewigkeiten haben aber auch so ihre Zeitkerne ...
>> 
>> Also: Mailtext vom 15.09. komplett bis zur bereits zitierten Passage.
>> 
>> "Lieber Jochen, liebe Mitlesende,
>> 
>> ich fürchte, dieser Beitrag wird insgesamt ziemlich offtopic. Geht mehr wieder ins Eingemachte, wo das bGE vielleicht herkommt, aber sicherlich nicht wohnhaft ist ... Und ist zudem ziemlich assoziativ freizügig, sozusagen im Treibsand der blassen und blitzenden Gedanken ...
>> 
>> Zum Christentum:
>> Jochen: "Eigentlich ist das ein Wunder."
>> :o) Das "eigentlich" musst du mir in dem Kontext echt erklären. Für Gläubige dürfte es eine verkehrte Relativierung sein, für Atheisten wegen mangelnder Sachhaltigkeit unerheblich. Sinn macht's eigentlich nur aus der Perspektive der kirchlichen Apparatschiks à la "was haben wir nicht alles unternommen, um's zu unterbinden, aber, aber ..." und aus der Perspektive von Konkurrenzreligionen, also von je nach Perspektive bestimmten Heiden. Adorno könnte es retten: Die Menschen sind noch immer besser als ihre Kultur. Das lässt sich kaum glauben, und erscheint doch wahr. Ergo: ein Wunder. Eigentlich.
>> 
>> Jochen: "Die Paulus-Aussage von Essen und Arbeiten wird, so glaube ich, fast immer mißverstanden. Soweit ich weiß, hat Paulus das in dem Zusammenhang geäußert, daß einige Mitglieder der Gemeinde argumentierten, daß ohnehin in kürze das jüngste Gericht eintreten werde, weshalb es sich nicht mehr lohne, zu arbeiten. Darauf hat Paulus geantwortet. "
>> Lustige Idee: Wozu noch essen, wenn das jüngste Gericht eh nah ist? Das würde mir einleuchten und dem ganzen Zusammenhang einen völlig anderen Sinn geben: Wenn ihr euch eh schon kurz vorm jüngsten Gericht seht und das Arbeiten einstellt, warum bloß wollt ihr eure Leiblichkeit noch länger mästen? :o)
>> Das scheint mir aber nicht der Kontext des zweiten Paulusbriefs an die Thessalonicher zu sein. Da stehen nämlich sonst so Dinge drin wie:
>> 
>> "6Denn es ist gerecht bei Gott, mit Bedrängnis zu vergelten denen, die euch bedrängen, 7euch aber, die ihr Bedrängnis leidet, Ruhe zu geben mit uns, wenn der Herr Jesus sich offenbaren wird vom Himmel her mit den Engeln seiner Macht 8in Feuerflammen, Vergeltung zu üben an denen, die Gott nicht kennen und die nicht gehorsam sind dem Evangelium unseres Herrn Jesus. 9Die werden Strafe erleiden, das ewige Verderben, vom Angesicht des Herrn her und von seiner herrlichen Macht, 10wenn er kommen wird, dass er verherrlicht werde bei seinen Heiligen und wunderbar erscheine bei allen Gläubigen an jenem Tage; denn was wir euch bezeugt haben, das habt ihr geglaubt." (2. Thessalonicher 1)
>> Es gibt glaube ich tatsächlich die eine oder andere Passage im Neuen Testament, wo Jesu Nächsten- und Feindesliebe aus seiner eigenen Perspektive relativiert wird mit Aussagen, die darauf hinauslaufen, dass die Spreu vom Weizen mit Feuerflammenschwert getrennt und in ewige Verderbnis fallengelassen wird. Ich finde das nicht kohärent. Wenn er seine Nächsten- und Feindesliebe als zweites Kleid göttlicher Trinität ernst meint, dann wird schlichtweg niemand und nichts in die Verderbnis fallen, sondern die Liebe noch das Böse selbst erreten. Das folgt für mich logisch ohnehin schon aus dem Absolutheitsanspruch des Gottesbegriffs: Wie soll irgendetwas Absolutes irgendetwas aus sich selbst ausschließen? Das geht gedanklich nicht. Und für Götter ohne Absolutheitsanspruch interessiert sich die zur Gattung strebende Menschheit ja nur in den kitzelnden Details, nicht aber in den Kernkonzepten der Eschatologien. Bleiben daher aus der Perspektive eines Gläubigen nur solche Interpretationen über wie: Damals war die Zeit noch nicht reif, um's klarer zu sagen. Oder: Die Bibel wurde ja über so viele Jahrhunderte von so vielen Leuten so sehr umgeschrieben, dass man im Zweifelsfall nicht mal den Silben zwischen den Zeilen Glauben schenken kann. Oder: Das jüngste Gericht ist nicht das jüngste, sondern nur so ein Etappenziel und danach wird die ganze Chose auf einer anderen Ebene wieder neu durchagiert, damit die Liebe irgendwann und endlich auch Luzifer mal wieder so fest in die Arme schließen kann, wie er's vermutlich mehr als irgendjemand braucht und sie sowieso. So oder so lässt sich festhalten: Paulus brabbelt hier von Vergeltung, Bedrängnis und Strafe.
>> 
>> "3Lasst euch von niemandem verführen, in keinerlei Weise; denn zuvor muss der Abfall kommen und der Mensch der Bosheit offenbart werden, der Sohn des Verderbens. 4Er ist der Widersacher, der sich erhebt über alles, was Gott oder Gottesdienst heißt, sodass er sich in den Tempel Gottes setzt und vorgibt, er sei Gott. 5Erinnert ihr euch nicht daran, dass ich euch dies sagte, als ich noch bei euch war? 6Und ihr wisst, was ihn noch aufhält, bis er offenbart wird zu seiner Zeit. 7Denn es regt sich schon das Geheimnis der Bosheit; nur muss der, der es jetzt noch aufhält, weggetan werden, 8und dann wird der Böse offenbart werden. Ihn wird der Herr Jesus umbringen mit dem Hauch seines Mundes und wird ihm ein Ende machen durch seine Erscheinung, wenn er kommt. 9Der Böse aber wird in der Macht des Satans auftreten mit großer Kraft und lügenhaften Zeichen und Wundern 10und mit jeglicher Verführung zur Ungerechtigkeit bei denen, die verloren werden, weil sie die Liebe zur Wahrheit nicht angenommen haben, dass sie gerettet würden. 11Darum sendet ihnen Gott die Macht der Verführung, sodass sie der Lüge glauben, 12damit gerichtet werden alle, die der Wahrheit nicht glaubten, sondern Lust hatten an der Ungerechtigkeit." (2. Thessalonicher 2)
>> Geht sogar noch prägnanter in die Richtung der Trennung von Spreu und Weizen. Ich finde zwar ein paar kleinere Bemerkungen in dem Text durchaus stimmig, also z. B. die Problematisierung der Vergottung des Egos, der Bosheit und der Ungerechtigkeit. Das aber über einen universellen Widersacher zu konstruieren, den Jesus im Bruderkuss weghaucht, scheint mir in seinem metaphorischen Gehalt sehr falsch dargestellt. Zur Dialektik von Jesus und Luzifer werde ich unten ein paar Dinge sagen. Hier halte ich nur fest: Paulus befindet sich hier voll im finalen Kampf um die Seelen und spricht daher auch mit alttestamentarisch wütend klingender Stimme.
>> 
>> Und dann der unmittelbare Zitat-Zusammenhang:
>> "Wir gebieten euch aber, liebe Brüder, im Namen unseres Herrn Jesus Christus, dass ihr euch zurückzieht von jedem Bruder, der unordentlich lebt und nicht nach der Lehre, die ihr von uns empfangen habt. 7Denn ihr wisst, wie ihr uns nachfolgen sollt. Denn wir haben nicht unordentlich bei euch gelebt, 8haben auch nicht umsonst Brot von jemandem genommen, sondern mit Mühe und Plage haben wir Tag und Nacht gearbeitet, um keinem von euch zur Last zu fallen. 9Nicht, dass wir dazu nicht das Recht hätten, sondern wir wollten uns selbst euch zum Vorbild geben, damit ihr uns nachfolgt. 10Denn schon als wir bei euch waren, geboten wir euch: Wer nicht arbeiten will, der soll auch nicht essen. 11Denn wir hören, dass einige unter euch unordentlich leben und nichts arbeiten, sondern unnütze Dinge treiben. 12Solchen aber gebieten wir und ermahnen sie in dem Herrn Jesus Christus, dass sie still ihrer Arbeit nachgehen und ihr eigenes Brot essen. 13Ihr aber, liebe Brüder, lasst's euch nicht verdrießen, Gutes zu tun. 14Wenn aber jemand unserm Wort in diesem Brief nicht gehorsam ist, den
>> merkt euch und habt nichts mit ihm zu schaffen, damit er schamrot werde. 15Doch haltet ihn nicht für einen Feind, sondern weist ihn zurecht als einen Bruder." (2. Thessalonicher 3)
>> Der letzte Satz gibt dem ganzen Gehetze gegen den bösen Widersacher und gegen die der Verführung anheim Gefallenen einen rettenden Drive: Nehmt's ihnen nicht übel, sind ja doch eure Brüder. Errettet sie lieber mit eurer Liebe für alle Liebe. Das ist die Kernambivalenz dieses ganzen Konzepts des christlichen Bösen: Mit Jesu Nächsten- und Feindesliebe ist dieses Böse eigentlich gar nicht mehr als Realität. Gleichwohl ist es eine Erfahrungstatsache und bedarf daher der Erklärung. {Eine meiner Tanten hat im Selbstverlag in den 80ern mal ein Lyrik-Bändchen mit dem diese Widersprüchlichkeit hübsch auf den Punkt bringenden Titel "Wie lange wirst du noch am Kreuz hängen und schreien" publiziert.} Die {Erklärung} funktioniert über Abspaltung: Das Böse wird, wenn schon nicht heute, dann zumindest dereinst nach dem jüngsten Tag in ewige Verderbnis fallen und uns ein für alle Mal in Ruhe lassen. Abspaltung aber ist psychologisch, sozial und erst recht eschatologisch von Übel: Das in die Abspaltung Verdrängte pflegt irgendwann mit geballter Macht wieder zu kommen und sich für die Verdrängung zu rächen. Wer will so etwas?
>> Ansonsten ist der unmittelbare Kontext der nicht-arbeiten-nicht-essen-Message der universelle Aufruf aller Spießer gegen den verlotterten Faulpelz im Nachbargarten. Das ist einfach nur reaktionär und lohnt nicht der interpretativen Mühe. Interessant ist höchstens, dass Paulus klar festhält, dass er eigentlich das Recht gehabt hätte, seinen Mitmenschen zur Last zu fallen und ihr Brot aufzuknusern. Hat er nur nicht getan, weil er mit gutem Beispiel vorangehen wollte. Und konnte. Das ist ein ganz sympathischer Drive: Das Recht auf Essen ohne Arbeit wäre eigentlich auf Paulus Seite gewesen. Interpretiert man das nicht als das übliche Privileg der Kirchenoberen, alles Recht der Welt aus der Einbildung abzuleiten, dass Gottes Lächeln auf ihnen mehr ruhe als auf anderen, dann bietet sich folgende Interpretationsvariante an: Aus Nächsten- und Feindesliebe Jesu folgt unmittelbar, dass alle, also auch die Nicht-Arbeitenden ein Recht auf Essen haben. Und dennoch favorisiert Paulus hier ein Erziehungsregime gegen die Faulpelze in der Gemeinde. Ich will nicht sagen, dass das nicht vielleicht in der konkreten historischen Situation seinen verständlichen Sinn gehabt haben mag, aber als allgemeine theologische Aussage taugt die Favorisierung eines Erziehungsregimes sicherlich nicht. Insbesondere nicht heute, wo die Produktivität mit Siebenmeilenstiefeln gen Vollautomatisierung wandert."
>> 
>> Im Anschluß an dieses Zitat folgt dann in meiner Entwurfs-Mail das oben zitierte Buddha-bei-die-Fische-Zitat und dann die Reflexionen zu Marx' Naturgeschichtlichkeitsbegriff im dritten Punkt der bereits am 21.09. über den Verteiler gejagten Mail mit dem Betreff "nur ein bisschen zu diesem und jenem" (vgl. https://listi.jpberlin.de/pipermail/debatte-grundeinkommen/2014-September/003985.html ).
>> 
>> Aus privaten logistischen Gründen bin ich gerade für etwa 13 Stunden allein ohne meine Frau in unserer Bremer Wohnung, bevor ich wieder in ländlichere Regionen zu ihr reise. Da ich sie vermisse und gleichzeitig sturmfreien Triebhaushalt habe, schien mir die Auseinandersetzung mit einigen der bGE-Hausaufgaben gerade der beste Weg, meine Einsamkeit zu füllen. Ich hoffe, es ist beim Lesen nicht allzu anstrengend gewesen, dass ich dabei drei verschiedene Zeitkerne meines Schreibens in eine einzige Mail gepackt habe. Falls doch: sorry.}
>> 
>> Liebe Grüße,
>> Bert
>> _______________________________________________
>> Debatte-Grundeinkommen Mailingliste
>> JPBerlin - Politischer Provider
>> Debatte-Grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de
>> https://listi.jpberlin.de/mailman/listinfo/debatte-grundeinkommen
> 
> _______________________________________________
> Debatte-Grundeinkommen Mailingliste
> JPBerlin - Politischer Provider
> Debatte-Grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de
> https://listi.jpberlin.de/mailman/listinfo/debatte-grundeinkommen




Mehr Informationen über die Mailingliste Debatte-Grundeinkommen